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Das Massengrab von Wiederstedt wurde 1998 bei den Vorbereitungen zum Bau eines Feuerwehrgeratehauses im Ortsteil Wiederstedt der Gemeinde Arnstein in Sachsen Anhalt entdeckt Obwohl Grabbeigaben fehlten konnten die insgesamt zehn Skelette anhand von Keramikscherben in die jungsteinzeitliche Epoche der Linearbandkeramischen Kultur datiert werden Im Unterschied zu den annahernd gleich alten Massengrabern infolge des Massakers von Kilianstadten des Massakers von Schletz des Massakers von Talheim und des Massakers von Halberstadt wiesen die zehn Skelette im Massengrab von Wiederstedt keine nachweisbaren Verletzungen auf die zu ihrem Tode hatten fuhren konnen 1 Entdeckung BearbeitenAnfang Januar 1998 begannen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr von Wiederstedt mit dem Ausheben der Baugrube fur die geplante Erweiterung ihres Geratehauses Ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger entdeckte kurz nach Beginn der Arbeiten dass die Uberreste von mehreren Erdbestattungen zutage getreten waren Anhand von zwei Munzen die in einem der Graber lagen wurden die in gestreckter Ruckenlage Beerdigten und die Uberreste ihrer Sarge im Verlauf einer Notgrabung in die zweite Halfte des 18 Jahrhunderts datiert Unter diesen neuzeitlichen Grabern wurden jedoch Farbveranderungen im Boden entdeckt die darauf schliessen liessen dass es eine noch tieferliegende Grube gegeben haben konnte Daraufhin wurde die Sohle der Baugrube auf einer Flache von 2 4 1 2 Metern abgetragen Tatsachlich wurden in 1 6 Metern Tiefe unter den Grabern Skelette entdeckt die sich als eine weit altere Bestattung erwiesen Die Knochen lagen in einer runden Grube von 1 5 Metern Durchmesser mit steilen Wanden die in den Lossboden gegraben worden war In der Grube befanden sich insgesamt zehn menschliche Skelette die in keiner erkennbaren Ordnung uber und nebeneinanderliegend angetroffen wurden wobei Bauch Rucken und Seitenlagen vorkamen 1 Unter der nur 25 Zentimeter dicken Schicht in der die Skelette eingebettet waren befand sich eine 30 Zentimeter dicke Schicht mit Siedlungsabfallen wie Scherben und Tierknochen woraus die Ausgraber des Landesamtes fur Denkmalpflege und Archaologie Sachsen Anhalt und des Instituts fur Anthropologie der Johannes Gutenberg Universitat Mainz schlossen dass die Grube nicht ursprunglich dazu ausgehoben worden war um die Toten aufzunehmen Uberreste von Grabbeigaben oder von Bestandteilen der Kleidung wurden nicht entdeckt Einzelne Scherben die oberhalb der Skelette lagen gelangten nach dem Ablegen der Toten beim Verfullen der Grube in diese hinein Dem Aussehen nach liessen sich die Scherben der mittleren bis jungeren Linearbandkeramik zuordnen aus deren Epoche es bereits zuvor in der Nachbarschaft wiederholt Funde gegeben hatte so dass es vermutlich im Gebiet des heutigen Wiederstedt vor rund 7000 Jahren eine linearbandkeramische Siedlung gegeben hat In einem Ubersichtsartikel heisst es Die Siedlungsgrube wird mehr oder weniger zufallig zur Aufnahme der Toten in Anspruch genommen worden sein da sie gerade zu dem Zeitpunkt offenstand als die zehn Leichen deponiert bzw entsorgt werden mussten 1 Der Fund entzieht sich folglich einer Einordnung in die klassische Dreiteilung von Siedlungsfund Grabfund oder Hortfund Untersuchung der Funde BearbeitenAuffalligstes Merkmal der Funde war deren Altersverteilung Die Skelette stammen von zwei Erwachsenen und acht Kindern Eines der Kinder war ca 3 Jahre alt funf Kinder ca 7 bis 12 Jahre alt und zwei Kinder ca 13 bis 16 Jahre alt Die beiden Erwachsenen waren ein junger Mann im Alter von 18 bis 25 Jahren und eine Frau im Alter von 35 bis 45 Jahren Da alle Skelette auf engem Raum aber dennoch uberwiegend im anatomischen Verband angetroffen wurden so kann man davon ausgehen dass alle Leichen zum gleichen Zeitpunkt in die Grube gelangten Dies legt gleichartige Todesumstande Zeitpunkt Ort Todesursache der angetroffenen Individuen nahe was nur durch eine Ausnahmesituation innerhalb der Ausgangspopulation erklart werden kann 1 Ausser zeittypischen Befunden wie unverheilte Entzundungen an einzelnen Zahnen anderen Erkrankungen im Bereich von Oberkiefer und Unterkiefer sowie Alters und Belastungserscheinungen an Kniescheibe Wadenbein und Fersenbein der erwachsenen Frau wurden keine pathologischen Veranderungen gefunden insbesondere keine Spuren von Gewaltanwendung durch Flachbeile Schuhleistenkeile oder Pfeilspitzen typische Befunde aus anderen Massengrabern der Linearbandkeramiker Solche Massengraber waren jedoch auch vor rund 7000 Jahren eine Ausnahme eine regulare Grablegung erfolgte zumeist mit Grabbeigaben in seitlicher Lage mit angewinkelten Beinen und Blick nach Suden oder Norden also nicht in regelloser Lage wie in Wiederstedt Da Spuren von Gewaltanwendung fehlen die Altersstruktur den Forschern zufolge eine Opferhandlung unwahrscheinlich erscheinen lasst wird ein einzelnes unglucksartiges Ereignis als wahrscheinlicher Ausloser fur die ungewohnliche Ablage der Toten angesehen Die Nutzung einer bestehenden Siedlungsgrube zur Aufnahme der Leichen mag ein Ausdruck des Wunsches oder der Notwendigkeit gewesen sein die Toten so schnell wie moglich zu beseitigen 1 Vermutet wird daher dass die Toten einer Epidemie zum Opfer gefallen sind 2 und dass ihre Entsorgung moglicherweise ein Hinweis auf Angst vor gefahrlichen Toten ist 1 Belege Bearbeiten a b c d e f Christian Meyer Olaf Kurbis und Kurt W Alt Das Massengrab von Wiederstedt Ldkr Mansfelder Land Auswertung und Gedanken zur Deutung im Kontext der Linienbandkeramik In Jahresschrift fur mitteldeutsche Vorgeschichte Band 88 2004 S 31 66 Volltext Katharina Fuchs et al Infectious diseases and Neolithic transformations Evaluating biological and archaeological proxies in the German loess zone between 5500 and 2500 BCE In The Holocene Band 29 Nr 10 2019 doi 10 1177 0959683619857230 51 66799 11 53264 Koordinaten 51 40 4 8 N 11 31 57 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Massengrab von Wiederstedt amp oldid 237522622