www.wikidata.de-de.nina.az
Risikoneigung ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Risikoneigung kann aber auch als Oberbegriff fur verschiedene Grade der Risikoeinstellung stehen Risikoaffinitat 1 2 Risikofreude bzw Risikosympathie bezeichnet in der Entscheidungstheorie die Eigenschaft eines Marktteilnehmers oder Entscheidungstragers z B eines Investors bei der Wahl zwischen mehreren Alternativen gleichen Erwartungswerts stets die Alternativen mit dem grosseren Risiko hinsichtlich des Ergebnisses und damit auch dem hochstmoglichen Gewinn zu bevorzugen Das Gegenteil zur Risikofreude ist die Risikoaversion dazwischen liegt die Risikoneutralitat Nutzenfunktion eines risikoaffinen risikofreudigen MarktteilnehmersCE Sicherheitsaquivalent E U W Erwartungswert des Nutzens erwarteter Nutzen der unsicheren Auszahlung E W Erwartungswert der unsicheren Auszahlung U CE Nutzen des Sicherheitsaquivalents U E W Nutzen des Erwartungswerts der unsicheren Auszahlung U W0 Nutzen der minimalen Auszahlung U W1 Nutzen der maximalen Auszahlung W0 Minimale Auszahlung W1 Maximale Auszahlung RP Risikopramie Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Formale Definition 3 Beispiele 4 Praktische Bedeutung 5 Wirtschaftliche Aspekte 6 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie Begriffe Risikofreude Risikoaversion und die dazwischen liegende Risikoneutralitat treffen eine Aussage uber die Risikobereitschaft eines Risikotragers 3 Diese Risikobereitschaft ist in wichtigen Fachgebieten von ausschlaggebender Bedeutung So mussen Kreditinstitute bei der Anlageberatung vor der Abgabe einer Empfehlung die Risikobereitschaft des Anlegers erfragen es sei denn diese ist ihr aus einer langjahrigen Geschaftsbeziehung oder dem bisherigen Anlageverhalten des Anlegers bereits bekannt 4 Bei Privatanlegern ist die Risikobereitschaft in der Geeignetheitserklarung zu berucksichtigen 64 Abs 4 WpHG Auch bei allen ubrigen Entscheidungstragern wie Unternehmern Managern Fuhrungskraften oder Privathaushalten spielt die Risikoeinstellung bei Entscheidungen die bedeutendste Rolle Formale Definition BearbeitenRisikoaffinitat korrespondiert visuell damit dass der Funktionsgraph der individuellen Nutzenfunktion u w displaystyle u w nbsp des Marktteilnehmers linksgekrummt bzw konvex ist siehe Abbildung es sich also um eine Funktion mit steigendem Grenznutzen u w displaystyle u w nbsp handelt Die Aussicht auf mogliche Vermogensgewinne wiegt bei der Entscheidungsfindung schwerer als das Risiko moglicher Vermogensverluste Oder wie Andre Kostolany es einmal formulierte Ein Haussetrottel vertragt eher Verluste wenn die Borse zuruckgeht als versaumte Gewinne wenn sie steigt und er nicht dabei ist 5 Eine Aktie kann schliesslich um 1000 oder auch 10000 Prozent steigen aber nur um maximal 100 Prozent fallen 6 Dementsprechend wird ein Marktteilnehmer risikoliebend bzw risikoaffin genannt wenn fur eine Auszahlung in unsicherer Hohe w displaystyle w nbsp stets folgende Beziehungen gelten E u w gt u E w bzw C E gt E w displaystyle E u w gt u E w quad text bzw quad CE gt E w nbsp Der erwartete Nutzen E u displaystyle E u nbsp aus der Auszahlung w displaystyle w nbsp ist grosser als der Nutzen u displaystyle u nbsp aus der erwarteten Auszahlung E w displaystyle E w nbsp Der Grad der Risikoscheu oder Risikofreude eines Marktteilnehmers kann mit dem Arrow Pratt Mass der absoluten Risikoaversion A R A w u w u w displaystyle ARA w frac u w u w nbsp quantifiziert werden das im Fall der Risikoaffinitat des Marktteilnehmers stets negativ ist Gleiches gilt wie schon eingangs erwahnt fur die Differenz der zu erwartenden unsicheren Auszahlung E w displaystyle E w nbsp und ihres Sicherheitsaquivalents C E displaystyle CE nbsp die sogenannte Risikopramie R P displaystyle RP nbsp Auch sie ist im Fall eines risikoaffinen Marktteilnehmers stets negativ Dementsprechend gilt ausserdem E u w u C E u E w R P u E w R P displaystyle E u w u CE u E w RP u E w RP nbsp Weitere Formen der Risikoeinstellung sind Risikoaversion bzw Risikoscheu E u w lt u E w displaystyle E u w lt u E w nbsp undRisikoneutralitat E u w u E w displaystyle E u w u E w nbsp Beispiele BearbeitenEin Investor hat die Wahl zwischen einem sicheren Ertrag von 100 Euro und einer Lotterie die mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 einen Gewinn von 0 Euro und mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 einen Gewinn von 200 Euro auszahlt Und obwohl die erwartete Auszahlung der Lotterie damit im Durchschnitt auch nicht mehr als 100 Euro betragt ist der risikofreudige Marktteilnehmer gleichwohl bereit sich an ihr zu beteiligen selbst wenn er fur die Chance eines hoheren Gewinns auch mehr investieren muss als fur den sicheren Ertrag Ein Konsument hat die Wahl zwischen einem altbewahrten und einem neuen Produkt das mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 besser und mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 schlechter als das bisherige Produkt ist Ist der Preis beider Produkte gleich zieht der risikofreudige Konsument das neue Produkt vor das alte zu kaufen ist er allenfalls dann bereit wenn er fur den Verzicht auf die Chance ein besseres Produkt als das bisherige zu erhalten durch einen Preisnachlass in diesem Fall eine negative Risikopramie entschadigt wird Praktische Bedeutung BearbeitenIn der Entscheidungstheorie wird fur gewohnlich davon ausgegangen dass Investoren unter normalen Umstanden risikoscheu sind und fur eingegangene Risiken eine entsprechende Risikopramie erwarten Andererseits ist zu beobachten dass viele Menschen regelmassig Lotto spielen obwohl die im Durchschnitt zu erwartende Auszahlung Gewinn minus Preis eines Lottoscheines negativ also fur gewohnlich mit einem Verlust seitens des Lottospielers zu rechnen ist Erklaren lasst sich dies u a dadurch dass die Nutzenfunktion eines realen Marktteilnehmers in der Regel sowohl konkave wie konvexe Abschnitte aufweist derselbe Marktteilnehmer also etwa solange es sich um hohe Vermogenswerte handelt risikoscheu agiert bei niedrigen Spieleinsatzen dagegen risikoliebend 7 8 Hinzu kommt dass Lottospieler dem hohen wenn auch sehr unwahrscheinlichen Gewinn fur gewohnlich einen solch hohen subjektiven Nutzen u w 1 displaystyle u w 1 nbsp zuschreiben dass der durchschnittlich zu erwartende Nutzen E u w u w 0 p w 0 u w 1 p w 1 displaystyle E u w u w 0 cdot p w 0 u w 1 cdot p w 1 nbsp damit dennoch stets grosser bleibt als der Nutzen u displaystyle u nbsp der bei Lotterien ja regelmassig negativen durchschnittlich zu erwartenden Auszahlung E w displaystyle E w nbsp Wirtschaftliche Aspekte BearbeitenRisikofreudige Marktteilnehmer bevorzugen also einen moglichst hohen Gewinn auch wenn dieser dadurch unsicher wird Das bedeutet insbesondere dass das Sicherheitsaquivalent CE englisch certainty equivalent des Marktteilnehmers also derjenige sichere Betrag der dem Marktteilnehmer gleich viel wert ist wie die statistisch zu erwartende unsichere Auszahlung dabei stets grosser ist als diese Auszahlung selbst die als Differenz zwischen unsicherer und sicherer Auszahlung definierte sogenannte Risikopramie RP englisch risk premium also in diesem Fall stets negativ wird Die Risikopramie hangt unmittelbar mit der Risikoeinstellung eines Entscheidungstragers zusammen Der Risikopramie R P displaystyle RP nbsp konnen somit folgende Risikoeinstellungen zugeordnet werden 9 10 R P 0 displaystyle RP 0 nbsp risikoneutral R P gt 0 displaystyle RP gt 0 nbsp risikoscheu R P lt 0 displaystyle RP lt 0 nbsp risikofreudig Eine risikolose Anlage hat eine Standardabweichung von null eine Korrelation von null mit allen anderen risikobehafteten Anlageformen und bietet eine risikolose Rendite 11 Risikoneutrale Anleger erwarten eine Rendite in Hohe des risikolosen Zinssatzes weil sie keine Risikopramie einfordern und dem Risiko einen Disnutzen zuordnen Risikoscheue Anleger bevorzugen dagegen Anlagen bei denen sie eine Risikopramie zahlen Risikofreudige Anleger wiederum erhalten sogar vom Kontrahenten eine Risikopramie 12 Fur das systematische Risiko gibt es eine Risikopramie weil der Anleger diesem Risiko durch Risikodiversifizierung nicht entgehen kann Da beim unsystematischen Risiko die Marktteilnehmer durch geschickte Risikodiversifizierung ihr Portfolio optimieren konnen wird hier keine Risikopramie vergutet Einzelnachweise Bearbeiten Matthias E F Wurster Multidimensionales Restrukturierungsmanagement DUV 2003 S 209 Oliver Everling Monika Muller Risikoprofiling von Anlegern Banken Verlag Koln 2009 Thomas Eichner Staatliche Sozialversicherung individuelle Vorsorge und Arbeitsangebot 1999 S 14 BGHZ 189 13 Andre Kostolany Der grosse Kostolany Ullstein Berlin 2005 S 226 Andre Kostolany Die Kunst uber Geld nachzudenken Econ Munchen 2001 S 181 Milton Friedman L J Savage Utility Analysis of Choices Involving Risk In Journal of Political Economy 56 Nr 4 1948 S 279 304 Wolfgang Breuer Marc Gurtler Das Friedman Savage Paradoxon Universitat Aachen 2006 Memento vom 17 Marz 2014 im Internet Archive Florian Bartholomae Marcus Wiens Spieltheorie Ein anwendungsorientiertes Lehrbuch 2016 S 11 Matthias Krakel Organisation und Management 2007 S 70 Thomas Schuster Margarita Uskova Finanzierung Anleihen Aktien Optionen 2015 S 154 Florian Bartholomae Marcus Wiens Spieltheorie Ein anwendungsorientiertes Lehrbuch 2016 S 11 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Risikofreude amp oldid 236347601