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Die R4 M Rakete 4 Kilogramm Minenkopf genannt Orkan war wahrend des Zweiten Weltkriegs die erste deutsche in industriellem Ausmass gefertigte Luft Luft Rakete die auch wirklich als einsatzfahig betrachtet werden konnte R4M Orkan im Technikmuseum BerlinIn der kurzen Zeit ihrer Frontverwendung wurden damit vorwiegend die Jagdflugzeuge des Typs Messerschmitt Me 262 und Focke Wulf Fw 190 ausgerustet Die Rakete war als Antwort auf die eng gestaffelten Formationen der zunehmend schwerer gepanzerten amerikanischen B 17 und B 24 konzipiert da die bisherige konventionelle Bekampfung mit Hilfe der 13 mm und 15 mm Maschinengewehre MG 131 und MG 151 sowie der 20 mm Bordkanonen MG FF bzw MG 151 20 immer weniger Erfolg zeigte Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 2 Aufbau und Wirkungsweise 2 1 Gefechtskopf 2 2 Raketenmotor 2 3 Klappleitwerk 2 4 Anwendung und Wirkungsweise 3 Produktion 4 Erprobung und Einsatz 5 Abgeleitete Raketentypen 6 Technische Daten 7 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenDas Reichsluftfahrtministerium hatte 1944 eine platzsparende Rakete mit Leitwerk zur Bomberbekampfung gefordert Entgegen der ublichen Praxis Raketenentwicklungen der Luftwaffe ausschliesslich beim RLM durchzufuhren erhielten im September 1944 die Deutsche Waffen und Munitionsfabriken in Lubeck sowie die Firma Curt Heber Maschinenfabrik HEMAF in Osterode am Harz den Entwicklungsauftrag der bis zum Fruhjahr 1945 abgeschlossen werden konnte 1 Aufbau und Wirkungsweise Bearbeiten nbsp Zeichnung der R4 MDie R4 M bestand aus den drei Baugruppen Gefechtskopf mit Zunder Raketenmotor und dem Klappleitwerk das sich nach dem Start entfaltete Gefechtskopf Bearbeiten Die R4 M besass einen mechanischen Rheinmetall Borsig Aufschlagzunder vom Typ AzRz 2 mit einer Detonatortablette aus 85 Bleiazid und 15 Bleistyphnat einen 8 g schweren Zundverstarker Zdlg 34 N P aus 90 Nitropenta und 10 Wachs sowie eine 400 g schwere giessbare Hauptladung aus HTA 41 45 Trinitrotoluol 40 Hexogen 15 Aluminiumpulver HTA 41 war ein Sprengstoff mit verstarkter Gasschlagwirkung der eigens fur die R4 M bei der DWM entwickelt worden war 1 Auf den konisch geformten Gefechtskopf aus tiefgezogenem Blech 0 8 mm Wandstarke wurde der Zunder aufgeschraubt Raketenmotor Bearbeiten Der Raketenmotor bestand aus einer Brennkammer mit 375 mm Lange 45 mm Maximalinnendurchmesser und einer an die Brennkammer angeschweissten Duse mit 13 mm Minimalinnendurchmesser Er enthielt als Treibstoff 875 g eines zweibasigen Treibpulvers auf der Basis von Diethylenglycoldinitrat und Cellulosenitrat 12 2 N in Form eines Treibpulverpresslings mit einer Innenbohrung von 12 mm Nach 0 8 s Brennzeit etwa 200 m Flugstrecke erreichte die R4 M ihre maximale Geschwindigkeit von 525 m s 1 ca 1900 km h Klappleitwerk Bearbeiten Am Ende des Raketenmotors im Bereich der Duse waren acht federgespannte Finnen befestigt die mit einem dunnen Draht gesichert waren der sich nach dem Start der Rakete loste und die Finnen freigab Anwendung und Wirkungsweise Bearbeiten Die R4 M wurde unter den Tragflachen entweder in Schienen oder Rohrrosten genannt Bienenwabe angebracht Unter jeder Tragflache einer Me 262 wurden meist zwolf bis dreizehn Raketen angebracht es waren aber auch sechs oder 24 Raketen moglich Der Start der Raketen erfolgte als Salve dabei wurden die Raketen mit 7 Millisekunden Zeitabstand in Dreiergruppen abgefeuert Die Raketen verfugten uber einen Aufschlagzunder ein kombinierter Aufschlag Zeitzunder ZZRI befand sich noch in der Erprobung Bei diesem wurde wahrend des Abfeuerns eine Verzogerungsladung gezundet die den Gefechtskopf nach 5 Sekunden zur Explosion brachte falls die Rakete auf kein Ziel traf 1 Die Wirkung der R4 M Rakete beruhte immer auf der Minenwirkung genauer der Luftstossdruckwirkung eines direkten Treffers und nicht auf der Splitterwirkung eines Nahtreffers wie dies beispielsweise bei Flak Granaten der Fall war Eine nennenswerte Splitterwirkung des Gefechtskopfs der R4 M war auch durch die dunnwandige Stahlhulle nicht gegeben Beim Angriff mit der R4 M naherten sich die Me 262 Jagdflugzeuge den feindlichen Bomberpulks von hinten Diese Angriffsweise stand im Gegensatz zur fruhen Taktik der Bf 109 und Fw 190 Jagdpiloten die bei Gelegenheit oft die feindlichen Bomberverbande frontal angriffen um die weniger stark geschutzten Frontbereiche der Feindbomber mit Bordwaffen zu beschiessen Die Platzierung von Treffern war aufgrund der gestreckten Flugbahn der leitwerkstabilisierten Rakete relativ einfach Wegen der hohen Anfangsgeschwindigkeit der Rakete und des relativ grossen Bereichs den eine volle Raketensalve abdeckte war ein rechtzeitiges Ausweichen der schwerfalligen Bomber ausserst schwierig insbesondere auch deshalb weil aufgrund des engen Formationsflugs keine beliebigen Ausweichmanover geflogen werden konnten ohne eine Kollision mit eigenen Flugzeugen zu riskieren Schon ein einziger Raketentreffer war fur die Flugzeuge meist verheerend Ein Treffer in den Rumpf eines Bombers konnte ein klaffendes Loch in die Beplankung reissen Bei einem Treffer an den Tragflachen wurden entweder die darin untergebrachten Treibstofftanks zur Explosion gebracht oder die tragende Struktur derart beschadigt dass es bedingt durch die hohe Marschgeschwindigkeit des Flugzeugs zu einem Tragflachenbruch kam Dies galt auch fur die ausserst robust gebaute B 17 Flying Fortress Produktion BearbeitenDie Produktion erfolgte ab Anfang 1945 in Osterode am Harz in der Curt Heber Maschinen Apparate Fabrik kurz Maschinenfabrik Curt Heber oder Hemaf Insgesamt wurden 20 000 Raketen in Auftrag gegeben von denen bis zum Kriegsende etwa 10 000 fertiggestellt wurden 2 Im April 1945 erhielt die DWM in Lubeck nochmals einen Auftrag uber 25 000 Stuck R4 M 3 Erprobung und Einsatz Bearbeiten nbsp Abschussrost unter der rechten Tragflache einer Me 262Die Erprobung der ersten R4 M erfolgte im Februar 1945 bei dem im selben Monat aufgestellten Jagdverband 44 unter Adolf Galland Innerhalb eines Monats wurden etwa 60 Me 262 mit R4 M ausgerustet Neben der Me 262 wurden auch der Raketenjager Me 163 und die konventionelle Fw 190 mit der ungelenkten R4 M ausgerustet Der nicht mehr zum Einsatz gekommene Objektschutzjager Bachem Ba 349 Natter sollte im Bug eine Startanlage namens Bienenwabe mit 28 Rohren fur R4 M Raketen enthalten Ein Startversuch schlug jedoch fehl der Bug explodierte 2 Obwohl bei der Me 262 und der Me 163 aerodynamische Schwierigkeiten befurchtet wurden beeintrachtigte die Anbringung der 24 R4 M Raketen an den Flachenunterseiten die Flugeigenschaften dieser beiden Modelle nicht wesentlich Testpilot Fritz Wendel sagte aus die Me 262 fliege keine funf Kilometer langsamer und hatte keine Beanstandungen 4 Auch der erste Flug einer Me 163 mit der R4 M Bewaffnung durch Adolf Niemeyer verlief reibungslos 5 Am 18 Marz 1945 wurde die neue Rakete erstmals eingesetzt als 1221 Bomber mit 632 Jagern als Begleitschutz Berlin angriffen Sechs Me 262 des JG 7 feuerten ihre 144 R4 M Raketen auf den Bomberverband ab und griffen ihn anschliessend mit Bordwaffen an Die Alliierten verloren 25 Bomber Bei diesem Einsatz gingen zwei Me 262 verloren ein Pilot kam ums Leben 4 Englischsprachige Quellen nennen zumeist andere Zahlen uber diese letzte grosse Luftschlacht im Zweiten Weltkrieg Laut diesen haben 37 Me 262 insgesamt zwolf Bomber und einen Begleitjager abgeschossen wahrend drei Me 262 verlorengingen In deutschen Quellen wird der Erfolg der R4 M als ausgezeichnet und uberragend bezeichnet In der kurzen Einsatzzeit sollen fast 500 alliierte Flugzeuge durch die R4 M zerstort worden sein So sollen bei einem Einsatz aus einem Verband von 425 B 17 G 25 Maschinen ohne eigenen Verlust abgeschossen worden sein Noch im April 1945 sollen 24 Fw 190 mit der R4 M 40 B 24 ohne eigene Verluste abgeschossen haben Unabhangig von den tatsachlichen Abschusszahlen war die R4 M aber zweifellos die effektivste Waffe deutscher Jagdflieger in den letzten Kriegsmonaten Die Zahlen beider Seiten sprechen fur die Effektivitat des Dusenjagers in Kombination mit der Raketenbewaffnung Die Verlustquote der Alliierten war jedoch durch deren enorme zahlenmassige Uberlegenheit so gering dass der Einsatz der R4 M keine entscheidenden Auswirkungen mehr hatte Die Richtigkeit des Konzepts Bomberverbande mit Salven ungelenkter Raketen anzugreifen wird auch durch dessen Weiterfuhrung in der U S Air Force in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bei den Flugzeugtypen F 86D Sabre F 94 Starfire F 89 Scorpion und F 102 Delta Dagger belegt Die von den USA in den 50er Jahren eingefuhrte FFAR beruhte auf dem gleichen Aufbau wie die R4 M Abgeleitete Raketentypen Bearbeiten nbsp PanzerblitzGegen gepanzerte Bodenziele wurden der Panzerblitz II und Panzerblitz III aus der R4 M entwickelt Beim Panzerblitz II wurde der Minenkopf durch einen grossen Hohlladungskopf des Kalibers 130 mm ersetzt der 180 mm Panzerstahl durchschlagen konnte Weil der Panzerblitz II aufgrund des grossen Gefechtskopfes nur eine Fluggeschwindigkeit von 370 m s erreichte wurde bei den Deutschen Waffen und Munitionsfabriken der Panzerblitz III entwickelt der eine modifizierte Hohlladungsgranate 75 mm HL Gr 43 als Gefechtskopf trug Der Panzerblitz III erreichte eine Fluggeschwindigkeit von 570 m s und konnte bis zu 160 mm Panzerstahl bei einem Auftreffwinkel von 90 durchschlagen es kam jedoch nur zum Bau einiger Muster Technische Daten BearbeitenHersteller HEMAF Osterode DWM LubeckLeistungGeschwindigkeit Vmax 525 m sGeschwindigkeit nach 1000 m 125 m sBrenndauer ca 0 8 sSchub max 245 kp 2 4 kN Bekampfungsreichweite bis 1 5 kmAntrieb Feststoff RaketenmotorGewichtGesamtmasse 3 85 kgTreibladung 0 815 kgGefechtskopf 0 52 kgZunder AufschlagzunderAbmessungLange 812 mmDurchmesser 55 mmLeitwerkspann im Flug 242 mmPreis1944 2 Batterien a 500 ℛℳ1945 2 Batterien a 750 ℛℳEinzelnachweise Bearbeiten a b c d L E Simon German Scientific Research Establishments Mapleton House New York 1947 a b Heinz J Nowarra Die deutsche Luftrustung 1933 1945 Band 4 1993 S 87 L E Simon Secret Weapons of the Third Reich German Research in World War II WE Publishers Old Greenwich 1971 S 128 a b Mano Ziegler Turbinenjager Me 262 5 Auflage 1993 S 177 185 Mano Ziegler Raketenjager Me 163 11 Auflage 1992 S 189 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title R4M amp oldid 233005408