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Das Musische Gymnasium Frankfurt war eine zur Hochschulreife fuhrende Bildungseinrichtung im Rahmen des nationalsozialistischen Erziehungssystems Es wurde 1939 als erstes Musisches Gymnasium des damaligen Grossdeutschen Reiches auf Wunsch Adolf Hitlers gegrundet und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 geschlossen Die Schule stand unter der unmittelbaren Dienst und Fachaufsicht des Reichserziehungsministeriums Schultrager war die Stadt Frankfurt am Main Bekannt wurde es unter seinem Leiter Kurt Thomas In seiner inneren Verfassung behielt das Musische Gymnasium eine Sonderstellung innerhalb der nationalsozialistischen Eliteschulen beispielsweise durch die Auffuhrung ansonsten unterdruckter kirchenmusikalischer Werke oder die Aufnahme konfessionellen Religionsunterrichts in den Stundenplan Inhaltsverzeichnis 1 Plane und Ziele 2 Musisches Gymnasium in Frankfurt 3 Bekannte Schuler 4 Weitere Musische Gymnasien 5 Quellen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweisePlane und Ziele BearbeitenSchon 1921 hatte Leo Kestenberg ein Pianist Musikpadagoge und Kulturpolitiker judischer Abstammung den Plan eines Musikgymnasiums entwickelt Es sollte sechsstufig sein also nur das 8 bis 13 Schuljahr umfassen und fur eine erste Ubergangszeit als Zweig einer normalen Oberschule eingerichtet werden An die Schaffung eines eigenen Schultyps mit Internat dachte Kestenberg dabei nicht Allerdings war die Durchfuhrung seiner Plane seinerzeit noch nicht moglich denn Kestenberg ist erst ab 1929 in leitender Funktion als Ministerialrat im Preussischen Ministerium fur Wissenschaft Kunst und Volksbildung tatig gewesen Er setzte zwar eine erste grundlegende Reform des deutschen Schulmusikwesens durch aber wenig spater im Januar 1933 kamen die Nationalsozialisten an die Macht und setzten seiner Arbeit ein abruptes Ende Kestenberg verliess Deutschland und ging in die Emigration Eine andere Idee entwickelte nach der Nationalsozialistischen Machtergreifung der SS Sturmbannfuhrer Martin Miederer der 1937 als Oberregierungsrat und Leiter der Musikabteilung in das Reichserziehungsministerium REM berufen wurde Miederer gelang es Hitler fur seine Idee der Einrichtung eines Musischen Gymnasiums zu gewinnen Nach Miederers Vorstellungen sollte das Musische Gymnasium der Musik Vorrang vor anderen kunstlerischen Fachern einraumen weil die Musik ein umfangreiches und vor allem fruhzeitig beginnendes Training erfordert Grundlage des musischen Unterrichts sollte das gemeinschaftliche Musizieren in Chor und Orchester sein begleitet von intensiver Einzelausbildung Dies entsprach der NS Maxime einer umfassenden Erziehung von Korper Seele und Geist Vorgesehen war dabei die Ausbildung musikalisch Hochbegabter Vielleicht war auch daran gedacht dem Ubergewicht der Partei Sonderschulen zu begegnen denn wahrend die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten die korperliche die Adolf Hitler Schulen die politische und die normalen Oberschulen die wissenschaftliche Ausbildung betonten sollte mit dem Musischen Gymnasium ein Schultyp geschaffen werden der die musische Erziehung in den Vordergrund stellte Um auch Jungbegabte finden und gewinnen zu konnen sollten bereits Jungen der Volksschulklassen 3 und 4 also schon mit acht Jahren in das Musische Gymnasium aufgenommen werden konnen Wer die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfullte konnte und musste diese musische Ausbildungsstatte wieder verlassen Ziel dieser Ausbildung war die zu jedem Studium berechtigende Reifeprufung Alle Schuler wurden in einem Internat zusammengefasst Die Gliederung und Kapazitat dieser Internatsschule betrug zehn Klassen mit insgesamt 300 Schulern Madchen waren nicht zugelassen auch keine Tagesschuler Fur die Gestaltung und Durchfuhrung des Unterrichts stand dem Schulleiter der ein profilierter Fachmusiker sein sollte ein Oberstudiendirektor als Unterrichtsleiter zur Seite Musisches Gymnasium in Frankfurt BearbeitenDie Grundung des ersten Musischen Gymnasiums erfolgte 1939 Die Stadt Frankfurt am Main ubernahm die Tragerschaft Das Musische Gymnasium Frankfurt nahm seinen Schulbetrieb am 1 September 1939 auf Standort der Schule war das Haus Buchenrode im Stadtteil Niederrad die fruhere Villa des Frankfurter Industriellen und Ehrenburgers Arthur von Weinberg Im November 1938 war er gezwungen worden die Liegenschaft fur einen Bruchteil ihres Wertes an die Stadt zu verkaufen und zudem den Verkaufserlos zur teilweisen Abdeckung der aufgrund der Verordnung uber eine Suhneleistung der Juden vom 12 November 1938 obliegenden Vermogensabgaben 1 an die stadtische Finanzkasse abzutreten 2 Nach Zeugenberichten verschafften sich der damalige Oberburgermeister Friedrich Krebs und andere nationalsozialistische Funktionare gewaltsam Einlass und schickten den fast achtzigjahrigen Eigentumer mit dem Satz Der Jud muss raus in den Park um den Zwangsverkauf seines Hauses vorzubereiten 3 Weinberg wurde am 2 Juni 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert wo er am 20 Marz 1943 starb Die Fachaufsicht lag beim Reichserziehungsministerium in Berlin Die Gesamtleitung der Schule wurde dem erfahrenen Musikpadagogen Chorleiter und Komponisten Kurt Thomas ubertragen der allerdings weder bei der Konzeption noch bei der Vorbereitung des Schulbetriebs eingeschaltet worden war Thomas hatte also eine fertig strukturierte Einrichtung zu ubernehmen Das Musische Gymnasium nahm am 6 November 1939 den Betrieb mit 115 Schulern auf die aus allen Teilen des damaligen Deutschen Reiches stammten und alle im Internat lebten Madchen und Tagesschuler waren nicht zugelassen Da die Raumlichkeiten des Hauses Buchenrode zu klein waren ubernahm das Gymnasium Ende 1939 weitere benachbarte Liegenschaften darunter das arisierte Wohnhaus Niederrader Landstrasse 26 4 Das Haus Buchenrode wurde bei einem schweren Luftangriff am 20 Dezember 1943 von Fliegerbomben schwer beschadigt Ein weiterer Luftangriff am 29 Januar 1944 zerstorte das Haus und die Nachbargebaude so weitgehend dass der Schulbetrieb eingestellt werden musste Die Schuler der unteren Gymnasialklassen wurden daraufhin nach Hause zu ihren Familien geschickt wahrend die Klassen 3 bis 7 vom 11 April 1944 bis zum 26 Mai 1944 im Wehrertuchtigungslager Reichelsheim im Odenwald Unterricht erhielten Ab Mai 1944 wurde die Schule bis Kriegsende im Kloster Untermarchtal der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul ausgelagert Am 25 Mai 1945 wurde die Schule endgultig geschlossen Bekannte Schuler BearbeitenHans Clarin Hans Erik Deckert Hans Drewanz Paul Walter Furst Clytus Gottwald Heinz Hennig Alfred Koerppen Helmut Kretschmar Paul Kuhn Gunter Ludwig Otto Werner Mueller Otto Nitze Wolfgang Pasquay Ferry Radax Hans Joachim Rotzsch Johannes Schafer Wolfgang Schoor Horst Stein Klaus Storck Siegfried Strohbach Wolfgang Trommer Rudiger Volhard Friedwardt WinterbergWeitere Musische Gymnasien BearbeitenIm Jahr 1941 wurde ein zweites Musisches Gymnasium in Leipzig eroffnet Dieses bestand neben der Thomasschule und wurde von dem Thomaskantor Gunther Ramin geleitet Ab 1942 gab es noch ein weiteres Musisches Gymnasium zwar ausserhalb der deutschen Staatsgrenzen aber nach deutschem Vorbild am Ungarischen Nationalkonservatorium in Budapest Insgesamt waren in Deutschland sechs Musische Gymnasien geplant Die Kriegsereignisse und schliesslich 1945 der totale Zusammenbruch des Deutschen Reiches machten diese Planungen zunichte Quellen BearbeitenStadtarchiv Frankfurt am Main Magistratsakten 6500 3420 2 6512 9 1 und 5420 19 1 2Literatur BearbeitenUlrich Gunther Die Schulmusikerziehung von der Kestenberg Reform bis zum Ende des Dritten Reiches Luchterhand 1967 Neithard Bethke Kurt Thomas Studien zu Leben und Werk Merseburger Kassel 1989 ISBN 3 87537 232 8 Werner Heldmann Musisches Gymnasium Frankfurt am Main 1939 1945 Eine Schule im Spannungsfeld von padagogischer Verantwortung kunstlerischer Freiheit und politischer Doktrin Peter Lang Frankfurt 2004 ISBN 3 631 51987 7Weblinks BearbeitenRudiger Volhard Musisches Gymnasium Frankfurt am Main 1939 1945 PDF 141 kB 14 November 2003 archiviert vom Original am 14 Mai 2014 abgerufen am 26 August 2023 Werner Heldmann Kurt Thomas und das Musische Gymnasium Frankfurt am Main 1939 bis 1945 Uberlegungen zu einer kritischen Wurdigung der Person und der Schule PDF 124 kB In frankfurter buergerstiftung de 30 August 2004 archiviert vom Original am 27 Marz 2014 abgerufen am 26 August 2023 Musensohne Dokumentarfilm uber das Musische Gymnasium Frankfurt am Main WDR 2012Einzelnachweise Bearbeiten Verordnung uber eine Suhneleistung der Juden deutscher Staatsangehorigkeit Wikisource Der Kaufpreis betrug 400 000 Reichsmark Weinberg hatte der Stadt Frankfurt 1910 fur das 41 000 Quadratmeter grosse Grundstuck 42 85 Reichsmark je m bezahlen mussen und uber 2 Millionen Reichsmark in das Gebaude und die Nebenanlagen investiert Arthur von Weinberg Herr im Poelzig Bau Haftling in Theresienstadt In Frankfurter Allgemeine Zeitung 5 Februar 2007 archiviert vom Original abgerufen am 30 Oktober 2019 Dieter Wesp Die Miersch Liste Arisierung judischer Immobilien durch die Stadt Frankfurt am Main In Frankfurt am Main 1933 1945 Institut fur Stadtgeschichte 25 Marz 2021 abgerufen am 26 August 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Musisches Gymnasium Frankfurt am Main amp oldid 236762954