www.wikidata.de-de.nina.az
Mischungskryostaten auch als Entmischungskryostaten oder Verdunnungskryostaten bezeichnet sind Kuhlgerate Kryostaten die besonders tiefe Temperaturen erreichen Die zugrunde liegende 3He 4He Mischungskuhlung auch Verdunnungskuhlung engl dilution refrigeration genannt ist die gebrauchlichste nichtmagnetische Technik um kontinuierliche Temperaturbereiche von wenigen Millikelvin zu erreichen Das Verfahren beruht darauf dass bei Mischung der Isotope 3He und 4He des Elements Helium Energie aufgenommen und dem System in Form von Warme entzogen wird Es wurde Anfang der 1950er Jahre von Heinz London et al vorgeschlagen 1 und etwa zehn Jahre spater erstmals technisch umgesetzt Funktionsprinzip Bearbeiten nbsp Phasendiagramm eines 3He 4He GemischsEine Mischung der beiden Helium Isotope 3He und 4He bildet unterhalb einer kritischen Temperatur von 0 86 K zwei flussige Phasen aus eine konzentrierte Phase die im Millikelvin Bereich fast ausschliesslich aus 3He besteht und eine verdunnte Phase die im Millikelvin Bereich zu etwa 6 5 aus 3He und zu 93 5 aus 4He besteht Die 3He reiche konzentrierte Phase schwimmt wegen ihrer geringeren Dichte auf der verdunnten Phase Das 4He der verdunnten Phase bildet eine Quantenflussigkeit mit suprafluiden Eigenschaften d h die Flussigkeit bietet keinerlei Reibungswiderstand mehr In dieser idealen Flussigkeit bewegen sich die 3He Atome also vollkommen reibungsfrei wie ein dunnes 3He Gas in ansonsten leerem Raum Zwischen beiden Phasen herrscht ein thermodynamisches Gleichgewicht Wird nun aus der verdunnten Phase 3He entfernt so wird das Gleichgewicht gestort und 3He Atome aus der konzentrierten Phase treten uber die Phasengrenzflache in die verdunnte Phase uber Dieser Mischungsprozess entspricht dem Ubergang zwischen flussiger und gasformiger Phase analog zur Verdunstung Wie bei der Verdampfungskuhlung muss auch bei diesem Ubertritt uber eine Phasengrenzflache Energie aufgewendet werden Diese Energie wird Mischungsenthalpie genannt und der Umgebung als Warme entzogen dies ist gleichbedeutend mit einer Abkuhlung Physikalische Grunde fur die Mischungsenthalpie sind Das 3He Atom ist aufgrund der starkeren Nullpunktschwingung grosser als das 4He Atom sodass ein 3He Atom mehr Van der Waals Bindungen mit den kleinen 4He Atomen als mit grosseren 3He Atomen eingehen kann Zudem mussen die Energiezustande der fermionischen 3He Atome sukzessive besetzt werden In einem Gemisch sind pro Volumen stets weniger 3He zu finden als in einer reinen 3He Flussigkeit Dadurch wird die Fermi Energie in einem Gemisch auch immer niedriger sein als in einer konzentrierten Phase Ausserdem werden die Wellenfunktionen der 3He Atome von den 4He Atomen abgeschirmt sodass teilweise mehrere 3He Atome trotz Pauli Prinzips gleiche niedrige Energiezustande besetzen konnen Prinzipiell erlaubt dieser Kuhlmechanismus die Erzeugung beliebig niedriger Temperaturen da selbst fur T 0 K ein 3He Anteil von 6 5 niemals unterschritten wird Praktisch begrenzt jedoch der nicht vollstandig unterdruckbare Warmeeintrag von der Umgebung in den Kryostaten die minimal erreichbare Temperatur auf typischerweise wenige Millikelvin Aufbau Bearbeiten nbsp Schematischer Aufbau eines Verdunnungskryostaten nbsp Skizze eines 3He 4He Mischungskryostaten Vektorgrafik nbsp Verdunnungskryostat nbsp Kontrolltafel eines 3He 4He MischungskuhlersIm Verdunnungskryostaten liegt die Grenze zwischen beiden Phasen in der Mischkammer Um das kuhlende dynamische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten muss der unteren Phase kontinuierlich 3He entzogen werden Dazu wird die verdunnte Losung in eine Verdampfungskammer engl Still gepumpt und dort auf etwa 600 mK erwarmt Wegen des unterschiedlichen Dampfdrucks beider Isotope verdunstet dabei hauptsachlich 3He Uber Warmeubertrager wird dieses 3He Gas bis auf Raumtemperatur erwarmt durchlauft die Pumpe und wird in Kuhlfallen gereinigt Anschliessend wird es durch konventionelle Techniken Verdampfungskuhlung im sog 1K Topf und oben erwahnte Warmeubertrager wieder abgekuhlt bis es im Kondensor bei etwa 1 Kelvin wieder verflussigt Der Kondensor dient zugleich zur Vorkuhlung des Kryostaten Von hier aus wird das 3He der konzentrierten Phase in der Mischkammer in der die Phasengrenze zwischen konzentrierter und verdunnter Phase liegt im Gegenstromprinzip uber Warmeubertrager wieder zugefuhrt Dieser Kreislauf bewirkt eine kontinuierliche Kuhlung Die Kuhlleistung wird durch den Fluss des 3He bestimmt und betragt ublicherweise einige hundert Mikrowatt Um mit dieser begrenzten Leistung moglichst tiefe Temperaturen zu erzielen muss die von aussen zufliessende Warmeenergie minimiert werden Deshalb befindet sich der Kryostat in einem Dewargefass der ihn thermisch von der Laborumgebung entkoppelt In seinem geschichteten Aufbau gleicht der Dewar einer handelsublichen Thermoskanne Typischerweise kommen von aussen nach innen eine aussere Vakuumkammer ein Bad mit flussigem Stickstoff 77 K ein Bad mit flussigem Helium 4 2 K und eine innere Vakuumkammer In der inneren Vakuumkammer liegt die Mischkammer Dort herrscht die tiefste Temperatur Die zu untersuchende Probe befindet sich entweder im inneren Vakuum mit gutem thermischen Kontakt zur Mischkammer oder direkt im Heliumgemisch innerhalb der Mischkammer Eine weitere Warmequelle ist die von aussen nach innen fuhrende elektrische Verkabelung Warme fliesst von der auf Labortemperatur befindlichen Seite der Kabel in den Kryostaten hinein Um diese Warme effizient abzufuhren ohne die Probe zu heizen werden von aussen kommende Leitungen an jeder Stufe des Kryostaten um metallische Kaltfinger gewickelt und dadurch thermisch moglichst gut angekoppelt im Heliumbad bei 4 2 K am 1K Topf bei etwa 1 2 K an der Verdampfungskammer bei etwa 700 mK und schliesslich an der Mischkammer bei wenigen Millikelvin Dabei muss gewahrleistet sein dass die Kuhlstufen weiterhin thermisch voneinander isoliert sind Abhangig von den experimentellen Anforderungen kann dies entweder durch hochohmige Verkabelung Wiedemann Franzsches Gesetz oder supraleitende Materialien erreicht werden Im abgebildeten Verdunnungskryostat wurden 24 Leitungen aus Konstantan und 24 Leitungen aus NbTi verlegt die jeweils an einen Probenhalter angeschlossen sind Bei NbTi handelt es sich um einen Typ 2 Supraleiter Tc 9 8 K weshalb die supraleitenden Eigenschaften auch bei hohen Magnetfeldern erhalten bleiben Die Verdoppelung der Anzahl der Messleitungen von 24 auf 48 fuhrte bei diesem Kryostaten zu einer Erhohung der niedrigsten erreichbaren Mischkammertemperatur Tmc von 13 mK auf 18 mK Quellen Bearbeiten Matter and Methods at Low Temperatures Frank Pobell Springer Verlag ISBN 978 3 540 46356 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mischungskryostat amp oldid 234658860