Die Schweizerische Schillerstiftung in Zürich ist eine gemeinnützige Stiftung, die 1905 – im 100. Todesjahr Friedrich Schillers – gegründet wurde. Ihr Stiftungszweck ist es, «wichtige Werke der schweizerischen Dichtkunst durch jährliche Preise» auszuzeichnen, «begabte schweizerische Schriftsteller» zu fördern und «in Not geratene Schriftsteller und deren Familien» zu unterstützen (zitiert nach der Satzung von 2004). Bis zur Schaffung der Eidgenössischen Literaturpreise im Jahr 2012 war die Schweizerische Schillerstiftung die einzige schweizerische Institution, die Preise und Unterstützungen an Autoren aller vier Landessprachen vergab.
Geschichte Bearbeiten
1880: Vorgeschichte 1 – Post aus Weimar Bearbeiten
Im Jahre 1880 erhielten Gottfried Keller und Conrad Ferdinand Meyer, die damals bekanntesten deutschsprachigen Schweizer Schriftsteller, Schreiben, in denen die Deutsche Schillerstiftung sie bat, bei einer eventuellen Gründung einer schweizerischen Zweigstelle der Stiftung behilflich zu sein. Diese Stiftung hatte es sich seit 1859 zur Aufgabe gemacht, deutschsprachige Schriftsteller zu fördern und zu unterstützen. Meyer spendete zwar einen höheren Betrag, lehnte aber das Vorhaben ab. Keller lehnte ebenfalls ab, unter deutlichem Hinweis darauf, dass alle Schriftsteller der romanischen Schweiz dann ausgeschlossen sein würden.
1882: Vorgeschichte 2 – Vom Turnverein zum Lesezirkel Bearbeiten
Hans Bodmer, Mitglied des Turnvereins Hottingen, gründete 1882 als 19-Jähriger mit einigen Freunden den Lesezirkel Hottingen. Gemeinsames Ziel war, «in freier Vereinigung, mittelst Abonnement erster Zeitschriften, die regelmässig zirkulieren, durch Beschaffung gediegener Bücher, den einzelnen mit den Meisterwerken und neuesten Erscheinungen unserer Literatur, mit nützlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu befreunden. Nebenhin ist ... auf dem Weg der Lektüre zur Veredelung von Geist und Gemüt dasjenige beizutragen, was die Turnerei zur Stählung der Kraft» (zit. nach Bleuler-Waser, Zürich 1907). Die Idee wurde begeistert aufgenommen: Um 1895 hatte der Lesezirkel bereits über 1000 Mitglieder. Bodmer, Präsident des Lesezirkels bis kurz vor der Auflösung 1941, gründete 1902 innerhalb des Lesezirkels Hottingen auch noch den Literarischen Club Zürich, der bis heute existiert.
Die Gründung anlässlich der Feier zur 100. Wiederkehr von Schillers Todestag Bearbeiten
Im Oktober 1904 erhielt auch Bodmer ein Schreiben aus Weimar, das ihn bewegen sollte, in Zürich eine Tochterfiliale der Deutschen Schillerstiftung zu gründen, idealerweise anlässlich der Feiern zum 100. Todestag Friedrich Schillers. Bundesrat Ludwig Forrer, der damalige Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern, unterstützte wie Bodmer diese Idee zwar grundsätzlich, betonte jedoch, dass es eine eigene, von der Deutschen Schillerstiftung unabhängige Schillerstiftung in der Schweiz geben müsse. So lehnte Bodmer das Angebot aus Weimar ab und betonte dabei noch den besonderen Aspekt der schweizerischen Literatur, den der Dreisprachigkeit. (Nach der Satzung der Deutschen Schillerstiftung hätten nur deutschsprachige, also deutsch-schweizerische Schriftsteller unterstützt werden können.)
Bodmer und sein Lesezirkel Hottingen erreichten zusammen mit Forrer, dass der eidgenössische Nationalrat nicht nur eine Festausgabe des Wilhelm Tell genehmigte, die an 210'000 Schüler verteilt wurde. Es gelang ihnen darüber hinaus, dass der Nationalrat 50'000 Fr. zur Gründung einer schweizerischen Schillerstiftung bereitstellte, unter der Bedingung, «dass zum mindesten ein gleich hoher Betrag aus anderweitigen ... Mitteln aufgebracht werde». Dies, da bisher «mit dem vorgesehenen Bundesbeitrag der Pflicht der Dankbarkeit der schweizerischen Nation gegenüber den Manen des grossen Dichters noch nicht Genüge geschehen sei». Das daraufhin rasch gegründete Komitee zur Gründung eines Fonds für eine schweizerische Schillerstiftung hatte mit seiner Sammlung grossen Erfolg. Die Schiller-Feier anlässlich der 100. Wiederkehr des Todestags in Zürich wurde vom Lesezirkel Hottingen organisiert und wurde offiziell ausgerichtet «zu Gunsten der schweizerischen Schillerstiftung». Schillers Wilhelm Tell stand auch im Mittelpunkt der Festrede Louis Forrers: «In des zweiten Aufzugs zweiter Szene, dem Rütlischwur, steht es geschrieben, das hohe Lied unsrer Freiheit, der politische Katechismus unserer Jugend, die ideale Verfassung des Schweizerbundes.» Dieser 9. Mai 1905 gilt deshalb als Gründungstag der Schweizerischen Schillerstiftung.
Schon Anfang November 1905 betrug das Ergebnis der Sammlungen und Spenden mehr als das Doppelte der vom Nationalrat geforderten Summe, denn über 100'000 Fr. waren bereits zusammengekommen. Die Statuten der neuen Schweizerischen Schillerstiftung wurden noch im November 1905 festgelegt; im Dezember wählte bereits der Bundesrat den Aufsichtsrat der Stiftung. Anfang Januar 1909 endlich genehmigte er die Statuten, womit die Stiftung auch juristisch gültig gegründet war.
Unterstützung und Ehrung zugleich Bearbeiten
In den Anfängen der Schweizerischen Schillerstiftung war ihre Arbeit gemäss den Statuten auf den unterstützenden Aspekt bedürftiger Schriftsteller ausgerichtet, die aber bereits Verdienste erworben haben sollten. Der ehrende Charakter war also gleichrangig. (Die Stiftung war in den ersten Jahrzehnten die einzige schweizerische Institution, die sich dieser Aufgabe stellte.) Um hierfür kontinuierlich finanzielle Mittel bereitstellen zu können, wurden Mitglieder geworben. Die höchste Mitgliederzahl wurde schon 1931 mit ca. 8400 Mitgliedern erreicht. Ausserordentliche Zuwendungen von Bund, Kantonen, Gemeinden, Firmen und Privatpersonen sowie Erbschaften halfen zusätzlich. So konnten Dichternachlässe angekauft und Renten für bedürftige Hinterbliebene finanziert werden. Sogar die Herausgabe literarischer Werke wurde vereinzelt unterstützt, beispielsweise die Ausgabe der Gesammelten Werke von Jeremias Gotthelf.
Förderung und Ehrung im Mittelpunkt Bearbeiten
Doch auch Schriftsteller, die sich nicht in Not befanden, sollten geehrt werden können, zumal es seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts immer mehr offizielle Institutionen gab, die die Aufgabe der reinen Unterstützung übernommen hatten: Der Schweizerische Schriftstellerverband (SSV), die grossen Bibliotheken, die Öffentliche Hand, aber auch andere Stiftungen entlasteten die Schweizerische Schillerstiftung. Und das Schweizerische Literaturarchiv hatte den Ankauf von Dichternachlässen übernommen.
Neben dem Grossen Schillerpreis und den anderen eigenen Preisen und Auszeichnungen der Schweizerischen Schillerstiftung nominierten deutschsprachige Jurys die Träger des Schillerpreises der Zürcher Kantonalbank und von 1924 bis 2003 die Welti-Preisträger.
Auszeichnungen – Ehrengaben – Preise Bearbeiten
Die Stiftung vergab ab 1908 (1906?) Preisgelder sowie zwischen 1920 und 2012 ungefähr alle fünf Jahre (insgesamt zwanzig Mal) den Grossen Schillerpreis und jährlich Literaturpreise, die entweder das Gesamtwerk eines Autors oder ein einzelnes Werk honorierten. Ziel war es, unbekannten wie bereits bekannten Schriftstellern Mut zu machen, weiter ihre Texte zu verfassen. Im Laufe ihrer Geschichte vergab die Stiftung ausserdem eine Vielzahl von Dotationen, kleinen und grossen Förder- und Unterstützungsbeiträgen, Renten für Schriftsteller oder deren Hinterbliebene. 2012 begann die Eidgenossenschaft damit, selber nationale Literaturpreise zu verleihen, womit die Preise der Stiftung ihre Daseinsberechtigung verloren. Um der Tätigkeit treu zu bleiben, mit der sie sich einen Namen gemacht hat, rief die Stiftung 2013 den Terra-Nova-Preis ins Leben. Er wird an Autorinnen und Autoren, meist für ein Debüt, vergeben sowie auch an Übersetzerinnen und Übersetzer.
Bis 2012 ehrte die Stiftung pro Jahr die ausgewählten Schriftsteller mit bis zu 100'000 Fr. Exemplarisch sind hier einige Ehrungen aufgeführt, um das Spektrum der Fördermassnahmen zu zeigen:
Gesamtwerkspreise Bearbeiten
Gesamtwerkspreise der Schweizerischen Schillerstiftung (in Autorenviten etwa «Literaturpreis» bzw. «Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung» oder «Schweizerischer Schillerpreis» genannt), dotiert bis zu 10'000 Fr., erhielten:
Einzelwerkpreise Bearbeiten
Einzelwerkpreise der Schweizerischen Schillerstiftung, dotiert bis 10'000 Fr., wurden neben vielen anderen verliehen an:
Literatur Bearbeiten
- Hedwig Bleuler-Waser: Leben und Taten des Lesezirkels Hottingen. Von seiner Geburt bis zu seinem 25. Altersjahre 1882–1907. Lesezirkel Hottingen, Zürich 1907.
- Schweizerische Schillerstiftung 1905–2005. Band 1: Festschrift, Band 2: Listen der Auszeichnungen. Redaktionell betreut von Estelle Schiltknecht und Ernst Nef. o. O. (Zürich), o. J. (2005).
Weblinks Bearbeiten
- Offizielle Website (viersprachig)
- Die Schweizerische Schillerstiftung. Neue Zürcher Zeitung, 9. Juni 2012
- Archiv Schweizerische Schillerstiftung in der Datenbank Helveticarchives bzw. als Online-Inventar (EAD) des Schweizerischen Literaturarchivs
Einzelnachweise Bearbeiten
- Preise der Schweizerischen Schillerstiftung und Großer Preis der Schweizerischen Schillerstiftung und Terra Nova – Neuer Preis der Schweizerischen Schillerstiftung. In: Literarische Preise und Auszeichnungen. 73. Jahrgang 2022/2023 (Teil des mehrbändigen Werks Kürschners Deutscher Literatur-Kalender), De Gruyter, Berlin 2022, ISBN 978-3-11-076972-2, S. 1240.
- Für Einzelheiten siehe (Memento vom 3. März 2016 im Internet Archive).