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Public Viewing ˈpʌblɪk ˈvju ɪŋ ist eine im Deutschen verwendete Bezeichnung fur die offentliche Liveubertragung von Sportereignissen oder anderen Events auf Videowanden Public Viewing auf dem Waterlooplatz in Hannover zur Fussball EM 2012Der Ausdruck ist zusammengesetzt aus dem englischen public fur offentlich und viewing fur ansehen anschauen 1 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Bedeutung des Wortes 2 Entstehung und Organisation 3 Sozialpsychologische Bewertung 4 Lizenzen und Urheberrechtsschutz 5 Fussball WM 2006 6 Markenschutz 7 Larmschutz 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseHerkunft und Bedeutung des Wortes BearbeitenDer Ausdruck Public Viewing wurde im Vorfeld der Fussball Weltmeisterschaft 2006 als Neologismus im deutschen Sprachgebrauch etabliert Es handelt sich dabei um ein Lehnwort einen Anglizismus das im Deutschen eine engere Bedeutungsspanne besitzt als im englischen Sprachraum 2 wo der Ausdruck im Allgemeinen die offentliche Prasentation einer Sache 3 wie etwa einen Tag der offenen Tur oder eine Aufbahrung bezeichnet Seit der Fussball Weltmeisterschaft 2006 wird die Formulierung gelegentlich auch im Englischen von internationalen Verbanden und Medien in Bezug auf die Ubertragung von Sportveranstaltungen auf Grossbildwanden verwendet 4 Meist wird die offentliche Vorfuhrung auf einer Leinwand im Englischen public screening genannt Seit 2007 ist Public Viewing im Duden und seit 2011 dazu auch das Wort Rudelgucken als Synonym aufgefuhrt 1 Inzwischen wird der englische Ausdruck auch im Japanischen in der gleichen Bedeutung wie im Deutschen verwendet Entstehung und Organisation Bearbeiten nbsp Public Viewing im Ruhrstadion in Bochum nbsp Fans im Olympiapark in Munchen beim Eroffnungsspiel der Fussball WM 2006Die Direktubertragung fur das gemeinschaftliche Mitverfolgen vieler Zuschauer von Grossereignissen gab es schon bei den Olympischen Sommerspielen 1936 Damals als Fernsehgerate noch verhaltnismassig teuer und noch nicht in Haushalten verbreitet waren konnte man in sogenannten Fernsehstuben die Wettkampfe zusammen zumindest in Berlin offentlich anschauen 5 Aufgrund der geringen Grosse der Bildschirme konnte jedoch nur eine geringere Zahl von Zuschauern teilnehmen Zudem fand dieses gemeinschaftliche Verfolgen einer Ubertragung in geschlossenen Raumen statt Nach einer Initiative des Organisationskomitees OK beim internationalen Fussball Weltverband FIFA sowie des Sportrechtevermarkters Infront wurde die Ubertragung der Fussball WM 2006 auf Grossleinwanden in deutschen Stadten gesichert Hauptgrund fur das Drangen des OK war die zu geringe Anzahl an Eintrittskarten So gaben sowohl die Agentur Infront als auch die FIFA am 20 Januar 2005 nach und genehmigten die kostenlose offentliche Ubertragung Somit konnte jede Stadt und jede Gemeinde beispielsweise auf offentlichen Platzen oder in Mehrzweckhallen Grossbildwande aufstellen und die Spiele fur die Zuschauer kostenfrei ubertragen Ausdrucklich galt diese kostenfreie Freigabe auch fur alle nichtkommerziellen Veranstaltungen in Schulen Kirchen Krankenhausern Unternehmen oder Biergarten Sofern eine Ubertragung jedoch durch Sponsoren finanziert wurde galt sie als kommerzielle Veranstaltung fur die Lizenzgebuhren erhoben wurden Dies galt auch fur alle Veranstaltungen bei denen Eintritt erhoben wurde Als Sponsoren durften nur lokale und regionale Unternehmen fungieren die nicht Wettbewerber der offiziellen FIFA Sponsoren waren Nach Gesprachen mit dem OK erlaubte die FIFA den lokalen Veranstaltern den Verkauf von Wurstchen Pommes frites und deutschem Bier Das Getrank des FIFA Sponsors Anheuser Busch Bud musste nicht ausgeschenkt werden Sozialpsychologische Bewertung Bearbeiten nbsp Public Viewing auf dem Times Square zur Landung des NASA Rovers Curiosity auf dem MarsDer Begriff Public Viewing versucht eine neue Form der Anteilnahme an identitatsstiftenden Grossereignissen wie z B einer Fussball Weltmeisterschaft im eigenen Land zu beschreiben Diese Art des kollektiven Mitverfolgens im Kreise unbekannter Gleichgesinnter existierte bisher nur in den Stadien Nach Auffassung vieler Sozialwissenschaftler und Psychologen liegt der Anreiz des Public Viewing im Teilen von gemeinsamen und simultan entstehenden Emotionen wie z B die Freude uber den Sieg des bevorzugten Teams aber auch die Trauer uber die Niederlage Im Gegensatz zum Betrachten eines Grossereignisses vor dem hauslichen Fernsehgerat wird das Entstehen einer solch emotionalen Atmosphare erst durch technische Innovationen wie Grossbildwande oder Plasmafernseher ermoglicht Public Viewing zeichne sich durch die Steuerbarkeit positiver Emotionen aus 6 Lizenzen und Urheberrechtsschutz BearbeitenRechtliche Grundlage fur eine eventuelle Lizenzierungspflicht von Public Viewing Veranstaltungen ist in Deutschland das Urheberrechtsgesetz Danach hat das Sendeunternehmen das ausschliessliche Recht zur Weiterverbreitung einer Sendung und daruber hinaus nach 87 Abs 1 Nr 3 UrhG auch das ausschliessliche Recht an Stellen die der Offentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zuganglich sind die Sendung wahrnehmbar zu machen Fur die ubertragenen Inhalte selbst besteht meist auch kein Urheberrechtsschutz z B Sportveranstaltungen 7 somit konnen Lizenzregelungen wie sie etwa von FIFA oder UEFA fur das Public Viewing von Fussballspielen herausgegeben werden nicht auf den Inhalt der Ubertragung also etwa das Fussballspiel an sich stutzen Ein Erwerb von Lizenzen auch kostenfreien kann hier nicht gefordert werden Das deutsche Urheberrecht unterscheidet auch nicht weiter nach kommerziellen und nicht kommerziellen Veranstaltungen 8 Die von der FIFA angefertigten Fussballaufnahmen sind wohl nicht als Filmwerk i S v 2 Abs 1 Nr 6 UrhG anzusehen Zwar besteht an ihnen grundsatzlich ein Laufbildschutz gem 95 UrhG jedoch umfasst dieser nicht das Recht der Wiedergabe von Funksendungen gem 22 UrhG Zu beachten ist jedoch dass die Ubertragungen oft auch weitere Inhalte umfassen welche urheberrechtlich geschutzt sind zum Beispiel Musik Hierfur kann es notig sein eine Lizenz etwa der Verwertungsgesellschaft GEMA zu erwerben 9 Da Sportverbande wie FIFA oder UEFA mit den Austragungsorten von Wettbewerben bei Welt und Europameisterschaften umfassende Vertrage schliessen sind die betroffenen Stadte oft vertraglich dazu verpflichtet die Forderungen der veranstaltenden Sportverbande zu unterstutzen 10 Dies kann etwa zu Auflagen bei notwendigen Genehmigungen durch die Stadt fuhren Fussball WM 2006 Bearbeiten nbsp Beidseitige LED Videowand in Frankfurt mitten im MainDas Konzept zum Fan Fest FIFA WM 2006 wurde gemeinsam von der FIFA dem WM Organisationskomitee und den zwolf WM Stadten entwickelt In jeder dieser WM Stadte fand im Rahmen dieser offizieller Fan Feste eine offentliche Ubertragung der Spiele der Fussball WM statt Die FIFA finanzierte in den zwolf Austragungsorten als sogenanntes Fan Fest Stadtname je eine Grossleinwand mitsamt der Technik und den Fernsehbildern Mit der Hilfe der offiziellen Sponsoren wollte die FIFA jedoch hochstens 700 000 Euro pro WM Stadt ausgeben alle weiteren Kosten mussten die einzelnen Stadte aufbringen In der Frankfurter MainArena wurden die Spiele auf einer 9 m 16 m grossen beidseitigen LED Videowand die mitten im Main auf 22 Meter langen Hydraulikstelzen installiert wurde ubertragen So konnten beide Mainufer als Public Viewing Flachen fur bis zu 50 000 Zuschauer genutzt werden Diese kunstliche Insel wog ohne die Bildschirme 160 Tonnen In Koln wurde eine Grossleinwand auf dem Roncalliplatz zwischen dem Sudportal des Kolner Doms und dem Romisch Germanischen Museum aufgebaut In Hamburg wurde eine Grossleinwand auf dem Heiligengeistfeld neben dem Millerntor Stadion aufgebaut In Stuttgart erfolgte die Ubertragung auf funf Grossbildwanden auf dem Schlossplatz Auf dem Friedensplatz in Dortmund stand eine Grossbildwand sowie in unmittelbarer Nahe des WM Stadions in der Dortmunder Westfalenhalle In Berlin fanden neben dem offiziellen Fanfest auf der Strasse des 17 Juni bei dem bis zu 750 000 Zuschauer anwesend waren weitere Live Ubertragungen anderer Veranstalter u a im Sony Center in der Waldbuhne und in der temporaren Adidas Arena statt In Dusseldorf wurde das Paul Janes Stadion am Flinger Broich zum Stadtwerke Dusseldorf Fan Stadion umgestaltet Bis zu 12 600 Fans konnten auf der grossten Public Viewing Veranstaltung in einer Nicht Austragungsstadt alle WM Spiele live miterleben In Munchen standen Grossbildwande im Olympiapark in Nurnberg auf dem Volksfestplatz 11 nbsp Fanfest mit Grossbildschirm und Buhne fur das Rahmenprogramm in Kaiserslautern nbsp Zuschauer beim Eroffnungsspiel vor dem Brandenburger Tor nbsp Feier der deutschen Mannschaft in BerlinMarkenschutz Bearbeiten nbsp Geschutztes Public Viewing LogoAm 30 Oktober 2007 wurde der Begriff Public Viewing beim Markenregister des Deutschen Patent und Markenamtes in Verbindung mit einem Logo als Wort Bild Marke eingetragen 12 Rechteinhaber war eine Firma aus Magdeburg die Grossbildwande vermietet Die Wort Bildmarke wurde nach Ablauf des Schutzendedatums am 1 Juli 2017 geloscht Die Eintragung beim DPMA hatte keinen Einfluss auf die Verwendung des Begriffes selbst Denn der Markeninhaber kann Lizenzgebuhren nur verlangen wenn der Begriff in Verbindung mit seinem eingetragenen Logo siehe Grafik verwendet wird Ein Versuch den Begriff Public Viewing selbst als reine Wortmarke zu schutzen wurde laut DPMA Register zuruckgewiesen Begrundung Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft sowie beschreibende freihaltungsbedurftige Angabe 8 Abs 2 Nr 1 u 2 MarkenG 13 Larmschutz BearbeitenOffentliche Fernsehdarbietungen im Freien die bis in die Nachtstunden nach 22 Uhr hineinreichen durfen in Deutschland nur durchgefuhrt werden wenn die immissionsrechtlichen Larmschutzanforderungen zum Schutz der Nachtruhe erfullt werden Dabei wird die Einschrankung des Larmschutzes oft ausdrucklich auf den Fall beschrankt dass Veranstaltungen direkt ubertragen werden z B 2 Abs 2 der Verordnung vom 17 Mai 2016 BAnz AT 17 05 2016 V1 Damit solche Veranstaltungen wahrend der Fussball Weltmeisterschaft 2010 stattfinden konnten wurde eigens fur die Zeit vom 1 Juni 2010 bis 31 Juli 2010 eine Verordnung uber den Larmschutz bei offentlichen Fernsehdarbietungen im Freien uber die Fussball WM 2010 erlassen 14 Entsprechende Bestimmungen galten bereits wahrend der Fussball WM 2006 und der Fussball EM 2008 Zur Fussball WM 2014 wurde in Deutschland die Verordnung uber den Larmschutz bei offentlichen Fernsehdarbietungen im Freien uber die Fussball WM 2014 erlassen Auch zur Fussball EM 2016 und der Fussball WM 2018 15 hatte der deutsche Bundesrat einer Ausnahmeregelung zugestimmt so dass Public Viewings erneut nach 22 Uhr zugelassen waren Veranstalter mussten dazu eine Genehmigung bei der zustandigen kommunalen Behorde beantragen Siehe auch BearbeitenFreiluftkino Freilichtbuhne Fernsehraum FernsehstubeLiteratur BearbeitenJohannes Leutloff Public Viewing im Urheber und Lauterkeitsrecht Eine Untersuchung anhand der Public Viewing Reglements der Fussballverbande FIFA und UEFA Herbert Utz Verlag Munchen 2015 ISBN 978 3 8316 4429 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Public Viewing Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Mediale Massage Telepolis Artikel zum Thema Public Viewing Berlin 2011Einzelnachweise Bearbeiten a b Public Viewing Duden Deutsches Universalworterbuch 6 uberarbeitete Auflage Dudenverlag Mannheim Leipzig Wien Zurich 2007 Anatol Stefanowitsch Public Viewing Memento des Originals vom 27 September 2010 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www iaas uni bremen de Bremer Sprachblog Institut fur allgemeine und angewandte Sprachwissenschaft 8 Juni 2008 Anatol Stefanowitsch Public Viewing oder die Ruckkehr der Leichenbeschauer in SciLogs 10 Juni 2010 abgerufen am 16 Mai 2016 SABC agrees public viewing World Cup 2010 deal betreffend public viewing wahrend der Fussball Weltmeisterschaft 2010 sportbusiness com 1 April 2008 abgerufen am 11 Juni 2008 Arnd Kruger Die Olympischen Spiele 1936 und die Weltmeinung ihre aussenpolitische Bedeutung unter besonderer Berucksichtigung der USA Berlin Bartels amp Wernitz 1972 Sportwissenschaftliche Arbeiten Bd 7 ISBN 3 87039 925 2 Britta Ufer Emotionen und Erlebnisse beim Public Viewing Sowi Diss Universitat Gottingen 2010 Borries von Notz Public Viewing wahrend der WM ohne Lizenz 8 Marz 2006 Fabian Reinholz EURO 2012 Rechtslage zum Public Viewing 2 Dezember 2011 GEMA Sondertarif fur die Fussball EM und die Olympischen Spiele Memento vom 15 Juni 2008 im Internet Archive GEMA Gesellschaft fur musikalische Auffuhrungs und mechanische Vervielfaltigungsrechte 6 Juni 2008 Brisanter Vertrag zur Fussball EM Wiener Zeitung 5 Juli 2007 Bildergalerie WM 4 Juli 2006 nuernberg de Auskunft zur Marke Wort Bildmarke Public Viewing im Register des Deutschen Patent und Markenamtes DPMA Auskunft zur Marke Public Viewing im Register des Deutschen Patent und Markenamtes DPMA Verordnungsentwurf der Bundesregierung mit Begrundung Ausnahme fur Fussball WM Public Viewing bis in die Nacht erlaubt In Der Spiegel 27 April 2018 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Public Viewing amp oldid 238091720