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Das Massaker von Istanbul wurde im Jahr 1821 von Turken teilweise auch von osmanischen Behorden als Reaktion auf den Ausbruch des Griechischen Unabhangigkeitskrieges an der griechischen Bevolkerung von Istanbul Phanarioten verubt Sobald die ersten Nachrichten uber den griechischen Aufstand die osmanische Hauptstadt erreichten kam es zu Massenexekutionen Pogromen der Zerstorung von Kirchen und der Plunderung des Eigentums griechischer Bewohner der Stadt Die Ereignisse gipfelten in der Erhangung des Okumenischen Patriarchen Gregor V und der Enthauptung des Dragoman der Hohen Pforte Konstantin Mourousis Zeitgenossische Darstellung der Pogrome Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Hinrichtung des Patricharchen von Konstantinopel und des Dragoman der Hohen Pforte 3 Ausweitung der Pogrome bis April 1821 4 Anti griechische Massaker in anderen Teilen des Osmanischen Reiches Mai bis Juli 1821 5 Nachwirkungen 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenAnfang Marz 1821 uberschritt der griechische General Alexander Ypsilanti den Prut und marschierte im Furstentum Moldau ein das zu jener Zeit ein Vasallenstaat des Osmanischen Reichs war Ziel war es dem osmanischen Sultan dieses Gebiet zu entreissen Es war der Beginn des griechischen Unabhangigkeitskrieges gegen das Osmanische Reich 1 Schnell verbreitete sich das Gerucht dass Turken von Griechen in den Donaufurstentumern massakriert worden seien 2 insbesondere in Iași und Galați 3 Der Grosswesir befahl die Verhaftung von sieben griechischen Bischofen in Istanbul Daruber hinaus trafen am Abend des 2 April erste Nachrichten von einem griechischen Aufstand in Sudgriechenland in Istanbul ein 4 Tatsachlich hatte sich die Rebellion schnell auf Morea Attika die agaischen Inseln Thessalien und Makedonien ausgeweitet 5 Es kam zu ersten Ubergriffen auf die turkische Bevolkerung der Regionen die sich mit Ubergriffen auf Griechen rachte 6 Sultan Mahmud II beschuldigte fuhrende Personlichkeiten der griechischen Gemeinschaft insbesondere den Okumenischen Patriarchen Gregor V und den Dragoman der Hohen Pforte Konstantin Mourousis Kenntnis von den Planen eines Aufstandes gehabt zu haben doch beide beteuerten ihre Unschuld Trotzdem forderte der Sultan eine Fatwa vom Schaich al Islam Haci Halil Efendi die ein Massaker gegen alle im Reich lebenden Griechen erlauben sollte 7 Der Grossmufti war verpflichtet dem Wunsch des Sultans nachzukommen doch der Patriarch konnte den Mufti uberzeugen dass nur wenige Griechen in den Aufstand verwickelt waren und so zog Haci Halil Efendi die Fatwa zuruck 1 Dafur wurde Haci Halil Efendi vom Sultan spater verbannt 4 Der Okumenische Patriarch wurde von den osmanischen Behorden gezwungen die Revolutionare zu exkommunizieren was er am Palmsonntag 1821 auch tat Obwohl er an dem Aufstand nicht beteiligt war betrachtete ihn die Hohe Pforte immer noch als des Verrats schuldig weil er als Vertreter der orthodoxen Bevolkerung des Osmanischen Reiches den Aufstand nicht verhindert hatte 8 Hinrichtung des Patricharchen von Konstantinopel und des Dragoman der Hohen Pforte Bearbeiten nbsp Peter von Hess Darstellung des Wurfes des Leichnams des Patriarchen Gregor V von Konstantinopel in den BosporusObwohl der Patriarch den Forderungen nach einer Exkommunikation der Revolutionare nachgekommen war konnte er den osmanischen Herrscher nicht beschwichtigen 9 Noch am Tag der Exkommunikation befahl der Sultan die Hinrichtung des Grossen Dragoman Konstantin Mourousis Er wurde am Amtssitz des Reis ul Kuttab verhaftet und enthauptet sein Korper offentlich ausgestellt 10 Daruber hinaus wurden auch sein Bruder und fuhrende Mitglieder der Phanarioten hingerichtet 11 obwohl tatsachlich nur wenige Griechen mit den Revolutionaren verbunden waren 12 Trotz der Bemuhungen des orthodoxen Patriarchen seine Loyalitat gegenuber dem Sultan zu bekennen konnte er diesen nicht uberzeugen 10 Eine Woche nach der Exkommunikation wurde er am Ostersonntag 10 April 1821 nach einer liturgischen Feier von osmanischen Soldaten verhaftet und am zentralen Tor des Patriarchats gehangt 13 14 15 Sein Korper blieb drei Tage lang am Tor hangen wurde dann der Bevolkerung ubergeben die ihn durch die Strassen schleifte und anschliessend ins Goldene Horn warf 7 16 Der Leichnam wurde schliesslich von der griechischen Besatzung eines russischen Schiffes geborgen nach Odessa gebracht und funfzig Jahre spater nach Griechenland uberfuhrt wo Gregor V am 100 Jahrestag seines Todes von der griechisch orthodoxen Kirche heiliggesprochen wurde 16 Gregors Hinrichtung verursachte Emporung in ganz Griechenland und im ubrigen Europa und fuhrte zu einem Anstieg der Sympathie und Unterstutzung fur die Rebellen 16 Das Tor an dem er aufgehangt wurde bleibt bis heute geschlossen Ausweitung der Pogrome bis April 1821 BearbeitenAm Tag der Erhangung Gregors V wurden drei Bischofe und Dutzende anderer Griechen darunter hohe Beamte der osmanischen Verwaltung in verschiedenen Teilen der osmanischen Hauptstadt hingerichtet 7 Unter ihnen waren die Metropoliten Dionysios von Ephesos Athanasios von Nikomedia Gregor von Derkoi und Eugenios von Anchialos 14 Daruber hinaus signalisierte die Hinrichtung des Patriarchen eine Terrorherrschaft gegen die in Istanbul lebenden Griechen und fanatische Muslime wurden ermutigt griechische Gemeinschaften im gesamten Osmanischen Reich anzugreifen 17 So durchstreiften Gruppen fanatischer Muslime darunter auch Janitscharen die Strassen der Stadt sowie der umliegenden Dorfer Sie plunderten griechische Kirchen und Privateigentum und initiierten ein grossangelegtes Pogrom 18 Rund 14 christliche Kirchen wurden schwer beschadigt einige von ihnen vollstandig zerstort Auch der Gebaudekomplex des Patriarchen wurde zum Ziel Der neu gewahlte Patriarch Eugenius II rettete sich im letzten Moment mit einer Flucht auf das Dach seines Amtssitzes 19 Die osmanischen Behorden suchten prominente Griechen aus ganz Istanbul im Regierungsdienst in der orthodoxen Kirche oder bei prominenten Familien und toteten sie durch Erhangen oder Enthauptung 20 Daruber hinaus wurden mehrere hundert griechische Kaufleute in der Stadt getotet 21 Bis Mai 1821 nahmen die Beschrankungen fur die ortlichen Griechen zu wahrend weiterhin Kirchen angegriffen wurden 19 Am 24 Mai legte Patriarch Eugenius den osmanischen Behorden ein Memorandum vor und bat sie dem griechischen Volk und der Kirche gegenuber barmherzig zu sein Er behauptete nur wenige Griechen hatten sich erhoben und nicht die gesamte Nation 19 Eugenius wiederholte auch die Exkommunikation Gregors gegenuber den Revolutionaren Trotzdem blieben offentliche Hinrichtungen von Griechen in Istanbul ein tagliches Ereignis Am 15 Juni 1821 wurden funf Erzbischofe und drei Bischofe hingerichtet Anfang Juli teilten weitere siebzig das gleiche Schicksal 20 Zusatzlich wurden 450 Ladenbesitzer und Handler zusammengetrieben und zur Arbeit in Minen geschickt 20 Anti griechische Massaker in anderen Teilen des Osmanischen Reiches Mai bis Juli 1821 BearbeitenDie Pogrome griffen auch auf andere Grossstadte des Osmanischen Reiches mit bedeutenden griechischen Bevolkerungsgruppen uber In Adrianopel wurden am 3 Mai der fruhere Patriarch Kyrill VI von Konstantinopel 14 neun Priester und zwanzig Kaufleute vor der ortlichen Kathedrale gehangt Andere Griechen mit niedrigerem sozialem Status wurden hingerichtet ins Exil geschickt oder inhaftiert 20 In Smyrna heute Izmir wurden zahlreiche osmanische Truppen zusammengezogen die auf den Befehl warteten gegen die Rebellen in Griechenland zu marschieren Sie drangen in die Stadt ein und begingen zusammen mit turkischen Bewohnern ein Massaker an der christlichen Bevolkerung der Stadt 22 Wahrend eines weiteren Massakers in der uberwiegend griechischen Stadt Ayvalik wurde die Stadt niedergebrannt aus Angst die Einwohner konnten sich der Revolution in Griechenland anschliessen 23 Auch in Ayvalik wurden Hunderte Griechen getotet und viele der Uberlebenden als Sklaven verkauft 22 In der Folge kam das Leben in der Stadt zum Erliegen und damit auch der bedeutendste Hafen des Osmanischen Reiches Viele Griechen flohen auf die agaischen Inseln und nach Griechenland 24 Ahnliche Massaker an der griechischen Bevolkerung ereigneten sich in diesen Monaten auch auf den agaischen Inseln Kos und Rhodos Ein Teil der griechischen Bevolkerung in Zypern wurde ebenfalls getotet Unter den Opfern befanden sich der Erzbischof Kyprianos sowie funf weitere lokale Bischofe 23 Nachwirkungen BearbeitenDer britische und der russische Botschafter protestierten heftig gegen die Hinrichtung des Patriarchen 25 Insbesondere der russische Botschafter Baron Grigori Alexandrowitsch Stroganow protestierte gegen die Behandlung der orthodoxen Christen 26 Im Juli 1821 erklarte Stroganow wenn die Massaker gegen die Griechen fortgesetzt wurden ware dies ein Kriegsakt der Pforte gegen alle christlichen Staaten Auch die offentliche Meinung in den europaischen Landern richtete sich gegen das Osmanische Reich insbesondere in Russland 27 Die franzosische Tageszeitung Le Constitutionnel berichtete am 21 Mai 1821 dass die osmanischen Behorden offiziell beschlossen hatten alle christlichen Untertanen des Reiches abzuschlachten 22 28 Dieselbe Zeitung erklarte auch es sei die Absicht der osmanischen Regierung das Christentum vom Erdboden zu wischen 29 In einem Ultimatum vom 18 Juli 1821 forderte das Russische Reich umgehend einen Ruckzug des Osmanischen Reiches aus den Donaufurstentumern eine Sanierung aller zerstorten Kirchen den Schutz orthodoxer Christen und eine Garantie der Handelsrechte Die Hohe Pforte liess das Ultimatum von acht Tagen verstreichen woraufhin der russische Botschafter aus Istanbul abgezogen wurde In der Folge verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den Landern deutlich und gipfelten im Russisch Turkischen Krieg von 1828 29 30 Die Ereignisse in Istanbul losten ihrerseits Massaker an turkischen Gemeinden in Regionen aus in denen der griechische Aufstand in vollem Gange war 31 Andererseits wurde ein Teil der 1453 gesicherten Jurisdiktion des Okumenischen Patriarchen aufgehoben 11 Das Patriarchat war bis dahin vom Osmanischen Reich als alleiniger Vertreter der orthodoxen Gemeinschaften des Reiches anerkannt worden Neben der Fuhrung des griechisch orthodoxen Millet hatte der orthodoxe Patriarch die alleinige Rechts Verwaltung und Bildungshoheit in seiner Gemeinde 7 Einzelnachweise Bearbeiten a b Felix Schroder Mathias Bernath Biographisches Lexikon zur Geschichte Sudosteuropas Oldenburg Munchen 1979 ISBN 978 3 486 48991 0 S 72 Gabor Agoston Bruce Alan Masters Encyclopedia of the Ottoman Empire Infobase Publishing 2009 ISBN 978 1 4381 1025 7 S 240 Barbara Jelavich History of the Balkans Cambridge University Press Cambridge 2009 S 212 1983 a b Charles A Frazee The Orthodox church and independent Greece 1821 1852 Cambridge University Press Cambridge 1969 S 27 Theophilus C Prousis Eastern Orthodoxy under Siege in the Ottoman Levant A View from Constantinople in 1821 In History 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