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Siegfried Koller 30 Januar 1908 in Stettin 26 Marz 1998 in Mainz war ein deutscher Sozialmediziner Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Zeit des Nationalsozialismus 1 2 Nach Kriegsende 2 Publikationen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKoller promovierte 1930 in Gottingen bei Felix Bernstein zum Dr phil mit dem Thema Statistische Untersuchungen zur Theorie der Blutgruppen und zu ihrer Anwendung vor Gericht 1931 wurde er bei der 1927 in Bad Nauheim gegrundeten Deutschen Gesellschaft fur Herz und Kreislaufforschung Kerckhoff Institut DGHKF eingestellt um mit einem Stipendium der Rockefeller Stiftung ein statistisches Institut zu betreiben Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Koller wurde am 1 Mai 1933 Mitglied der NSDAP zudem trat er der SA dem NS Lehrerbund und dem NS Dozentenbund bei Nachdem der Leiter der DGHKF Franz Gordel in die USA emigrieren musste gehorte Koller dem Vorstand des Instituts an Am 14 Juli 1933 wurde das Gesetz zur Verhutung erbkranken Nachwuchses als gesetzliche Grundlage von Zwangssterilisierungen verabschiedet Am Universitatsinstitut fur Erb und Rassenpflege in Giessen konnten bei Ratten durch Suchtgifte Keimschaden provoziert und nachgewiesen werden was vom nationalsozialistischen Regime als wissenschaftliche Grundlage zur Anwendung ihres Gesetzes zur Zwangssterilisierung auch auf Suchtkranke verwendet werden sollte Ab 1934 engagierte sich Koller dafur dass die DGHKF das Institut fur Erb und Rassenpflege in Giessen unter der Leitung von Professor Heinrich Wilhelm Kranz finanziell unterstutzte Vor 1936 wurde Koller mit dem Thema Uber den Erbgang der Schizophrenie zum Dr med promoviert 1936 habilitierte er sich in Giessen mit seiner Schrift Die Auslesevorgange im Kampf gegen die Erbkrankheiten 1 1938 publizierte er zusammen mit dem Mathematiker Harald Geppert das Buch Erbmathematik Theorie der Vererbung in Bevolkerung und Sippe in dem unter anderem gefordert wurde die Sonderbehandlung fur Erbkranke auch auf erblich Belastete wie Gemeinschaftsunfahige auszudehnen 1 Nachdem Koller 1939 Dozent fur Biostatistik in Giessen geworden war verfasste er zusammen mit dem Sozialmediziner Kranz ein mehrbandiges Werk zur nationalsozialistischen Gesellschaftspolitik das von 1939 bis 1941 erschien Die Gemeinschaftsunfahigen Ein Beitrag zur wissenschaftlichen und praktischen Losung des sogenannten Asozialenproblems Teil I Kranz Materialubersicht und Problemstellung Giessen 1939 Teil II Kranz und Koller Erbstatistische Grundlage und Auswertung Giessen 1940 Teil III Kranz Vorschlag fur ein Gesetz uber die Aberkennung der volkischen Ehrenrechte zum Schutze der Volksgemeinschaft Giessen 1941 in Schriftenreihe des Instituts fur Erb und Rassenpflege Giessen Heft 2 Abschliessend fordern die Autoren Wir verfugen jetzt uber die wissenschaftliche Erkenntnis dass die Gemeinschaftsunfahigen aus minderwertigen erblichen Anlagen heraus handeln und diese Anlagen in mindestens durchschnittlichem Masse weitergeben Dieser Gefahr muss durch die Entziehung der volkischen Ehrenrechte entgegengetreten werden Unter diesen Rechten verstanden Kranz und Koller die Rechte auf Ehre auf Leben und auf Arbeit 2 Die beiden Sozialmediziner gaben so von den Nationalsozialisten verubten Verbrechen wie Mord Zwangssterilisation Eheverbot und der zwangsweisen Auflosung von bestehenden Ehen den Anschein wissenschaftlicher Begrundung 1941 wurde Koller Leiter des neu gegrundeten Biostatistischen Institutes der Universitat Berlin Im Rahmen der Reform des Berichtswesens nach dem Fuhrerbefehl vom 21 Marz 1942 kamen junge Sozialtechniker wie Koller und Mikat aus der Gruppe Zentrales Lazarettarchivwesen zum Zentralarchiv fur Wehrmedizin 1944 zum ausserplanmassigen Professor ernannt gehorte Koller dem wissenschaftlichen Beirat des Bevollmachtigten fur das Gesundheitswesen Karl Brandt an Nach Kriegsende Bearbeiten Von 1945 bis 1952 war Koller im Zuchthaus Brandenburg als Gefangener der Sowjetischen Militaradministration interniert Nach seiner Entlassung wechselte er in die Bundesrepublik wo er von 1953 bis 1962 Leiter der Abteilung Bevolkerungs und Kulturstatistik beim Statistischen Bundesamt war 1956 wurde er zum Professor ernannt und wurde Lehrstuhlinhaber und Leiter des Institutes fur Medizinische Dokumentation und Statistik der Johannes Gutenberg Universitat Mainz dem heutigen Institut fur Medizinische Biometrie Epidemiologie und Informatik IMBEI 1957 war er auch Honorarprofessor in Heidelberg 1 Koller war Mitgrunder der Deutschen Gesellschaft fur Medizinische Informatik Biometrie und Epidemiologie GMDS und von 1953 bis 1955 deren Prasident Er veroffentlichte mit Gustav Wagner das erste Standardwerk der medizinischen Informatik Handbuch der medizinischen Dokumentation und Datenverarbeitung 3 Weitere Tatigkeitsfelder Kollers waren die Kommission fur medizinische Epidemiologie und Sozialmedizin der Deutschen Forschungsgemeinschaft der Bundesgesundheitsrat sowie der Beirat der Bundesarztekammer Als Mitglied gehorte er der Deutschen Gesellschaft fur Wehrmedizin und Wehrpharmazie und der Deutschen Gesellschaft fur Bevolkerungswissenschaft an Koller wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland zum wichtigsten Begrunder des Fachs Medizinische Dokumentation und Statistik und damit auch der heutigen Nachfolgefacher Medizinische Informatik Biometrie und Epidemiologie Er verhalf diesen Fachern zu Durchbruch und Ansehen 4 Zu seinen akademischen Schulern gehorten u a Joachim Dudeck Jorg Michaelis Karl Uberla und Norbert Victor Koller wurde am 31 Januar 1978 emeritiert Am 17 Mai 1982 wurde Koller in Wiesbaden das Verdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen Die Deutsche Gesellschaft fur Innere Medizin entzog ihm 2021 nachtraglich den Status als Ehrenmitglied 5 Publikationen BearbeitenStatistik der Kreislaufkrankheiten In Verhandlungen d Dt Ges f Kreislaufforschung Bd 9 Dresden 1936 mit Harald Geppert Erbmathematik Theorie der Vererbung in Bevolkerung und Sippe Leipzig 1938 228 S Uber den Erbgang der Schizophrenie Zeitschrift f d ges Neurologie u Psychiatrie Bd 164 H 2 u 3 Berlin 1939 Med Dissertation mit Heinrich Wilhelm Kranz Die Gemeinschaftsunfahigen Ein Beitrag zur wissenschaftlichen und praktischen Losung des sogenannten Asozialenproblems Giessen 1939 1941 siehe oben Graphische Tafeln zur Beurteilung statistischer Zahlen Dresden 1943 73 S Einfuhrung in die Methoden der atiologischen Forschung Statistik und Dokumentation Methods of Information in Medicine 1963 2 S 1 13 Die Aufgaben der Statistik und Dokumentation in der Medizin Deutsche medizinische Wochenschrift 1963 88 S 1917 1924 Systematik der statistischen Schlussfehler Methods of Information in Medicine 1964 3 S 113 117 Neue graphische Tafeln zur Beurteilung statistischer Zahlen Darmstadt 1969 167 S Literatur BearbeitenGotz Aly Karl Heinz Roth Die restlose Erfassung Volkszahlen Identifizieren Aussondern im Nationalsozialismus Fischer Frankfurt am Main 2000 ISBN 3 596 14767 0 Sigrid Oehler Klein Hrsg Die Medizinische Fakultat der Universitat Giessen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit Personen und Institutionen Umbruche und Kontinuitaten Stuttgart 2007 ISBN 978 3 515 09043 8Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Siegfried Koller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Universitat Giessen Sigrid Oehler Klein Das Institut fur Erb und Rassenpflege der Universitat Giessen Aufbau des Instituts und Eingliederung in die Universitat 41 Seiten PDF auf geb uni giessen de 288 kB Siegfried Koller im Mainzer Professorenkatalog Sigrid Oehler Klein Siegfried Koller in NDB online Einzelnachweise Bearbeiten a b c Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer Taschenbuch Verlag Zweite aktualisierte Auflage Frankfurt am Main 2005 S 329 Zitiert nach Aly Roth S 111 Rundbrief der Deutschen Gesellschaft fur Epidemiologie 4 2006 darin S 10ff Nachruf auf Gustav Wagner auf dgepi de PDF abgerufen am 3 Mai 2008 Jorg Michaelis Nachruf auf Prof Dr phil Dr med Siegfried Koller Informatik Biometrie und Epidemiologie im Medizin und Biometrie 29 2 1998 Anhang S 3 5 Andreas Mehdorn NS belastete Ehrenmitglieder DGIM erkennt Ehrenmitgliedschaften ab und distanziert sich Deutsche Gesellschaft fur Innere Medizin e V Pressemitteilung vom 7 Oktober 2021 beim Informationsdienst Wissenschaft idw online de abgerufen am 7 Oktober 2021 Normdaten Person GND 124439454 lobid OGND AKS LCCN no2007051507 VIAF 42771275 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Koller SiegfriedKURZBESCHREIBUNG deutscher SozialmedizinerGEBURTSDATUM 30 Januar 1908GEBURTSORT StettinSTERBEDATUM 26 Marz 1998STERBEORT Mainz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Siegfried Koller amp oldid 238109681