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Rudolf von Gerlach 13 Juli 1886 1946 Grossbritannien war ein deutscher Theologe Gerlach war Papstlicher Geheimkammerer und wahrend des Ersten Weltkriegs Verbindungsmann zwischen Papst Benedikt XV und der deutschen Regierung Papst Benedikt XV mit Rudolf von Gerlach Foto Nicola Perscheid 1915 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Tatigkeit 1 1 Jugend und fruhe Laufbahn 1 2 Tatigkeit Gerlachs wahrend des Ersten Weltkriegs 1 3 Spatere Jahre 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben und Tatigkeit BearbeitenJugend und fruhe Laufbahn Bearbeiten Gerlach war der Sohn eines preussischen Offiziers Von 1897 bis 1902 wurde Gerlach am Maximilian Gymnasium in Munchen und dem Gymnasium in Landshut unterrichtet ohne einen Abschluss zu erlangen Anschliessend trat er in die preussische Armee ein Dort erwarb er als Ulan das Reifezeugnis und als Fahnenjunker den Status eines Einjahrig Freiwilligen Um 1906 etwa 20 jahrig ging Gerlach mit einer Tanzerin nach Paris Seine Eltern liessen ihn zuruckholen Sein Regiment versetzte ihn zu dieser Zeit in die Reserve 1907 wurde Gerlach von seiner Familie nach Mexiko Stadt geschickt In Mexiko wandte Gerlach sich unter dem Einfluss des dortigen Erzbischofs dem Katholizismus zu Nach seiner Ruckkehr nach Deutschland studierte er Philosophie und Theologie in Freiburg im Breisgau und in der Schweiz Anschliessend wurde er auf Empfehlung des Bischofs von Trient Celestino Endrici in die Accademia Dei Nobili Ecclesiastici die Diplomatenschule des Vatikans aufgenommen Seine Priesterweihe empfing er durch den papstlichen Nuntius in Bayern Kardinal Fruhwirth in der Munchener Nuntiatur Dank der Unterstutzung einflussreicher Forderer des Kardinals Antonio Agliardi und des Kardinals Giacomo della Chiesa Erzbischof von Bologna stieg Gerlach in der kirchlichen Hierarchie rasch auf 1914 begleitete er Chiesa zu dem nach dem Tod von Pius X einberufenen Konklave in Rom das mit Chiesas Wahl zum neuen Papst Benedikt XV endete Noch am Tag seiner Inthronisierung ernannte der neue Papst Gerlach zum Wirklichen Diensttuenden Geheimen Kammerherrn In den folgenden Jahren gehorte Gerlach zum engsten Gefolge des Papstes So war er dessen Oberst Gewandkammerer und kontrollierte im papstlichen Vorzimmer wer Zugang zu Benedikt erlangte Vor allem aber war Gerlach Referent des Papstes fur deutsche osterreichische und Schweizer Angelegenheiten Tatigkeit Gerlachs wahrend des Ersten Weltkriegs Bearbeiten Nach dem Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg im Jahr 1915 sahen sich die Mittelmachte Deutschland und Osterreich Ungarn von einer direkten Kommunikation mit dem innerhalb des italienischen Staates eingeschlossenen Vatikan weitgehend abgeschnitten Gerlach als einziger aus Deutschland stammender direkter Mitarbeiter des Papstes erlangte hierdurch eine wichtige Rolle als Bindeglied der deutschen und osterreichischen Regierungen zum Oberhaupt der katholischen Kirche Als der deutsche Zentrumspolitiker Matthias Erzberger 1916 das Projekt einer Ubertragung der Herrschaft uber das Furstentum Liechtenstein an den Papst lancierte und nach der Zustimmung Benedikts zu diesem Vorhaben Verhandlungen mit dem Liechtensteiner Furstenhaus zur Verwirklichung dieses Zieles aufnahm liefen die Korrespondenzen und Berichte des Politikers an den Papst zu dieser Angelegenheit uber Gerlach den Benedikt mit der Betreuung des Vorgangs beauftragte Hinter der ganzen Aktion stand die Uberlegung dass der Papst durch die Ubernahme der nominellen Herrschaft uber Liechtenstein die faktische Regierung hatte bei dem dortigen Furstenhaus verbleiben sollen formal zu einem souveranen europaischen Territorialherrscher geworden ware und somit einen Anspruch zur Einbeziehung in politische Verhandlungen der europaischen Machte uber eine Beendigung des Krieges und die Organisation der Nachkriegsordnung erlangt hatte Das Liechtensteiner Herrschaftshaus wurde derweil die faktische Regentschaft uber den Kleinstaat ausuben und keine Verluste an Besitz und Einkunften erleiden und fur das nominelle Zugestandnis mit der Etablierung eines eigenen Kardinals in Liechtenstein belohnt werden In Deutschland erwartete man dass eine Involvierung des Papstes in den Friedensprozess durch Teilnahme an entsprechenden Verhandlungen als souveraner Furst eines eigenen kleinen Staates sich zugunsten der Mittelmachte auswirken wurde Bei den Entente Machten war man entsprechend gegenteiliger Ansicht Gerlach der de facto die politische Linie der papstlichen Kurie zur Liechtenstein Frage bestimmte zog daher bald nachdem das Projekt in Fahrt gekommen war die Aufmerksamkeit der Geheimdienste der Westmachte auf sich 1 Nachdem die Liechtensteiner Herrscherfamilie sich schliesslich von dem Erzberger Projekt distanziert hatte liess Gerlach den deutschen Zentrums Politiker im Mai 1916 auf Geheiss des Papstes wissen dass dieser das Projekt aufgegeben habe und er Erzberger keine weiteren Verhandlungen fuhren solle Dennoch streckte er Fuhler nach Spanien aus ob man dem Papst nicht alternativ die Herrschaft uber eine Baleareninsel uberlassen konne Die italienische Regierung die diese Vorgange argwohnisch beobachtete beurteilte sie so dass Gerlach der heimliche Hauptakteur bei dem Versuch gewesen sei den Papst unter deutsche Kontrolle zu bringen Auf ihr Geheiss hin leiteten die italienischen Militarjustizbehorden Ermittlungen gegen Gerlach wegen des Verdachts der Spionage ein Gerlach zu diesem Zeitpunkt im Rang eines Pralaten stehend reiste derweil im Januar 1917 in die Schweiz und von dort nach Deutschland Um sich politische Unannehmlichkeiten mit den Westmachten zu ersparen wies der Papst ihn an in Deutschland zu bleiben und verabschiedete ihn aus dem Dienst im Vatikan in Ehren Am 23 Januar 1917 verurteilte ihn ein Militargericht in Rom wegen staatsgefahrdender Handlungen und Marine Spionage zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe In der deutschen Presse wurde das Urteil im Gerlachprozess als haarstraubend kommentiert und der Prozess als Tendenzprozess kritisiert Die Presse der alliierten Staaten griff Gerlach dagegen scharf an als den aktivsten Exponenten in den Beziehungen des Vatikans zu den Mittelmachten die bis zum Ende des Krieges und auch in der Nachkriegszeit in der er als Spion und Verrater verfemt war andauerten Da eine Tatigkeit Gerlachs im Umfeld des Papstes aufgrund der politischen Verhaltnisse in Italien in der Nachkriegszeit nicht moglich war verzichtete Benedikt XV auf eine Ruckrufung Gerlachs nach dem Kriegsende 1919 schrieb Gerlach seine Memoiren nieder Offentlich kundigte er an in diesen sensationelle Enthullungen uber die Geheimpolitik des Vatikans wahrend des Krieges bekannt zu machen verzichtete aber schliesslich auf die Veroffentlichung des Manuskripts gegen die Zusicherung des Kirchenstaats seine finanziellen Probleme zu bereinigen Gerlach verbrannte sein Manuskript und ubergab Emissaren der Kurie alle in seinem Besitz befindlichen politisch relevanten Dokumente Ausserdem gab er eine Erklarung ab niemals etwas gegen die Kirche und ihre Interessen zu unternehmen Nach dem Tod Benedikts XV erhielt er 1922 eine hohe Dotation die ihm erlaubte seine Spielschulden von 250 000 Franken zu begleichen 1919 schied Gerlach endgultig aus dem Dienst der Kurie aus Er legte sein Priesteramt nieder und heiratete am 22 Oktober 1920 die Protestantin Katharina Blanckenhagen Er lebte in den folgenden Jahren in der Schweiz in Tirol in Munchen und in Gmund am Tegernsee vor allem aber in der niederlandischen Heimat seiner Frau Spatere Jahre Bearbeiten Trotz seines Zerwurfnisses mit der katholischen Kirche geriet Gerlach in den 1920er Jahren ins Visier der volkischen Bewegung in Deutschland Verschiedene Theoretiker der extremen politischen Rechten im deutschen Reich benutzten ihn fur die Dolchstosslegende Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Fruhjahr 1933 musste Gerlach daher um sich vor Verfolgung durch das neue Regime zu schutzen ins Ausland fliehen Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen als Vaterlandsverrater Agent des englischen Geheimdiensts und Staatsfeind eingestuft wurde Gerlach im Fruhjahr 1940 vom Reichssicherheitshauptamt in Berlin das ihn in Grossbritannien vermutete auf die Sonderfahndungsliste G B gesetzt ein Verzeichnis von Personen die im Falle einer Besetzung der Britischen Inseln durch die Wehrmacht von Sonderkommandos der SS die den Besatzungstruppen nachfolgen sollten mit besonderer Prioritat ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten 2 1940 1942 wurde im Auftrag des RSHA eine vertrauliche Studie uber die deutsch vatikanischen Beziehungen angefertigt In dieser wurde auch ausfuhrlich auf Gerlach eingegangen der in ihr schwer angegriffen wurde 3 Nach dem deutschen Einmarsch in den Niederlanden ging Gerlach wohl uber Grossbritannien als Emigrant nach Kanada Sein weiteres Schicksal liegt im Dunkeln Gerlachs Nachlass soll 1940 angeblich in den Vatikan gelangt sein 4 Literatur BearbeitenHartmut Benz Pralat Rudolf von Gerlach Gewogen und fur zu leicht befunden In Romische Quartalschrift fur Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 116 2021 S 255 279 117 2022 S 123 147 118 2023 S 54 86 Hubert Wolf Verlegung des Heiligen Stuhls Ein Kirchenstaat ohne Rom Matthias Erzberger und die Romische Frage im Ersten Weltkrieg in Rottenburger Jahrbuch fur Kirchengeschichte Jg 11 1992 S 251 270 Weblinks BearbeitenSpionage im Vatikan Als der Papst in Liechtenstein regieren sollte Die Romische Frage und der Spionagefall des Monsignore Rudolf von Gerlach Wirklicher Diensttuender Geheimer Kammerer Benedikts XV Artikel der Thuringischen Landeszeitung Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Steglich Papst Benedikt Der Friedensappell Papst Benedikts XV vom 1 August 1917 und die Mittelmaechte diplomatische Aktenstuecke des Deutschen Auswaertigen Amtes des bayerischen Staatsministeriums des Aeussern des Oesterreichisch Ungarischen Ministeriums des Aeussern und des Britischen Auswaertigen Amtes aus den Jahren 1915 1922 Steiner 1970 OCLC 1070054668 Eintrag zu Gerlach auf der Sonderfahndungsliste G B Wiedergabe auf der Website des Imperial War Museums Wilhelm Patin Beitrage zur Geschichte der Deutsch Vatikanischen Beziehungen in den letzten Jahrzehnten Nordland Berlin 1942 OCLC 438637263 Eintrag in der Datenbank Nachlasse Normdaten Person GND 137531958 lobid OGND AKS VIAF 81710549 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Gerlach Rudolf vonKURZBESCHREIBUNG deutscher TheologeGEBURTSDATUM 13 Juli 1886STERBEDATUM nach 1940 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rudolf von Gerlach amp oldid 238122487