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Die fruhkaiserzeitlichen Prunkgraber von Lubsow auch Lubsow Graber in Pommern ehemals Kreis Greifenberg heute Lubieszewo Kreis Gryfice Woiwodschaft Westpommern in Polen sind eine Quelle zur Untersuchung gesellschaftlicher Strukturen wahrend der alteren romischen Kaiserzeit in der Germania magna Fundstelle der Prunkgraber von Lubsow Inhaltsverzeichnis 1 Entdeckung 2 Forschungsgeschichte 3 Beschreibung 4 Beispiele 5 Geschichtlicher Kontext 6 Anmerkungen 7 Literatur 8 WeblinksEntdeckung BearbeitenBei der Sammlung von Feldsteinen zum Strassenbau wurden zu Beginn des 20 Jahrhunderts von Laien durch ihren Befund herausragende Graber auf den benachbarten Fundplatzen Sandberg und Tunnehult bei der Bergung von Feldsteinen fur den Chauseebau zufallig entdeckt und geoffnet Die ungewohnlich reichen Inventare fugen die Bestattungen des 1 und 2 nachchristlichen Jahrhunderts in eine Gruppe von Grabern ein die nach heutigem Kenntnisstand Ruhestatten von Angehorigen uberregionaler Eliten waren Der Befund der Furstennekropole Lubsow mit mindestens sechs Elitegrabern datiert in die altere Romische Kaiserzeit gab den Namen fur die Furstengraber des Lubsow Typs die Prunkgraber der alteren Romischen Kaiserzeit in Nord und Mitteleuropa 1 Die Auswertung der Elitegraber war Grundlage fur eine zusammenfassende Beschreibung durch Hans Jurgen Eggers in 1953 Forschungsgeschichte BearbeitenDie drei Elitegraber I 1908 II 1910 und III 1913 von der Sandberg Fundstelle wurden in den Jahren 1908 1910 und 1913 von Adolf Stubenrauch vom Museum Stettin dokumentiert 2 Zu den beiden Elitegrabern die im Jahr 1925 an der Tunnehult Fundstelle gefunden wurden ist jedoch nur der Hinweis auf eine Grabkammer uberliefert Otto Kunkel damaliger Direktor des Museums Stettin erwarb deren Ausstattung fur die Sammlung des Museums Die Zusammenstellung der Befunde der Graber 1 1925 und 2 1925 3 behielt Kunkel bei Mehr als zehn Jahre spater in den Jahren von 1937 bis 1939 entdeckte Hans Jurgen Eggers wahrend erneuter Untersuchungen an der Tunnehult Fundstelle ein drittes Elitegrab und in der Nahe der Fundstelle Sandberg einige ebenerdige Brandgraber der jungeren vorromischen Eisenzeit 4 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von Ryszard Wolagiewicz das von Eggers angeschnittene Flachgraberfeld und eine volkerwanderungszeitliche Siedlung ausgegraben 5 Beschreibung BearbeitenEinige Grabfunde die in Apensen Darzau Marwedel Hankenbostel und Putensen in Niedersachsen an der unteren Elbe zutage kamen waren besonders reich ausgestattet sodass sie einer Oberschicht zugeschrieben werden Weil es sich um Korpergraber mit aufwendigem Grabbau handelt konnen die Funde aus Marwedel den Lubsow Grabern zugerechnet werden Graber dieser Art die sich auch ostlich der Elbe und Oder und im skandinavischen Ostseegebiet finden zeichnen sich nicht nur durch die Sitte der Korperbestattung Romisches Importgut Beigabenreichtum und Waffenlosigkeit aus sondern auch durch die aufwendig gestalteten Beisetzungen auf isolierten kleinen Friedhofen Als unstreitige Lubsow Graber 17 gelten neben den eponymen Anlagen die Graber von Apensen Dollerupgaard Hagenow Juellinge 1 4 Leg Pekarsji Marwedel 1 2 Repow Schladitzsch Schlonwitz Skrobeshave Store Dal und Wichulla Beispiele BearbeitenDie beiden Toten in Hitzacker Marwedel erhielten als Grabausstattung u a romische Bronzeeimer und Trinkgeschirr fur Wein bestehend aus Kasserolle Kelle und Sieb ausserdem Becher aus Glas und Silber sowie Trinkhorner An Trachtzubehor oder Schmuck fanden sich Fibeln aus Bronze und Silber ein goldener Fingerring silberne Beschlage fur Lederschuhe und Gurtel sowie bronzene Sporen aber keine Waffen Ein ahnlich reich ausgestattetes Grab in Apensen Landkreis Stade kann nur mit Vorbehalt den Lubsow Grabern zugeordnet werden weil es sich nicht um eine Korperbestattung handelt Der Leichenbrand lag in einem romischen Bronzeeimer in dem sich Reste von romischem Trinkgeschirr silbernen Bechern und Trinkhornbeschlagen fanden Ausserdem hatte man dem Toten einen Sporn mitgegeben Die reichen Graber von Darzau Hankenbostel und Putensen unterscheiden sich nicht nur aufgrund der Bestattungsart sondern auch aufgrund der Ausrustung mit Waffen von denen in Marwedel und Apensen Das Furstengrab von Quetzdolsdorf wird ebenfalls der Lubsow Gruppe zugeordnet Geschichtlicher Kontext BearbeitenDie in Teilen des germanischen Siedlungsgebietes praktizierte Korpergrabsitte mit exklusiv ausgestatteten Grablegen steht in Gegensatz zur wesentlich gelaufigeren Brandbestattung die allerdings ebenfalls so genannte Prunkgraber aufweist Inwieweit die in verschiedenen Regionen nachweisbaren fruhkaiserzeitlichen Korpergraber an keltische Tradition anknupfen einheimische Neuentwicklungen bzw auf romische Einflusse zuruckzufuhren sind wird kontrovers beurteilt Zur Zeit bietet die Annahme dass die Anregung zur Einfuhrung der Korpergrabsitte sowohl in Mitteldeutschland als auch in Nordwestdeutschland aus den romischen Provinzen kam eine gut ins Gesamtbild der kulturellen Veranderungen passende Erklarung Schon in der alteren Romischen Kaiserzeit sind Inhumationen im Ostseeraum weit verbreitet wahrend der jungeren Romischen Kaiserzeit lassen sich Korperbestattungen in grosserer Zahl in Vorpommern sowie in Mitteldeutschland Nordwestbohmen und Sudwestdeutschland nachweisen Neben der Sippenstruktur der germanischen Stamme bestand in dieser Epoche eine politische Kraft im Gefolgschaftswesen Waffenfahige Manner jeglicher Herkunft scharten sich um einen Gefolgschaftsfuhrer und stellten sich ausserhalb der gewachsenen gesellschaftlichen Strukturen Beispielsweise kampfte der Cherusker Inguiomer als Gefolgschaftsfuhrer auf der Seite der Markomannen gegen den eigenen Stamm In erster Linie waren die Gefolgschaften auf Beute aus erhielten aber auch Abgaben oder Tribute vom eigenen oder von fremden Stammen Fur den Archaologen staffeln sich Graber nach Reichtum der Ausstattung und nach Art des Grabbrauchs Sie geben ein gesellschaftliches Abbild das sich in Arme und Reiche Waffentrager und Waffenlose Manner und Frauen sowie in Alt und Jung gliedern lasst Anmerkungen Bearbeiten Siehe Verbreitungskarte Abb 25 aus Michael Gebuhr Furstengraber 4 c Altere Romische Kaiserzeit In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 10 Walter de Gruyter Berlin New York 1998 ISBN 3 11 015102 2 S 188 191 Vgl Hans Jurgen Eggers Lubsow ein germanischer Furstensitz der alteren Kaiserzeit In Prahistorische Zeitschrift Band 34 35 Nr 2 1953 S 58 111 Abb 2 Otto Kunkel Vorlaufige Mitteilungen uber neue kaiserzeitliche Funde in Pommern In Mannus Erganzungsband 5 1927 S 120 Vgl Hans Jurgen Eggers Lubsow ein germanischer Furstensitz der alteren Kaiserzeit In Prahistorische Zeitschrift Band 34 35 Nr 2 1953 S 74 80 Abb 8 d f Vgl Krystyna Hahula Wojciech Nowakowski Lubsow In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 19 Walter de Gruyter Berlin New York 2001 ISBN 3 11 017163 5 S 17 21 Literatur BearbeitenHans Jurgen Eggers Lubsow ein germanischer Furstensitz der alteren Kaiserzeit In Prahistorische Zeitschrift Bd 34 35 Nr 2 1953 S 58 111 Rolf Hachmann Zur Gesellschaftsordnung der Germanen in der Zeit um Christi Geburt In Archaeologia Geographica Bd 5 1956 ISSN 0066 5908 S 7 24 Krystyna Hahula Wojciech Nowakowski Lubsow In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 19 Walter de Gruyter Berlin New York 2001 ISBN 3 11 017163 5 S 17 21 Michael Gebuhr Zur Definition alterkaiserzeitlicher Furstengraber vom Lubzow Typ In Prahistorische Zeitschrift Bd 49 1974 S 82 128 Beilage 1 4 Jan Schuster Lubsow Alterkaiserzeitliche Furstengraber im nordlichen Mitteleuropa In Bonner Beitrage zur Vor und Fruhgeschichtlichen Archaologie 12 Bonn 2010 Jan Lichardus Korpergraber der fruhen Kaiserzeit im Gebiet der sudlichen Elbgermanen SaarbruckerBeitrage zur Altertumskunde 43 Bonn 1984 Weblinks BearbeitenForschungsprojekt Korpergrabsitte PDF 9 1 MB 53 9232 15 2492 Koordinaten 53 55 23 5 N 15 14 57 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Prunkgraber von Lubsow amp oldid 238851981