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Klassifikation nach ICD 10I05 1 Rheumatische MitralklappenstenoseI34 2 Nichtrheumatische MitralklappenstenoseQ23 2 Angeborene MitralklappenstenoseICD 10 online WHO Version 2019 Die Mitralklappenstenose oder Mitralstenose ist ein Herzklappenfehler bei dem die Offnung der Mitralklappe durch eine Verklebung der Mitralklappensegel eingeengt ist Dadurch kommt es zwischen zwei Herzaktionen wahrend der Diastole zu einer gestorten Fullung der linken Herzkammer Erstmals genau beschrieben wurde die Mitralstenose 1715 1 durch Raymond Vieussens Inhaltsverzeichnis 1 Epidemiologie 2 Atiologie 3 Pathophysiologie 4 Klinik 5 Diagnostik 5 1 Apparative Diagnostik 5 2 Klassifikation des Schweregrades 6 Therapie 7 Prognose 8 Literatur 9 EinzelnachweiseEpidemiologie BearbeitenDie Mitralklappenstenose ist weltweit einer der haufigsten erworbenen Herzklappenfehler und betrifft Frauen haufiger als Manner In den Industrielandern konnte die Inzidenz durch den konsequenten Einsatz von Penicillin bei Infektionen mit Streptokokken in der Vergangenheit deutlich abgesenkt werden so dass sie dort heutzutage seltener auftritt als erworbene Aortenklappenstenosen und Mitralklappeninsuffizienzen In etwa 40 der Falle liegt bei einer Mitralstenose zusatzlich eine Aortenklappenstenose vor Atiologie BearbeitenDie mit Abstand haufigste Ursache einer Mitralstenose ist das rheumatische Fieber und die damit verbundene verrukose Endokarditis Entzundung der Herzinnenhaut Endocarditis verrucosa rheumatica Sie tritt typischerweise mit einer Latenzzeit von 20 bis 30 Jahren nach der durchgemachten Fiebererkrankung auf Eine Endokarditis aufgrund einer bakteriellen Infektion oder angeborene Mitralstenosen Lutembacher Syndrom sind seltener Pathophysiologie Bearbeiten nbsp MitralstenoseDie Stenose der Mitralklappe ist durch entzundliche und degenerative Veranderungen der Klappensegel und der Chordae tendineae bedingt Fibrosen und Verkalkungen fuhren zu einer fortschreitenden Einschrankung der Dehnungs und Bewegungsfahigkeit des Klappenapparates Die normale Klappenoffnungsflache liegt bei 4 6 cm Verkleinert sich diese Offnungsflache um mehr als die Halfte kommt es zu hamodynamisch wirksamen Storungen mit der Ausbildung eines Druckgradienten zwischen linkem Vorhof und linker Kammer Eine Tachykardie fuhrt hierbei da die Diastole starker als die Systole verkurzt wird und damit weniger Zeit fur den Blutfluss durch die Klappenoffnung zur Verfugung steht zu einer zusatzlichen Erhohung dieses Druckgradienten und damit Erhohung des Drucks im linken Vorhof 2 Daraus resultiert zum einen eine Dilatation Dehnung und bei chronischer Mitralstenose eine Vergrosserung des linken Vorhofs was das Auftreten von Vorhofflimmern begunstigt und bei schwerer Mitralstenose meist vorhanden ist und zum anderen durch den behinderte Abfluss aus den Lungenvenen eine pulmonale Hypertonie Diese wiederum fuhrt bei fortschreitender Erkrankung zu einer Druckbelastung des rechten Herzen und infolge einer Rechtsherzdilatation auch zu einer Rechtsherzinsuffizienz Klinik BearbeitenEin Leitsymptom ist die Dyspnoe Atemnot bedingt durch den Ruckstau von Blut in die Lungen Die Dyspnoe tritt meist erst bei Belastung auf wenn das Herzzeitvolumen gesteigert wird Bei schwergradigen Stenosen kann auch eine Ruhedyspnoe auftreten Ein weiteres Symptom schwergradiger Mitralstenosen konnen Hamoptysen Bluthusten sein die insbesondere nachts bei intensiver Dyspnoe auftreten Generell ist die korperliche Leistungsfahigkeit betroffener Patienten vermindert Bei langjahrigem unbehandeltem Verlauf konnen sich ein sogenanntes Mitralgesicht Facies mitralis mit roten Backchen sogenannten Mitralbackchen eine periphere Zyanose Akrozyanose und Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz einstellen Manchmal fallt der Blick auf eine Mitralstenose erst durch die Diagnose einer Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern Diese tritt bei fortgeschrittenen Mitralstenosen regelmassig auf und kann diagnostisch wegweisend sein Haufig ist die Erstmanifestation welche zu einer Diagnose fuhrt eine durch das Vorhofflimmern hervorgerufene Thrombembolie Diagnostik BearbeitenDie Verdachtsdiagnose ergibt sich aus Anamnese und Klinik Das Leitgerausch bei der Auskultation ist ein niederfrequentes Diastolikum mit Decrescendo Charakter Der Punctum maximum liegt im 5 ICR Zwischenrippenraum links oder nahe der Herzspitze Zudem ist ein prasystolisches Gerausch horbar Weitere bei der Auskultation erfassbare Gerauschphanomene konnen sein paukender oder klopfender 1 Herzton bei beweglichen Klappensegeln abgeschwacht bei unbeweglichen Klappensegeln 2 Herzton links vom Brustbein haufig lauter Mitralklappenoffnungston oder Mitraloffnungston MOT als dritter Ton vor dem DiastolikumBei der Perkussion zeigt sich eine verstrichene Herztaille Apparative Diagnostik Bearbeiten Die weiteren diagnostisch verwertbaren Veranderungen umfassen unter anderem Rontgen Thorax Im Rontgen Thorax zeigt sich eine Vergroberung der linksseitigen Herztaille die durch eine Vorbuchtung des linken Vorhofs und des linken Herzohres verursacht wird Im seitlichen Bild kann sich nach Osophagusbreischluck eine Einengung der Speiserohre durch den linken Vorhof zeigen Eventuell sind als Zeichen der pulmonalen Hypertonie basal Kerley B Linien und eine Verengung des retrosternalen Raumes festzustellen EKG Im EKG zeigt sich haufig eine uberhohte bzw zweigipflige P Welle p mitrale als Ausdruck der Vorhofdilatation Ein Vorhofflimmern oder Vorhofflattern kann ebenfalls vorliegen Zeichen der Rechtsherzbelastung treten in Form eines Steiltyps bzw Rechtstyps der Herzachse erst im fortgeschrittenen Verlauf auf Echokardiografie Die Echokardiografie und Doppler Echokardiografie erlauben sowohl die Bestimmung der Klappenoffnungsflache als auch die Berechnung des Druckgradienten Zudem kann eine eventuell begleitend vorliegende Mitralklappeninsuffizienz gesichert werden Rechtsherzkatheteruntersuchung Bei der Rechtsherzkatheteruntersuchung und zusatzlicher ergometrischer Belastung steigt der pulmonale Druck uber das normale Mass hinaus an Linksherzkatheteruntersuchung Die Linksherzkatheteruntersuchung erlaubt eine direkte Bestimmung des Druckgradienten und der Klappenoffnungsflache Dazu kann der Druck im linken Ventrikel und zusatzlich der Wedge Druck mittels Pulmonaliskatheter bestimmt werden Klassifikation des Schweregrades Bearbeiten Eine Mitralstenose kann nach Bestimmung der Klappenoffnungsflache KOF in drei Schweregrade eingeteilt werden 3 Mild KOF grosser als 1 5 cm Moderat KOF 1 0 bis 1 5 cm Schwer KOF kleiner als 1 0 cm Daneben besteht die Moglichkeit einer komplexeren Klassifikation 4 Stadium Klappenoffnungsflache diastolischer Blutfluss ml s 1 Herzauswurfleistung l min 1 Druckgradient mm Hg 2sehr mild gt 2 0 cm 2 300 10 0 12 0 5 8mild gt 1 5 cm 2 2 0 cm 2 200 7 0 9 0 8 12mittel gt 1 0 cm 2 1 5 cm 2 150 175 5 5 6 5 12 15schwer kleiner gleich 1 0 cm 2 125 4 5 5 0 gt 151 bei einer Herzfrequenz von 60 min 2 bei Vorliegen eines normalen Pulmonalarteriendruckes Der Ubergang zwischen milder und mittlerer Form ist nicht exakt definiertTherapie BearbeitenDie therapeutischen Optionen umfassen die konservative Kontrolle der Komplikationen und die operative alternativ per Katheter Korrektur der Stenose Bei leichter Mitralstenose kann eine konservative Therapie durch korperliche Schonung und die Gabe von Diuretika entwassernde Mittel erfolgen Liegt zusatzlich ein relevanter pulmonaler Hypertonus vor kann eine Therapie mit Vasodilatantien gefasserweiternde Stoffe zum Beispiel Nitrate hilfreich sein Liegt ein rezidivierendes Vorhofflimmern mit Risiko einer kardialen Embolie vor kann eine Antikoagulation mit Marcumar erfolgen Bei schneller Uberleitung des Vorhofflimmerns auf die Kammern mit der Gefahr eines Lungenodems konnen Digitalisglykoside und Betablocker oder Verapamil zur Frequenzkontrolle eingesetzt werden ACE Hemmer sind kontraindiziert Vor blutigen Eingriffen und bei fieberhaften Infekten sollten Antibiotika zur Prophylaxe einer Endokarditis eingenommen werden Wahrend Operation und Narkose von Patienten mit Mitralstenose sollte die Herzfrequenz eher niedrig zwischen 60 und 80 Schlage min und die linksventrikulare Vorlast eher hoch gehalten werden 5 Eine operative oder interventionelle Therapie ist in jedem Fall bei starker Symptomatik und einer schwergradigen Mitralstenose sinnvoll Eine Intervention sollte nicht zu lange hinausgezogert werden da die Prognose einer Mitralstenose sonst auch nach operativer Therapie verschlechtert wird Als operative interventionelle Verfahren stehen zur Verfugung Mitralklappenvalvuloplastie Aufdehnung per Ballonkatheter Mitralklappenkommissurotomie als geschlossene oder offene Kommissurotomie Mitralklappenrekonstruktion Mitralklappenersatz biologische oder mechanische Klappe Bereits um das Jahr 1900 hielten die englischen Kardiologen Samways 1898 und Thomas Lauder Brunton 1902 6 eine chirurgische Behandlung der Mitralstenose fur moglich 7 Eine nach wenig erfolgreichen Behandlungsversuchen im Jahr 1923 durch Elliott C Cutler 8 1925 9 durch den britischen Chirurgen Henry Souttar 10 durchgefuhrte ubliche manuelle Dehnung meist hatte der Kleinfinger das richtige Mass mit digitalem Zugang durch das Herzohr wird heute praktisch nicht mehr durchgefuhrt Prognose BearbeitenGenerell ist die Prognose der Mitralklappenverengung besser als die anderer Herzklappenfehler In schweren Stadien ist allerdings die Lebenszeit der Patienten ohne Behandlung deutlich verkurzt Im Stadium NYHA III leben ohne Behandlung nach funf Jahren noch rund 60 der Patienten Im hochsten Stadium NYHA IV noch rund 15 Fuhrende Todesursachen sind die Insuffizienz des rechten Herzens ein aus der Druckerhohung im linken Vorhof resultierendes Lungenodem sowie Embolien Die Funf Jahres Uberlebensrate kann durch adaquate chirurgische Therapie auf uber 80 gesteigert werden Die Operation beinhaltet aber auch das Risiko wahrend dieser zu versterben Es liegt je nach Methode und Studie zwischen einem und funf Prozent Die Kommissurotomie ist dabei risikoarmer als ein Klappenersatz 11 Literatur BearbeitenGerd Herold u a Innere Medizin Eine vorlesungsorientierte Darstellung 2005 Reinhard Larsen Anasthesie und Intensivmedizin in Herz Thorax und Gefasschirurgie 1 Auflage 1986 5 Auflage Springer Berlin Heidelberg New York u a 1999 ISBN 3 540 65024 5 S 223 235 Klaus Holldack Klaus Gahl Auskultation und Perkussion Inspektion und Palpation Thieme Stuttgart 1955 10 neubearbeitete Auflage ebenda 1986 ISBN 3 13 352410 0 S 148 157 171 f 178 f und 196 f Einzelnachweise Bearbeiten Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 28 Reinhard Larsen 1999 S 224 f American College of Cardiology American Heart Association Task Force on Practice Guidelines Society of Cardiovascular Anesthesiologists Society for Cardiovascular Angiography and Interventions Society of Thoracic Surgeons R O Bonow B A Carabello C Kanu A C de Leon Jr D P Faxon M D Freed W H Gaasch B W Lytle R A Nishimura P T O Gara R A O Rourke C M Otto P M Shah J S Shanewise S C Smith Jr A K Jacobs C D Adams J L Anderson E M Antman D P Faxon V Fuster J L Halperin L F Hiratzka S A Hunt B W Lytle R Nishimura R L Page B Riegel ACC AHA 2006 guidelines for the management of patients with valvular heart disease a report of the American College of Cardiology American Heart Association Task Force on Practice Guidelines writing committee to revise the 1998 Guidelines for the Management of Patients With Valvular Heart Disease developed in collaboration with the Society of Cardiovascular Anesthesiologists endorsed by the Society for Cardiovascular Angiography and Interventions and the Society of Thoracic Surgeons In Circulation 114 5 1 Aug 2006 S e84 e231 PMID 16880336 Tabelle modifiziert nach S H Rahimtoola A Durairaj A Mehra I Nuno Current evaluation and management of patients with mitral stenosis In Circulation 106 10 3 Sep 2002 S 1183 1188 PMID 12208789 Reinhard Larsen 1999 S 232 235 Thomas L Brunton Preliminary note on possibility of treating mitral stenosis by surgical methods In Lancet Band 1 1902 S 352 ff Friedrich Wilhelm Hehrlein Herz und grosse Gefasse In Franz Xaver Sailer Friedrich Wilhelm Gierhake Hrsg Chirurgie historisch gesehen Anfang Entwicklung Differenzierung Dustri Verlag Deisenhofen bei Munchen 1973 ISBN 3 87185 021 7 S 164 185 hier S 173 und 176 E C Cutler S A Levine Cardiotomy and valvulotomy for mitral stenosis Experimental observations and clinical notes concerning operated case with recovery In Boston Medical and Surgical Journal Band 188 1923 S 1032 ff Henry S Souttar Surgical treatment of mitral stenosis In British Medical Journal Band 2 1925 S 603 ff Ernst Kern Sehen Denken Handeln eines Chirurgen im 20 Jahrhundert ecomed Landsberg am Lech 2000 ISBN 3 609 20149 5 S 285 Herbert Renz Polster Steffen Krautzig Basislehrbuch Innere Medizin Munchen Jena 2008 S 166 169 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mitralklappenstenose amp oldid 239166492