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Otoakustische Emissionen kurz OAE von griech ous Genitiv otos Ohr sind aktive akustische Aussendungen des Innenohrs die retrograd d h entgegen der Richtung bei der Schallwahrnehmung uber den Weg Gehorknochelchen und Trommelfell in den Gehorgang gelangen und dort mit Hilfe von hochempfindlichen Messmikrofonen aufgenommen werden konnen Sie sind bei ca 97 der Menschen nachweisbar treten bei allen Landwirbeltieren und sogar in den Hororganen von Insekten auf Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der Entdeckung 2 Entstehung der OAE 3 Typen der OAE 4 Messung der OAE 5 Klinischer Einsatz 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGeschichte der Entdeckung BearbeitenIn den 1940er Jahren postulierte der spatere Nobelpreistrager Georg von Bekesy seine Wanderwellentheorie die jedoch einige Aspekte der cochlearen Verarbeitungskonzepte nicht erklaren konnte u a weil er mit toten Cochleae experimentierte Der Physiker Thomas Gold vermutete einen aktiven Ruckkopplungsmechanismus und wandte sich an Bekesy mit der Bitte seine Experimente auch an lebenden Innenohren zu wiederholen Dieser verfolgte jedoch einen anderen Ansatz und Gold wandte sich von der Innenohrforschung ab da ihm mit den seinerzeit moglichen Messmethoden seine postulierten Energieabstrahlungen in den Gehorgang nicht nachweisbar waren Erst 30 Jahre spater im Juli 1978 gelang es dem britischen Physiker David Thomas Kemp 24 Februar 1945 vom Royal National Throat Nose and Ear Hospital in London Golds Hypothese nachzuweisen indem er evozierte OAE messen konnte 1 Entstehung der OAE BearbeitenDie OAE werden im Innenohr von den Stereozilien der ausseren Haarzellen erzeugt die neben ihrer Funktion als Mechanorezeptoren auch die Funktion von Motoren Motilitat haben Diese Motorfunktion der Haarbundel dient der mechanischen Verstarkung der registrierten Schallsignale und damit der Verbesserung der Frequenz Abstimmung und Frequenzauflosung des Hororgans Bei Saugern gibt es zusatzlich eine zweite Motorfunktion durch Langenveranderung der Zellkorper der ausseren Haarzellen synchron mit den akustischen Frequenzen Cochlearer Verstarker Die Motoraktivitat der Haarzellen erzeugt zusatzliche akustische Energie die uber die Flussigkeiten des Innenohr und das Mittelohr in den Gehorgang gelangt und dort als OAE messbar ist OAE sind nur bei Ohren die keinen grossen Horverlust zeigen nachweisbar Bei Schadigung oder Ausfall der Haarzellen bleiben die OAE aus Die Aktivitat der Haarzellen wird durch absteigende efferente Nervenverbindungen vom Gehirn beeinflusst nbsp Schnitt durch die Horschnecke Aufbau des Corti OrgansTypen der OAE BearbeitenEs werden zwei verschiedene Haupt Typen von OAE unterschieden spontane OAE evozierte durch akustische Reize hervorgerufene OAESpontane OAE SOAE sind vom Gehor ohne aussere Stimulation kontinuierlich ausgesendete schmalbandige tonale akustische Signale die im ausseren Gehorgang mit einer Mikrophon Sonde messbar sind Bei ca 35 50 aller Personen kann mindestens eine SOAE nachgewiesen werden Die Frequenzen liegen meist zwischen 500 und 4500 Hz und sind sehr stabil die Pegel schwanken aber deutlich zwischen 30 und 10 dB SPL Typisch fur SOAE ist dass sie von benachbarten externen Tonen beeinflusst werden 2 Sie verhalten sich dabei wie Van der Pol Oszillatoren wenn diese von externen Kraften beeinflusst werden SOAE werden von den betroffenen Personen selbst meist nicht gehort Ein Anteil von ca 1 9 jedoch hort eine SOAE als storenden Tinnitus 3 Ihr Entstehungsmechanismus ist ungeklart Sie sind durch ohrschadliche Noxen oder Larmbelastungen vermindert Sie haben keine wesentliche klinische Bedeutung Evozierte OAE EOAE entstehen wahrend oder kurz nach einer akustischen Stimulation des Ohres Je nach Form des akustischen Stimulus werden unterschiedliche Sub Typen der evozierten OAE unterschieden Transitorisch evozierte otoakustische Emissionen TEOAE werden nach einem kurzen akustischen Stimulus click oder tone burst nachweisbar Als die klassischen OAE werden sie auch als Kemp Echos bezeichnet Klinisch am haufigsten verwendet Stimulusfrequenzemissionen SFOAE werden durch einen Sinuston als kontinuierliche OAE evoziert Klinisch ohne wesentliche Bedeutung Distorsivproduzierte otoakustische Emissionen DPOAE werden durch zwei simultane Sinustone f1 und f2 erzeugt Im nichtlinearen System der Cochlea kommt es zu Verzerrungen englisch distortion die als Amplitudenerhohung im Messspektrum auffallen Die Frequenz und Amplituden der Verzerrungsprodukte hangen von den Verhaltnissen der Stimulationsfrequenzen und amplituden ab die mathematisch beschrieben werden konnen Beim Menschen hat sich ein Verhaltnis von f d p 2 f 1 f 2 displaystyle f dp 2 f 1 f 2 nbsp als besonders aussagekraftig erwiesen Klinisch wegen der Moglichkeit der Frequenzspezifitat ebenfalls sehr bedeutsam Messung der OAE BearbeitenDa die Pegel der OAE sehr gering sind mussen sehr empfindliche Messmikrofone verwendet werden Diese werden zusammen mit einem Schallwandler der die Stimuli erzeugt in einer Gehorgangssonde untergebracht Diese Sonde wird zur akustischen Dampfung der Umgebungsgerausche mit einem elastischen Material gegen die Gehorgangswand abgedichtet Zur Prazisierung des Ergebnisses und zum Vermindern von Storgerauscheinflussen werden die Stimulus Mess Phasen mehrfach wiederholt und die Ergebnisse einem mathematischen Mittelungsverfahren unterworfen Nach einer Fourier Analyse konnen Frequenz Pegeldiagramme angezeigt werden Die Messung der OAE ist nur bei annahernd normalen Mittelohrverhaltnissen moglich Klinischer Einsatz BearbeitenDie Messung der OAE schliesst eine Lucke der sogenannten objektiven Hordiagnostik ohne Aktivitat des Probanden zwischen der Mittelohrdiagnostik mittels Tympanogramm und der Hornervendiagnostik mittels BERA Mit den OAE kann gezielt die Funktion der Cochlea gepruft werden Die TEOAE werden wegen ihres Nachweises bis zu einem Horverlust von lt 35 dB HL gerne als Screeningtest z B beim Neugeborenenhorscreening eingesetzt sind jedoch wegen des breitbasigen Stimulus kaum frequenzspezifisch Auch als Topodiagnostik zur Abschatzung des Schadigungsortes bei Schwerhorigkeit werden sie eingesetzt Die DPOAE werden oft als unabhangiger Hortest ausgegeben weil sie frequenzspezifisch die Cochlea abtasten konnen jedoch ist der Cut off des Versagens nicht so scharf abgegrenzt wie bei den TEOAE So sind DPOAE bei Horverlusten bis zu 50 dB HL noch nachweisbar Durch ein pegelabhangiges Sattigungsverhalten der OAE kann jedoch durch Messung der Wachstumsfunktion der Horverlust extrapoliert werden 4 Literatur BearbeitenRolf Hauser Anwendung otoakustischer Emissionen ein Kompendium fur Klinik und Praxis Enke Stuttgart 1995 ISBN 3 432 26491 7 Sebastian Hoth Katrin Neumann Das OAE Handbuch Thieme Stuttgart 2006 ISBN 3 13 142561 X Einzelnachweise Bearbeiten D T Kemp Stimulated acoustic emissions from within the human auditory system In J Acoust Soc Am 64 1978 S 1386 1391 G Long Perceptual consequences of the interactions between spontaneous otoacoustic emissions and external tones I Monaural diplacusis and aftertones In Hearing Research Band 119 1998 S 49 60 M J Penner An estimate of the prevalence of tinnitus caused by spontaneous otoacoustic emissions In Arch Otolaryngol Head Neck Surg Band 116 Nummer 4 April 1990 S 418 423 T Janssen H P Niedermeyer W Arnold Diagnostics of the cochlear amplifier by means of distortion product otoacoustic emissions In ORL Journal for Oto Rhino Laryngology and Its Related Specialties Band 68 2006 ISSN 0301 1569 S 334 339 doi 10 1159 000095275 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otoakustische Emissionen amp oldid 223402259