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Nervismus ist die Lehre von der fuhrenden Rolle des Nervensystems bei physiologischen und artspezifisch vitalen Aktivitaten Dem ZNS kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu Hohere Zentren zeichnen sich aufgrund der Nervismus Lehre durch die Fahigkeit aus die Aktivitat von niedrigeren Zentren zu hemmen Auf diese Weise bedingen die ZNS Organisation einerseits und die genetische Ausstattung anderseits u a spezifische Behauptungs und Leistungsfahigkeiten im Wege von vital unerlasslichen Informationsubertragungen Nicht alle tierischen Organismen sind mit einem ZNS ausgestattet Die Evolution des ZNS in der biologischen Entwicklungsreihe stellt einen entscheidenden Schritt in der topischen Organisation der artspezifischen Lebensformen dar 1 a Inhaltsverzeichnis 1 Begrunder 2 Evolution des Nervensystems 3 Ahnliche Theorien 4 Kritik 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseBegrunder BearbeitenAls Begrunder der Nervismus Theorie gelten die russischen Forscher Iwan Michailowitsch Setschenow 1829 1905 und Iwan Petrowitsch Pawlow 1849 1936 gemeinsam mit dem Kliniker Sergei Petrowitsch Botkin 1832 1889 Pawlow der Schuler von Botkin war ubernahm von ihm auch die Forschungsergebnisse Setschenows des Vaters der russischen Physiologie und erweiterte sie zu seiner eigenen Lehre der Reflexologie 1 b Evolution des Nervensystems BearbeitenDie Evolution des Nervensystems geht von einem Nervennetz ohne zentralnervose Elemente aus 2 3 a Dies bedeutet dass bei Nervennetzen oder sog diffusen Nervensystemen sowohl die Ausbreitung als auch die Verringerung von Erregung nach allen Seiten hin gleichmassig erfolgt da alle Nervenzellen des Netzes morphologisch gleichartig ausgestattet sind Dies unterscheidet die Leistung diffuser Netze von denjenigen Organismen die uber ein ZNS verfugen und ruckt die Leistung diffuser Netze in die Nahe des Schwarmverhaltens 4 Bekanntlich hat Rudolf Virchow 1821 1902 die These der Ubertragbarkeit von gesellschaftlicher und biologischer Organisation konsequent vertreten und mit der Forderung nach Demokratie bzw Gleichberechtigung verbunden 5 6 Wenn sich jedoch bei diffusen Nervennetzen die Erregung gleichmassig ausbreitet oder sich mit wachsender Entfernung gleichmassig im Sinne der Dekrementation verringert so stellt sich die Frage auf welche Weise gezielte Richtungsbewegungen des gesamten Organismus ausgefuhrt werden 3 b Wie bei jeder vergleichenden Betrachtung der Bauplane von Organismen sind die Gesichtspunkte der Zentralisierung und Differenzierung zu beachten 3 c Zentralisierung und Differenzierung uben wechselseitigen epigenetischen Einfluss aufeinander aus nbsp Morphologische Vielfalt der Nervenzellen beim Menschen Die hier dargestellte Vielfalt bei Nervenzellpraparaten von Lebewesen mit ZNS ist noch ausgepragter wenn man die im Tierreich vorhandenen Formen bei Praparaten von Lebewesen ohne ZNS hinzuzahlt 1 unipolare Nervenzelle2 bipolare Nervenzelle3 multipolare Nervenzelle4 pseudounipolare NervenzelleNach der Neuronentheorie setzt die Verarbeitungsweise von Nervenimpulsen innerhalb eines Nervennetzes von syncytiumahnlicher Gestalt eine Ausstattung des Organismus mit Nervenzellen voraus die einen in etwa symmetrischen dendritischen Aufbau ohne Axon aufweisen Solche Zellen sind beim Menschen als Amakrinzellen von Santiago Ramon y Cajal 1894 beschrieben worden Man kann sich diesen Zelltyp auch als multipolare Nervenzelle entsprechend Typ 3 der Abb vorstellen aber ohne Axon Im Tierreich sind bei Organismen ohne ZNS auch Nervenzellen bekannt deren Dendriten die Erregungen in beide Richtungen im Sinne von gap junctions weiterleiten so etwa bei Flusskrebsen oder Seeanemonen 7 a Im Gegensatz dazu konnen z B bipolare Nervenzellen bei Organismen mit ZNS durch die Ausbildung langer Axone Aktivitaten beeinflussen die in entfernteren Regionen des Nervensystems ablaufen Dies erfolgt grundsatzlich indem sie hemmenden oder erregenden Einfluss ausuben Gemass der Nervismus Theorie konnen jedoch nur so entsprechende fernere Aktivitaten gehemmt werden Das Phanomen ist auch bekannt als Mexikanerhutfunktion vgl laterale Hemmung 7 b Die Vertreter der Theorie sind der Auffassung dass durch die Hemmung entfernterer Aktivitaten von Nervenzellen die Voraussetzung in der Evolutionsreihe der Arten fur die Ausbildung eines ZNS geschaffen wird Durch die Hemmung entfernterer niedrigerer Nervenzellverbande mittels nervoser Fernleitungen Axone wird die Entfaltung hoherer Zentren grundsatzlich moglich 3 d Solche durch die Ausbildung von Axonen ermoglichte Wirkungen auf entferntere Nervenzellverbande waren als Leistungskriterium fur die mit einem ZNS ausgestatteten Tierreihen anzusehen Es kann auf diese Weise zu Fernleitungen kommen die anatomisch als Nervenbahnen zu bezeichnen sind Solche Hemmungen sind aber auch innerhalb verschiedener Schichten des Neocortex moglich 7 c Ahnliche Theorien BearbeitenEine ahnliche Theorie ist die Parazellationstheorie Die ebenfalls diffus angeordneten Nervenzellen erfahren relativ zu anhaltend gehemmten Nervenzellverbanden eine erhohte Komplexitat 2 Kritik BearbeitenDie Hemmung bestimmter komplexer Aktivitaten kann aufgrund des heutigen Kenntnisstandes auch durch ein sog dreischichtiges neuronales Netzwerk erfolgen 7 d Es bedarf daher also nicht deutlich abgrenzbarer weiter entfernter Zentren wie man sie etwa bei der Reflexsteigerung des PSR nach Schadigung der Pyramidenbahn beobachten kann Diese Verstarkung des Reflexes erfolgt bekanntlich durch Wegfall der Hemmung kortikaler Zentren Es genugen topographisch abgrenzbare Schichten wie sie etwa durch cortico corticale Verbindungen zwischen den Laminae bzw zwischen den einzelnen Sichten des Isocortex der Hirnrinde oder der Netzhaut zu beobachten sind 7 e Jedoch sind auch hier die topographischen Gegebenheiten der raumlich getrennten Schichten zu berucksichtigen Siehe auch BearbeitenEvolutionare Psychologie Evolution des DenkensEinzelnachweise Bearbeiten a b Zetkin Schaldach Worterbuch der Medizin dtv Munchen und Georg Thieme Stuttgart 1980 ISBN 3 423 03029 1 dtv und ISBN 3 13 382206 3 Thieme a S 966 zu Lemma Nervismus b S 1057 zu Lemma Pawlow a b Olfsworld Neurobiologie node 12 online abgerufen am 15 Mai 2021 a b c d Alfred Kuhn Grundriss der allgemeinen Zoologie 15 Auflage Georg Thieme Stuttgart 1964 a S 168 zu Stw Nervennetz b S 168 zu Stw Hemmung der Nervenimpulse im Sinne des Dekrements c S 7 56 zu Stw Zentralisierung Differenzierung d S 168 zu Stw Fernleitungen Axel Lange Darwins Erbe im Umbau Die Saulen der Erweiterten Synthese in der Evolutionstheorie Konigshausen amp Neumann Wurzburg 2012 ISBN 978 3 8260 4813 5 S 249 zu Stw Schwarmverhalten Klaus Dorner Burger und Irre Zur Sozialgeschichte und Wissenschaftssoziologie der Psychiatrie 1969 Fischer Taschenbuch Bucher des Wissens Frankfurt M 1975 ISBN 3 436 02101 6 S 307 f zu Stw Rudolf Virchow Erwin H Ackerknecht Rudolf Virchow 1957 Stuttgart S 11 a b c d e Manfred Spitzer Geist im Netz Modelle fur Lernen Denken und Handeln Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1996 ISBN 3 8274 0109 7 a S 125 f zu Stw Seeanemonen b S 102 106 zu Stw Mexikanerhutfunktion laterale Hemmung c S 135 ff zu Kap kortiko kortikale Verbindungen d S 128 zu Stw dreischichtiges Netzwerk in Kap Zwischenschichten e S 135 ff wie c S 103 zu Stw Netzhaut des Auges Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nervismus amp oldid 212185468