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Das Marburger 15 Stimmen Quorum war 1982 der Ausloser einer politischen Kontroverse in Hessen Das Quorum hatte seit 1977 dafur gesorgt dass die Entscheidungen der Grossen Koalition in der Stadtverordnetenversammlung von Marburg ohne parlamentarische Erorterung blieben Protestaktionen und Klageerhebungen bewirkten 1983 eine Novellierung Inhaltsverzeichnis 1 Verlauf 1 1 Vorgeschichte 1 2 Ampelkoalition 1 3 Hintergrund 1 4 Gegenaktionen 1 5 Novellierung 2 EinzelnachweiseVerlauf BearbeitenVorgeschichte Bearbeiten Im Mai 1977 hatten die in der Stadtverordnetenversammlung eine Regierungskoalition bildenden Parteien CDU und SPD zum Zwecke des Ausschlusses der DKP Fraktion vom parlamentarischen Meinungsbildungsprozess eine Hurde fur Aussprache Antrage in der Geschaftsordnung festgeschrieben Um eine Plenardebatte abhalten zu konnen bedurfte es fortan mindestens 15 Unterstutzerstimmen mehr als alle Oppositionssitze zusammengenommen Diese erst spater eingestandene Intention wurde in offiziellen Statements verschleiert zum Beispiel vom Vorsitzenden des Haupt und Finanzausschusses Hans Joachim Wolk SPD der nur verhindert sehen wollte dass das Parlament mit endlosen Debatten uberzogen und damit von der Wahrnehmung seiner Aufgaben abgehalten wird 1 Die DKP in der Universitatsstadt traditionell drittstarkste Fraktion ergab sich in ihr Schicksal weil die Erfahrung sie gelehrt hatte nicht gegen das Establishment anzukommen 1 Die zum Establishment gehorende FDP konnte immerhin auf dessen Verbundenheit das heisst auf das Wohlwollen der von Hanno Drechsler SPD seit September 1970 angefuhrten Kommunalregierung bauen 1 Ampelkoalition Bearbeiten Sitzverteilung in der Stadtverordnetenversammlung nach den Kommunalwahlen 1981 Insgesamt 59 Sitze DKP 5 Grune 4 SPD 22 FDP 3 CDU 25 Als Resultat der Kommunalwahlen am 22 Marz 1981 zogen vier Grune in die Stadtverordnetenversammlung ein Die CDU errang 25 Sitze die SPD kam auf 22 die DKP auf funf und die FDP auf drei Sitze SPD FDP und Grune rauften sich im September nach zahen Verhandlungen zu einer Ampelkoalition zusammen Sie zerbrach bereits im Dezember wieder nachdem die Grunen im Marburger Schloss eine Ausstellungseroffnung durch den SPD Ministerprasidenten und Startbahn West Befurworter Holger Borner massiv gestort hatten 2 Hintergrund Bearbeiten War die Abschaffung des 15 Stimmen Quorums in der angedachten Konstellation zwar vorgesehen jedoch nicht dringlich gewesen das Quorum hatte selbst die CDU in der Opposition nicht tangiert so entpuppte sich nun ihre Unbekummertheit fur die Grunen als verhangnisvoll denn fur den Rest der Legislaturperiode rutschten sie unter die Schweigegrenze der 15 stummen Stimmen 1 Mehrere Versuche innerhalb der nachsten acht Monate die Unerbittlichkeit aus dem Quorums Paragrafen 7 Absatz 4 der Parlamentsgeschaftsordnung zu tilgen und stattdessen eine in vielen Parlamenten Anwendung findende Fraktionsregelung die jeder Fraktion das Recht auf Aussprache einraumt einzusetzen scheiterten an der Ablehnung allein schon jedweder Diskussion durch die wieder aufgenommene Grosse Koalition 1 Diese bot hinsichtlich des zunehmenden offentlichen Interesses im Februar 1982 eine Lockerung an die in einer zugestandenen funfminutigen Antragsbegrundung bestand wahrend die Durchsetzung einer Aussprache weiterhin dem Quorum unterworfen bleiben sollte Als die von der SPD schwer enttauschten Oppositionsparteien ihre Proteste ausweiteten liess die Koalition ihren eigenen Antrag in einem Stimmungsgemisch aus Verunsicherung und Rachedunkel wie die Frankfurter Rundschau resumierte durchfallen 1 Gegenaktionen Bearbeiten Mit einer einstweiligen Verfugung nebst einem Normenkontrollantrag wurden die Grunen im September 1982 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel vorstellig wodurch die FDP ebenfalls zur Klageeinreichung ermutigt wurde Die Liberalen hatten zuvor bereits den Giessener Regierungsprasidenten als Aufsichtsbehorde zum Einlenken bewegen wollen der hatte allerdings nur auf die Eigenverantwortlichkeit der Kommunen verwiesen Fraktionssprecherin Gisela Babel kommentierte das Beschreiten des Rechtsweges Wir haben es jetzt satt 1 Die Frankfurter Rundschau vermutete Das Marburger 15 Stimmen Quorum ein parlamentarisches Unikum ohnehin wird allem Anschein nach nun auch Rechtsgeschichte machen 1 Im Saal wurden Hundemaulkorbe uber die Mikrofone gestulpt und Transparente entrollt mit Aufschriften wie Hier hat die Opposition nichts mehr zu sagen Grunen Fraktionssprecher Roland Sturmer erklarte den Auszug seiner Fraktion in die Cafeteria damit dass man den Geschaftsablaufen nicht durch Anwesenheit einen Anschein von Legitimitat verleihen wolle 1 Novellierung Bearbeiten Im Dezember 1982 mahnte das Gericht eine rasche Neuregelung an demgemass im Februar 1983 das fragwurdige Quorum durch das 23 Uhr Limit abgelost wurde Erorterungen strittiger Sachverhalte im Plenum konnten nunmehr im Fachausschuss von jedem Mandatstrager angestossen werden sie sollten jedoch kunftig um 23 00 Uhr beendet werden ausser die Mehrheit befande eine Aussetzung des Debattenstopps fur erforderlich Noch im Fruhjahr 1983 insistierten die Grunen beim Regierungsprasidenten Knut Muller SPD zu prufen ob die bis dahin undemokratisch gefassten Beschlusse rechtskraftig seien und das 23 Uhr Limit nicht doch eine Fortsetzung der Benachteiligungen darstelle Erst nach dessen dezidierter Stellungnahme die zwar keine spezielle Beschluss Beanstandung beinhaltete dafur aber prinzipielle Magistrats Kritik und in der er zudem die Befurchtungen der Grunen bezuglich der Abweichungs Klausel teilte welche er dem Marburger Magistrat und dem Stadtverordnetenvorsteher zu unterbreiten beabsichtigte kehrte Ruhe ein 3 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i Manfred Ronzheimer Ein Maulkorb fur die Marburger Opposition Streit um 15 Stimmen Quorum kommt vor Gericht Koalition stellt sich stur In Frankfurter Rundschau 17 September 1982 Claus Peter Muller Marburger Modell durfte eher der CDU nutzen Bilanz vor der Wahl Oberburgermeister Moller kann auf Erfolge zuruckblicken Neue Arbeitsplatze In Frankfurter Allgemeine Zeitung 18 Februar 1997 Manfred Ronzheimer Vom Recht des Abgeordneten auf Teilnahme an der Meinungs und Willensbildung Das inzwischen gestrichene Marburger 15 Stimmen Quorum beschaftigt noch immer Politiker und Juristen Regierungsprasident aussert sich In Frankfurter Rundschau Mai 1983 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marburger 15 Stimmen Quorum amp oldid 239452639