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Marinus Barletius albanisch Marin Barleti italienisch Marino Barlezio um 1450 oder nach 1460 in Shkodra nach 1512 in Rom war ein katholischer Priester venezianischer Humanist und albanischer Geschichtsschreiber Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenUber das Leben des Marinus Barletius ist nur sehr wenig bekannt Geboren wurde er vermutlich um die Mitte des 15 Jahrhunderts im nordalbanischen Skutari das seit 1396 unter venezianischer Herrschaft stand Ob seine Familie ursprunglich aus Italien stammte haufig wird der Namen Barletius mit der apulischen Hafenstadt Barletta in Verbindung gebracht wie die Mehrzahl der Gelehrten meint 1 daruber herrscht in der Forschung keine einheitliche Meinung 2 Das erste Datum im Leben des Barletius das sich mit Sicherheit bestimmen lasst ist das Jahr 1474 Er berichtet namlich in seinen Werken Augenzeuge gewesen zu sein als die Osmanen in diesem Jahr Skutari ein erstes Mal erfolglos belagerten 3 Als nur vier Jahre spater im Fruhjahr 1478 ein zweites turkisches Heer den Befehl fuhrte Sultan Mehmed II personlich gegen Skutari anruckte befand sich Barletius wieder in seiner Heimatstadt Er nahm dieses Mal wie er berichtet auch selbst an den Abwehrkampfen teil 4 Den Osmanen gelang es trotz grosser Anstrengungen und Aufbietung beachtlicher Krafte auch im zweiten Versuch nicht Skutari zu erobern oder die Stadt durch eine lange Belagerung auszuhungern und so in die Knie zu zwingen Gemass den Vereinbarungen des zwischen der Serenissima und der Hohen Pforte geschlossenen Friedensvertrages vom 25 Januar 1479 mit dem der sogenannte Zweite Venezianische Turkenkrieg 1463 1479 seinen Abschluss fand musste die Stadt aber im April 1479 von den Venezianern geraumt und an die Turken abgetreten werden Der Besatzung wurde freier Abzug gestattet die Bevolkerung wurde vor die Wahl gestellt in Skutari zu bleiben und unter neuen Herren zu leben oder mit Hab und Gut ihre Heimat zu verlassen und in venezianisches Gebiet zu ubersiedeln Die Quellen berichten dass sich die gesamte Bevolkerung die die langen Monate der Belagerung uberlebt hatte fur die zweite Moglichkeit entschied Zu diesen Auswanderern gehorte auch Barletius 5 Im Jahr 1484 scheint Barletius als Inhaber eines banco an der Piazza di Rialto in Venedig auf der ihm von der Stadt zur Pension und Versorgung zugewiesen worden war In den Jahren 1489 und 1495 fungierte er nachweislich als Zeuge bei Doktoraten die an der Universitat Padua abgelegt wurden In seinen Werken erscheint Barletius stets als Scodrensis sacerdos dt Priester aus Skutari Priester war er aber nachweislich nicht schon in seiner albanischen Heimat gewesen die Weihe empfing er vielmehr erst 1494 im italienischen Exil wahrscheinlich in Venedig oder Rom Wenigstens fur einige Jahre war er Pfarrer im vicentinischen Piovene 6 In Italien verkehrte Barletius haufig im Kreis rund um Petrus Angelus einem Bruder des bekannten Paulus Angelus ehedem Erzbischof von Durazzo und als solcher einer der wichtigsten Vertrauten und treuesten Parteiganger Georg Kastriotas genannt Skanderbeg in dessen Kampf gegen die Turken auf dem Balkan Es war wohl der Umgang in diesem Kreis in dem auch viele andere Gelehrte und hoch stehende Manner aus Albanien und Dalmatien verkehrten die vor der wachsenden Turkengefahr nach Italien geflohen waren und sich in ihrer Exilheimat rund um die Angeli scharten von dem Barletius den eigentlichen Anstoss fur seine literarische Tatigkeit erhielt Der Nachwelt hinterliess der Skutariner Humanist drei historiographische Werke Den Anfang machte er 1504 mit De obsidione Scodrensi gedruckt in Venedig bei Bernardino dei Vitali dt Uber die Belagerung von Skutari einer kleinen aus drei Buchern bestehenden historischen Monographie Er berichtet darin als Augenzeuge uber die Belagerungen seiner Heimatstadt durch die Osmanen 1478 1479 Der eigentlichen Schilderung der Belagerung ist im ersten Buch ein Uberblick uber die osmanische Fruhgeschichte und die mittelalterliche epirotische das heisst albanische Geschichte vorangestellt nbsp Titelseite von Historia de vita et gestis Scanderbegi Epirotarum principis Rom Bernardino dei Vitali 1510 Nur wenige Jahre danach wahrscheinlich um 1510 erschien in Rom gedruckt wieder in der Offizin des Bernardino dei Vitali Barletius wohl beruhmtestes Werk seine grosse 13 Bucher umfassende Skanderbegbiographie mit dem Titel Historia de vita et gestis Scanderbegi Epirotarum principis dt Geschichte vom Leben und den Taten Skanderbegs Furst von Epirus Das Buch fand im ganzen Abendland rasche Verbreitung und wurde vielfach nachgedruckt neu aufgelegt und gemeinsam mit anderen Turkenschriften abgedruckt Schon wenige Jahre nach der Veroffentlichung wurde die Historia in die grossen europaischen Volkssprachen ubersetzt unter anderem ins Deutsche 1533 in Augsburg italienisch 1554 in Venedig franzosisch 1576 in Paris spanisch 1588 in Lissabon englisch 1596 in London Die volkssprachlichen Ubertragungen wurden selbst vielfach neu aufgelegt nachgedruckt adaptiert und fur verschiedenste literarische Genera fruchtbar gemacht Der durchschlagende Erfolg der seiner Historia von Anfang an in ganz Europa beschieden war machte sie zum Dreh und Angelpunkt der gesamten abendlandischen Skanderbegtradition und beeinflusst diese bis heute 7 Ein Held der ganz in antikes Stilgewand gekleidet vor allem Livius Sallust und Plutarchs Vita Alexandri auftritt handelt und spricht die an vielen Stellen deutlich durchscheinende provenezianische Tendenz des Autors und die zahlreichen chronologischen und sachlichen Ungenauigkeiten die sich in der Darstellung der Historia ausmachen lassen haben ab der Mitte des 19 Jahrhunderts dazu gefuhrt dass der Quellenwert der Schrift stark in Zweifel gezogen wurde 8 Die Ergebnisse der Quellenforschung der jungeren Zeit erlauben wieder ein deutlich positiveres Bild Dort wo Paralleluberlieferung vorliegt etwa in Form von dalmatinischem oder italienischem Archivgut werden die Angaben die Barletius in seiner Historia macht im Grossen und Ganzen bestatigt 9 In den Jahren nach der Veroffentlichung seiner Skanderbegvita arbeitete Barletius noch an einem dritten Geschichtswerk einem kleinen Compendium mit Papst und Kaiserviten reichend von Petrus und Romulus und Remus bis in die eigene Zeit Die Drucklegung des Compendiums das heute nur mehr in der zweiten von den Herausgebern stark erweiterten Auflage Rom Vincentius Lucrinus 1555 greifbar ist erlebte Barletius wohl nicht mehr Die Abschnitte des Compendiums die mit Sicherheit der Feder des Barletius zugeschrieben werden konnen reichen bis in das Jahr 1512 Danach verliert sich Barletius Spur Sein Todesort und jahr sind nicht bekannt Werke BearbeitenDe obsidione Scodrensi ad serenissimum Leonardum Lauretanum aristocratiae Venetae principem Contones variae a Meumethe Turcarum principe et ab aliis militiae praefectis artificiose compositae Venedig 1504 Google Books In Konrad Clauser Hrsg Laonici Chalcondylae Atheniensis de origine et rebus gestis Turcorum Basel 1556 S 382 440 Google Books In Philipp Lonicerus Hrsg Chronica Turcica Bd 3 Frankfurt a M 1578 fol 231r 271r Google Books Stefan Zathammer Hrsg De obsidione Scodrensi Uber die Belagerung von Skutari Die Neulateinische Bibliothek Band 2 Wien 2017 kritische Ausgabe mit Einleitung Ubersetzung und Anmerkungen Historia de vita et gestis Scanderbegi Epirotarum principis Rom 1510 Google Books De vita moribus ac rebus praecipue adversas Turcas gestis Georgii Castrioti clarissimi Epirotarum principis qui propter celeberrima facinora Scanderbegus hoc est Alexander Magnus cognominatus fuit Strassburg 1537 Google Books In Philipp Lonicerus Hrsg Chronica Turcica Bd 3 Frankfurt a M 1578 fol 1r 230v Google Books Vita et res praeclare gestae Christi athletae Georgii Castrioti Epirotarum pinrcipis qui propter heroicam virtutem suam a Turics Scander Beg id est Alexander Magnus cognominatus est Agram 1743 Google Books Compendium vitarum summorum pontificum usque ad Marcellum II imperatorumque Romanorum ac icones eorum Constantinopolitanorumque omnium usque ad Carolum V nec non regum illustriumque consulum Romanorum Venedig 21555 Google Books von der Erstauflage ist kein Exemplar mehr greifbar Literatur BearbeitenFranz Babinger Mehmed der Eroberer und seine Zeit Weltensturmer einer Zeitenwende Munchen 1959 Franz Babinger Barlezio Marino In Alberto M Ghisalberti Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 6 Baratteri Bartolozzi Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 1964 S 405 407 Peter Bartl Barletius Marinus In Mathias Bernath Felix von Schroeder Hrsg Biographisches Lexikon zur Geschichte Sudosteuropas Band 1 Munchen 1974 S 138 139 ios regensburg de Eric Cochrane Historians and Historiography in Renaissance Italy Chicago London 1981 S 330 398 Robert Elsie Dictionary of Albanian Literature New York Westport London 1986 S 11 12 Robert Elsie History of Albanian Literature Band 1 New York 1995 S 28 29 Robert Elsie Albanian Literature A Short History New York 2005 S 33 34 Armin Hetzer Albanien In Der Neue Pauly DNP Band 13 Metzler Stuttgart 1999 ISBN 3 476 01483 5 Sp 56 62 David Hosaflook Marin Barleti The Siege of Shkodra Albania s courageous stand against Ottoman conquest 1478 Tirana 2012 Jozef IJsewijn Companion to Neo Latin Studies 2 Auflage Band 1 Leiden 1990 S 88 90 Lucia Nadin Albania ritrovata Recuperi di presenze albanesi nella cultura e nell arte del cinquecento veneto Tirana 2012 Fan Stylian Noli George Castrioti Scanderbeg 1405 1468 Diss Boston 1945 bes S 11 13 archive org Nouvelle biographie universelle Band 4 Paris 1853 Sp 518 archive org Francesco Pall Marino Barlezio Uno storico umanista In Constantin Gheorghe Marinescu Hrsg Melanges d histoire generale Band 2 Klausenburg 1938 S 135 318 archiviostudiadriatici it nach wie vor grundlegend Giuseppe Schiro Storia della letteratura albanese Mailand 1959 S 12 Oliver Jens Schmitt Das venezianische Albanien 1392 1479 Sudosteuropaische Arbeiten Band 110 Munchen 2001 Oliver Jens Schmitt Skanderbeg Der neue Alexander auf dem Balkan Regensburg 2009 Kenneth Meyer Setton The Papacy and the Levant 1204 1571 Band 2 Philadelphia 1978 Stefan Zathammer Hrsg Marinus Barletius De obsidione Scodrensi Uber die Belagerung von Skutari Die Neulateinische Bibliothek Band 2 Wien 2017 Stefan Zathammer Barletius Marinus In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 42 Bautz Nordhausen 2021 ISBN 978 3 95948 505 0 Sp 86 98 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Marinus Barletius Quellen und VolltexteEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Pall 1938 S 135 137 Babinger 1964 S 405 Setton 1978 S 73 u a m Von albanischer Seite aus wird diese These mit aller Heftigkeit bestritten Vgl Hosaflook 2012 S xxix 11 Hist 4 fol 46r Hist 6 fol 74v Obs Scodr 3 fol qiiiv qivr Vgl Nadin 2012 S 99 129 Schmitt 2009 S 340 Unzweifelhaft ist dass sich die gesamte Skanderbegtradition im Abendland und auf dem Balkan auf Barletius zuruckfuhrt Vgl z B Babinger 1959 63 161 162 Setton 1978 S 72 73 Vgl Schmitt 2009 S 340 341 Normdaten Person GND 104276681 lobid OGND AKS LCCN n87949329 VIAF 179667116 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Barletius MarinusALTERNATIVNAMEN Barlezio Marino italienisch KURZBESCHREIBUNG Humanist und HistoriographGEBURTSDATUM um 1450GEBURTSORT Skutari AlbanienSTERBEDATUM 1512 oder 1513STERBEORT unsicher Rom Italien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marinus Barletius amp oldid 239198228