Ordnungspolizei (in Städten auch Stadtpolizei, in Gemeinden auch Kommunalpolizei) wird in hessischen Gemeinden der kommunale Vollzugsdienst genannt. Das Hessische Sicherheits- und Ordnungsgesetz (HSOG) kennt den Begriff allerdings bis heute nicht. Die rechtliche Grundlage für die Aufstellung einer kommunalen Ordnungspolizei sind zumeist Organisationsanordnungen der jeweiligen Gemeinde, die auch deren Stellung innerhalb der Binnenorganisation der Kommunalverwaltung regeln.
Rechtlicher Status Bearbeiten
Der rechtliche Status der Ordnungspolizei ist unklar. Im Behördenaufbau des hessischen Polizeiorganisationsrechts ist sie nicht vorgesehen. Denn Gefahrenabwehrbehörden sind neben
- den (staatlichen) Polizeibehörden wie Innenministerium, Landeskriminalamt, Polizeipräsidien einschließlich aller dortigen Polizeireviere und Polizeistationen (§§ 91 ff. HSOG),
- den allgemeinen Ordnungsbehörden, mithin den Ministerien als Landesordnungsbehörden, den Regierungspräsidien als Bezirksordnungsbehörden, den Landräten und Oberbürgermeistern als Kreisordnungsbehörden und Bürgermeistern/Oberbürgermeistern als örtliche Ordnungsbehörden (§§ 85 ff. HSOG) und
- den Behörden der allgemeinen Verwaltung, von denen nur die Ebene der Gemeinden und Landkreise ausdrücklich im Gesetz angesprochen werden (§§ 82 ff. HSOG); für die Gemeinden handelt hier der Gemeindevorstand (in Städten: Magistrat genannt, § 9 Abs. 2 Satz 2 HGO), in den Landkreisen der Kreisausschuss – sie vertreten die Körperschaft nach außen (§ 66 Abs. 1 HGO, § 41 Satz 1 Hessische Landkreisordnung [HKO]).
Handelt die Ordnungspolizei/Stadtpolizei, kann sie daher sowohl Aufgaben wahrnehmen, die der Gemeinde als allgemeiner Verwaltungsbehörde obliegen (§§ 82 bis 84 HSOG, § 2 Satz 2 HSOG), als auch Aufgaben, die dem Bürgermeister oder Oberbürgermeister in seiner Funktion als allgemeiner Ordnungsbehörde (§ 85 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HSOG, § 2 Satz 1 HSOG) übertragen worden sind. Das ist einzelfallabhängig und oft schwer einzuschätzen, weil das hessische Landesrecht sich schwer damit tut, allgemeine Verwaltungsbehörden und allgemeine Ordnungsbehörden eindeutig voneinander abzugrenzen oder auf diese Besonderheit, die kein anderes Bundesland kennt, ganz zu verzichten. Auch im Innendienst werden kommunale Mitarbeiter oft für beide Behörden tätig. Der kommunale Vollzugsdienst in Form der Ordnungspolizei/Stadtpolizei mag vom Bürger als „Behörde“, auch als „Polizeibehörde“ wahrgenommen werden; rechtlich gibt es eine solche Behörde aber nicht.
Entpolizeilichung im kommunalen Bereich Bearbeiten
Der Begriff Polizei für eine kommunale Einrichtung ist dem heutigen HSOG systemfremd. Bis Ende 1973 gab es in den fünf kreisfreien Städten Darmstadt, Frankfurt am Main, Kassel, Offenbach am Main und Wiesbaden noch eine kommunale Vollzugspolizei, die zum 1. Januar 1974 in die staatliche Vollzugspolizei übergeleitet wurde. Mit dem am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen HSOG gilt als Polizei zudem nur noch die staatliche Landespolizei (§§ 91 ff. HSOG). Bezeichnungen wie Allgemeine Polizeibehörde oder Sonderpolizeibehörde für andere Träger polizeilicher Aufgaben wurden in Allgemeine Ordnungsbehörde (§§ 85 ff. HSOG) oder in Sonderordnungsbehörde (§ 90 HSOG) umgewandelt. Gesetzgeberisches Ziel war es damals, den Namen Polizei aus allen Bereichen, die nicht institutioneller Teil der staatlichen Landespolizei sind, zu verdrängen. Allein der Begriff Hilfspolizeibeamter – nicht für eine bestimmte Organisationseinheit, sondern zur Bezeichnung von Inhabern vollzugspolizeilicher Befugnisse – blieb.
Das Recht, Hilfspolizeibeamte zu bestellen, haben alle hessischen Gefahrenabwehrbehörden, auch die Landespolizei (§ 99 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HSOG). Das zeigt, dass es keine Hilfspolizei als Institution gibt. Der Hilfspolizeibeamte ist ein Bediensteter einer Landes- oder Kommunaleinrichtung, dessen Bezeichnung zum Ausdruck bringt, dass er zusätzlich über vollzugspolizeiliche Befugnisse verfügt (§ 99 Abs. 2 HSOG). Hilfspolizeibeamte gibt es in Hessen außer bei den Kreisen und Gemeinden in der Forst- und Fischereiverwaltung (§ 11 HSOG-DVO), in der Gewerbe-, Preis- oder Lebensmittelüberwachung und der Gesundheits- und Veterinäraufsicht (§ 12 HSOG-DVO), im Justizvollzug (§ 12 a HSOG-DVO) und bei der Wachpolizei (§ 13 HSOG-DVO).
Der bisherige klassische Hilfspolizeibeamte einer Gemeinde arbeitete in keinem Polizeirevier, sondern hatte in der Regel ein Büro im Rathaus. Einen gesetzlichen Uniformzwang gab und gibt es bis heute nicht; gleichwohl ist das Tragen von Uniform im Außendienst nicht unüblich. Oft stand dem Hilfspolizeibeamten ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, das mit dem Namen der Gemeinde beschriftet war, sich aber sonst von zivilen Fahrzeugen nicht unterschied. War bei Vollzugshandlungen mit Widerstand zu rechnen, blieb ihm oft nichts anderes übrig, als die staatliche Polizei um Vollzugshilfe (§ 44 Abs. 1 und 2 HSOG) zu bitten.
Rückkehr der Polizei in die Kommunen Bearbeiten
Mit dem Achten Änderungsgesetz zum HSOG vom 15. Dezember 2004 entschied der Gesetzgeber, Hilfspolizeibeamte könnten in den Landkreisen und Gemeinden künftig auch die Bezeichnung Ordnungspolizeibeamte führen. Zur Begründung wurde knapp angegeben, mit der Änderung werde einem Wunsch der Kommunen Rechnung getragen. Möglicherweise spielte hierbei eine Rolle, dass die Bezeichnung Hilfspolizeibeamter in der Außenwahrnehmung nicht genügend Autorität verschaffte.
Mit dieser Gesetzesänderung setzte in ganz Hessen eine Entwicklung mit großer Eigendynamik ein. Mit der Einführung des Ordnungspolizeibeamten war der Weg frei, dem Außendienst der Kommune einen tragbaren Namen zu geben und ihn als eigene Organisationseinheit aufzubauen, was mit Hilfspolizei nicht möglich gewesen wäre. Selbst größere Verwaltungseinheiten wie Frankfurt am Main verwendeten bis dahin im Außendienst dunkelgrün lackierte Fahrzeuge mit der Aufschrift Der Oberbürgermeister - Magistrat - Ordnungsamt. Nun wurde in Anlehnung an § 99 HSOG vor allem Ordnungspolizei gewählt, anfangs auch in Frankfurt am Main. Heute ist das noch so in Büdingen, Ebsdorfergrund, Erzhausen, Gießen, Hattersheim am Main, Heuchelheim an der Lahn, Homberg (Ohm), Hünfelden, Kronberg im Taunus und Mühlheim am Main. In manchen Kommunen wurde Kommunalpolizei verwendet (z. B. in Stockstadt am Rhein, anfangs auch in Darmstadt), seltener Ortspolizei (z. B. in Willingen [Upland]) oder auch nur Ordnungsamt (z. B. in Schauenburg). In den Städten, darunter allen fünf kreisfreien Städten, hat sich die Bezeichnung Stadtpolizei inzwischen durchgesetzt (z. B. in Bad Homburg, Darmstadt, Eschborn, Hofheim am Taunus, Frankfurt am Main, Kassel, Michelstadt, Neu-Anspach, Offenbach am Main, Ortenberg und Wiesbaden).
Grund für diese Entwicklung war nicht nur, dass sich die staatliche Vollzugspolizei aus der innerstädtischen Gefahrenabwehr immer mehr zurückzog und klassische vollzugspolizeiliche Aufgaben den Hilfspolizeibeamten der Städte und Gemeinden überließ, sondern auch das praktische Bedürfnis der Städte und Gemeinden, über einen Außendienst zu verfügen, der gegenüber dem Bürger mit der Autorität der staatlichen Polizei durch professionelle Uniformierung seiner Bediensteten, durch eine angemessene Ausrüstung und durch Einsatzfahrzeuge, die den Landespolizeifahrzeugen in Farbgebung und Aufmachung (Blaulicht!) fast zum Verwechseln ähneln, auftritt.
Eine gesetzliche Grundlage hierfür besteht jedoch weiterhin nicht. Die Entwicklung, Polizei wieder in die kommunale Ebene zurückzubringen, wird vom Land toleriert, ist gesetzlich aber weiterhin nicht abgesichert.
Umstrittenheit der Bezeichnung Bearbeiten
Der 2004 ermöglichte Begriff Ordnungspolizei ist historisch belastet. Die Bezeichnung Ordnungspolizei fand in der NS-Zeit Verwendung. Nach entsprechenden Beschwerden wurden am 2. November 2005 in einigen Städten und Gemeinden (insbesondere in Frankfurt am Main und Darmstadt) die Aufschriften von den bereits mit Ordnungspolizei beschrifteten Fahrzeugen wieder entfernt. Andere Gemeinden wollten eine gesetzliche Änderung abwarten.
SPD und Grüne brachten am 11. November 2005 einen Antrag zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung ein. Einziger Punkt war die Abschaffung des Begriffs Ordnungspolizeibeamter, der zugleich für die Organisationseinheit, der der Beamte angehört, namensgebend ist. In einer zwischenzeitlich erfolgten Umfrage bei den Städten und Gemeinden in Hessen schienen sich als aussichtsreichste Alternativkandidaten die Namensvorschläge Stadtpolizei oder Kommunalpolizei herauszukristallisieren.
Im Rahmen der parlamentarischen Auseinandersetzung wurde eingewandt, dass der Begriff Ordnungspolizei keine Wortschöpfung der nationalsozialistischen Machthaber gewesen sei. Vielmehr existiere das Begriffspaar Polizei und Ordnung, seitdem im deutschsprachigen Raum überhaupt von Polizei gesprochen werden könne. Als Bezeichnung spezieller Polizeieinheiten tauche der Begriff nachweislich ab 1919 auf. Insoweit stehe der Begriff in einer Reihe mit Begriffen wie Kriminalpolizei oder Hilfspolizei, die ebenfalls im Dritten Reich gebräuchlich gewesen seien. In der Sachverständigenanhörung sei vielfach geäußert worden, im Polizeibereich gäbe es eigentlich kein unbelastetes Wort aus der Zeit zwischen 1933 und 1945. Denn das Hitler-Regime, die NS-Diktatur, habe die Polizei als eine ihrer Säulen des totalitären, faschistischen Staates genutzt. Auch das gängige Wort Vollzugspolizei sei im Dritten Reich genutzt und missbraucht worden. Keiner der Anzuhörenden habe einen ernsthaften Vorschlag unterbreitet, wie man für das Wort Ordnungspolizei einen anderen Begriff einbringen könne.
Der Entwurf wurde schließlich am 14. September 2006 mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.
Uniformen – Ausrüstung – Dienstgrade Bearbeiten
Derzeit gibt es keine einheitliche Uniform für Bedienstete der Ordnungspolizei oder auch Stadtpolizei. Auf Grund der kommunalen Selbstverwaltung kann jede Kommune frei entscheiden, wie ihr Außendienst in der Öffentlichkeit auftreten soll. Die Uniformen ähneln zuweilen denen der Landespolizei. Die Beamten können mit Pfefferspray, Handschellen und Schlagstock und Pfefferpistole Jet Protector JPX ausgerüstet sein. Die Behörden haben auch die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter mit Schusswaffen auszurüsten. Hierfür ist jedoch der Bedürfnisnachweis sowie die Zustimmung des Regierungspräsidiums erforderlich. Bisher hat nur die Stadtpolizei Frankfurt am Main von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Mit der Etablierung der Ordnungspolizei oder Stadtpolizei können bei Hilfspolizeibeamten an Uniformen die Schulterklappen der Landespolizei Verwendung finden. Die Anzahl der Sterne auf der jeweiligen Schulterklappe sind nicht normiert; die Sterne können auch funktions- bzw. aufgabenbedingt höher ausfallen als die Eingruppierung nach TVöD; Stadtpolizeibeamte bzw. Hilfspolizeibeamte mit Führungsaufgaben können davon abweichen; es hat sich jedoch folgende Regelung herausgebildet:
Ordnungspolizei – Mittlerer Dienst
Entgelt nach TVöD | Dienstbezeichnung | Schulterklappe |
---|---|---|
E5 | Ordnungspolizeibeamter | |
E6 | Ordnungspolizeimeister | |
E8 | Ordnungspolizeiobermeister | |
E9a | Ordnungspolizeihauptmeister |
Stadtpolizei – Mittlerer Dienst
Entgelt nach TVöD | Dienstbezeichnung – Dienstgrad | Schulterklappe |
---|---|---|
E6 | Stadtpolizeibeamter – SPB | |
E7 | Stadtpolizeimeister – SPM | |
E8 | Stadtpolizeiobermeister – SPOM | |
E9 | Stadtpolizeihauptmeister – SPHM | |
EG 9a mit Amtszulage | Stadtpolizeihauptmeister mit Amtszulage – SPHMZ |
Stadtpolizei – gehobener Dienst
Entgelt nach TVöD | Dienstbezeichnung – Dienstgrad | Schulterklappe |
---|---|---|
EG 9b (a) | Stadtpolizeikommissar – SPK | |
EG 9c | Stadtpolizeioberkommissar – SPOK | |
EG 10 | Stadtpolizeihauptkommissar – SPHK | |
EG 11 | Stadtpolizeihauptkommisar in EG 11 – SPHK | |
EG 12 | Erster Stadtpolizeihauptkommissar – ESPHK | |
EG 13 | Erster Stadtpolizeihauptkommissar mit Amtszulage – ESPHKZ |
(a) Beschäftigte mit absolviertem Hochschulstudium und Bachelor sind von der Eingruppierung ausgenommen und können die Schulterklappe des Stadtpolizeikomissars tragen. Es handelt sich in diesem Fall um einen Beschäftigten mit höherer Qualifikationsebene. Die Sterne können nach Berufsjahren und Erfahrungsstufen steigen. Die Eingruppierung nach TVöD greift in diesem Fall nicht.
Stadtpolizei – höherer Dienst
Entgelt nach TVöD bzw. Besoldung | Dienstbezeichnung – Dienstgrad | Schulterklappe |
---|---|---|
EG 14 oder A13 (b) | Stadtpolizeirat – SPR | |
EG 15 oder A14 | Stadtpolizeioberrat – SPOR | |
EG 15Ü oder A15 | Stadtpolizeidirektor – SPD | |
A16 – B2 – B 3 | Leitender Stadtpolizeidirektor – SPD | oder |
(a) Beschäftigte mit absolviertem Hochschulstudium Master sind von der Eingruppierung ausgenommen und können die Schulterklappe des Stadtpolizeirates tragen. Es handelt sich in diesem Fall um einen Beschäftigten mit höherer Qualifikationsebene. Die Sterne können nach Berufsjahren und Erfahrungsstufen steigen. Die Eingruppierung nach TVöD greift in diesem Fall nicht.
Weblinks Bearbeiten
- Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG).
- Ein Foto auf www.polizeiautos.de zeigt eines der beiden in Frankfurt am Main beanstandeten Fahrzeuge: ein blau-weißer Smart der Frankfurter Ordnungshüter mit dem Schriftzug Ordnungspolizei.
Belege Bearbeiten
- So schon Rumpf, Die Organisation der Gefahrenabwehrbehörden in Hessen, NVwZ 1990, 315 (322).
- ↑ Sommer in Möstl/Bauer, Polizei- und Ordnungsrecht Hessen, Kommentar, § 81 Rdnr. 3.
- Hornmann, Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), Kommentar, 2. Auflage 2008, § 1 Rdnr. 23 und § 85 Rdnr. 2.
- GVBl. I S. 444.
- LT-Drs. 16/2359 zu Nr. 27 (S. 27).
- Belegbeispiele im Kommunalbericht 2021 des Hessischen Rechnungshofs, LT-Drs. 20/6484, S. 240.
- Vgl. zur Notwendigkeit der Blaulichtausrüstung die Kleine Anfrage von MdL Jörg-Uwe Hahn vom 3. April 2019 in LT-Drs. 20/466 zu Einsatzfahrzeugen der Ordnungspolizei in Hessen, abgerufen am 23. November 2023.
- LT-Drs. 16/4641, (PDF; 56 kB) vom 11. November 2005.
- Daniell Bastian, Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, zitiert von MdL Zeimetz-Lorz, LT-Prot. 111/2006 vom 14. September 2006, (PDF; 662 kB), S. 7713.
- MdL Hahn in LT-Prot. 111/2006 v. 14. September 2006, (PDF; 662 kB), S. 7715.