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Nidhoggr auch Nidhogg Nidhoggur oder Nidhogg altnordisch Nidhǫggr der hasserfullt Schlagende 1 ist in der nordischen Mythologie ein schlangenartiger Drache der am Weltenbaum Yggdrasil lebt und die Toten peinigt Ein Hirsch Dain Dwalin Duneyr und Durathror nagt am Weltbaum Mittelalterliches Relief der Stabkirche Urnes in Ornes Norwegen Nidhoggr nagt von unten an der Weltenesche Yggdrasil Detail aus einer islandischen Handschrift des 17 Jahrhunderts Inhaltsverzeichnis 1 Quellen 2 Forschung 3 Literatur 4 EinzelnachweiseQuellen BearbeitenLaut dem Lied Grimnismal gehort Nidhoggr zu den Tieren am Weltenbaum Yggdrasil Zum einen schadigt er dort den Baum unten am Stamm oder an den Wurzeln zum anderen nimmt er die Worte entgegen die ihm das Eichhornchen Ratatoskr vom Adler uberbringt der am anderen Ende des Baums in der Krone sitzt 2 Die Prosa Edda baut auf dieser Beschreibung auf und fugt erganzend hinzu dass Nidhoggr zusammen mit vielen Schlangen in der Quelle Hvergelmir lebt die sich in Niflheim unter der dritten Wurzel des Weltenbaums befindet Von dort aus nagt er an der Wurzel Yggdrasils Im Gegensatz zum Grimnismal lasst die Prosa Edda das Eichhornchen auch Botschaften Nidhoggrs zum Adler uberbringen und wertet ihren Dialog als Austausch von Gehassigkeiten 3 Im Schopfungslied Voluspa hingegen wird Nidhoggr uberhaupt nicht am Weltenbaum erwahnt sondern nur in der Endzeit Ragnarok in der die Morder und die Eid und Ehebrecher am Totenstrand Nastrand zu einem Saal gelangen der von Schlangenrucken umwunden ist wo Nidhoggr ihr Blut trinkt 4 Sofern die Kenning Nasenbleicher fur Nidhoggr steht zerreisst er zudem die Toten in jener Zeit 5 Nachdem die Ragnarok vorbei sind bettet Nidhoggr die Leichen in seine Flugel und steigt mit ihnen vom Unterweltgebirge Nidafjoll auf um dann mit ihnen nach unten zu sinken 6 Wohin er mit ihnen fliegt bleibt offen Die Natur Nidhoggrs wird nur hier beschrieben namlich als Schlange und zugleich als Drache In der Prosa Edda wird eine abweichende Fassung dieser Stelle der Voluspa zitiert Mit der Folge dass Nidhoggr in den Ragnarok niemanden aussaugt oder zerreisst sondern sich lediglich nach den Ragnarok in der Quelle Hvergelmir aufhalt und dort die Toten qualt Uber den Flug Nidhoggrs oder seine Natur berichtet die Prosa Edda nichts 7 Ausserhalb der Edda wird Nidhoggr noch in den THulur genannt Sein Name konnte demnach als Heiti vergleichbar einem poetischen Synonym fur Schlange gebraucht werden Forschung BearbeitenNidhoggr ist in der nordischen Kosmogonie des Mittelalters ein Drache der sich in beziehungsweise nach der Endzeit vom Blut der Toten ernahrt So zumindest muss man ihn sehen wenn man die Aussagen der verschiedenen Texte als Puzzlestucke desselben Bildes auffasst Sieht man genauer hin lassen sich jedoch mindestens zwei Mythenschichten in der Uberlieferung Nidhoggrs auseinanderhalten die nicht deckungsgleich sind und wohl aus unterschiedlichen Zeiten stammen In der Voluspa wird Nidhoggr in seiner Funktion als Totendrache so beschrieben als ware er unmittelbar der christlichen Vorstellungswelt des Mittelalters entsprungen 8 Der Weg vom schlangenartigen Drachen der in der Endzeit Tote qualt und als Unterwelt Gegenspieler Allvaters 9 auftritt ist nicht weit zum Gegenspieler Gottes dem grossen Drachen der alten Schlange die Teufel und Satan genannt wird der in der Apokalypse des Johannes von Erzengel Michael bezwungen wird Offb 12 7 9 EU Totendrachen sind in der apokalyptischen Visionsdichtung des Mittelalters geradezu typisch 10 Die Prosa Edda vervollstandigt diese Gleichsetzung in dem sie den Drachen in die Quelle Hvergelmir versetzt und ihn dadurch zum Bestandteil eines christlichen Straforts macht 11 Sie verknupft daruber hinaus diesen Ort mit der Neuen Welt nach der Endzeit wahrend die Voluspa das streng genommen offenlasst und man es nur in sie hineininterpretieren kann 12 Die Natur Nidhoggrs ist nicht zu hundert Prozent eindeutig In der Voluspa wird Nidhoggr sowohl nadr Schlange als auch dreki Drache genannt Der in ihr beschriebene Flug Nidhoggrs weist jedoch auf einen Drachen da Schlangen nicht fliegen konnen Rudolf Simek verdeutlicht an diesem Beispiel dass offenbar bis ins hohe Mittelalter hinein keine klare Trennung zwischen Schlange und Drache vorgenommen wurde Schlange konnte immer auch Drache meinen 13 Gerade daraus wird klar dass die Natur Nidhoggrs eine grosse Nahe zur Schlange hat die durch die Gesellschaft vieler Schlangen an seiner Seite bestatigt wird Die Schlange hat in der germanischen Welt in vormittelalterlicher Zeit insbesondere in der Bronzezeit eine grossere Rolle gespielt als zur Zeit der Abfassung der Eddas Als chthonisches Tier stand sie dabei alten Fruchtbarkeitskulten nahe 14 bei denen es letztlich um die Wiederkehr des Lebens Fruhling nach dem Tod Winter geht Moglicherweise hatte die Schlange eine besondere Stellung im Totenkult wie der Drache Nidhoggr am Weltenbaum aber auch die weltumspannende Midgardschlange anzeigt 14 Die christliche Pragung Nidhoggrs in der Voluspa kann man zur Deutung der Beschreibung seiner Rolle am Weltenbaum im Lied Grimnismal heranziehen doch kann dieser Text genauso gut auch fur sich alleine stehen und einen anderen Mythos beschreiben der weitaus alter ist als die mittelalterliche Farbung Nidhoggrs Die Schlange oder der Drache an den Wurzeln des Welten oder Lebensbaums gehoren zum Grundgerust der Mythologie vieler Volker Sie treten nicht nur in der Bibel im Garten Eden in Erscheinung sondern auch in Sibirien und insbesondere auch bei den indogermanischen Volkern zum Beispiel in der Figur Ladons am griechischen Baum der Hesperiden oder in den indischen Nagas die im Streit mit dem Adler Garuda stehen der uber ihnen in einem Baum wohnt 15 Zum Streit am Baum gibt es noch eine weitere Parallele in der indogermanischen Welt In einer Fabel des romischen Dichters Phaedrus stiftet eine Katze an einem Baum Feindschaft zwischen einem Adler in der Hohe und einer Wildsau an den Wurzeln 16 Worum es jedoch in dem Streit zwischen oben und unten geht kann man nicht mehr genau feststellen Die beiden Widerparts als Gegenpole der Dualitat zu begreifen ist moglich aber vielleicht nur eine neuzeitliche Interpretation wie die Beispiele von Ladon gegen Herakles und von den Nagas gegen Garuda zeigen in denen es letztlich um den Zugriff auf das Mittel zur Unsterblichkeit geht 17 In der Wissenschaft ist jedoch nicht allgemein anerkannt dass Nidhoggr ein indogermanisches Erbe darstellt 18 Literatur BearbeitenRudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie Kroners Taschenausgabe Band 368 3 vollig uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 2006 ISBN 3 520 36803 X Einzelnachweise Bearbeiten Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie 3 Auflage 2006 S 296 John Lindow Handbook of Norse Mythology ABC CLIO Santa Barbara USA 2001 Stichwort Nidhogg Arnulf Krause Die Gotter und Heldenlieder der Alteren Edda Philipp Reclam jun Verlag Stuttgart 2004 Lieder Edda Grimnismal S 32 35 Zitation der Lieder Edda nach Arnulf Krause Die Gotter und Heldenlieder der Alteren Edda Philipp Reclam jun Verlag Stuttgart 2004 ISBN 978 3 15 050047 7 Snorri Sturluson Prosa Edda Gylfaginning S 15 f Zitation der Prosa Edda nach Arnulf Krause Die Edda des Snorri Sturluson Philipp Reclam jun Verlag Stuttgart 1997 ISBN 978 3 15 000782 2 Lieder Edda Voluspa S 38 39 Lieder Edda Voluspa S 50 Lieder Edda Voluspa S 66 Snorri Sturluson Prosa Edda Gylfaginning S 52 Vergleiche Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie 3 Auflage 2006 S 78 Karl Hauck Zur Ikonologie der Gold Brakteaten LX In Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der germanischen Altertumskunde Bd 31 Kontinuitat und Bruche in der Religionsgeschichte 2 Auflage Verlag Walter de Gruyter Berlin New York 2001 ISBN 978 3 11 017264 5 S 288 Rudolf Simek Die Edda Verlag C H Beck Munchen 2007 ISBN 978 3 406 56084 2 S 51 Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie 3 Auflage 2006 S 296 Vergleiche John Arnott MacCulloch The Celtic and Scandinavian Religion Erstauflage 1948 Neuauflage Cosimo 2005 ISBN 978 1 59605 416 5 S 140 166 Rudolf Simek Schlange In Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der deutschen Altertumskunde Bd 27 2 Auflage Verlag Walter de Gruyter Berlin New York 2004 ISBN 978 3 11 018116 6 S 144 a b Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie 3 Auflage 2006 S 365 Vergleiche Jan de Vries Altgermanische Religionsgeschichte Band 2 Religion der Nordgermanen Verlag Walter de Gruyter amp Co Berlin Leipzig 1937 328 Jan de Vries Altgermanische Religionsgeschichte Band 2 Religion der Nordgermanen Verlag Walter de Gruyter amp Co Berlin Leipzig 1937 328 Martin Litchfield West Indo European poetry and myth Oxford University Press 2007 ISBN 978 0 19 928075 9 S 347 Online Zum Beispiel Jean Haudry Mimir Mimingus et Visnu In Michael Stausberg Olof Sundqvist Astrid van Nahl Hrsg Kontinuitaten und Bruche in der Religionsgeschichte Erganzungsband 31 des Reallexikon der germanischen Altertumskunde Verlag Walter de Gruyter Berlin New York 2001 ISBN 978 3 11 017264 5 S 313 f allerdings ohne Begrundung Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nidhoggr amp oldid 240137109