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Eine Soziologie in der DDR entstand erst in den fruhen 1960er Jahren Davor war Soziologie als bourgeoise Alternative zum Historischen Materialismus und zum Wissenschaftlichen Sozialismus verworfen worden 1 Die dann entstandene Soziologie in der DDR war durch Beschrankung auf Spezielle Soziologien und Empirische Sozialforschung sowie den Verzicht auf umfassende Theorieentwurfe charakterisiert Eine Fachgesellschaft der DDR Soziologen gab es bis 1990 ebenso wenig wie eine soziologische Fachzeitschrift Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 2 Siehe auch 3 Literatur 4 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenIn den ersten Nachkriegsjahren betrieb die Besatzungsmacht der SBZ eine Neustrukturierung der universitaren Sozialwissenschaften Das akademische Personal wurde gezielt aus Emigranten Vertriebenen und Intellektuellen kommunistischer Gesinnung rekrutiert Dazu gehorten die Soziologen Alfred Meusel Heinz Maus als Assistent von Ernst Niekisch an der Humboldt Universitat und Julius Lips 2 Anfangs verblieb aber auch Hans Freyer an der Universitat Leipzig Mit der zweiten Hochschulreform der inzwischen gegrundeten DDR wurde 1950 51 ein Fach Gesellschaftswissenschaft im Sinne des Historischen Materialismus eingefuhrt Die Soziologie hatte als burgerliche Wissenschaft keinen Platz mehr im marxistisch leninistisch gepragten Wissenschaftssystem 3 Erst nach den ideologischen Offnungen in den Staaten des Ostblocks die mit dem 20 Parteitag der KPdSU 1956 verbunden waren entstand ausgehend von sowjetischen Gesellschaftswissenschaftlern das Bedurfnis eine empirisch orientierte Sozialforschung zu schaffen die Soziologie zu nennen sei Robert Wilhelm Schulz und Herbert Franz Wolf initiierten bereits 1957 an der Universitat Leipzig ein Soziologisches Seminar 1961 bildeten sich in Berlin die Forschungsgemeinschaft Soziologie und Gesellschaft und eine Soziologische Kommission der Humboldt Universitat 4 1964 kam es mit dem Merseburger Treffen unter Leitung von Gunter Bohring zu einer ersten DDR weiten Zusammenkunft von Soziologen Ebenfalls 1964 wurde nach Beschluss durch das SED Politburo der Wissenschaftliche Rat fur Soziologische Forschung in der DDR gegrundet dessen Leitung in fester Personalunion mit dem ebenfalls 1964 eingerichteten Lehrstuhl fur Soziologie am SED Institut fur Gesellschaftswissenschaften stand Damit wurde ein autoritarer Fuhrungsanspruch und ein stetes Entscheidungsvorrecht in allen Fragen soziologischer Forschung und Lehre erhoben Das grosste soziologische Institut in der DDR war seit 1966 das Zentralinstitut fur Jugendforschung ZIJ in Leipzig Zu internationaler Bekanntheit brachten es auch Kurt Braunreuther und seine Mitarbeiter von der Abteilung fur Soziologie im Institut fur Wirtschaftswissenschaften an der Akademie der Wissenschaften der DDR mit ihren Arbeiten zur Industriesoziologie insbesondere der Fluktuationsforschung Im Umfeld Braunreuthers war auch Gunther Rudolph tatig der einzige Tonnies Forscher der DDR 5 Ab 1965 in Berlin und ab 1967 in Leipzig konnte Soziologie in der DDR als postgraduales Zusatzstudium belegt werden ein Hauptfachstudium war erst ab 1971 moglich 1975 wurden dann in Berlin Leipzig und an der Universitat Halle Diplomstudiengange eingerichtet Bis 1989 wurde etwa 600 Absolventen diplomiert Die DDR Soziologie veranstaltete organisiert vom Wissenschaftlichen Rat fur Soziologische Forschung funf grosse Kongresse DDR Vertreter nahmen seit 1966 an Treffen der International Sociological Association ISA teil der Bildungssoziologe Artur Meier wurde auf dem 10 Weltkongress fur Soziologie 1982 in Mexiko in das ISA Exekutionskomitee und auf dem 11 Weltkongress 1986 in Neu Delhi zum ISA Vizeprasidenten gewahlt 6 Erst 1990 konstituierte sich eine selbststandige Gesellschaft fur Soziologie GfS Vorsitzender wurde Hansgunter Meyer sie loste sich 1992 in die Deutsche Gesellschaft fur Soziologie DGS auf Eine eigene Fachzeitschrift grundete die GfS erst nach der Wiedervereinigung das Berliner Journal fur Soziologie Die Zeitschrift uberlebte die GfS und gehort mittlerweile zu den fuhrenden soziologischen Fachorganen Deutschlands Siehe auch BearbeitenMarxistische SoziologieLiteratur BearbeitenKurt Braunreuther Fragen der marxistischen Soziologie Teil II Okonomie und Geschichte in der deutschen burgerlichen Soziologie Berlin 1964 Peter Christian Ludz Hrsg Soziologie und Marxismus in der Deutschen Demokratischen Republik 2 Bande Luchterhand Neuwied 1972 Dieter Voigt und K Heinemann Soziologie in der DDR Sportwissenschaft 6 3 1976 329 332 Jurgen Kuczynski Bemuhungen um die Soziologie Berlin 1986 Frank Ettrich Soziologie in der DDR Hilfswissenschaft zwischen ideologischer Delegitimierung und partieller Professionalisierung Berliner Journal fur Soziologie 2 3 1992 4 Hansgunter Meyer Soziologie in der DDR Erfahrungen mit einer erodierten Disziplin WZB Mitteilungen 65 1994 27 31 Hansgunter Meyer Soziologie und soziologische Forschung in der DDR In Bernhard Schafers Hrsg Soziologie in Deutschland Entwicklung Institutionalisierung und Berufsfelder theoretische Kontroversen Leske und Budrich Opladen 1995 S 35 49 Frank Ettrich DDR Soziologie Apres la lutte Soziologie und Soziologen im Ubergang VS Verlag fur Sozialwissenschaften 1997 263 304 Vera Sparschuh und Ute Koch Sozialismus und Soziologie Die Grundergeneration der DDR Soziologie Versuch einer Konturierung Leske und Budrich Opladen 1997 ISBN 3 8100 1857 0 Einzelnachweise Bearbeiten Zur Lage der Soziologie in der DDR und im Prozess der Vereinigung der beiden deutschen Staaten Eine Erklarung des Vorstands der Gesellschaft fur Soziologie in der DDR vom Juli 1990 Zeitschrift fur Soziologie Jg 19 Heft 6 1990 S 474 478 hier S 475 Online Version Memento des Originals vom 30 Januar 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www zfs online org PDF abgerufen am 30 Januar 2016 Silke van Dyk Alexandra Schauer dass die offizielle Soziologie versagt hat Zur Soziologie im Nationalsozialismus der Geschichte ihrer Aufarbeitung und der Rolle der DGS 2 Auflage Springer Fachmedien Wiesbaden Wiesbaden 2014 S 172 Silke van Dyk Alexandra Schauer dass die offizielle Soziologie versagt hat Zur Soziologie im Nationalsozialismus der Geschichte ihrer Aufarbeitung und der Rolle der DGS 2 Auflage Springer Fachmedien Wiesbaden Wiesbaden 2014 S 174 Die Darstellung beruht auf Hansgunter Meyer Soziologie und soziologische Forschung in der DDR In Bernhard Schafers Hrsg Soziologie in Deutschland Entwicklung Institutionalisierung und Berufsfelder theoretische Kontroversen Leske und Budrich Opladen 1995 S 35 49 Sebastian Klauke Gunther Rudolph Leben und Werk Eine Skizze In Tonnies Forum 26 Jahrgang 3 2017 S 66 70 hier S 68 Rudolph wurde 1967 mit der Dissertation Die philosophisch soziologischen Grundpositionen von Ferdinand Tonnies 1855 1936 Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik der burgerlichen Soziologie promoviert Vera Sparschuh und Ute Koch Sozialismus und Soziologie Die Grundergeneration der DDR Soziologie Versuch einer Konturierung Leske und Budrich Opladen 1997 S 285 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Soziologie in der DDR amp oldid 188579843