www.wikidata.de-de.nina.az
Die 1955 bis 1956 erbaute Neue Synagoge in Offenbach am Main ist das geistliche Zentrum des judischen Gemeindelebens der Stadt Der Sakralbau war der erste Synagogenneubau in Hessen nach dem Holocaust Das Gebaude wurde nach Planen des Architekten Hermann Zvi Guttmann errichtet und 1997 bis 1998 nach Planen des Gemeindevorsitzenden Alfred Jacoby umgestaltet und erweitert Blick auf das Gemeindegelande von der Kaiserstrasse aus Mittig im Hintergrund liegt die SynagogeDas Gebaude ist Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Gebaude 2 1 Bau von 1956 2 2 Umbau 1998 2 3 Denkmalschutz 3 Literatur 4 Weblinks 5 Anmerkungen 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Ehemalige Synagoge an der Goethestrasse Das Gebaude wird heute unter der Bezeichnung Capitol fur Veranstaltungszwecke genutztNachdem die Synagoge in Offenbach in der Reichspogromnacht des 9 auf den 10 November 1938 geschandet und die Inneneinrichtung durch Brandstiftung komplett zerstort worden war wurde sie wahrend des Zweiten Weltkriegs an einen Kinobetreiber verkauft und zu einem Kino und Theater umgebaut Nach dem Krieg wurde die Synagoge wieder an die judische Gemeinde zuruckgegeben Allerdings war sie fur die durch die Shoah sehr klein gewordene Gemeinde zu gross und nicht mehr sinnvoll nutzbar so dass das Gebaude der Stadt Offenbach zur kulturellen Nutzung uberlassen wurde 1 Nur 18 der 1933 fast 1500 Mitglieder zahlenden Gemeinde waren nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs in ihre fruhere Heimatstadt Offenbach zuruckgekehrt Wie andernorts galt auch die judische Gemeinde Offenbach als Abwicklungsgemeinde Es waren vor allem Juden aus Osteuropa die neu zur Gemeinde stiessen Auch deutsche Juden wie der in Gelsenkirchen geborene Max Willner der die Deportation in die Konzentrationslager uberlebt hatte und erster Gemeindevorstand wurde kamen hinzu Die Stadt Offenbach hatte der Gemeinde 1946 angeboten eine neue Synagoge zu bauen Der Gemeindevorstand hatte das Angebot abgelehnt weil er annahm dass alle Juden aus Deutschland auswandern wurden Zwei Jahre spater wiederholte die Stadt ihr Angebot was schliesslich zum Bau der neuen Synagoge fuhrte 2 Am 2 September 1956 konnte nach zweijahriger Bauzeit auf einem Gartengrundstuck gegenuber der alten Synagoge nach Planen des Architekten Hermann Zvi Guttmann eines der wichtigsten Synagogenbauer nach 1945 die neue Synagoge eingeweiht werden Sie war die erste Synagoge in Hessen nach dem Holocaust und sollte das Symbol eines Neubeginns sein 1 Die Bauplane befinden sich heute im Bestand des Judischen Museums Berlin 3 2022 zahlte die in der Synagoge ansassige Gemeinde Offenbachs 669 Mitglieder 4 Gebaude BearbeitenBau von 1956 Bearbeiten Die Architektur der neuen Synagoge entsprach im Ausseren wie im Inneren der Formensprache der 1950er Jahre Guttmann entwarf weitere Synagogen so fur Dusseldorf und Osnabruck Allen Entwurfen gemeinsam ist die moderne und unverkennbar judische Bauweise welche die liturgischen Forderungen des judischen Gottesdienstes beachtet Der Bau in Ost West Richtung ist 30 Meter von der Kaiserstrasse zuruckgesetzt errichtet Die Mittelachse ist exakt auf den Kuppelmittelpunkt der ehemaligen Synagoge ausgerichtet Ruckwartig schloss sich mittels eines Zwischenbaues ein zeitgleich erbautes Gemeindehaus an Der kleine Saalbau der Synagoge besteht aus einem abgerundeten Baukorper in Massivbauweise mit einem Betonring als oberem Abschluss in den die Fensterpfeiler verankert wurden Das flach geneigte Dach ist in Kupfer eingedeckt Zur Strasse hin bestand ursprunglich ein Portal aus schwarzem schwedischem Granit mit einem daruber liegenden Rundfenster mit einem Davidstern Seitlich befinden sich in der gerundeten Wand grosse Fenster mit Bleiverglasung Die Synagoge bot Platz fur rund 90 Personen 5 Guttmanns Synagogenarchitektur spiegelte nicht nur den Bruch wider der durch die Verfolgung und Vernichtung des deutschen Judentums entstanden war sondern auch die Zerbrechlichkeit judischen Lebens inmitten der noch jungen bundesdeutschen Gesellschaft 2 Nach Auschwitz sollte die Synagoge und das Gemeindezentrum der judischen Gemeinschaft Schutz dem Einzelnen Zuflucht und eine innere Heimat bieten Das kam in der Lage wie im Baukorper der Synagoge zum Ausdruck Das von der Stadt Offenbach bereitgestellte Grundstuck war von einem Garten umgeben in dessen Mitte die Synagoge stand Von der Strassenseite waren die Gebaude kaum wahrzunehmen Durch die abgerundeten Aussenmauern der Synagoge wurden die Menschen wie von einem Tallit umhullt dem Gebetsschal den der Glaubige wahrend des Gottesdienstes um seine Schultern legt Eigenem Bekunden zufolge beliess Guttmann die Synagoge in der Spannung zwischen moderner Form und liturgisch orthodoxem Gesetz 2 Umbau 1998 Bearbeiten nbsp Im Hintergrund die obere Halfte der SynagogeWegen des Zuzugs von Juden vor allem aus der damals noch bestehenden Sowjetunion hatte der Gemeindevorsitzender Willner seit Ende der 1980er Jahre eine Erweiterung der Synagoge und den Neubau eines Gemeindezentrums angestrebt Lebten in den funfziger Jahren nur etwa 100 Juden in Offenbach so hatte sich die Zahl der Gemeindemitglieder bis dahin auf etwa 900 Personen erhoht Eine Rucknahme der ehemaligen Synagoge an der Goethestrasse schloss die Gemeinde aus obgleich die Stadt Offenbach dies der Gemeinde angeboten hatte Die Gemeinde fuhrte vor allem die dadurch entstehenden Kosten als Grund fur die Ablehnung an 2 Bis zu diesem Zeitpunkt blieb die Synagoge angesichts ihrer unspektakularen Architektur ein weithin unterschatztes Gebaude obschon der Architekt und Sachverstandiger fur Synagogenbauten Salomon Korn 1988 auf deren Qualitat aufmerksam gemacht hatte Laut Korn tragt die Offenbacher Synagoge die fur Guttmanns spatere Synagogenbauten charakteristischen Merkmale Geschwungene Aussenwande grosse Lichtoffnungen und eine raumliche Dominanz des Thoraschreins Erst die Absicht der Gemeinde die Synagoge abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen fuhrte Mitte der neunziger Jahre zu einer offentlichen bundesweit beachteten Diskussion uber die Bedeutung der Synagoge und schliesslich zu deren Anerkennung als schutzenswertes Architektur und Kulturdenkmal 2 5 Die Gemeinde stoppte daraufhin ihre Planung und folgte den Auflagen des Landesamts fur Denkmalpflege wonach die Synagoge Ausgangspunkt der Erweiterung sein musse Die Synagoge wurde 1995 bis 1997 nach Planen des Gemeindevorsitzenden Alfred Jacoby umgestaltet erweitert und ein neues Gemeindezentrum errichtet Die Synagoge von 1956 wird seitdem von einer glasernen Arche in Form eines linsenformigen Baus durchdrungen Wiederum weist die Spitze des Neubaus genau auf die ehemalige Synagoge in der Goethestrasse und verdeutlicht so den geschichtlichen Zusammenhang Seitlich und ruckwartig schliessen sich die Raumlichkeiten des neuen Gemeindezentrums an Im neu gestalteten Innenraum der nun 160 Personen Platz bietet dominiert das Zusammenspiel von hellem Ahornholz Metall und der blauen Fensterverglasung In der Mitte befindet sich auf hellem Parkettboden das linsenformige zweistufige Podest mit der Bima dem Pult fur die Thoralesung 5 Der Thoraschrein in der Apsis weist symbolhaft zur aufgehenden Sonne und gibt somit der Ostwand des Gebaudes die ihr gemasse Bedeutung 6 Auch auf die kunstlerische Gestaltung wurde Wert gelegt Die mit Texten aus der Thora beschrifteten und in changierenden Blautonen gehaltenen Bleifenster sind vom Londoner Kunstler Brian Clarke geschaffen Uwe Fischer entwarf zwei siebenarmige Leuchter Monika Finger den rituellen Waschtisch das Vorlesepult und den Thoraschrein 2 Zu dem Erweiterungsbau gehoren neue Gemeinde und Unterrichtsraume ein Kindergarten ein Jugendzentrum ein Seniorenclub und ein grosser Gemeindesaal 6 Denkmalschutz Bearbeiten Der Ursprungsbau der 1950er Jahre der heute vom Erweiterungsbau durchdrungen wird ist ein Kulturdenkmal aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes Anm 1 Er ist als erste Synagoge Hessens nach 1945 und als einer der fruhesten in Deutschland ein geschichtliches Denkmal von uberregionaler Bedeutung Ebenso ist er wichtiges Zeugnis im Werk des Architekten Hermann Zvi Guttmann der nach 1945 zahlreiche Synagogen und die judische Gedenkstatte im ehemaligen Konzentrationslager Dachau schuf 5 Literatur BearbeitenPaul Arnsberg Die judischen Gemeinden in Hessen Anfang Untergang Neubeginn Band 2 Societats Verlag Frankfurt am Main 1972 ISBN 3 7973 0213 4 Paul Arnsberg Die judischen Gemeinden in Hessen Bilder Dokumente Band 3 Roether Darmstadt 1973 DNB 740104624 S 158 176 Thea Altaras Synagogen in Hessen Was geschah seit 1945 Verlag Langewiesche Konigstein im Taunus 1988 ISBN 3 7845 7790 3 176 f Thea Altaras Synagogen und judische Rituelle Tauchbader und Synagogen in Hessen Was geschah seit 1945 Teil II Verlag Langewiesche Konigstein im Taunus 1994 ISBN 3 7845 7792 X S 144 Pinkas Hakehillot Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust Germany Volume III Hesse Hesse Nassau Frankfurt Herausgegeben von Yad Vashem 1992 S 49 57 hebraisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Synagoge Offenbach am Main Sammlung von Bildern Internetauftritt der Judischen Gemeinde Offenbach Neue Synagoge Offenbach am Main im offiziellen Internetauftritt der Stadt Offenbach am Main Judische Allgemeine Ein Platz an der Sonne Offenbach Die Gemeinde mit der verkannten Synagoge onlineAnmerkungen Bearbeiten Siehe auch Liste der Kulturdenkmaler in Offenbach am Main Einzelnachweise Bearbeiten a b Die Synagoge der Judischen Gemeinde Offenbach a M Auf jgof de abgerufen am 6 Januar 2016 a b c d e f Festschrift zum funfzigjahrigen Bestehen der Gesellschaft fur christlich judische Zusammenarbeit in Offenbach Ein fast uferloser Optimismus Offenbachs Synagogen nach 1945 Auf dienemann formstecher de Oktober 2000 abgerufen am 6 Januar 2016 Inv Nr Konvolut 483 0 Sammlung Hermann Zvi Guttmann In jmberlin de Abgerufen am 28 November 2019 Janos Erkens Die Geschichte der Synagoge In fr online de 10 April 2016 abgerufen am 24 August 2016 a b c d Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Hrsg Kaiserstrasse 109 Neue Synagoge In DenkXweb Online Ausgabe von Kulturdenkmaler in Hessen a b Orte des Glaubens PDF 3 11 MB In offenbach de Magistrat der Stadt Offenbach am Main 7 November 2013 S 6 abgerufen am 6 Januar 2016 50 10960131331 8 7577396631241 Koordinaten 50 6 34 6 N 8 45 27 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Neue Synagoge Offenbach am Main amp oldid 234665555