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Das Nikodemusevangelium EvNik ist ein apokryphes Passionsevangelium mit einer reichen Wirkungsgeschichte bis in die fruhe Neuzeit Daruber hinaus ubte das EvNik erheblichen Einfluss auf die mittelalterliche Kunst und Literatur aus Es wird um 310 320 1 oder in die Mitte des 4 Jahrhunderts 2 datiert Der erste Teil ist auch als Pilatusakten lateinisch Acta Pilati bekannt Die Schrift besteht aus drei Teilen 1 Darstellung des Prozesses und der Kreuzigung Jesu Pilatusakten 2 Gefangennahme und Befreiung des Joseph von Arimathaa 3 Abstieg Christi in die Unterwelt lateinisch Descensus Christi ad inferos 3 Die Bezeichnung Nikodemusevangelium bezieht sich auf die fiktiven Angaben zur Uberlieferung am Anfang der Schrift Dort wird der Text als Ubersetzung ins Griechische ausgegeben als Ubersetzer wird Ananias genannt der ein romisch kaiserlicher Leibgardist im Offiziersrang gewesen sein soll und einen hebraischen Text zugrunde gelegt habe der von Nikodemus stamme Dieser war nach dem Zeugnis des Johannesevangeliums bei der Grablegung Jesu anwesend Die Pilatusakten sind nicht zu verwechseln mit dem angeblichen Brief des Statthalters Pilatus an Kaiser Tiberius der uber Jesu Wunder berichtet Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Teil 1 Prozess und Kreuzigung Jesu 1 2 Teil 2 Gefangennahme und Befreiung Josephs von Arimathaa 1 3 Teil 3 Abstieg Christi in die Unterwelt 2 Uberlieferungsgeschichte und literarischer Charakter 3 Literatur 3 1 Ausgaben 3 2 Sekundarliteratur 3 3 Belletristik 4 Weblinks 5 AnmerkungenInhalt BearbeitenTeil 1 Prozess und Kreuzigung Jesu Bearbeiten Die Pilatusakten Kap I XI enthalten Ausschmuckungen um den Prozess die Grablegung und die Auferstehung Jesu mit der deutlichen Tendenz die Figur des Pilatus auf Kosten der judischen Fuhrung des Sanhedrin von der Verantwortung fur den Tod Jesu zu entlasten In einem ausfuhrlichen Auferstehungsbericht bezeugen judische Synagogenvorsteher und Priester die Auferstehung Im Prolog wird die Kreuzigung in das 19 Regierungsjahr von Tiberius am 8 Tag vor den Kalenden des April dem 25 Marz datiert Auf die Pilatusakten gehen die im Mittelalter popularen Legenden vom Schweisstuch der Veronika und vom Soldaten Longinus zuruck der Jesus mit dem Speer in die Seite gestochen vgl Joh 19 34 EU und sich spater dem christlichen Glauben zugewandt haben soll Auch erhalten die zwei Schacher die mit Jesus gekreuzigt wurden hier ihre traditionellen Namen Gestas und Dysmas Letzterem verspricht Jesus das Paradies 9 4 Teil 2 Gefangennahme und Befreiung Josephs von Arimathaa Bearbeiten Josef von Arimathaas Schicksal Kap XII XVI der nach den kanonischen Evangelien den Leichnam Jesu in seinem eigenen Grab bestattet hat wird eingehend geschildert und mit dem Ergehen Jesu parallel gesetzt Ereignisse in Galilaa und Judaa bilden einen Rahmen um die Handlung in Jerusalem wo wegen der erdruckenden Zeugenlast langsam ein Umdenken bei den Mitgliedern des Hohen Rates einsetzt Der Hohe Rat lasst Josef zunachst festnehmen und einsperren Am Sabbat will der Rat uber ihn zu Gericht sitzen Sein Gefangnis wird allerdings leer vorgefunden was Furcht und Besturzung auslost An die ebenfalls eingekerkerten zwolf Zeugen traut sich der Rat nicht mehr heran XII 2 Die Wachleute die das Grab Jesu auf Bitten der Juden bewacht hatten berichten dem Hohen Rat es habe ein Erdbeben gegeben ein Engel sei vom Himmel herabgestiegen habe den Frauen am Grab Mut zugesprochen und von der Auferstehung Jesu gesprochen XIII 1 vgl Mt 28 5 7 Ein Verhor das der Rat mit den Wachleuten durchfuhrt entwickelt sich zu einem Streitgesprach Die Wachleute bezeugen schliesslich zweifach Jesu Auferstehung stossen aber auf Unglauben Die Juden furchten einen offentlichen Aufruhr und bestechen die Soldaten damit sie aussagen in der Nacht hatten die Junger Jesus gestohlen XIII 3 Die harte Haltung des Rates wird im 14 Kapitel von Zeugen erschuttert die aus Galilaa kommend berichten sie hatten auf ihrem Weg von Galilaa nach Jerusalem Jesus mit seinen Jungern und auch seine Himmelfahrt gesehen Sie werden zum Stillschweigen verpflichtet und zuruckgeschickt XIV 2 Der Rat beeindruckt von der Rede des Nikodemus und dem Bericht Josef von Arimathaa sei lebendig gesehen worden schreibt einen reumutigen Brief an Josef und bittet ihn nach Jerusalem zu kommen XV 2 Dessen Einzug in die Stadt gerat zum Triumph er wird vom Volk bejubelt Seine Aufnahme beim Rat ist dagegen unfreundlich und noch von Skepsis gepragt Josef muss berichten wie er dem Gefangnis entkommen ist XV 5 Er erzahlt wie er vom auferstandenen Jesus befreit worden sei XV 6 Im Zentrum des sechzehnten Kapitels steht die Umkehr der Juden in Jerusalem Die Auferstehung Christi wird als real akzeptiert Das Volk beantwortet die entsprechenden Verlautbarungen des Hohen Rats mit einem Lobgesang auf Gott XVI 8 Teil 3 Abstieg Christi in die Unterwelt Bearbeiten Die Kapitel XVII XXVII bilden eine wahrscheinlich im 6 Jahrhundert in lateinischer Sprache entstandene Erganzung die den Abstieg Christi in die Unterwelt lat Descensus ad inferos beschreibt und von der Unterwelt als Ort an dem sich die Seelen der Gerechten seit Adam befinden berichtet siehe Limbus patrum Diese Erganzung soll die Lucke zwischen der Grablegung und der Auferstehung fullen 4 Uberlieferungsgeschichte und literarischer Charakter BearbeitenDie Rahmenerzahlung bzw die Fundlegende der Acta Pilati datiert ins 18 Regierungsjahr des Kaisers Theodosius II 1 September 425 1 September 426 Fur die Existenz des hebraischen Originaltextes den der Verfasser Ananias ins Griechische ubersetzt haben will gibt es keine Hinweise so dass die Inhalte als Legende gelten Es existieren Ubersetzungen der Acta Pilati in lateinischer koptischer syrischer armenischer und altslavischer Sprache Weitere historische Bezuge zu den Pilatusakten sind spekulativ So verweist einer der Apologeten des 2 Jahrhunderts Justin der Martyrer in seiner 1 Apologie zweimal Kap 35 und 48 auf Akten des Prozesses Jesus vor dem romischen Statthalter der Provinz Judaa Pontius Pilatus Dass er das wirklich getan hat konnt ihr aus den unter Pontius Pilatus angefertigten Akten ersehen 1 Apologie 48 3 Aufgrund des Kontextes bei Justin der sich auf bisher nicht nachweisbare Tabellen des Zensus unter Quirinus beruft 1 Apologie 34 2 werden auch seine Angaben zu den Akten fur historisch unzuverlassig gehalten Auch Textinhalte der Pilatusakten selbst sprechen gegen ihre Glaubwurdigkeit So wird z B behauptet Als Jesus vor Pilatus gebracht wurde verbeugten sich die kaiserlichen Bilder auf den Standarten und huldigten ihm Es gehort jedoch zu den gesicherten historischen Tatsachen dass die Abbilder welche die romischen Standarten kronten aus Rucksicht auf Juden und aufgrund des Status von Jerusalem als einer heiligen Stadt ausserhalb der Stadtmauern blieben wenn die Verbande denen sie gehorten in die Stadt einzogen Dieser Zustand anderte sich erst im Jahr 70 Auch nach Flavius Josephus Bellum judaicum II 169 174 Antiquitates XVIII 55 59 kam Pilatus in Schwierigkeiten als er darauf bestand die Standarte mit dem Abbild des Kaisers durch die Mauern der Stadt ins Innere der Stadt zu bringen Pilatus musste demnach dem Unwillen des judischen Volkes nachgeben Der Autor der Pilatusakten hatte offenbar von diesen historischen Zusammenhangen keine Kenntnis Gemass einer nach aktuellem Forschungsstand letztlich unsicheren Hypothese zur Entstehung des Textes 5 konnte es sich ursprunglich um zwei selbstandige Texte gehandelt haben deren erster die Teile 1 und 2 umfasst hatte Der Text der Pilatusakten hat viele Bearbeitungen und Erganzungen bis ins Spatmittelalter hinein erfahren So berichtet eine mittelenglische Version wie Josef von Arimathaa den Heiligen Gral nach der Kreuzigung nach England gebracht und dort versteckt habe Stark rezipiert wurde die Schrift auch in der Kunstgeschichte So gehen viele mittelalterliche Bilder auf Berichte aus den Pilatusakten zuruck Auch zeitgenossische Literatur und der Film nahmen sich des Materials an Massgebend ist bis heute die Ausgabe der griechischen und lateinischen Texte von Konstantin von Tischendorf in seinen Evangelia Apocrypha Die alteste bekannte deutschsprachige Fassung stammt von Heinrich von Hesler und wurde zwischen 1215 und 1225 gefertigt Ein dazugehoriges Fragment wurde 2019 im Altbestand der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek Wittenberg entdeckt und im darauffolgenden Jahr erstmals offentlich gezeigt Parallel dazu wurde auch eine auszugsweise Abschrift des St Trudperter Hohesliedes die ebenfalls aus dem 13 Jahrhundert stammt in den Bestanden aufgefunden 6 Literatur BearbeitenAusgaben Bearbeiten Konstantin von Tischendorf Hrsg Evangelia apocrypha http vorlage digitalisat test 1 3D 7B 7B 7B1 7D 7D 7D GB 3D IA 3Devangeliaapocry02tiscgoog MDZ 3D 0A SZ 3Dn324 doppelseitig 3D LT 3D 27 27Evangelia 20apocrypha 27 27 PUR 3D 2 Aufl Leipzig 1876 S 210 486 Achim Masser Hrsg Dat ewangelium Nicodemi van deme lidende vnses heren Ihesu Christi 2 mittelniederdeutsche Fassungen Texte des spaten Mittelalters und der fruhen Neuzeit 29 Berlin E Schmidt 1978 ISBN 3 503 00763 6 Achim Masser Hrsg Das Evangelium Nicodemi in spatmittelalterlicher deutscher Prosa Texte Germanische Bibliothek Reihe 4 Texte und Kommentar Heidelberg Winter 1987 ISBN 3 533 03612 XSekundarliteratur Bearbeiten Jean Daniel Dubois Nikodemusevangelium Pilatusakten In Religion in Geschichte und Gegenwart RGG 4 Auflage Band 6 Mohr Siebeck Tubingen 2003 Sp 324f Matthew Z Heintzelman The acts of Pilate An isolation force in the Frankfurt passion play 1493 UMI Ann Arbor Mich 2000 zugl university thesis Chicago Ill Zbiegniew Izydorczyk The medieval gospel of Nicodemus Texts interprets and contexts in Western Europe State University Temple Arizona 1997 ISBN 0 86698 198 5 Monika Schartl Nicht das ganze Volk will dass er sterbe Die Pilatusakten als historische Quelle der Spatantike Peter Lang Frankfurt am Main 2011 ISBN 978 3 631 61043 5 Monika Schartl Das Nikodemusevangelium die Pilatusakten und die Hollenfahrt Christi in Christoph Markschies Jens Schroter Antike christliche Apokryphen in deutscher Ubersetzung I Band Evangelien und Verwandtes Mohr Siebeck Tubingen 2012 S 231 261 Felix Scheidweiler Nikodemusevangelium Pilatusakten und Hollenfahrt Christi in Wilhelm Schneemelcher Hrsg Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Ubersetzung I 6 Auflage Tubingen 1999 S 395 424 Richard Wulcker Das Evangelium Nicodemi in der abendlandischen Literatur http vorlage digitalisat test 1 3D 7B 7B 7B1 7D 7D 7D GB 3D IA 3Ddasevangeliumni00wlgoog MDZ 3D 0A SZ 3D doppelseitig 3D LT 3D 27 27Das 20Evangelium 20Nicodemi 20in 20der 20abendl C3 A4ndischen 20Literatur 27 27 PUR 3D Ferdinand Schoningh Paderborn 1872 Belletristik Bearbeiten Lloyd C Douglas Das Gewand des Erlosers Roman Verlag Heidi Kraus Hofheim T 1992Weblinks BearbeitenDie Acta Pilati griechisch und deutsch Nicodemus im Gesamtkatalog der Wiegendrucke GW Nummer NICODEM Jorg Roder Evangelium nach Nikodemus In Michaela Bauks Klaus Koenen Stefan Alkier Hrsg Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet WiBiLex Stuttgart 2006 ff Anmerkungen Bearbeiten Christiane Furrer La Passion dans les Acta Pilati in Tobias Nicklas u a Hrsg Gelitten Gestorben Auferstanden Passions und Ostertraditionen im antiken Christentum WUNT II 273 Tubingen 2010 S 70 George Reid Acta Pilati Catholic Encyclopedia New York 1922 Zbigniew Izydorczyk Hrsg The Medieval Gospel of Nicodemus Texts Intertexts and Contexts in Western Europe Medieval amp Renaissance Texts amp Studies 158 Tempe Arizona 1997 S 215 217 und Jorg Roder Evangelium nach Nikodemus In Michaela Bauks Klaus Koenen Stefan Alkier Hrsg Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet WiBiLex Stuttgart 2006 ff Hans Georg Gradl Der geheime Jesus Zur Geschichte und Bedeutung der apokryphen Evangelien In Erbe und Auftrag Jg 97 2021 S 141 152 hier S 143 Achim Masser Max Siller Hrsg Das Evangelium Nicodemi in spatmittelalterlicher Prosa Heidelberg 1987 S 10 Fragmente aus Mittelalter sic In Glaube und Heimat vom 27 Marz 2022 S 8 Normdaten Werk GND 4195408 7 lobid OGND AKS LCCN n81009714 VIAF 181444369 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nikodemusevangelium amp oldid 235315528