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Rachel Beer 7 April 1858 in Bombay Britisch Indien als Rachel Sassoon 29 April 1927 in Royal Tunbridge Wells England war eine britische Journalistin Redakteurin und Zeitungsverlegerin Als erste Frau ubernahm sie die Chefredaktion einer britischen Tageszeitung Ab etwa Anfang der 1890er Jahre bis hinein ins fruhe 20 Jahrhundert hatte sie diese Position sowohl bei der Sunday Times als auch beim Observer inne Rachel Beer undatiertes Portrat von Hayman Selig Mendelssohn Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit und Jugend 1 2 Zeitungsverlegerin 1 3 Rolle in der Dreyfus Affare 1 4 Spatere Jahre 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKindheit und Jugend Bearbeiten Beer wurde in Britisch Indien als Tochter von Fahra Flora und Sassoon David Sassoon 1832 1867 geboren Von Geburt her war sie also Mitglied der judischen Familie Sassoon einer weit verzweigten Kaufmannsfamilie aus dem Nahen und Mittleren Osten mit engen Verbindungen nach Europa Ihr Grossvater war der Kaufmann und Philanthrop David Sassoon ihr Neffe der Schriftsteller Siegfried Sassoon 1 Gerade einmal zehn Tage nach ihrer Geburt verliess ihr Vater Bombay und zog nach England 2 wo dieser einen Ableger des Sassoon Imperiums aufbauen sollte 3 Zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern folgte Rachel ihrem Vater 1860 2 Aus diesem Grund wuchs Rachel in England auf 1 Zusammen mit ihrem alteren und ihren beiden jungeren Brudern ging sie auf eine Privatschule 4 Rachel erhielt dabei insbesondere eine musikalische Erziehung 2 Mit gerade neun Jahren wurde sie mit dem fruhen Tod ihres Vaters Halbwaise 3 Als junge Frau arbeitete sie zunachst als Krankenschwester in einem Krankenhaus in Brompton 5 bevor sie Frederick Beer kennenlernte den Sohn des Unternehmers Julius Beer 1836 1880 Die Familie Beer war eine deutschstammige Bankiersfamilie die ihre Wurzeln in der Frankfurter Judengasse hatte Auch die Familie Beer war ursprunglich judischen Glaubens doch Julius Beer war zum Anglikanismus ubergetreten und sein Sohn in dieser Glaubenstradition erzogen worden Kurz bevor sie 1887 Frederick heiratete trat auch Rachel Sassoon zur anglikanischen Kirche uber Die Konversion wurde von ihrer eigenen Familie ausserst kritisch aufgenommen 1 Lediglich mit ihrem Bruder Alfred der wie sie christlich geheiratet hatte blieb sie in engem Kontakt 2 Zu den Hochzeitsgasten gehorten unter anderem der fuhrende Politiker William Ewart Gladstone kurz zuvor noch Premierminister und seine Frau Catherine Gladstone 6 Mit ihrem Ehemann bewohnte sie ein Londoner Stadthaus und war fester Bestandteil der Londoner High Society 7 Unter anderem war sie dafur bekannt regelmassig politische Salons auszurichten Das Ehepaar Gladstone besuchte diese regelmassig 8 Zeitungsverlegerin Bearbeiten In England gehorte der Familie Beer die Zeitung The Observer 1870 war sie in den Besitz von Julius Beer gekommen der spatestens mit seinem Tod 1880 die Leitung an seinen Sohn ubergeben hatte Rachel Beer stieg kurz nach ihrer Hochzeit in das Geschaft mit ein 1 Zunachst veroffentlichte sie Briefe und einige Artikel danach stieg sie auch nach und nach in die geschaftliche Leitung ein 6 Einige Zeit nach dem Weggang des Chefredakteurs Edward Dicey 1889 ubernahm Frederick Beer auch die Chefredaktion und nahm aus gesundheitlichen Grunden 1 seine Frau in die Leitung mit auf 3 Erst war sie stellvertretende Chefredakteurin 6 ab 1891 war sie gleichberechtigte Chefredakteurin des Observers 1896 zog sich ihr Ehemann vollstandig aus dem Geschaft zuruck Damit war sie die erste Frau die fur die Chefredaktion einer britischen Zeitschrift zustandig war 9 1893 6 oder 1894 ubernahm das Ehepaar auch die The Sunday Times wobei Rachel Beer aber de facto von vornherein die volle Kontrolle hatte Hier betatigte sie sich parallel in der gleichen Funktion 6 Wahrend sie fur den Observer einige Artikel und Rezensionen schrieb verfasste sie fur die Sunday Times wochentlich ein Editorial mit dem Titel The World s Work Hier behandelte sie jeweils unterschiedliche Thematiken des aktuellen Zeitgeschehens So debutierte sie mit einem Editorial uber den Ersten Japanisch Chinesischen Krieg und den Gesundheitszustand des russischen Zaren Alexander III 10 In einem spateren Editorial schrieb sie auch uber das Automobil wobei sie die guten Perspektiven des pferdelosen Wagens erkannte 11 Ein Historiker der National Portrait Gallery urteilte spater jedoch Beers Editorials seien haufig sehr rechthaberisch und sie selbst nicht immer gut informiert gewesen Ihren Arbeitsplatz verlagerte Beer bald in ihr Haus in den Chesterfield Gardens Zur vereinfachten Kommunikation liess sie eine Telefonleitung von dort zur Fleet Street verlegen Damit nutzte sie eine damals noch sehr seltene Technologie 5 Zu Beginn ihrer Tatigkeit hatte sie sich von William T Stead beraten lassen inwiefern das aber praktische Auswirkungen hatte scheint unklar zu sein 3 Neben ihrer eigentlichen Tatigkeit bei den beiden Zeitungen engagierte sie sich auch als Mitglied des Institute of Journalists 6 Beer selbst war schon aus personlichen Motiven dem Zionismus wohlgesinnt auch ihre beiden Zeitungen vertraten mit ihr als Chefredakteurin ebenjene Linie 7 Ebenfalls wohlgesinnt stand sie der Suffragettenbewegung und dem Imperialismus gegenuber 3 Zusatzlich forderte sie eine grossere Besteuerung der Oberschicht und verbesserte Lebensbedingungen und hohere Lohne fur die Unterschicht 8 Im Speziellen widmete sie sich den Berufsumstanden von Krankenpflegern 6 Insgesamt gesehen vertrat sie fur damalige Verhaltnisse liberale Positionen 3 Regelmassig bezog sie sich in ihren Artikeln auf den Literaten Rudyard Kipling den sie ausserst positiv bewertete 10 Rolle in der Dreyfus Affare Bearbeiten Ihr bedeutendster journalistischer Erfolg kam im Rahmen der Dreyfus Affare fur The Observer als sie 1898 Ferdinand Walsin Esterhazy interviewte Dieser weilte im Geheimen in London doch Beer wusste vom Aufenthaltsort des franzosischen Militars da der Observer Korrespondent in Frankreich bereits eine Verbindung zu Walsin Esterhazy aufgebaut hatte Im Rahmen des Gesprachs gab er zu der eigentliche Verfasser der fur die Affare ausschlaggebenden Handschrift zu sein Jene Handschrift hatte einen Verrat von Geheimnissen des franzosischen Militars durch einen franzosischen Militarangehorigen nahegelegt wofur der Jude Alfred Dreyfus falschlicherweise verurteilt worden war Ihre Informationen enthullte Beer im September 1898 in zwei Specials im Observer Gleichzeitig forderte sie in einem Editorial den Prozess gegen Dreyfus neu aufzurollen und beschuldigte das franzosische Militar antisemitisch eingestellt zu sein 1 Wenig spater zog Walsin Esterhazy seine Aussage zuruck und verklagte den Observer Als Reaktion liess Beer weitere investigative Artikel veroffentlichen Die Affare endete 1899 als Walsin Esterhazy endgultig seine Schuld eingestand 6 Spatere Jahre Bearbeiten Auch wenn sie als profilierte Journalistin galt waren unter ihrer Leitung die Verkaufszahlen ihrer beiden Blatter leicht rucklaufig Privat sammelte sie in dieser Zeit Kunstwerke daneben interessierte sie sich auch sehr fur Musik und insbesondere fur das Komponieren 6 Anfang der 1900er Jahre gab sie ihre Position bei beiden Zeitungen auf Das genaue Datum ist umstritten Es findet sich die Angabe 1901 1 aber auch 1903 6 Im Bezug auf den Observer wird auch von 1904 gesprochen In jedem Falle fallt das Ende ihrer Tatigkeit in die Zeit in der ihr Ehemann starb Dezember 1901 und auch sie selbst gesundheitlich abbaute 1904 wurde sie offiziell fur geisteskrank erklart Nach der Diagnose des damals beruhmten Psychologen George Savage 9 habe sie sich bei ihrem Ehemann wohl mit Syphilis angesteckt und entwickle nun selbst Symptome 6 Einer anderen Angabe zufolge hatte ihr Ehemann an Tuberkulose gelitten 7 Beer selbst litt aus heutiger Sicht wahrscheinlich weder an Syphilis noch an Tuberkulose sondern unter Depressionen 3 Den Rest ihres Lebens verbrachte sie auf einem Landsitz in Royal Tunbridge Wells wo sie eine intensive medizinische Betreuung erhielt Ihr alterer Bruder Joseph fungierte bis zu seinem eigenen Tod als ihr gesetzlicher Vormund 6 eigene Kinder hatte sie nicht 12 Ihre mentale Verfassung stabilisierte sich nach einiger Zeit dennoch gab es immer wieder Phasen mit gesundheitlichen Problemen 5 Sie zog sich fast vollstandig aus dem Gesellschaftsleben zuruck spendete aber regelmassig an lokale Wohltatigkeitsorganisationen 13 Beer uberlebte alle ihre Geschwister 6 Sie litt zuletzt an einem Magenkarzinom 2 an dessen Folgen sie Ende April 1927 auf ihrem Landsitz in Royal Tunbridge Wells verstarb Sie wurde auf einem nahegelegenen Friedhof bestattet 14 Es war wohl ihre Familie die verhinderte dass sie im Mausoleum der Familie Beer auf dem Highgate Cemetery in London beigesetzt werden konnte 7 Wahrend sich an der Beer Grabstatte in Highgate bereits seit langerem eine Inschrift in Gedenken an Rachel Beer befand 9 war ihre eigene Grabstatte in Royal Tunbridge Wells offenbar lange Zeit ungepflegt und der Grabstein nichtssagend 2020 wurde das Grab samt Grabstein restauriert und eine zusatzliche Inschrift hinzugefugt die Beers Karriere beschreibt Angestossen wurde das Projekt von Recherchen der Journalistin Ann Treneman fur die Kosten kamen Beers ehemalige Zeitungen auf 9 Ihr Neffe Siegfried Sassoon erbte den Landsitz in Royal Tunbridge Wells 5 Ihr zu Ehren liess er in seiner Privatbibliothek ein Portrat von ihr aufhangen 6 Von Beer existieren mindestens drei Portratfotografien Ein Bild von John Alfred Horsburgh ist heute in der Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale University zu finden 15 ein weiteres von Hayman Selig Mendelssohn ebenfalls 16 Ein drittes von Henry Walter Barnett ist im Besitz der National Portrait Gallery in London 5 Ihr Wirken an der Londoner Fleet Street geriet schnell in Vergessenheit 9 Der Observer meldete ihren Tod nur in einer kleinen Randnotiz 11 in der Sunday Times erschien gar keine Meldung 7 Im Gegensatz dazu wurde in einem Beitrag zum 175 Jubilaum des Observers 1966 die Zeit mit ihr als Chefredakteurin als bemerkenswert fur die Geschichte der Zeitung eingestuft 1 Verstarkte Aufmerksamkeit erhielt sie aber erst im 21 Jahrhundert So erschien 2011 eine Biographie uber sie die Beer als First Lady of Fleet Street bezeichnete 7 Literatur BearbeitenEilat Negev Yehuda Koren First Lady of Fleet Street A Biography of Rachel Beer JR Books London 2011 ISBN 978 1 906779 19 1 Weblinks BearbeitenRachel Beer beim Oxford Dictionary of National Biography englisch Rachel Beer in der Datenbank Find a Grave englisch Vorlage Findagrave Wartung Wikidatakennung nicht gesetztEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h Elli Narewska Rachel Beer editor of the Observer 1891 1901 The Guardian 2 Marz 2018 abgerufen am 7 Marz 2022 englisch a b c d e David Strom Biography reintroduces Rachel Beer First Lady of Fleet Street San Diego Jewish World 27 August 2012 abgerufen am 24 Marz 2022 englisch a b c d e f g Jacqueline Beaumont Review der 2011 veroffentlichten Biographie uber Rachel Beer In Reviews in History Institute of Historical Research Universitat London April 2013 abgerufen am 7 Marz 2022 englisch Ushi Derman Cut off from her Grandfather s Last Will and became Queen of British Journalism ANU Museum des Judischen Volkes 23 Januar 2018 abgerufen am 24 Marz 2022 englisch a b c d e Rachel Sassoon Beer 1858 1927 National Portrait Gallery abgerufen am 24 Marz 2022 englisch a b c d e f g h i j k l m n Jennifer Breger Rachel Sassoon Beer In Shalvi Hyman Encyclopedia of Jewish Women Jewish Women s Archive 31 Dezember 1999 abgerufen am 7 Marz 2022 englisch a b c d e f Daniella Peled The Life and Death of Rachel Beer a Woman Who Broke With Convention Haaretz 7 September 2011 abgerufen am 7 Marz 2022 englisch a b Lesley McDowell The First Lady of Fleet Street by Ellat Negeev and Yehuda Koren The Independent 30 September 2012 abgerufen am 24 Marz 2022 englisch a b c d e Vanessa Thorpe Legacy restored for Rachel Beer Fleet Street s forgotten feminist pioneer The Guardian 28 Juni 2020 abgerufen am 7 Marz 2022 englisch a b Nina Martyris The First Lady of Fleet Street Prospect 19 Juni 2013 abgerufen am 24 Marz 2022 englisch a b April 29 Rachel Sassoon Beer Nicht mehr online verfugbar Jewish Currents 28 April 2013 archiviert vom Original am 17 April 2014 abgerufen am 24 Marz 2022 englisch Charlotte Tobitt Observer and Sunday Times pay for grave memorial to Fleet Street s first female editor Rachel Beer PressGazette 9 Juli 2020 abgerufen am 7 Marz 2022 englisch Gabrielle Birkner Britain s Jewish Press Baroness The Forward 3 Mai 2012 abgerufen am 24 Marz 2022 englisch Katie Heslop Rachel Beer editor of The Sunday Times and The Observer in the late 1800s who died in Tunbridge Wells commemorated with plaque KentOnline 6 Juli 2020 abgerufen am 7 Marz 2022 englisch Photograph of Rachel Sassoon Beer standing behind a chair holding an umbrella In collections library yale edu Yale University Library abgerufen am 24 Marz 2022 englisch Photograph of Rachel Sassoon Beer elaborately dressed with jewelry and holding a fan above her head In collections library yale edu Yale University Library abgerufen am 10 April 2022 englisch Normdaten Person GND 1028054483 lobid OGND AKS LCCN n2011031495 VIAF 228232172 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Beer RachelALTERNATIVNAMEN Sassoon Rachel Geburtsname KURZBESCHREIBUNG britische Journalistin Redakteurin und ZeitungsverlegerinGEBURTSDATUM 7 April 1858GEBURTSORT Bombay Britisch IndienSTERBEDATUM 29 April 1927STERBEORT Royal Tunbridge Wells England Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rachel Beer amp oldid 225985102