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Die als Passgesetze englisch Pass Laws bezeichneten Rechtsvorschriften in Sudafrika und Nachbarstaaten dienten vor und wahrend der Apartheid zur Uberwachung und als Lenkungsinstrumente innerhalb der schwarzen arbeitsfahigen Bevolkerung Einen wichtigen Eckpunkt im Geflecht diesbezuglich einschrankender Vorschriften bildete der 1923 erlassene Native Urban Areas Act Die Fagan Kommission beschrieb 1948 den Begriff Pass in Hinsicht auf seine Anwendung innerhalb der damaligen Rassentrennungspolitik derart dass es ein Dokument sei das individuell einschrankende Freiheitswirkungen bewirke und als eine jederzeit einforderbare Dokumentation uber die gewahrte und streng limitierte Freizugigkeit eines jeden Angehorigen einer bestimmbaren Bevolkerungsgruppe particular race im Arbeitsmarkt gegenuber der Polizei und anderen Behorden dienen soll 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Personen aus Betschuanaland Basutoland Swasiland 3 Sudrhodesien 4 Literatur 5 Weblinks 6 Einzelnachweise 7 Weiterfuhrende LiteraturGeschichte BearbeitenDie spateren Gesetze gingen auf Vorschriften zuruck die von den Niederlandern und den Briten im 18 und 19 Jahrhundert in der Sklavenwirtschaft der Kapkolonie eingefuhrt worden waren Im 19 Jahrhundert wurden neue Erlaubnisvorschriften eingefuhrt um eine zuverlassige Versorgung der Gold und Diamantenminen mit billigen fugsamen afrikanischen Arbeitern sicherzustellen Das waren beispielsweise in der Kolonie Natal das Law No 48 of 1884 in den Transkei Territorien die Proclamation 110 und 112 of 1879 sowie 140 of 1885 und im Britisch Betschuanaland die British Bechuanaland Proclamation 2 of 1885 Diese Regelungen waren faktisch von geringer Rechtswirkung weil das Betreten der Kapkolonie mit eigenen Vorschriften geregelt war hier durch die Ordinance 2 of 1837 und der Section 3 des Act 22 of 1867 2 Der Native Urban Areas Act von 1923 war eine Reaktion auf die im Umfeld der Stadtzentren entstandenen Slumgebiete Die Behorden wurden damit ermachtigt bestimmte Stadtquartiere fur die Ansiedlung der schwarzen Arbeiterschaft zu planen und zu reservieren Es wurde ihnen auch die Moglichkeit der Ausweisung von arbeitslosen oder anderweitig missliebigen Personen eingeraumt In der Vollzugspraxis setzte sich die Auffassung der Stallard Kommission und 1921 noch starker die der Transvaal Regierung durch wonach der Eingeborene nur dann die Erlaubnis haben sollte die Stadte zu betreten wenn er gewillt sei dem Bedurfnis der Weissen zu entsprechen und zu dienen und wieder zu gehen sobald er seinen Dienst beendet habe Der Zustrom in die Stadte hielt allerdings an Diese Entwicklung veranlasste die sudafrikanische Regierung im Jahre 1937 den Native Laws Amendment Act Anderungsgesetz zum Native Urban Areas Act von 1923 zu erlassen der bei einem Uberangebot von Arbeitskraften deren Zustrom weiter zu beschranken Das vollzog sich mit einer verscharften Bewilligungspraxis uber die Arbeitsdokumente Nach der Wahl von 1948 knupfte man daran an Deshalb kam es 1952 zu weiteren Beschrankungen fur den Arbeitsaufenthalt schwarzer meist mannlicher Arbeitskrafte in den Stadten Ein uneingeschranktes Bleiberecht wurde nur jenen Personen gewahrt die in den Stadten geboren die seit 10 Jahren bei einem Arbeitgeber beschaftigt waren oder die seit 15 Jahren kontinuierlich in der Stadt lebten und fur verschiedene Arbeitgeber tatig gewesen sind 3 Die United Party veranlasste 1946 die Grundung der Fagan Kommission unter dem Vorsitz des Richters Henry Allan Fagan um die Rechtslage der schwarzen Bevolkerung in den industriellen Ballungsgebieten in Verbindung mit den bestehenden Regelungen der Passgesetze sowie innerhalb des Systems der Wanderarbeit detailliert zu untersuchen Die Ergebnisse wurden als Regierungsbericht im Marz 1948 unter der Nummer UG 28 1948 veroffentlicht Als Kernaussage in diesem Bericht gilt die Feststellung dass die Zuwanderung der schwarzen Bevolkerung in die von der weissen Bevolkerung verwalteten Areale ein logisches okonomisches Phanomen sei das einer Regulierung und Fuhrung bedurfe Zu den zahlreichen Vorschlagen zahlte die Errichtung eines Netzwerks von Arbeitsagenturen sowie Massnahmen zur massiven Milderung und anstrebenswerten Abschaffung der bisherigen Verfahrensweise mit den Arbeitspassen Premierminister Jan Christiaan Smuts kundigte vor den Parlamentswahlen 1948 an Vorschlage der Kommission nach erfolgreicher Wahl umzusetzen Die Herenigde Nasionale Party unter Daniel Francois Malan und ihre Verbundeten vertraten eine dazu kontrare Auffassung Dieses Meinungslager gewann die Wahl 4 Die Apartheidpolitik fuhrte nach ihren Ansichten eine Arbeitsmarktregulierung durch eine Trennung auf naturlicher Basis herbei um die weisse Vorherrschaft zu sichern Demnach erhielten die schwarzen Arbeitskrafte zur Erhaltung des weissen Charakters der meisten Stadte lediglich den Status als Besucher die deren eigene Anspruche auf politische und soziale Rechte in den Stadten ausschlossen Die Passgesetze regelten daher die behordlichen Zustimmungen oder Versagungen fur Aufenthalts und Arbeitsgenehmigungen sowie allgemeine Einschrankungen der Freizugigkeit Mit diesen Mitteln ubernahm der Staat eine politisch administrative Vormundschaft uber den grossten Teil der sudafrikanischen Bevolkerung Auf diesen Grundlagen wurde der freie Arbeitsmarkt im Inland aufgehoben und durch zentral gesteuerte Rekrutierungsburos ersetzt 5 Das Central Reference Bureau war mit der Ausstellung dieser Dokumente beauftragt zu deren Kern eine Identitatskarte identity card mit Passbild zahlte die auf Basis des Population Registration Act No 30 of 1950 ausgegeben wurde und auch einen Fingerabdruck des Inhabers enthielt Es gab fur Manner und Frauen jeweils etwas voneinander abweichende Referenzbucher 6 nbsp Nelson Mandela bei der Verbrennung seines Reference Book 1960 Im Jahr 1952 fuhrte die sudafrikanische Regierung mit dem Natives Abolition of Passes and Co Ordination of Documents Act No 67 of 1952 ein noch strengeres Gesetz ein das die schwarzen Manner im Alter uber 16 Jahre verpflichtete anstelle des zuvor verwendeten Pass Book dauernd ein Reference Book Referenzbuch bei sich zu tragen das personliche Informationen und die Beschaftigungsbiographie enthielt Die zur Arbeit in die Stadte eingewanderten Schwarzen waren uberwiegend Manner Deren Familien verblieben traditionell in ihren Heimatorten die meist in landlichen Gebieten lagen In den 1950er Jahren zogen jedoch immer mehr Frauen mit den Kindern zu ihren Mannern in die Stadte und hielten sich dort als Nicht Beschaftigte auf Das vergrosserte den Personenkreis der von der weissen Bevolkerung als unerwunscht betrachtet wurde Daher dehnte man die Anwendung der Passgesetze schrittweise auf Frauen sowie Angehorige unter 18 Jahren aus Die Mitfuhrungspflicht fur Frauen wenn sie sich langer als 72 Stunden in den Stadtgebieten aufhielten gab es in Johannesburg seit 1959 und in Kapstadt seit 1963 Im Mai 1964 wurden die erschwerenden Nachzugsregelungen im gesamten Land vereinheitlicht 7 Fur Personen mit Geburtsort in Sudwestafrika fanden die Regelungen weitgehend gleiche Anwendung Die Schwarzen waren oft gezwungen wissentlich oder unwissentlich gegen diese Passgesetze zu verstossen damit sie Arbeit fur die Unterhaltung ihrer Familien finden konnten Die daraus resultierenden Belastigungen Geldstrafen und Verhaftungen waren fur die schwarze stadtische Bevolkerung eine dauernde Bedrohung Die Proteste gegen diese erniedrigenden Gesetze nahrten die Antiapartheid Bewegung was von der Defiance Campaign in den Jahren 1952 bis 1953 uber die massiven Frauenproteste vor den Union Buildings in Pretoria im August 1956 bis zur Verbrennung der Arbeitspasse bei einem Polizeirevier sudlich von Johannesburg im Jahr 1960 fuhrte Letztere endete im Massaker von Sharpeville das 69 Menschenleben forderte Besonderes politisches Gewicht innerhalb der sudafrikanischen Bevolkerung erhielt die Ablehnung der Referenz Bucher durch die demonstrativ offentliche Verbrennung seines Dokuments durch den damaligen ANC Vorsitzenden Albert Luthuli Er erklarte auf diese Weise seine personliche Solidaritat und die seiner Organisation mit den Opfern von Sharpeville da die schliesslich blutig endende Demonstration vom PAC unter Fuhrung von Robert Sobukwe einberufen worden war 8 In den 1970er und 1980er Jahren wurden viele Schwarze die gegen die Passgesetze verstossen hatten in die verarmten landlichen Homelands deportiert Die Anwendung der Passgesetze wurde immer nutzloser und teurer so dass sie 1986 aufgehoben wurden Bis zu diesem Zeitpunkt waren auf Grund von Vergehen gegen die sogenannten Passgesetze mehr als 17 Millionen Personen festgenommen worden 9 Personen aus Betschuanaland Basutoland Swasiland BearbeitenFur den Aufenthalt und die Arbeitsgenehmigung von Personen aus den High Commission Territories Betschuanaland Basutoland Swasiland bestanden ahnliche Bestimmungen nur dass primar noch die Regelungen des Immigrants Regulation Act Act No 22 of 1913 Einwanderungsgesetz und des Aliens Act Act No 1 of 1937 Auslandergesetz zur Anwendung kamen Verstosse konnten mit Gefangnis oder Ausweisung geahndet werden Genauere Regelungen vor allem zum bewilligten Aufenthaltsgebiet traf die Bantu Administration und nur mit befristeter Gultigkeit Es wurde dabei zwischen urban areas weiss verwaltete Siedlungsareale und proclaimed area Gebiet mit Sonderstatus fur Schwarze unterschieden Auch diese Dokumente enthielten Angaben zum Namen Personenkennziffer Geschlecht Gruppenzugehorigkeit Stammeszugehorigkeit Nationalitat Steuerzahlungsauflagen sowie eine Fotografie und den Fingerabdruck Ferner waren genaue Angaben zum Arbeitgeber das Anstellungsdatum die monatliche Bestatigung des Arbeitgebers und das Datum des Beschaftigungsendes einzutragen Mit dem Railways and Harbours Control and Management Consolidation Act Act No 70 of 1957 war es untersagt dass dieser Personenkreis die darunter fallenden Beforderungsmittel benutzen durften um in andere Gebiete ausserhalb ihres Zuweisungsbereiches zu gelangen Migranten aus anderen afrikanischen Landern war es verboten in ahnlicher Weise nach Sudafrika zwecks Arbeitssuche einzuwandern 10 Sudrhodesien BearbeitenIn Sudrhodesien galten ahnliche Regelungen fur die Kontrolle der mannlichen Schwarzen im arbeitsfahigen Alter uber 16 Jahre Diese benotigten die identity card Personalausweis und das registration certificate Registrierungsdokument Letzteres wurde situpas genannt und enthielt Angaben zum Familienkreis zustandigen Hauptling Chief Herkunftsgebiet einen Fingerabdruck Korpermerkmale Steuerpflicht dem Arbeitgeber der Lohnsumme und das Datum des Beschaftigungsendes Das Apartheidsystem in Sudrhodesien unterschied sich in einigen grundsatzlichen Fragen von dem in Sudafrika Erleichterungen gab es durch die alleinige Erteilung einer identity card fur Personen uber 25 Jahren und mit Zuerkennung einer Klasse durch Ministererlaubnis im Benehmen mit dem Chief Native Commissioner Oberster Eingeborenenkommissar Entsprechend dieser Klassifizierung betraf das den folgenden Personenkreis Parlamentsmitglieder Chiefs Headmans Grundeigentumer Personen mit Bildungsgrad ab Standard VI etwa 8 Klasse Geschaftsinhaber mit einer solchen Praxis von mehr als zehn Jahren sowie Inhabern von einem uber funf Jahre gultigen master farmer s certificate eine Art Landwirtschaftsdiplom oder Personen die der Minister of Native Affairs fur geeignet hielt 11 Literatur BearbeitenMuriel Horrell The Pass Laws SAIRR Fact Paper No 7 Johannesburg 1960Weblinks BearbeitenSouth African History Online Pass laws in South Africa 1800 1994 auf www sahistory org za englisch Einzelnachweise Bearbeiten Horrell The Pass Laws S 1 Horrell The Pass Laws S 2 Francis Wilson Wanderarbeit in Sudafrika In Peter Ripken amp Gottfried Wellmer Hrsg Wanderarbeit im Sudlichen Afrika Ein Reader ISSA Wissenschaftliche Reihe 5 ISSA Bonn 1976 S 89 90 Muriel Horrell SAIRR Law Affecting Race Relations in South Africa The Natal Witness Johannesburg Pietermaritzburg 1978 S 171 ISBN 0 86982 168 7 Gottfried Wellmer Sudafrikas Bantustans Geschichte Ideologie und Wirklichkeit ISSA wissenschaftliche Reihe 4 ISSA Bonn 1976 S 37 Horrell The Pass Laws S 4 6 Francis Wilson Wanderarbeit in Sudafrika In Peter Ripken amp Gottfried Wellmer Hrsg Wanderarbeit im Sudlichen Afrika Ein Reader ISSA Wissenschaftliche Reihe 5 ISSA Bonn 1976 S 90 91 The Nobel Foundation The Nobel Peace Prize 1960 Albert Lutuli auf www nobelprize org englisch South Africa Overcoming Apartheid In overcomingapartheid msu edu Abgerufen am 17 Juni 2016 Horrell The Pass Laws S 10 12 Horrell The Pass Laws S 69Weiterfuhrende Literatur BearbeitenSouth Africa Native Laws Commission Department of Native Affairs Redaktion Henry Allan Fagan Chairman Report of the Native Laws Commission 1946 48 The Government Printer Pretoria 1948 84 S Helen Suzman A digest of the Fagan report the Native Laws Fagan Commission Donaldson blue print series Vol 1 South African Institute of Race Relations Johannesburg 1952 22 S Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Passgesetze amp oldid 236716718