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Der Quantendarwinismus ist eine Hypothese die eine auf darwinscher Selektion basierende Entstehung der klassischen Welt aus der Quantenwelt beschreibt Sie wurde von Wojciech Zurek und einer Forschergruppe zu deren Mitgliedern Ollivier Poulin Paz und Blume Kohout gehoren gemeinsam vorgeschlagen geht in ihrer Entwicklung aber auf die Vernetzung einiger Forschungsgebiete zuruck die von Zurek vorgenommen wurde Folgende Aspekte sind die tragenden die von Darwin als allgemeingultiger Algorithmus formulierte Evolutionstheorie die sogenannten Pointerzustande pointer states 1 die in ihrer Umgebung robust sind nicht verschmieren und sich in Form u a ihres Gehalts an Information aus der Quanten in die Welt der klassischen Physik vererben 2 die Theorien der Dekoharenz und der einselection environment induced superselection in der die Umwelt als Faktor gilt der einen selektiven Druck auf die integralen Zustande ausubt Letztere Theorie erfahrt durch die Annahme dass es zwischen einem Quantensystem und den umgebenden Faktoren im Augenblick der Dekoharenz zu einem einer Beobachtung Wahrnehmung Messung ahnlichen Vorgang komme eine psychologische Erganzung Die Umgebung als Zeuge Zurek betreibt seine diesbezuglichen Forschungen seit ca 25 Jahren Inhaltsverzeichnis 1 Auswirkungen 2 Die Bedeutung des Darwinismus 3 Philosophischer Hintergrund 4 Literatur 5 Weblinks 6 Originalarbeiten und Belege 7 EinzelnachweiseAuswirkungen BearbeitenAhnlich wie Zureks Theorie der envariance von entanglement assisted invariance also der durch Quantenverschrankung gestutzten Invarianz erklart der Quantendarwinismus wie die klassische Welt aus der Quantenwelt entsteht und bietet mogliche Losungen fur das sog Messproblem dessen Interpretation philosophisch die grosste Herausforderung auf dem Gebiet der Quantentheorie darstellt Dieses Problem kommt dadurch zustande dass der Vektor des Quantenzustands die Quelle aller Informationen uber ein Quantensystem sich gemass der Schrodingergleichung zu einer linearen Superposition entwickelt Damit sind einander uberlagernde Zustande wie z B Schrodingers zugleich lebend tote Katze gemeint Situationen die es in unserer klassischen Welt nicht gibt weil sie sich gegenseitig ausschliessen und daher nicht beide zur selben Zeit feststellbar sind Dies gilt insbesondere fur den Teilchen Welle Dualismus dessen Superposition von Ort und Impuls Schrodinger in der Unscharfe Beziehung mathematisch formulierte eine sog Wahrscheinlichkeitswelle Verschiedene hochrangige Quantenphysiker erklaren dieses Problem haufig dadurch fur gelost oder nicht existent dass sie annehmen die sich uberlagernden Zustande werden infolge des Messaktes zu jeweils einem von ihnen transformiert die definitiv gemessene Katze ist entweder tot oder lebendig entweder wurde der Ort exakt gemessen die statisch raumliche Lange der Wahrscheinlichkeitswelle oder der Impuls der dynamisch zeitliche Aspekt bzw der der Energie welcher sich aus der Wellen Frequenz ergibt Der physikalische Charakter des Ubergangs von der Superposition der Zustande zum eindeutigen klassischen Zustand wird in der heutigen Quantentheorie normalerweise also nicht erklart sondern wie ein Axiom behandelt zuvor war er Grundlage fur die um Vollstandigkeit der Quantentheorie ringende Auseinandersetzung zwischen Niels Bohr und Albert Einstein wahrscheinlich die beruhmteste in der Physikgeschichte Der Quantendarwinismus beschreibt den Ubergang jedes denkbaren Quantensystems mit seinem riesigen Potenzial an Variationen zu der sehr eingeschrankten Menge an Pointerzustanden als einen sogenannt einselectiven Prozess Dabei reagiert das betreffende Quantensystem auf eine sich an seine Umwelt anpassende Weise Alle Quantenwechselwirkungen typischerweise mit dem im Kosmos allgegenwartigen Photonenmeer jedoch auch z B einer Messapparatur munden in eine Quantendekoharenz oder Manifestierung des Quantensystems in einer bestimmten Basis von Eigenzustanden die vom Charakter der Wechselwirkung an der das Quantensystem beteiligt ist bedingt sind Dies ist u a der Fall bei der von Richard Feynman zu Beginn einer seiner beruhmten Vorlesungsreihen beschriebenen Photonen Wechselwirkung mit Glasscheiben In QED Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie zeigt der Autor wie alle Photonen jeweils fur sich in vollig unberechenbarer Weise reagieren sie durchdringen das Glas wie ungehindert reflektieren genau senkrecht zuruck im zur Glasflache parallelen Winkel usw Statistisch verrechnet aber ergibt sich aus der Summe aller Messbefunde das klassisch physikalische Naturgesetz Einfallswinkel Ausfallswinkel somit einer der Pointerzustande von denen hier die Rede ist Zurek und seine Mitarbeiter haben nun gezeigt dass die Pointerzustande bevorzugte Ergebnisse der Dekoharenzvorgange sind und den klassischen Zustanden zugrunde liegen Auf diese Weise werden die Pointerzustande zum Fundament der klassischen Realitat welche eine weitere Evolution erfahrt Insofern jedes Quantensystem aus mehr oder minder redundanten Variationen der sich letztlich herausselektierenden Pointerzustande besteht und diese Informationen darstellen fasst Zurek die Umwelt als eine Ansammlung von Beobachtern auf die sich mit dem zuruck beobachtenden Quantensystem im Augenblick der Dekoharierung auf einen Pointerzustand einigen ihn gegenuber allen restlichen Varianten bevorzugen Dieser Aspekt der einselection bei dem der Autor die Umgebung als Zeuge bezeichnet Environment as Witness fuhrt also eine Art psychologisches Moment in die Physik ein Die Berechtigung solcher Massnahme ist philosophisch umstritten s u jedoch ebenso interessant dass die klassische Quantenphysik grundsatzlich auf den Versuch einer Erklarung verzichtet warum sich miteinander wechselwirkende Quantensysteme auf eine Weise verhalten dass im Ergebnis unser Kosmos dabei heraus kommen kann Sterne Planeten explizit denkende Wesen Die Bedeutung des Darwinismus BearbeitenDie Hypothese des Quantendarwinismus impliziert die Annahme eines selektiv wirkenden universell allem Geschehen zugrunde liegenden Mechanismus oder eben Geistes der unsere klassische Realitat erzeugt Wie zahlreiche Wissenschaftler verdeutlicht haben fuhrt jede Art von naturlicher Selektion zu Entwicklung Evolution in dem Sinne dass sich aus einer Menge fruherer Zustande ein bestimmter neuer zu konsolidieren beginnt der sich neben seinen Vorfahren behaupten oder sie auch ablosen verdrangen kann Eine Besonderheit der Theorie Darwins ist nun dass er sie wegen der logisch angenommenen Herkunft ihres hypothetischen Ur Einzellers aus dem Reich der unbelebten Materie nicht auf die Biologie beschrankt konzipierte Um dem Anspruch gerecht zu werden die Entstehung der lebendigen Materie aus der toten erklaren zu konnen formulierte Darwin die Grundregeln seiner Evolutionstheorie in Gestalt eines allgemeingultigen dreistufigen Algorithmus Der Umstand dass beliebige Systeme Trager von Eigenschaften sind Informationen verkorpern Vererbung bzw Reproduktion die Fahigkeit zur Herstellung von Kopien redundante Information Variabilitat die Erzeugung abweichender Informationen Solche Unterschiede Kopierfehler zwischen den ansonsten ererbten bzw kopierten Eigenschaften fuhren zu verschiedenen Graden von Anpassung an die Umwelt Fitness was also die Fahigkeit zu uberleben und sich seinerseits zu kopieren mindert oder steigert Der Quantendarwinismus scheint diese dreistufige Verhaltens oder Denk Anweisung korrekt zu integrieren seine Bezeichnung insofern treffend gewahlt Jedes Quantensystem reprasentiert potenziell unendlich viele starker oder schwacher voneinander abweichende Informationen mogliche Wirklichkeiten Die infolge der Dekoharenz Wirklichkeit gewordenen Pointerzustande sind reproduzierbar die Information kann sich kopieren an nachfolgende Zustande vererben Sukzessive Wechselwirkungen zwischen Pointerzustanden und ihrer Umwelt zeigen dass der informative Gehalt ersterer gegenuber dem letzterer besonders stabil ist daher eher uberlebt und sich weiterentwickelt durch neuerlich hinzukommende Varianten als die zahllosen anderen Optionen eines Quantensystems Alternativ Chaotisch scheinende Systeme etwa Superpositionen haben die Tendenz sich in klassische Systeme zu konvertieren deren Gute in ihrer besonderen Robustheit gegenuber angreifenden Faktoren besteht und die zusatzlich gekennzeichnet sind von energetischer Effizienz sowie Schonheit vgl Der goldene Schnitt die irrationalste aller Zahlen von F Freistetter 3 Aus dieser Perspektive bieten Zurek und Mitarbeiter eine darwinistische Erklarung zur Herkunft unserer makroskopischen Realitat aus der Quantenwelt Philosophischer Hintergrund BearbeitenEs ist vielleicht uberraschend dass gemass einer wissenschaftlichen Hypothese ein und derselbe Vorgang die Entstehung des menschlichen Bewusstseins und seiner Kulturleistungen aus der Biologie und dieser aus der ratselhaften Quantenrealitat ermoglichen soll wenngleich Darwins und Zureks Standpunkte in einem philosophisch betrachtet wesentlichen Detail divergieren Die Evolutionstheorie verkorpert durch das Prinzip Zufall das Darwin dem sodann der naturlichen Selektion ausgesetzten Mutationsphanomen zugrund legt ein typisch mechanizistisches Konzept wie die klassische Quantenphysik Zureks Quantendarwinismus hingegen durch die Befahigung zur zugleich Einfluss nehmenden Beobachtung die er den Quantensystemen wechselseitig zuschreibt einen Standpunkt der unter Umstanden unzulassiger Weise das geistige Prinzip in die Dinge hineinprojiziert Vgl auch Anthropomorphismus Teleologie und Kants Teilhabe am Pantheismusstreit Literatur BearbeitenS Haroche J M Raimond Exploring the Quantum Atoms Cavities and Photons Oxford University Press 2006 ISBN 0 19 850914 6 S 77 ff M Schlosshauer Decoherence and the Quantum to Classical Transition Springer 2007 ISBN 3 540 35773 4 Kap 2 9 S 85 ff Weblinks BearbeitenUniversal Darwinism Quantum Darwinism American Physical Society Quantum Darwinism PublishedOriginalarbeiten und Belege BearbeitenW Zurek Quantum Darwinism Nature Physics 5 2009 S 181 188 doi 10 1038 nphys1202 Arxiv R Blume Kohout W H Zurek Quantum Darwinism Entanglement branches and the emergent classicality of redundantly stored quantum information Phys Rev A 73 062310 2006 arxiv quant ph 0505031 Zurek Quantum Darwinism and Envariance 2003 arxiv quant ph 0308163 Ollivier Poulin Zurek Environment as a Witness Selective Proliferation of Information and Emergence of Objectivity in a Quantum Universe 2004 arxiv quant ph 0408125 Zurek Probabilities from entanglement Born s rule vom envariance 2004 arxiv quant ph 0405161 Zurek Decoherence and the Transition from Quantum to Classical Revisited Los Alamos Science 2002 Update seines Aufsatzes zur Dekoharenz in Physics Today 1991 arxiv quant ph 0306072 Zurek Relative States and the Environment Einselection Envariance Quantum Darwinism and the Existential Interpretation 2007 arxiv 0707 2832 Quantum Darwinism on arxiv orgEinzelnachweise Bearbeiten Forscher finden wichtige Indizien fur Quanten Darwinismus Auch Quantenpunkte haben ein Beziehungsleben scinexx Das Wissensmagazin Abgerufen am 22 Juni 2019 Das Beziehungsleben der Quantenpunkte Stabilitat amp Vermehrung Abgerufen am 22 Juni 2019 Goldener Schnitt Die irrationalste aller Zahlen Abgerufen am 17 August 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Quantendarwinismus amp oldid 227484178