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Der Population Ecology Ansatz ist ein Begriff aus der Organisationssoziologie Er ahnelt der synthetischen Evolutionstheorie der Biologie die ursprunglich von Charles Darwin entwickelt wurde Durch die standige Weiterentwicklung der Population und weil jedes Individuum einer Selektion unterworfen ist erhohen sich die Chancen der an die dynamische Umwelt angepassten Populationen zu uberleben wahrend die Uberlebenschancen der Schwacheren sinken Hier wird erlautert wie diese Theorie fur die Wirtschaft weiterentwickelt wurde und als organisationale Evolutionstheorie auf Unternehmen angewendet worden ist Der Population Ecology Ansatz wurde vor allem in den USA angewendet und weiterentwickelt wohingegen in Deutschland hauptsachlich die Theorie des Evolutionaren Managements diskutiert wurde Inhaltsverzeichnis 1 Hauptvertreter und Hauptwerke 2 Theorie 2 1 Hannan Freeman 2 1 1 Variation 2 1 2 Selektion 2 1 2 1 Erhaltung Bewahrung 2 2 Aldrich McKelvey 2 2 1 Variation 2 2 2 Selektion 2 2 2 1 Erhaltung Bewahrung 3 Empirische Untersuchungen 3 1 Liability of Newness 3 2 Liability of Smallness 3 3 Theory of Founding Conditions 3 4 Fitness Set Theory 3 5 Density Dependencies Theory 3 6 Organizational Change 4 Kritik 4 1 Positive Kritik 4 2 Negative Kritik 5 LiteraturHauptvertreter und Hauptwerke BearbeitenMichael T Hannan und John H Freeman 1977 The Population Ecology of Organizations Hannan Freeman 1989 Organizational Ecology Aldrich McKelvey entwickelten aufbauend auf der Theorie von Hannan Freeman den Population Ecology Ansatz weiter 1984 Vierling 2008 Organisationale Tragheit Modellentwurf Theorie BearbeitenAusgehend von der Annahme dass es drei Grunde gibt warum Organisationen nur in einem sehr geringen Masse fahig sind sich zielgerichtet an Umweltveranderungen anzupassen namlich a unterschiedliche Interessengruppen die unterschiedliche Ziele verfolgen b unvollkommene Informationen uber Zweck Mittel Beziehungen c die Tragheit von Organisationen befassen sich Hannan und Freeman in ihrer Theorie hauptsachlich mit der organisationalen Tragheit Hannan Freeman Bearbeiten Nach Michael T Hannan und John H Freeman wird die organisationale Tragheit durch eine Vielzahl von Prozessen hervorgerufen und lasst sich in interne und externe Hindernisse einteilen Interne Hindernisse konnen zum Beispiel Investitionen die nicht getatigt werden konnen da das notige Know how fehlt oder der innere Widerstand gegen Restrukturierung sein Beispiele fur externe Hindernisse konnen unter anderem die Markteintritts und Marktaustrittsbarrieren oder die finanzielle Belastung fur die Beschaffung des notigen Know hows sein Des Weiteren fassen Hannan Freeman die einzelnen Organisationen zu sogenannten Populationen zusammen welche dann in ihrem Wandel analysiert werden Die einer Population angehorenden Organisationen zeichnen sich durch eine gemeinsame Grundstruktur einen gemeinsamen Bauplan oder ein gemeinsames Basismuster aus Ausgehend von diesen Populationen analysieren Hannan Freeman nun unter Zuhilfenahme der Evolutionstheorie nach Variation Selektion und Erhaltung Variation Bearbeiten Veranderungen oder Abanderungen von Populationen entstehen vor allem durch Neugrundungen von Organisationen Viele Grunder orientieren sich an bereits bestehenden erfolgreichen Organisationen bewahren Bewahrtes und fugen neue Strukturen hinzu Selektion Bearbeiten Im Population Ecology Ansatz wird nur eine Art der Selektion berucksichtigt namlich das Aussterben schlechter schlecht angepasst nutzlos und das Uberleben guter erfolgreicher Systeme Die Selektion wird durch die Einschrankungen der Umwelt vorgegeben Es gibt sehr viele Umweltbedingungen an die sich eine Organisation anpassen muss zum Beispiel Konjunkturschwankungen Wirtschaftskrisen technologische Erneuerungen unvorhersehbare Ereignisse und vieles mehr Erhaltung Bewahrung Bearbeiten Erfolgreiche Organisationen werden laut Population Ecology Ansatz institutionalisiert und in die Gesellschaft ubernommen Ausserdem bilden sich burokratische Routinen die leicht weitergegeben werden konnen Aldrich McKelvey Bearbeiten Aufbauend auf der Theorie von Hannan Freeman entwickelten Aldrich McKelvey nun den Population Ecology Ansatz weiter Im Unterschied zu Hannan Freeman arbeiteten sie nicht mit dem Begriff Populationen sondern sprechen von organisationseigenen Kompetenzen Diese Kompetenzen bestehen aus Elementen organisationalen Wissens wie zum Beispiel Patenten Verfahrensvorschriften oder Arbeitstechniken Variation Bearbeiten Die Ubernahme dieses organisationalen Wissens auch Comps genannt findet uber zwischenmenschliche Interaktionen statt wie zum Beispiel externe Berater Seminare aber auch Einstellung neuer Mitarbeiter oder Industriespionage Selektion Bearbeiten Die Auswahl erfolgt durch den Erfolg den dieses Wissen verspricht oder vorzuzeigen hat Erfolgreiches Wissen verbreitet sich daher in diesem Ansatz weitaus schneller als weniger erfolgreiches Genauso werden wissende Personen oft als Vorbilder herangezogen oder zu Vortragen und Seminaren eingeladen Auch die Abwerbung fahiger Mitarbeiter ist eine Methode neues organisationales Wissen zu erringen Erhaltung Bewahrung Bearbeiten Wie auch bei Hannan Freeman wird die Erhaltung dieser Comps durch Institutionalisierung und burokratische Routinen sichergestellt Empirische Untersuchungen BearbeitenDie Forschungsarbeiten des Population Ecology Ansatzes zeigten auf dass Populationen von Organisationen im Zeitverlauf Veranderungen unterliegen Dabei bilden sich drei Untersuchungsschwerpunkte heraus Prozesse des Scheiterns von Organisationen Grundungsprozesse von Organisationen und Prozesse des organisationalen Wandels Zentrale Konzepte der Population Ecology Forschung Liability of Newness Bearbeiten Es beschreibt die Tendenz junger Unternehmen haufiger aus einem Markt auszuscheiden als alte Unternehmen Einige Grunde dafur sind Junge Organisationen und ihre Fuhrungskrafte mussen ihre gesellschaftliche Rollen als soziale Akteure erst lernen sie sind gezwungen Beziehungen zu Kunden Lieferanten und Kapitalgebern neu aufzubauen und besitzen damit Wettbewerbsnachteile gegenuber alten Organisationen Hannan Freeman 1984 nennen die weiteren Grunde Sie behaupten dass nur die Unternehmen eine hohe Uberlebenswahrscheinlichkeit besitzen die uber ein hohes Mass an Zuverlassigkeit reliability und Rechenschaftsfahigkeit accountability verfugen In jungeren Arbeiten wurde aber auch auf die Moglichkeit nicht monotone Beziehungen zwischen dem Alter und Uberlebenswahrscheinlichkeit von Unternehmen hingewiesen Bruderl Schussler 1990 zeigen in einer empirischen Untersuchung dass die Uberlebenswahrscheinlichkeit einer Kohorte von Unternehmen in den ersten Lebensjahren zunachst abnimmt dann aber mit zunehmendem Alter der Unternehmen kontinuierlich steigt Die Autoren beschreiben dieses Phanomen als liability of adolescence Banaszak Holl 1991 findet in ihrer Untersuchung einen positiven nicht signifikanten Effekt des Unternehmensalter auf die Insolvenzwahrscheinlichkeit sowie einen signifikanten positiven Effekt des Alters auf die Wahrscheinlichkeit einer Fusion Dieses Muster einer im Zeitverlauf ansteigenden Mortalitatsrate wurde von Carroll 1987 als liability of aging bezeichnet Liability of Smallness Bearbeiten Dieses Konzept betrifft den vermuteten Zusammenhang zwischen der Unternehmensgrosse zum Zeitpunkt der Grundung und der Uberlebenswahrscheinlichkeit des Unternehmens Konkret besagt es dass kleinere Unternehmen ceteris paribus eine geringere Uberlebenswahrscheinlichkeit besitzen als grosse Unternehmen der gleichen Alterskohorte Die hauptsachlichen Grunde dafur sind Kapitalmarktrestriktionen fur die Kleinen Kostennachteile z B in der Produktion oder Forschung Nachteile beim Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskraft usw Ambutgey Dancin Kelly 1994 finden in ihren Untersuchungen heraus dass Mortalitatsraten von Unternehmen mit zunehmender Unternehmensgrosse zunachst ansteigt fur grosse Unternehmen wieder monoton sinkt Die Autoren bezeichnen es als liability of the middle Theory of Founding Conditions Bearbeiten In verschiedenen Studien haben Vertreter des Organizational Ecology Ansatzes die Bedeutung der Grundungsbedingungen fur die Uberlebenswahrscheinlichkeit von Unternehmen hervorgehoben Die Unternehmen erwerben zum Grundungszeitpunkt uberlebenswichtige strukturierende Charakteristika die uber den gesamten Lebenszyklus nahezu unverandert beibehalten werden Werden die Charakteristika des Unternehmens von der Umwelt positiv selektiert verbreiten sie sich zunehmend innerhalb der Population Dagegen verschwinden Unternehmen mit unterlegenen Charakteristika auf langere Sicht aus der Population Interne Merkmale der Unternehmensgrundung sind beispielsweise Kapitalhohe und Kapitalstruktur die Anzahl der Vorgangerunternehmen die verwendete Technologie usw Unternehmensexterne Umweltbedingungen die die Charakteristika der Unternehmensgrundung beeinflussen sind z B Hohe der Marktkonzentration das politische Klima usw Fitness Set Theory Bearbeiten Hannan Freeman 1989 untersuchen die Uberlebensfahigkeit von generalisierten und spezialisierten Organisationsformen in Abhangigkeit von der Dynamik ihrer Nischen und stellten die Hypothese auf dass spezialisierte Organisationsformen gegenuber generalisierten in fine grined dynamischen Umwelten also in Umwelten mit hoher Anderungsfrequenz eine hohere Uberlebenswahrscheinlichkeit aufweisen Einige Forscher arbeiten mit der historischen Evolution von Organisationen McKelvey 1982 versucht es anhand dem Beispiel eines Stammbaumes der Evolution von Organisationen in Mesopotamien zu zeigen Nach demselben Muster erklaren Aldrich Mueller 1982 die Verdrangung der Population wobei die jeweils neuen Organisationsformen mit den Umweltproblemen ihrer Zeit Kapitalbeschaffung Beschaffung von Arbeitskraften jeweils besser fertig wurden und dies erklart ihre Verbreitung Density Dependencies Theory Bearbeiten Die Theorie nimmt an dass die Entwicklung einer Branche von zwei sozialen Prozessen Legitimation und Wettbewerb massgeblich beeinflusst wird Sobald die Zahl der Unternehmen in eine Population ansteigt erhoht sich die Legitimation der Organisationspopulation Die Population wird in zunehmendem Mass als sozial akzeptiert cognitive legitimation angesehen Die zunehmende Legitimation der Population wirkt sich positiv auf die Grundungswahrscheinlichkeit neuer Unternehmen aus Mit steigender Anzahl der Unternehmen in eine Population erhoht sich neben der Legitimation auch die Wettbewerbsintensitat Zunehmende Wettbewerbsintensitat verringert ceteris paribus die Grundungswahrscheinlichkeit weiterer Unternehmen und wirkt dem positiven Legitimationseffekt entgegen Die Anzahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Population etablierten Unternehmen wird als Populationsdichte bezeichnet Mit zunehmender Populationsdichte steigt zunachst die Uberlebenswahrscheinlichkeit etablierter Unternehmen Legitimation Erhoht sich die Populationsdichte aber uber einen kritischen Wert hinaus so sinkt die Grundungswahrscheinlichkeit ebenso wie die Uberlebenswahrscheinlichkeit der etablierten Unternehmen Wettbewerb Organizational Change Bearbeiten Erlauterung von dem Konzept der strukturellen Tragheit in Bezug auf den organisationalen Wandel Organisation besteht aus core features und peripheral features Zu den core features zahlen Technologie und Marketing Strategie Wandel ist in diesen vergleichsweise selten und senkt die Uberlebenschancen der Organisation Alle anderen features sind peripheral Wandel kommt relativ haufig vor und konnte den Erfolg des Unternehmens oft durchaus positiv beeinflussen Kritik BearbeitenPositive Kritik Bearbeiten Evolutionare Aspekte in Veranderungsprozessen werden sehr gut erfasst nicht planbare Effekte werden dadurch miteinbezogen Es handelt sich um eine Makro Theorie da ganze Populationen und nicht nur einzelne individuelle Organisationen betrachtet werden Ausserdem werden auch gesamtwirtschaftliche Verhaltensweisen von Sektoren miteinbezogen Negative Kritik Bearbeiten Die Neugrundung von Organisationen ist nicht die einzige Moglichkeit der Variation andere Mechanismen sollten auch miteinbezogen werden Genauso ist auch die Beschrankung des Aussterbens als einziger Mechanismus der Selektion unzureichend Als weiteren Punkt sollte auch die Veranderung der Evolutionsmechanismen berucksichtigt werden welche sich selbst auch standig weiterentwickeln So ist zum Beispiel die Fahigkeit einer zielgerichteten Variation immer besser geworden Es ist ausserdem sehr schwierig festzustellen wann eine Organisation stirbt bzw welche Organisation bei einer Fusion stirbt Ein weiterer Schwachpunkt mag auch sein dass sich die Organisationspopulationen nicht eindeutig voneinander abgrenzen lassen und noch kein Konsens uber die Definition von Populationen besteht Literatur BearbeitenAlfred Kieser Hrsg Organisationstheorien W Kohlhammer Stuttgart 2002 ISBN 3 17 017917 9 Michael Hannan John Freeman The population ecology of organizations In AJS 82 1977 929 964 Michael Hannan John Freeman Organizational Ecology Cambridge 1989 Josef Bruderl Rudolf Schussler Organizational Mortality The liabilities of newness and adolescence In ASQ 35 1990 530 547 Jane Banaszak Holl Incorporating Organizational Growth into Models of Organizational Dynamics Manhattan Banks 1791 1980 Thesis at Cornell University 1991 Howard E Aldrich Susan Mueller The evolution of organizational forms technology coordination and control Berlin 1980 Howard E Aldrich Bill McKelvey Design strategy from the population perspective In Journal of Management 10 1984 67 86 Bill McKelvey Organizational Systematics Taxonomy Evolution Classification Berkeley CA 1982 Maik Vierling Fuhrungsaspekte organisationaler Tragheit Fluch und Segen fur Fuhrungskrafte Vdm Verlag Dr Muller 2008 ISBN 3 639 01669 6 ISBN 978 3 639 01669 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Population Ecology Ansatz amp oldid 224045925