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Soziale Interaktion bezeichnet Vorgange gegenseitiger Beeinflussung z B durch Kommunikation und soziale wechselseitige Austauschbeziehungen zwischen einzelnen Personen und sozialen Gruppen sozialer Einfluss sowie die dadurch entstehende Veranderung von zum Beispiel Verhaltensweisen und Einstellungen Einstellungsanderung U a verwenden Jurgen Habermas oder Niklas Luhmann synonym auch den Begriff Kommunikation Gelegentlich wird berucksichtigt dass Kommunikation ein asymmetrischer Prozess sein kann bei dem Information von einem Sender auf einen Empfanger ubertragen wird Wahrend Interaktion stets einen symmetrischen Prozess meint in dem beide Seiten gegenseitig Informationen austauschen 1 Bei der Interaktion hat der Empfanger die Wahl auf welchen Teil der Nachricht vom Sender er reagieren will und somit hohe Moglichkeiten hat in welche Richtung die Konversation gesteuert werden soll Es gibt vier verschiedene Formen der Interaktion Pseudo Interaktion Asymmetrische Interaktion Reaktive Interaktion Interdependent symmetrische Interaktion 2 Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsverwendung in der Soziologie 1 1 Georg Simmel 1 2 Max Weber 1 3 Symbolischer Interaktionismus 1 4 George Herbert Mead 1 5 Talcott Parsons 2 Ausgewahlte Aspekte der sozialen Interaktion 2 1 Bedingungen des Gelingens sozialer Interaktion 2 2 Einflusse aus der Kindesentwicklung wahrend der Kindheit auf Handlungsraume in der Adoleszenz 3 Sozialpsychologischer Interaktionsbegriff 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBegriffsverwendung in der Soziologie BearbeitenDer eigentliche Terminus der spater im amerikanischen als interaction ubersetzt wurde stammt von Georg Simmel und lautete Wechselwirkung Soziale Interaktion ist die aktive Wechselwirkung von wenigstens zwei Akteuren oder sozialen Institutionen wie etwa Organisationen z B zum Zwecke der Abstimmung des Verhaltens der Beteiligten bzw des konkreten Handelns der Kooperations partner Voraussetzung fur die Anschlussfahigkeit einer Interaktion ist die wechselseitige kommunikative Bezugnahme der an der Interaktion Beteiligten Diese Bezugnahme kann Handlungsgrunde Handlungsziele sowie Erwartungen des Gegenubers umfassen Da solche Interpretation immer auch wechselseitig ist ist soziale Interaktion zugleich auch Kommunikation Die Soziologie unterscheidet drei Ebenen des sozialen Lebens Interaktion Organisation und Gesellschaft Organisationen und Gesellschaften bestehen aus strukturierten unzahligen sozialen Interaktionen der beteiligten Menschen In einigen soziologischen Theorien gilt die Interaktion als die Grundeinheit alles Sozialen 3 Mit sozialer Interaktion haben sich verschiedene Theorien und Soziologen auseinandergesetzt Sie weisen jeweils spezifische Aspekte aus Georg Simmel Bearbeiten Zu den fruhen interaktionistischen Ansatzen konnen die Arbeiten Georg Simmels gerechnet werden z B Die Grossstadte und das Geistesleben von 1903 oder Der Streit von 1908 Methodologisch basieren sie weder auf der Analyse der individuellen Handlungen noch der sozialen Grossstrukturen oder Institutionen sondern auf der der Wechselwirkungsformen und Eigendynamiken zwischen diesen Ebenen vor dem Hintergrund einer zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft Max Weber Bearbeiten Nach Max Weber ist soziales Handeln seinem von den Handelnden gemeinten Sinn nach immer auf das Verhalten Anderer bezogen Von sozialer Interaktion kann man insofern sprechen als Handeln in einer sozialen Beziehung erfolgt d h ein fortlaufendes aufeinander eingestelltes und dadurch orientiertes Sich Verhalten mehrerer ist 4 Die soziale Interaktion wird durch den individuellen Sozialisationsprozess sowie die individuell unterschiedliche selektive Wahrnehmung bestimmt Symbolischer Interaktionismus Bearbeiten Interaktion ist im symbolischen Interaktionismus ein permanenter Prozess des Handelns Beobachtens und Entwerfens weiterer Handlungen in dem ego und alter wechselseitig die vermuteten Rollenerwartungen des anderen ubernehmen oder ablehnen darauf reagieren und weiteres Handeln antizipieren Wechselseitige Interpretationen definieren die Situation bestimmen worum es geht oder nicht gehen soll und leiten das Handeln an Nicht vorgegebene Normen ermoglichen die Interaktion sondern die gemeinsame Festlegung welchen Sinn die Interaktion hat Voraussetzung fur das Gelingen von Interaktion ist die Fahigkeit zur Perspektivenubernahme Diese Auffassung von Interaktion vertritt gegen das normative Paradigma das interpretative Paradigma 5 George Herbert Mead Bearbeiten George Herbert Mead versteht unter einer sozialen Handlung nicht die Handlung eines Einzelnen Die soziale Handlung ist auf ein soziales Objekt gerichtet So ist z B das soziale Objekt des Fussballteams Tore zu schiessen bzw das Spiel zu gewinnen Das kooperative Zusammenspiel des Teams ist die soziale Handlung Sie besteht aus sozialen Interaktionen zwischen den Spielpartnern die dadurch koordiniert sind erstens ein gemeinsames soziales Objekt zu haben und zweitens durch die Fahigkeit der Interaktionsteilnehmer die Rolle welche die anderen fur die Erreichung des Zieles spielen zu antizipieren und entsprechend zu agieren und zu reagieren Talcott Parsons Bearbeiten Nach Talcott Parsons Rollentheorie folgen wir in unserem Verhalten normativen Vorgaben die sich aus sozialen Strukturen ergeben Unsicherheit im Verhalten besteht weil die Interpretation der Verhaltensnormen durch die Interaktionsteilnehmer unterschiedlich sein kann Dass Interaktion trotzdem funktioniert erklart Parsons damit dass die Teilnehmer durch Sozialisation die gleichen Normen und Werte der Gesellschaft internalisiert haben und daher motiviert sind so zu handeln wie sie handeln sollen Eine solche Auffassung wird unter das normative Paradigma gezahlt 4 Im Gegensatz zu Parsons Ansatz steht das Interaktionistische Rollenmodell Ausgewahlte Aspekte der sozialen Interaktion BearbeitenBedingungen des Gelingens sozialer Interaktion Bearbeiten Soziale Interaktion hangt direkt mit der Kommunikation zusammen Deswegen gelten fur eine erfolgreiche soziale Interaktion dieselben Bedingungen wie fur eine erfolgreiche Kommunikation Von erfolgreicher Kommunikation und damit erfolgreicher sozialer Interaktion spricht man dann wenn die Ziele der Interaktion erreicht wurden und die beabsichtigte Wirkung eintritt Das heisst dass die Erwartungen der Beteiligten an die Interaktion erfullt wurden und somit auch deren Bedurfnisse Als einfaches Beispiel ist das Unterrichtsgeschehen zu betrachten Ein Schuler stellt eine Frage sein Bedurfnis seine Erwartung ist die Antwort und der Lehrer beantwortet diese Das Ziel ist dann erreicht wenn der Schuler es verstanden hat somit wurden sowohl die Erwartungen des Schulers sowie die des Lehrers erfullt Es ist auch wichtig eine positive Interaktionsatmosphare zu ermoglichen seine Kommunikationsbereitschaft zu signalisieren und die eigenen Zielsetzungen und Erwartungen an die Interaktion zu uberprufen Ein weiterer wichtiger Aspekt des Gelingens der Interaktion ist die Gesichtswahrung durch Facework Erving Goffman Einflusse aus der Kindesentwicklung wahrend der Kindheit auf Handlungsraume in der Adoleszenz Bearbeiten Das menschliche Individuum nimmt von fruher Kindheit an Einfluss auf Situationen die es andererseits selbst beeinflussen Es beeinflusst die soziale und physische Umwelt Der Mensch reagiert also nicht nur passiv sondern gestaltet seine Umwelt selbst mit Insofern bildet der Mensch nach Leo Montada 6 ein System in dem Aktivitaten und Veranderungen miteinander verschrankt sind Die Veranderungen von Details fuhren zu Veranderungen des Gesamtsystems und wirken naturlich wieder zuruck Habe man fruher gefragt wie sich das Kind in einer Familie entwickle frage man heutzutage eher wie ein Kind auf eine Familie wirke und welche Wirkungen das Kind wiederum beeinflussten Zum Beispiel wurde nicht nur gefragt wie sich die Scheidung auf das Kind auswirke sondern auch was Kinder zur Ehezufriedenheit beitrugen Nach Montada haben Kagan und Moss die Situation feindseliger Mutter und aggressiver Kinder untersucht Sie fanden hohe Korrelationen zwischen beiden Faktoren Traditionell wurde man sagen dass die Feindseligkeit der Mutter die Aggressivitat der Kinder beeinflusse besser sei aber die Frage nach wechselseitiger Beeinflussung bzw die Frage nach der Feindseligkeit als Erbanlage die sich bei Muttern in Kritikbereitschaft und bei Kindern in Aggressivitat zeige und sich damit gegenseitig beeinflusse 7 Eine produktive Art wie Jugendliche quasi als Agenten ihrer eigenen Entwicklung auftreten konnten ist die Wahl anderer Handlungsraume ausserhalb der Familie Das sei so die Autoren besonders in der fruhen Adoleszenz von grosser Bedeutung in der es um zukunftige Handlungsraume gehe und um Peergruppen die unabhangig von den Eltern seien Diese Wahl externer Handlungsraume stabilisiere auch eine Existenz in einer sich verandernden Welt Indem der Jugendliche alternative Situationen der Interaktion wahlt wird er zum Produzenten seiner eigenen Entwicklung und Sozialisation 8 Die uberragende Bedeutung fruher sozialer Interaktion fur die optimale Entwicklung des Kindes haben Rene Spitz 9 10 11 und Harry Harlow 12 13 sehr anschaulich deutlich gemacht Der Mangel oder gar das Fehlen von Interaktion mit Bezugspersonen habe fur das Kind verheerende psychische motorische und intellektuelle Konsequenzen siehe Hospitalismus 14 15 Sozialpsychologischer Interaktionsbegriff BearbeitenIn der Sozialpsychologie 16 spricht man von Interaktion bei der uber Kommunikation vermittelten gegenseitigen Beeinflussung des Verhaltens oder der Einstellungen von Individuen oder Gruppen Bei der Interaktion einer Schulklasse z B beeinflussen sich Lehrer und Schuler gegenseitig wobei sie sich an ihren jeweiligen Erwartungen Rollenvorstellungen Situationsdefinitionen Vorerfahrungen orientieren Interaktion kann deswegen nur als Verhalten definiert werden das im Rahmen von situativen Handlungskonzepten beschrieben wird Die Interaktionsanalyse nach R F Bales versucht das Handlungsgefuge von interagierenden Partnern zu beschreiben und strukturell offenzulegen Bales hat dafur zwolf Kategorien vorgesehen z B stimmt zu zeigt Solidaritat macht Vorschlage fragt nach Meinungen usw Mit Hilfe solcher Interaktionsstrukturen konnen etwa Gruppen charakterisiert und von anderen unterschieden werden 17 Das Milgram Experiment zeigt den dramatischen Einfluss auf das Verhalten von Versuchspersonen durch die Interaktion angeblicher Autoritatspersonen 18 Siehe auch BearbeitenArbeit Philosophie Dialog Facework Identitat Interaktionistischer Konstruktivismus Interkulturelle Kompetenz Interaktionssystem Konflikt Kooperation Nonverbale Kommunikation Parasoziale Interaktion Psychodrama Selbstdarstellung Soziales Netzwerk Soziologie Zwischenmenschliche KommunikationLiteratur BearbeitenErving Goffman Interaktion Spass am Spiel Rollendistanz Piper Munchen 1986 Erving Goffman Interaktionsrituale Uber Verhalten in direkter Kommunikation Suhrkamp Frankfurt am Main 1999 Andre Kieserling Kommunikation unter Anwesenden Suhrkamp Frankfurt am Main 1999 Rolf Oerter Leo Montada Entwicklungspsychologie Beltz Verlags Union Weinheim Berlin 2002 ISBN 3 621 27479 0 Niklas Luhmann Interaktion Organisation Gesellschaft In Niklas Luhmann Hrsg Soziologische Aufklarung Teil 2 Aufsatze zur Theorie der Gesellschaft Springer Opladen 1975 S 9 20 Einzelnachweise Bearbeiten Dorsch Lexikon der Psychologie Verlag Hans Huber Access Management Abgerufen am 10 Juni 2020 Uni kassel Interaktion Kommunikation und Emotion In Uni Kassel Uni Kassel 1992 abgerufen am 8 Juni 2020 siehe auch 3 2 Entwicklungspsychologie in diesem Artikel a b Heinz Abels Einfuhrung in die Soziologie Band 2 Die Individuen in ihrer Gesellschaft Wiesbaden 2004 S 201 ff H Abels Einfuhrung in die Soziologie VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2004 Leo Montada Fragen Konzepte Perspektiven In Rolf Oerter Leo Montada Hrsg Entwicklungspsychologie 5 vollst uberarb Aufl J Beltz Verl Psychologie Verl Union Weinheim Basel Berlin 2002 ISBN 3 621 27479 0 S 3 53 darin auf S 6 f Jerome Kagan Howard A Moss Birth to maturity a study in psychological development 2nd ed Yale University Press New Haven 1983 ISBN 0 300 02998 5 Rolf Oerter Eva Dreher Jugendalter In Rolf Oerter Leo Montada Hrsg Entwicklungspsychologie 5 vollst uberarb Aufl J Beltz Verl Psychologie Verl Union Weinheim Basel Berlin 2002 ISBN 3 621 27479 0 S 258 318 darin auf S 268 f Hospitalismus ein Erganzungsbericht In Otto M Ewert Entwicklungspsychologie Band 1 Verlag Kiepenheuer amp Witsch Koln 1972 S 124 ff Das erste Lebensjahr In Erziehung in fruher Kindheit Serie Piper 1985 S 89 ff Hospitalismus I und Hospitalismus II In Erziehung in fruher Kindheit Serie Piper Munchen 1985 S 89 ff Das Wesen der Liebe In Entwicklungspsychologie Band 1 Kiepenheuer amp Witsch Koln 1972 S 128 ff Aspekte und Probleme fruher Entwicklung und Erziehung 1 In Norbert Kuhne Unterrichtsmaterialien Padagogik Psychologie Nr 694 Stark Verlag Mediengruppe Pearson Hallbergmoos 2012 Lucien Malson Die wilden Kinder Suhrkamp Taschenbuch Frankfurt am Main 1976 Aspekte und Probleme fruher Entwicklung und Erziehung 1 In Norbert Kuhne Unterrichtsmaterialien Padagogik Psychologie Nr 694 Stark Verlag Mediengruppe Pearson Hallbergmoos 2012 Meyers Lexikon der Psychologie Mannheim Wien Zurich 1986 S 172 Die Interktionsanalyse von N A Flanders findet sich beschrieben in Peter Kick Hanns Ott Worterbuch fur Erziehung und Unterricht Auer Verlag Donauworth 1997 S 333 ff Stanley Milgram Das Milgram Experiment Zur Gehorsamsbereitschaft gegenuber Autoritat Rowohlt Reinbek 1982 ISBN 3 499 17479 0 Normdaten Sachbegriff GND 4027266 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Soziale Interaktion amp oldid 231648527