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Publicani eingedeutscht Publikanen waren allgemein diejenigen im alten Rom die Staatsauftrage ubernahmen Im engeren Sinne zeichnete sich das Publikanen Geschaft dadurch aus dass der Interessent einen Auftrag ersteigerte also zur Durchfuhrung des Auftrages in Vorleistung ging Zumeist schlossen sich dafur mehrere Publikanen zu einer Gesellschaft einer societas publicanorum zusammen 1 Im Deutschen unublich ist die Bezeichnung der Publicani als Publikaner damit werden vielmehr die Katharer bzw ihnen nahestehende Gruppen des 12 Jahrhunderts bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Auswuchse des Systems in der Provinz Asia 3 Vor und Nachteile des Systems 4 Ahnliche Systeme 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDas System der privatwirtschaftlichen Tatigkeit im Auftrag des Staates dessen Blutezeit vom zweiten vorchristlichen bis zum ersten nachchristlichen Jahrhundert anzusetzen ist gab dem romischen Staat die Moglichkeit weit ausgreifend zu handeln ohne die stadtstaatlichen Verwaltungsstrukturen entsprechend anpassen zu mussen Risiko und organisatorischer Aufwand lagen ganz bei Privatleuten Als Verfahren mittelbarer staatlicher Herrschaft bettet sich das Publikanensystem daher in die gerade fur die Anfangszeit des romischen Grossstaates typische Verfahrensweise der indirect rule im Verhaltnis zu den unterworfenen Gebieten ein Beziehen sich fruhe Beispiele publikanischer Tatigkeit auf romische Bauprojekte so sind die Publikanen nicht zuletzt deshalb in die Geschichte eingegangen weil sie in manchen romischen Herrschaftsgebieten das Recht der Steuereintreibung hatten sogenannte Steuerpacht Unter gunstigen Bedingungen bot diese Pacht hervorragende Renditen das heisst das eingesetzte Kapital konnte bisweilen um ein Vielfaches wieder hereingeholt werden Wahrend der romische Staat also kurzfristig und relativ risikolos in den Genuss von Geldmitteln kam konnten die Publikanen mittelfristig grosse Gewinne einstreichen Da die Senatoren in der spaten Republik keine Handels und Schiffsgeschafte mehr ausuben durften besonders nach der Lex Claudia de nave senatorum von 218 v Chr begunstigte die romische Praxis der Staatspacht den wirtschaftlichen Aufstieg des Standes der equites Ritter deren publikanisch tatige Mitglieder auch bisweilen geradezu als eigener Stand bezeichnet wurden ordo publicanorum Der wirtschaftliche Aufstieg resultierte also nicht nur aus dem einbehaltenen manchmal ubermassigem Anteil an den einzutreibenden Steuern sondern auch aus der damit verbundenen Moglichkeit sich wirtschaftlich zu betatigen z B als Getreidehandler und Geldverleiher Auswuchse des Systems in der Provinz Asia BearbeitenDie Publikanen der romischen Provinz Asia organisierten beispielsweise auch den Handel mit kleinasiatischen Sklaven die als Leibeigene ihrer Landesherren von diesen nach Italien verkauft wurden Wegen ihrer Rucksichtslosigkeit waren sie bei der einheimischen Bevolkerung und den Kaufleuten verhasst 2 Konig Mithridates von Pontos liess im Ersten Mithridatischen Krieg nach antiken Quellen in der Vesper von Ephesos angeblich 80 000 Publicani und andere Italiker in der Provinz Asia toten diese zweifellos ubertriebene Zahl verdeutlicht welchen Schock diese Nachricht in Rom ausloste und versprach den Stadten die sich einer von ihm unterstutzten Rebellion gegen die Romer anschlossen funf Jahre Steuerfreiheit 3 Seit der Zeit Sullas gab es Versuche die Steuern der Stadte in den kleinasiatischen Provinzen direkt von den Provinzialverwaltungen einzutreiben Nach Ende der Mithridatischen Kriege lebte die rauberische Verwaltungspraxis jedoch wieder auf Lucius Licinius Lucullus versuchte mit geringem Erfolg sie zu reformieren 4 Erst Quintus Tullius Cicero gelang es als Statthalter der Provinz Asia um 60 v Chr einige verheerende Auswuchse des Systems vor allem die Uberbesteuerung einzudammen Vor und Nachteile des Systems BearbeitenDas System der Publikanen im Bereich der Steuer bzw Abgabenerhebung ermoglichte es der immer noch wie ein Stadtstaat organisierten Romischen Republik in einer Phase schneller Expansion eine Zeitlang an ihrem alten Verwaltungssystems festzuhalten und den aufwandigen Aufbau einer grosse Teile des ostlichen Mittelmeerraums umspannenden straffen Finanzverwaltung zunachst zu vermeiden In modernen Kategorien wurde man vom Outsourcing wichtiger Kernaufgaben einer staatlichen Verwaltung sprechen Das System der Publikanen brachte jedoch auch grosse Nachteile mit sich die letztlich dazu fuhrten dass es uberwunden bzw verandert werden musste Uberbietung Der Wettbewerb zwischen verschiedenen Bietern konnte leicht zu einer Ubersteigerung fuhren das heisst zu Aufwendungen die nachfolgend nicht mehr gedeckt werden konnten Fehlende Nachhaltigkeit Da das Steuereintreibungsrecht immer nur fur eine gewisse Zeitspanne lustrum in einem bestimmten Raum galt bestand bei den Nutzniessern kein besonderes Interesse die ortlichen Ressourcen uber den Zeitraum hinaus zu schonen Fehlende Flexibilitat Da der Publikan mit grossen Geldmitteln auf eigenes Risiko in Vorleistung gegangen war bestand fur ihn die Notwendigkeit die Steuern bzw Abgaben unabhangig davon einzutreiben ob die ortlichen Bedingungen diese Abgabenlast uberhaupt erlaubten z B bei Missernten die in der von Regenfallen abhangigen Landwirtschaft der Provinz Asia nicht selten waren oder bei erfolgreichen Uberfallen von Piraten auf Schiffe Fehlende staatliche Kontrolle Da das Publikanen System anstelle staatlicher Strukturen funktionierte ergab sich das Problem der fehlenden Missbrauchskontrolle durch den Staat Eigendynamik des Systems Das Verhalten der Publikanen als allmachtige Herrscher vor Ort fuhrte zu zahlreichen Konflikten mit der einheimischen Bevolkerung fur deren Kosten oft der romische Staat aufkommen musste Ahnliche Systeme BearbeitenDas romische System der Steuerpachter verbreitete sich im Mittelalter uber die italienischen Stadtstaaten in vielen romanischen Landern und auch im Rheinland In Frankreich existierte es mit vergleichbaren Vor und Nachteilen bis zur Franzosischen Revolution Seit dem 16 Jahrhundert erfolgte die Steuereintreibung auch im Osmanischen Reich oft in Steuerpacht iltizam spater malikane durch einen Steuerpachter multezim Siehe auch BearbeitenSteuer eques Marcus Tullius Cicero Zollner Beruf Literatur BearbeitenAllgemeinesGeza Alfoldy Romische Sozialgeschichte 4 Aufl Steiner Stuttgart 2011 ISBN 978 3 515 09841 0 EA Wiesbaden 1984 Geza Alfoldy Die romische Gesellschaft Struktur und Eigenart In Ders Hrsg Die romische Gesellschaft Ausgewahlte Beitrage Heidelberger Althistorische Beitrage und Epigraphische Studien 1 Steiner Stuttgart 1986 ISBN 3 515 04610 0 S 41 68 Jochen Bleicken Verfassungs und Sozialgeschichte des Romischen Kaiserreiches Bd 1 UTB fur Wissenschaft 4 Aufl Schoningh Paderborn 1995 ISBN 3 8252 0838 9 Peter Brunt Social Conflicts in the Roman Republic Hogarth Books London 1986 ISBN 0 7012 0730 2 EA London 1971 Karl Christ Grundfragen der romischen Sozialgeschichte In Werner Eck Hartmut Galsterer Hartmut Wolff Hrsg Studien zur Sozialgeschichte Festschrift Friedrich Vittinghoff Kolner Historische Abhandlungen 28 Bohlau Koln 1980 ISBN 3 41201180 0 S 197 228 Werner Dahlheim Gewalt und Herrschaft Das provinziale Herrschaftssystem der romischen Republik DeGruyter Berlin 1977 ISBN 3 11 006973 3 Francesco De Martino Storia economia di Roma antica La Nuova Italia Florenz 1980 2 Bde deutsch Wirtschaftsgeschichte des Alten Rom 3 Aufl Beck Munchen 1991 ISBN 3 406 30619 5 Walter Eder Hrsg Staat und Staatlichkeit in der romischen Republik Akten eines Symposions 12 15 Juli 1988 FUB Steiner Stuttgart 1990 ISBN 3 515 05539 8 Walter Horberg Die romische Provinzialverwaltung auf Sizilien und deren Prinzipien bis zum Ende der Republik Dissertation Universitat Erlangen 1966 Keith Hopkins Sociological Studies in Roman History CUP Cambridge 1981 83 Conqueros and slaves 1981 Reath and renewal 1983 ISBN 0 521 24991 0 Helmuth Schneider Wirtschaft und Politik Untersuchungen zur Geschichte der spaten romischen Republik Erlanger Studien 3 Palm amp Enke Erlangen 1974 zugl Dissertation Universitat Marburg 1973 Helmuth Schneider Hrsg Sozial und Wirtschaftsgeschichte der romischen Kaiserzeit Wege der Forschung 552 Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1981 ISBN 3 534 07806 3 Helmuth Schneider Hrsg Zur Sozial und Wirtschaftsgeschichte der spaten Romischen Republik Wege der Forschung 413 Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1976 ISBN 3 534 06388 0 Speziell zu den Publicani Ernst Badian Publicans and sinners Private enterprise in the service of the Roman Republic University Press Ithaca 1983 ISBN 0 8014 9241 6 deutsch Zollner und Sunder Unternehmer im Dienst der romischen Republik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1997 ISBN 3 534 13143 6 Maria Rosa Cimma Ricerche sulle societa di publicani Giuffre Mailand 1981 Konrad Dietrich Die rechtlichen Grundlagen der Genossenschaften der romischen Staatspachter Verlag Klinkicht Meissen 1898 99 zugl Jahresbericht der Fursten und Landesschule St Afra Die rechtliche Natur des societates publicanorum 1898 Fortsetzung und Ende 1899 Ulrike Malmendier Societas publicanorum Staatliche Wirtschaftsaktivitaten in den Handen privater Unternehmer Forschungen zum romischen Recht 49 Bohlau Koln 2002 ISBN 3 412 12201 7 zugl Dissertation Universitat Bonn 2001 Einzelnachweise Bearbeiten Peter Lichtenberger WIRTSCHAFT Das romische Steuersystem Die Steuererhebung In imperium romanum com Abgerufen am 5 Februar 2018 In den Provinzen der republikanischen Zeit wurden die Steuern durch publicani Steuerpachter eingehoben Meistens handelte es sich dabei um Manner aus dem Ritterstand die sich zu einer societas publicanorum Pachtgesellschaft zusammengeschlossen hatten Michael Rostovtzeff Gesellschafts und Wirtschaftsgeschichte der hellenistischen Welt Band 2 Darmstadt 1998 S 618 f 645 Charles Adams For Good and Evil The Impact of Taxes on the Course of Civilization Rowman amp 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