www.wikidata.de-de.nina.az
Die slawischen Siedlungsnamen in Nordostbayern stellen neben wenigen Lehnwortern und Personennamen die wichtigste Quelle zur Erschliessung der hier im Fruh und Hochmittelalter gesprochenen slawischen Mundarten dar Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Forschungsgeschichte 3 Siedlungsnamen aus Personennamen 3 1 Possessivische Siedlungsnamen 3 1 1 Suffix j 3 1 2 Suffix ov 3 1 3 Suffix in 3 2 Patronymische Siedlungsnamen 3 2 1 Suffixe ici und ovici 3 3 Slawisch deutsche Mischnamen 3 3 1 Slawischer Personenname deutsches Grundwort 3 3 2 Slawischer Personenname fruhdeutsches Suffix ing 3 3 3 Slawischer Personenname im deutschen Genitiv 4 Siedlungsnamen aus Appellativen Gattungswortern 4 1 Primare Bildungen 4 2 Sekundare Bildungen 4 2 1 Suffix ica 4 2 2 Suffix n 4 2 3 Suffix jane 4 2 4 Suffix ov 4 2 5 Vereinzelte Suffixe 5 Siedlungsnamen mit Winden und Windisch 6 Methodik der Ortsnamenforschung 6 1 Erklarung der slawischen Laute und Zeichen 6 2 Slawisch deutsche Ersatzlautlehre 6 3 Vergleichsnamen 6 4 Altsorbische und alttschechische Namen 7 Literatur 8 EinzelnachweiseAllgemeines Bearbeiten nbsp Verbreitung slawischer Siedlungen in Nordostbayern 8 12 Jahrhundert Nordostbayern gehorte im Mittelalter zu einem slawisch deutschen Kontaktgebiet Bavaria Slavica in dem mehrere hundert Siedlungsnamen slawischer Herkunft ins Deutsche integriert wurden Neben genuin slawischen Namen rein slawische Namen gibt es auch sogenannte slawisch deutsche Mischnamen bei denen ein slawischer Personenname mit einem deutschen Namenelement verbunden wurde Daruber hinaus gibt es noch deutsche Siedlungsnamen mit der Bezeichnung Winden bzw Windisch die auf ehemalige slawische Bevolkerung hinweisen 1 Forschungsgeschichte BearbeitenZwei der ersten ernstzunehmenden Ortsnamenforscher waren Adam Ziegelhofer und Gustav Hey Ihre Werke Die Ortsnamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg 1911 und Die Ortsnamen des ehemaligen Furstentums Bayreuth 1920 in denen auch slawische Siedlungsnamen behandelt wurden bieten eine erste Zusammenschau oberfrankischer Siedlungsnamen Die historischen Belege in diesen Werken stammen aber zum grossen Teil aus mangelhaften Quelleneditionen und die Erklarungen der slawischen Siedlungsnamen sind teils nicht haltbar weil sie die Regeln der Ersatzlautlehre nicht berucksichtigen Einige ihrer Deutungen haben aber bis heute Bestand Eine wesentliche Verbesserung der Forschungslage brachte das Werk Sprache und Siedlung in Nordostbayern 1960 von Ernst Schwarz Die slawischen Siedlungsnamen werden hier mit der Methodik der slawisch deutschen Ersatzlautlehre erklart Viele Deutungen von Schwarz sind bis heute gultig allerdings griff er zum Teil auf wenige Belege zuruck In der Untersuchung Zur Etymologie und Struktur der slawischen Orts und Flussnamen in Nordostbayern 1962 von Ernst Eichler werden die bei Schwarz behandelten Siedlungsnamen verschiedenen Strukturtypen zugeteilt 1994 erschien das Buch Frankens mainwendische Namen von Joseph Schutz Er behandelt hier einzelne Namen slawischer Herkunft ohne jedoch neue Deutungsvorschlage zu bringen die einer sprachwissenschaftliche Prufung standhalten wurden 2 In der Buchreihe Beitrage zur slavisch deutschen Sprachkontaktforschung 2001 2006 wurden von den Autoren Ernst Eichler Albrecht Greule Wolfgang Janka und Robert Schuh lange Belegreihen zusammengestellt Die darauf beruhenden Namenerklarungen werden in Rezensionen als sehr sicher eingestuft 3 Siedlungsnamen aus Personennamen BearbeitenHier unterscheidet man possessivische Siedlungsnamen die den Besitz einer Person anzeigen patronymische Siedlungsnamen bezeichnen die Leute oder Nachkommen einer Person und slawisch deutsche Mischnamen 4 Possessivische Siedlungsnamen Bearbeiten Diese Namen wurden mit den Suffixen j ov und in gebildet das Suffix yn ist in Nordostbayern nicht nachzuweisen Suffix j Bearbeiten urslawisch j m ja f je n Siedlungsnamen die mit diesem Suffix gebildet sind zahlen zu den altesten slawischen Namentypen Das Suffix j konnte an Voll Kurz bzw Zunamen angefugt werden Der Auslaut des Personennamens wird durch j palatalisiert Beispielnamen Laibaros Lkr Bamberg zu ca 1304 Leuberoz 5 slawische Grundform Ľuboroz zum Personennamen Ľuborod mit der Bedeutung Siedlung des Ľuborod Premeischl Lkr Cham 1261 Premaevssel und Premeusel Lkr Kulmbach um 1520 Premeuselslaw Premysl zum Personennamen Premysl Schorgast Markt Lkr Kulmbach 1109 Kopie des 12 Jh Scoregast und Schorgast Ludwig Lkr Kulmbach 1326 1328 Ludwigschorgast dazu der Gewassername Schorgast r z Weissen Main 1348 fluvius Schorgastslaw Skorogosc zum Personennamen Skorogost Thelitz Lkr Lichtenfels 1180 Thechluz 1319 Techlautzeslaw Tech o ľuc zum Personennamen Tech o ľut 6 Woja Lkr Hof 1363 Woyen 1390 Woyen Das dorffslaw Voj n zum Personennamen Vojan Vojen 7 Suffix ov Bearbeiten urslawisch ov m ova f ovo n Dieses Suffix wurde haufig an Kurz und Zunamen angefugt Im Gegensatz zu j Ableitungen werden Bildungen mit ov und in als junger eingestuft Beispielnamen Guttenthau Lkr Bayreuth 1280 Gotentaw 1396 99 Gotentawslawische Grundform Godetov zum Personennamen Godeta mit der Bedeutung Siedlung des Godeta Leichau Lkr Tirschenreuth 1245 Luchow und Leuchau Lkr Kulmbach 1332 Leuchauweslaw Ľuchov zum Personennamen Ľuch Seuchau Lkr Cham 1086 Sichowa 1301 1307 Seichawe daz Dorfslaw Zichov zum Personennamen Zich 8 Trebsau Lkr Neustadt a d Waldnaab 1394 Trebsawslaw Trebosov zum Personennamen Trebos Weischau Lkr Coburg 1334 Weischave 1340 Wizaweslaw Vyskov zum Personennamen Vys k 9 Suffix in Bearbeiten urslawisch in m ina f ino n Das Suffix in kommt in Nordostbayern wie auch in anderen slawischen Siedlungsgebieten seltener vor als ov Beispielnamen Doberein Lkr Tirschenreuth 1119 Toberin 1326 Doebreinslawische Grundform Dobrin zum Personennamen Dobr mit der Bedeutung Siedlung des Dobr Tettau Lkr Kronach 1269 Theten dazu der Gewassername Tettau l z Hasslach 1194 flumen Taetinslaw Tetin zum Personennamen Teta 10 Wustung Wurbotin vermutlich Lkr Wunsiedel 1332 1340 zu Wu e rbotin uber u ist e ubergeschrieben 11 slaw Vrbotin zum Personennamen Vrbota Bei den Siedlungsnamen Schorgast Markt Ludwig und Tettau handelt es sich wahrscheinlich um ursprungliche Gewassernamen hier Bachnamen Gewasser die den Besitz einer Person benennen sind im slawischen Siedlungsraum recht selten vgl den tschechischen Bachnamen Dobrohost 1255 sub Dobrohoste fluvio zum alttschechischen Personennamen Dobrohost 12 Patronymische Siedlungsnamen Bearbeiten Suffixe ici und ovici Bearbeiten urslawisch iti o oviti o Diese Suffixe bezeichneten ursprunglich die Leute bzw die Nachkommen oder die Untertanen und spater auch das Dorf nach einer Person Beispielnamen Gossmitz Lkr Lichtenfels Spates 14 Jh in Gottmetz 1413 Go e stmecz 1419 1420 Gostmeczslawische Grundform Gostimici zum Personennamen Gostim mit der Bedeutung Siedlung der Leute des Gostim 13 Koditz Lkr Hof 1359 Ko e titz 1401 Kotitzslaw Chotici zum Personennamen Chot Prebitz Lkr Bayreuth ca 1285 Predwitz 1326 Pretwitzslaw Predovici zum Personennamen Pred bzw Preda Redwitz Markt Lkr Wunsiedel ca 1135 Radewize 1279 Kopie des 14 Jh Redwitzslaw Radovici zum Personennamen Rad Treunitz Lkr Bamberg 1185 Kop A 13 Jh uillam Drogunze zu 1185 de Drogenzeslaw Drogunici o a zum Personennamen Drogun 14 Bei den genannten Beispielnamen handelt es sich ausschliesslich um sekundare Bildungen Primare Bildungen wie pluralische Siedlungsnamen sind in Nordostbayern bisher nicht sicher nachgewiesen Als eventuelles Beispiel kann aber der Siedlungsname Weides Lkr Kronach 1108 Witose gelten wenn man von slaw Vitosi Leute des Vitos ausgeht Slawisch deutsche Mischnamen Bearbeiten Unter diesem Siedlungsnamen Typ hat man die Verbindung eines slawischen Personennamens mit einem deutschen Namensbestandteil zu verstehen Wahrend bei den rein slawischen Siedlungsnamen von einer selbststandigen Siedlungstatigkeit der Slawen ausgegangen wird sind die Mischnamen erst im Rahmen des hochmittelalterlichen Landesausbaus entstanden Ob neben der gemischten Bildung auch eine rein slawische Vor oder Nebenform bestand kann fur die Mischnamen Nordostbayerns nicht belegt werden Slawischer Personenname deutsches Grundwort Bearbeiten Dieser Typus slavisch deutscher Mischnamen ist am weitesten verbreitet Das haufigste deutsche Grundwort ist dorf andere Grundworter wie reuth berg usw sind seltener Einige Mischnamen kommen auch ausserhalb des geschlossenen Verbreitungsgebiets slawischer Siedlungsnamen vor Beispielnamen Dreuschendorf Lkr Bamberg zu 1102 1139 Druskendorfzum slaw Personennamen Druzk Gottmannsdorf Lkr Ansbach 12 Jh Godemuzelstorf 1268 Godmuzelsdorfzum slaw Personenname Godomysl Modlareuth Lkr Hof 1363 Modleingereuth 15 zum slaw Personennamen Modl a Prolsdorf Lkr Hassberge 1116 Preliubestorf 1123 39 Prelubesdorfzum slaw Personennamen Preľub Schlottenhof Lkr Wunsiedel 1298 in Slawatenhouen 1298 Slabatenhofenzum slaw Personennamen Slavata Ziesselsberg Lkr Regen um 1105 1106 1112 de Cistanesberchzum slaw Personennamen Cstan o a 16 Slawischer Personenname fruhdeutsches Suffix ing Bearbeiten Bei diesem Typ handelt es sich um eine altere Form slawisch deutscher Mischnamen Er kommt fast ausschliesslich im Chamer Becken vor Beispielnamen Dalking Lkr Cham 1177 Talkingen 1280 Taelkingzum slaw Personennamen Dalk mit der Bedeutung Siedlung der Leute eines Dalk Kothmaissling Lkr Cham um 1135 Kozmuzelingen um 1170 Chozemvzlingezum slaw Personennamen Chocemysl 17 Traitsching Lkr Cham 1376 Draichsing 1398 Drayschingzum slaw Personennamen Drag sk 18 Zenching Lkr Cham 1178 1185 Cemtichingezum slaw Personennamen Semitech 19 Slawischer Personenname im deutschen Genitiv Bearbeiten Genitivische Siedlungsnamen die einen slawischen Personennamen beinhalten kommen in Nordostbayern nur vereinzelt vor Das Verbreitungsgebiet dieses Mischnamen Typs sind die mittelalterlichen Rodungsgebiete Oberfrankens und der Oberpfalz Beispielnamen Godas Lkr Tirschenreuth 1356 zu e dem Jodeys 1396 99 Godeiszum slaw Personennamen Godej 20 Mehlmeisel Lkr Bayreuth 1283 siluam Welmvzels dimidiam 1435 czum Welmewsselszum slaw Personennamen Veľemysl Wustung Prestans Lkr Kronach 1276 Pressaus aussen an der Urkunde Prestans 1361 Prestanszum slaw Personennamen Prestan 21 Die hier erschlossenen Personennamen enthalten Namenglieder wie Chot Drag Drog God Gost Ľub Mysl Pre Slav Tech die zum gemeinslawischen Erbe zahlen An Kurz und Zunamen wurden oft die allseits bekannten Suffixe k n s oder t eta ota angefugt Wahrend sich aus den Siedlungsnamen eine Vielzahl von slawischen Personennamen erschliessen lassen sind reine Personennamen in Nordbayern eher selten nachzuweisen z B ist im Bamberger Land 1420 der Personenname Wolgast bezeugt zu Reckendorff Item das gut da der alt Wolgast auf sitzet lt slawisch Voligost 22 Siedlungsnamen aus Appellativen Gattungswortern BearbeitenBei der Benennung der Siedlung stand nicht der Bezug zu einer Person im Vordergrund sondern vielmehr zur naturlichen Umwelt Oftmals wurde ein ursprunglicher Flurname in einigen Fallen auch ein Gewassername zum Siedlungsnamen erhoben nbsp Ausschnitt der Urkunde mit der Ersterwahnung von Zettlitz Gde Stadt Gefrees 1366 Primare Bildungen Bearbeiten Der Siedlungsname ist ohne ein toponymisches Suffix gebildet Beispielnamen Osseck Kreisfreie Stadt Hof und Osseck am Wald Lkr Hof 1376 Ozzek bei der stat 1376 Ozzek bei Dreisendorffslawische Grundform Osek zu osek durch einen Verhau geschutzter Platz 23 Rossdach Lkr Bamberg 1306 Rostokslaw Roztok zu roztok o a Auseinanderfluss daher Flussgabelung Schirnaidel Lkr Forchheim 1348 Schirneidling 1361 1400 Schirneitelslaw Crnidlo zu crnidlo Schwarze das Benennungsmotiv ist evtl dunkler Boden Einigen Siedlungsnamen liegt zwar eine Bildung mit Suffix zugrunde doch war hier die Suffigierung bereits im appellativischen Bereich vorhanden Graitz Markt Lkr Lichtenfels 1071 Grodez Grodihz und Wustung Grotze Lkr Bamberg 1298 Gvte ze Grotze bi wazzerloseslaw Grodc zu grodc Burgsiedlung 24 Zettlitz bei Gefrees Lkr Bayreuth 1366 villarum in Zedlitz und 6 weitere Siedlungsnamen Zettlitzslaw Sedlce Sedlc zu sedlo Sitz Siedlung 25 Sekundare Bildungen Bearbeiten Ein Gattungswort wurde mit Hilfe eines toponymischen Suffixes gebildet Suffix ica Bearbeiten urslawisch ika Das substantivierende Suffix ica tritt am haufigsten auf Oftmals wurde ica noch mit dem Suffix n nica erweitert Beispielnamen Dollnitz Lkr Kulmbach 1250 Dol n ce 1286 Tolenz 1307 Dolenz und 3 weitere Siedlungsnamen Dollnitzslawische Grundform Dolnica zu dol Tal 26 mit der Bedeutung im Tal gelegene Siedlung Flanitz Lkr Regen 1356 Fla e dnicz 1473 in der Flednitz dazu der Gewassername Flanitz l z Kleinen Regen zu 1009 Falschung A 12 Jh aqua Fladnizaslaw Blatnica zu blato Sumpf Morast ursprunglicher Gewassername 27 Lohnsitz Lkr Tirschenreuth zu 1196 1214 Lonsiz um 1224 Lonsizslaw Lǫzica zu lǫg Grassumpf Aue 28 Oelschnitz Lkr Hof 1332 ze Grossen vnd ze Wenigem Oltsnitz dazu der Gewassername Olschnitz r z Weissen Main 1398 Olssnitzslaw Olsnica zu olsa Erle ursprunglicher Gewassername Erlenbach Wirbenz Lkr Bayreuth 1218 Wirbivntz 1390 Wyrwenczslaw Vŕbnica zu vŕba Weide Salix Suffix n Bearbeiten urslawisch n m na f no n Das adjektivierende Suffix n kommt in Nordbayern auch recht haufig vor Bei ursprunglichen Gewassernamen ist am ehesten mit dem femininen na zu rechnen Beispielnamen Fuhrn Lkr Schwandorf 1031 Kop 12 Jh 1 H Furdona um 1225 Furdinslawische Grundform Brdn lt Brdn zu brdo Berg Anhohe mit der Bedeutung hugelige Gegend 29 Lam Lkr Cham 1332 cum villa dicta Lumbnaw dazu der Gewassername Lambach r z Weissen Regen 1279 Lomnslaw Lomna zu lom Bruch Sumpfgebusch Windbruch ursprunglicher Gewassername Trevesen Lkr Tirschenreuth 1279 Trevezn 1347 Trevesenslaw Trebezn zu trebez Rodung Zeyern Lkr Kronach 1260 Kop von 1293 Ceyerin 1288 Zirn dazu der Gewassername Zeyern l z Rodach am ehesten slaw Cirna zu cir Krickente ursprunglicher Gewassername 30 Im Gegensatz zu n kommt das substantivierende Suffix ina nur vereinzelt vor z B im Siedlungsnamen Kossain Lkr Tirschenreuth 1280 1285 Chozin der auf dem Gewassernamen Kossein r z Roslau 1345 Koslin 1393 Kozzeyn beruht und auf die slawische Grundform Kozina zu koza Ziege zuruckgeht 31 Das i im Suffix ina wurde hier als langes i ubernommen und zu ei diphthongiert Es lasst sich somit von n Ableitungen unterscheiden da diese im Deutschen als unscharfes e n erscheinen Suffix jane Bearbeiten Dieses altertumliche Suffix bezeichnete eine Gruppe von Einwohnern nach dem besiedelten Gelande bzw nach der Beschaftigung usw Slawisch jane geht auf indoeuropaisch ane zuruck und liegt auch in der germanischen Form den bei Tacitus erwahnten Namen der Kultverbande z B den Erminonen Elbgermanen zugrunde 32 Auch im Namen der Slawen selbst slaw Slovene Slovane ist dieses Suffix enthalten Beispielnamen Wustung Kulmane Lkr Coburg 1149 Kulmane 1156 1171 Culmanaslawische Grundform Chlḿane Hugelbewohner zu chlm Hugel Berg Lesau Klein Lkr Bayreuth ca 1123 Lesanslaw Lesane Leute die am im Wald wohnen zu les Wald Losau Lkr Schwandorf um 1250 Lasanslaw Lazane Bewohner der Rodung zu laz Rodung Suffix ov Bearbeiten urslawisch ov m ova f ovo n Das Suffix konnte nicht nur an Personennamen herantreten sondern konnte auch in toponymischer Funktion an Gattungsworter angefugt werden Siedlungsnamen mit ov bildeten oft Stellenbezeichnungen die auf Wald Baume und Tiere hinweisen Beispielnamen Klenau Gross Klein Lkr Tirschenreuth 1224 Chlenau in minori Chlenau 1363 Chlenovslawische Grundform Klenov zu klen Ahorn mit der Bedeutung Ort an dem es Ahorn gibt 33 Rehau Lkr Hof 1246 Resawe 1390 Resau Resaslaw Rezov zu rez Schnitt 34 Der Name bezieht sich auf Rodung oder auf Einschnitt im Gelande Theisau Lkr Lichtenfels 1251 Dizou 1348 Teyzzauweslaw Tisov zu tis Eibe Vereinzelte Suffixe Bearbeiten Andere Suffixe lassen sich in Nordostbayern nur vereinzelt nachweisen isce Zinst Lkr Tirschenreuth 1263 Zenisteslawische Grundform Senisce zu seno Heu mit der Bedeutung Heuplatz ovľe Theisseil Lkr Neustadt a d Waldnaab 1361 Teyseul 1396 99 Teusselslaw Tisovľe zu tis Eibe mit der Bedeutung Eibenwald je Wustung Prelles Lkr Bayreuth 1421 24 vor dem Prelesslaw Predlesje gt Predlese o a zu pred vor und les Wald mit der Bedeutung Ort vor dem Wald Siedlungsnamen mit Winden und Windisch BearbeitenHierbei handelt es sich um Siedlungsnamen deutscher Herkunft die auf ehemalige slawische Siedler hinweisen Bei Winden handelt es sich um die germanische Bezeichnung der slawischen Ostnachbarn althochdeutsch Winid Wende Slave Viele dieser Siedlungen befinden sich weiter westlich des Gebiets in dem rein slawische Namen vorkommen Beispielnamen Bischwind Lkr Schweinfurt 791 Kop d 9 Jh in Vvinido marcu 1151 Biscofheswinedenmit der Bedeutung Bei den Winden Slawen des Bischofs Egloffswinden Kreisfreie Stadt Ansbach 1168 Egelolueswineden 1221 Egelolfeswindenzum deutschen Personennamen Egilolf mit der Bedeutung Bei den Winden Slawen des Egilolf Ottowind Lkr Coburg 1116 Atenwinden 1317 Othenwindenzum deutschen Personennamen Ato mit der Bedeutung Bei den Winden Slawen des Ato Windischhausen Lkr Weissenburg Gunzenhausen 1057 1075 Slauuanishusen 1251 Windischen Hvsenanfangs zum slaw Personennamen Slavan also ursprunglich ein Mischname spater durch das Adjektiv mittelhochdeutsch windisch ersetzt Wunschendorf Lkr Bayreuth 1255 Windischendorf 1348 Windeschendorf und Wustung Wunschendorf Lkr Neustadt a d Waldnaab 1366 68 Windischendorfmit der Bedeutung beim windischen Dorf 35 Methodik der Ortsnamenforschung BearbeitenAls erstes wird eine Belegreihe zusammengestellt um die sprachliche Entwicklung des Siedlungsnamens bis zur heutigen Namenform nachvollziehen zu konnen Die mundartliche Aussprache des Namens muss bei der Erklarung mit berucksichtigt werden Nachdem von Seiten der Ortsnamenforschung geklart worden ist dass der Name nicht aus einer noch alteren Sprachschicht stammt etwa germanisch oder keltisch wird eine slawische Grundform angesetzt So musste der Name dann im Bayernslawischen in jungeren Abhandlungen wird dieser Begriff verwendet gelautet haben Erklarung der slawischen Laute und Zeichen Bearbeiten Die aus dem kyrillischen Alphabet stammenden Schriftzeichen und stehen fur ein sehr kurz gesprochenes i bzw u Die Schriftzeichen e und ǫ werden in der Slavistik zur Bezeichnung eines e bzw o Lauts mit nasaler Farbung verwendet Die erschlossenen rekonstruierten slawischen Grundformen der Siedlungsnamen werden mit einem versehen Ein Strich in einer Grundform oder in einem Personennamen z B Drag sk bezeichnet einen nicht genau bestimmbaren Vokal Slawisch deutsche Ersatzlautlehre Bearbeiten Bei den Konsonanten ist der Lautersatz von slawisch b durch bairisch v sehr auffallig Siedlungsname Flanitz aus slaw Blatnica und Fuhrn lt Brdn Der Frikativ z wurde bei dem Siedlungsnamen Seuchau lt slaw Zichov durch althochdeutsch ṡ ersetzt Die Langvokale i u wurden meistens diphthongiert z B bei dem Siedlungsnamen Theisau aus slaw Tisov Die in Nordostbayern selten vorkommenden Nasalvokale e und ǫ wurden als en bzw on eingedeutscht slaw Godetov gt Guttenthau slaw Lǫzica gt Lohnsitz Vergleichsnamen Bearbeiten Um eine Namenerklarung zu stutzen ist es notwendig Vergleichsnamen aus anderen west slawischen Sprachgebieten zu finden Beispiele sind Der Siedlungs und Gewassernamen Schorgast der auf slaw Skorogosc zuruckzufuhren ist kann mit dem polnischen Skorogoszcz verglichen werden Der auf slaw Lazane beruhende Siedlungsname Losau ist mit Dolni Horni Lazany dt ehem Unter Oberlosau bei Cheb Eger Tschechische Republik identisch Leichau und Leuchau lassen sich mit Luchow Niedersachsen vergleichen dem die altpolabische Grundform Ľuchov zu Grunde liegt Altsorbische und alttschechische Namen Bearbeiten Ruckschlusse zur sprachgeschichtlichen Zuordnung der slawischen Namen Nordostbayerns ergeben sich aus der Liquidenumstellung der Lautverbindung ar bzw al Die Siedlungsnamen Graitz Markt alt Grodez aus slaw Grodc und Treunitz alt Drogunze aus slaw Drogunici weisen mit der Lautfolge ro eine Parallele zum Altsorbischen auf Dagegen ist bei den Siedlungsnamen Flanitz aus slaw Blatnica und Traitsching zum Personennamen Drag sk mit la bzw ra eine fur das Alttschechische typische Lautung festzustellen Der Grossteil der altsorbischen Siedlungen liegt im Obermaingebiet alttschechische Namen sind hingegen mehrheitlich in der Oberpfalz zu finden Die Ortsnamenforschung weist aber darauf hin dass man auf Grund dieser Tatsache keine Wanderungsbewegungen slawischer Stamme rekonstruieren sollte sondern allenfalls von Parallelentwicklungen sprechen kann Literatur BearbeitenJoachim Andraschke Slawische Orts Wustungs und Flurnamen im Main und Regnitzgebiet Schriftenreihe des Historischen Vereins Landkreis Hassberge e V Band 22 herausgegeben von Wolfgang Jager und Thomas Schindler zugleich Beitrage zur ostfrankischen Kultur und Landeskunde Band V herausgegeben von Joachim Andraschke Hassfurt 2020 Ernst Eichler Zur Etymologie und Struktur der slawischen Orts und Flussnamen in Nordostbayern In Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl Marx Universitat Leipzig Gesellschafts und Sprachwissenschaftliche Reihe 11 1962 S 365 395 und in Ernst Eichler Beitrage zur deutsch slawischen Namenforschung 1955 1981 Leipzig 1985 S 269 299 Ernst Eichler Albrecht Greule Wolfgang Janka Robert Schuh Beitrage zur slavisch deutschen Sprachkontaktforschung Band 2 Siedlungsnamen im oberfrankischen Stadt und Landkreis Bayreuth Heidelberg 2006 ISBN 3 8253 5091 6 Ernst Schwarz Sprache und Siedlung in Nordostbayern Erlanger Beitrage zur Sprach und Kunstwissenschaft IV Nurnberg 1960 Adam Ziegelhofer Gustav Hey Die Ortsnamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg Bamberg 1911 und Die Ortsnamen des ehemaligen Furstentums Bayreuth Bamberg 1920 Einzelnachweise Bearbeiten Ernst Schwarz Sprache und Siedlung in Nordostbayern S 176 398 Ernst Eichler Zur sprachgeschichtlichen Stellung des Bayernslavischen In E Hansack u a Hrsg Festschrift fur Klaus Trost zum 65 Geburtstag S 57 62 Jurgen Udolph Rezension In Zeitschrift fur slavische Philologie 61 2002 S 482 484 Ernst Eichler Zur Etymologie und Struktur der slawischen Orts und Flussnamen in Nordostbayern S 383 386 Dorothea Fastnacht Ebermannstadt Ehemaliger Landkreis Ebermannstadt HONB Oberfranken 4 Munchen 2000 ISBN 3 7696 9701 4 S 152 ff Dieter George Lichtenfels Ehemaliger Landkreis Lichtenfels HONB Oberfranken 6 Munchen 2008 ISBN 978 3 7696 6862 9 S 154 f Reinhard Hollerich Rehau Selb Ehemaliger Landkreis Rehau und ehemals kreisfreie Stadt Selb HONB Oberfranken 3 Munchen 1977 S 91 f Wolfgang Janka Die altesten Ortsnamen im Raum Furth im Wald 1 Teil Die Kaiserurkunde von 1086 In BGLC 28 2011 S 16 f Horst Grassmuck Die Ortsnamen des Landkreises Coburg Dissertation Erlangen Coburg 1955 S 72 f Wolf Armin Frhr v Reitzenstein Reitzenstein Lexikon Frankischer Ortsnamen Herkunft und Bedeutung Oberfranken Mittelfranken Unterfranken Munchen 2009 ISBN 978 3 406 59131 0 S 219 Johannes Motsch Katharina Witter Bearb Die altesten Lehnsbucher der Grafen von Henneberg Veroffentlichungen aus Thuringischen Staatsarchiven 2 Weimar 1996 Ernst Schwarz Die Ortsnamen der Sudetenlander als Geschichtsquelle 1931 S 76 Dorothea Fastnacht Staffelstein Ehemaliger Landkreis Staffelstein HONB Oberfranken 5 Munchen 2007 ISBN 978 3 7696 6861 2 S 135 f Ernst Eichler Albrecht Greule Wolfgang Janka Robert Schuh Beitrage zur slavisch deutschen Sprachkontaktforschung Band 1 Siedlungsnamen im oberfrankischen Stadt und Landkreis Bamberg Heidelberg 2001 ISBN 3 8253 1105 8 S 174 f Annett Haberlah Pohl Munchberg Der Altlandkreis HAB Teil Franken I 39 Munchen 2001 ISBN 3 7696 6556 2 S 12 Stefan Hackl Die altesten Ortsnamen im Altlandkreis Viechtach In Wolfgang Janka Michael Prinz Hrsg Beitrage zur bayerischen Ortsnamenforschung Regensburg 2008 ISBN 978 3 939112 02 0 S 149 f Wolfgang Janka Zur Problematik der slavisch deutschen Mischnamen in Nordbayern In Peter Anreiter Guntram A Plangg Hrsg Namen in Grenzregionen Wien 2003 S 37 Wolf Armin Frhr v Reitzenstein Lexikon bayerischer Ortsnamen Herkunft und Bedeutung Oberbayern Niederbayern Oberpfalz Munchen 2006 ISBN 3 406 55206 4 S 277 Wolfgang Janka In Rainhard Riepertinger u a Hrsg Bayern Bohmen 1500 Jahre Nachbarschaft Veroffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 54 2007 Augsburg 2007 S 143 ff Wolfgang Janka Ortsnamenforschung im Raum Kemnath In Kemnath 1000 Jahre und mehr Pressath 2008 ISBN 978 3 937117 66 9 S 101 Gundhild Winkler Genetivische Ortsnamen in Ostmitteldeutschland und in angrenzenden Gebieten Dissertation Leipzig 2003 ISBN 3 05 004250 8 S 90 f Ernst Eichler Studien zur Fruhgeschichte slawischer Mundarten zwischen Saale und Neisse DS 19 Berlin 1965 S 173 f zum Lemma Allmosen Ernst Eichler Slawische Ortsnamen zwischen Saale und Neisse Ein Kompendium Band 3 Bautzen 1993 ISBN 3 7420 0780 7 S 44 zum Lemma Ossek Hans Jakob Slawisch deutsch benannte Wehranlagen in Oberfranken In OSG ASAW Philologisch historische Klasse 58 4 3 1967 S 165 175 Markus Thoma Ingo Sagert Die Gefreeser Orts und Flurnamen Gefreeser Geschichte n 4 2010 Erich Frhr v Guttenberg Land und Stadtkreis Kulmbach HONB Oberfranken 1 Munchen 1952 S 22 f Wolfgang Janka Slavische Gewassernamen in Siedlungsnamen des Bayerischen Waldes In Helmut Kalb Ernst Anreiter Isolde Hausner Hrsg Namen Sprachen und Kulturen Festschrift fur Heinz Dieter Pohl zum 60 Geburtstag Wien 2003 S 405 422 Wolfgang Janka Der Siedlungsname Lohnsitz In Harald Fahnrich Hrsg Stadtgemeinde Tirschenreuth Neue historische Forschungen Band 1 Pressath Tirschenreuth 2014 ISBN 978 3 939247 52 4 S 93 96 Wolfgang Janka Slawisches in Ortsnamen der ehemaligen Landkreise Oberviechtach und Neunburg vorm Wald In Oberviechtacher Heimatkundliche Beitrage Band 8 2010 Tagungsband Oberviechtach 2010 Wolf Armin Frhr v Reitzenstein Tiere an bayerischen Gewassern Theriophore Hydronyme in Bayern In Albrecht Greule Wolfgang Janka Michael Prinz Hrsg Gewassernamen in Bayern und Osterreich 3 Kolloquium des Arbeitskreises fur bayerisch osterreichische Namenforschung Regensburg 27 28 Februar 2004 Regensburger Studien zur Namenforschung 1 Regensburg 2005 ISBN 3 939112 00 3 S 163 Andre Pleintinger Die Gewassernamen im Bereich der oberen Eger Eine onomastische Untersuchung Munchen 2008 Ernst Eichler Hans Walter Alt Leipzig und das Leipziger Land Eine historisch geographisches Namenbuch Leipzig 2010 ISBN 978 3 86583 462 1 S 111 Antje Schmitz Die Siedlungsnamen und Gewassernamen des Kreises Luchow Dannenberg Kieler Beitrage zur deutschen Sprachgeschichte 19 Neumunster 1999 ISBN 3 529 04369 9 S 97 zum Lemma Klennow Dieter Berger Duden Geographische Namen in Deutschland 2 uberarbeitete Auflage 1999 ISBN 3 411 06252 5 S 236 Wolf Armin Frhr v Reitzenstein Ortsnamen mit Windisch Winden in Bayern In BONF 28 29 1991 92 S 3 76 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Slawische Siedlungsnamen in Nordostbayern amp oldid 224997540