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Als Magnetotaxis wird die Orientierung der Bewegungsrichtung von Lebewesen mit Magnetsinn in einem Magnetfeld bezeichnet Okologisch bedeutend ist die Orientierung Taxis am Magnetfeld der Erde Nach bisherigen Erkenntnissen konnen dabei Magnetosomen eine Rolle spielen Magnetosomen besitzen einen Eigenmagnetismus und tendieren zu einer Ausrichtung in Magnetfeldern Anders als bei der Chemotaxis oder der Phototaxis wurden bisher fur den Eisenmineral basierten Magnetsinn nur erste Hinweise auf ein sensorisches System gefunden 1 Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau und Morphologie von Magnetosomen 2 Verbreitung und okologische Bedeutung bei Bakterien 3 Sonstiges Vorkommen 4 Geowissenschaftliche Bedeutung 5 Literatur 6 Siehe auch 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAufbau und Morphologie von Magnetosomen BearbeitenMagnetosomen bestehen aus membranumgebenen Magnetit FeIII2FeIIO4 oder Greigitkristallen FeIII2FeIIS4 und haben einen Durchmesser von etwa 40 bis 90 nm Im Gegensatz zu einer haufigen Lehrbuchmeinung besteht die umgebende Membran aus einer von der Cytoplasmamembran abstammenden Lipiddoppelschicht Dies wurde durch die Analyse der Lipidbestandteile und Beobachtung von aus der Cytoplasmamembran ausknospenden Magnetosomenvesikeln bestatigt 2 3 4 Die Gestalt der Magnetosomen variiert zwischen verschiedenen Spezies stark Sie kann wurfel bis quaderformig und auch nagel oder tropfenformig sein Jede Zelle enthalt mehrere Magnetosomen die darin Ketten bilden Verbreitung und okologische Bedeutung bei Bakterien Bearbeiten nbsp Magnetospirillum gryphiswaldense Zellen die Ketten aus intrazellularen Magnetitkristallen enthalten oben Von M gryphiswaldense gebildete Magnetitkristalle unten beides elektronenmikroskopische Aufnahmen Magnetotaxis bei Bakterien wurde erstmals 1975 von Richard P Blakemore in Science beschrieben 5 Magnetotaktische Bakterien leben in Gewassern aquatisch und sind an geringe Sauerstoffkonzentrationen angepasst mikroaerophil Sie bewegen sich mit Hilfe von Geisseln und besitzen in ihrem Inneren Magnetosomen die in einer Reihe angeordnet sind Die meisten magnetotaktischen Bakterien sind Spirillen zum Beispiel die Arten Magnetospirillum gryphiswaldense Magnetospirillum magnetotacticum Aquaspirillum magnetotacticum 6 Taxonomie handelt es sich um Vertreter der Phyla Nitrospirae und Proteobakterien 7 Bei den letztgenannten sind sie in den Klassen Alpha Gamma und Deltaproteobacteria zu finden Magnetosomen verleihen der Zelle einfache magnetische Eigenschaften wodurch die Bakterien parallel zu den Kraftlinien des Erdmagnetfelds ausgerichtet werden Die Polaritat ist bei magnetotaktischen Bakterien auf der Nordhalfte der Erde so ausgerichtet dass sie sich beim Schwimmen in Richtung auf den magnetischen Nordpol bewegen Wegen der Inklination des Erdmagnetfelds ausserhalb der Aquatorregion ist die Bewegung schrag nach unten gerichtet Bei magnetotaktischen Bakterien auf der Sudhalfte der Erde wird dasselbe bewirkt indem die Polaritat so ausgerichtet ist dass sie sich in Richtung auf den magnetischen Sudpol bewegen 8 Diese Abwartsbewegung bewirkt dass die Bakterien auf kurzem Weg in die Grenzschicht des Wassers dicht uber dem Sediment gelangen Dort ist wegen der hoheren Sauerstoffzehrung beim Abbau organischer Stoffe im Sediment die Sauerstoffkonzentration niedrig Ausserdem stehen in diesem Bereich organische Stoffe in hoherer Konzentration zur Verfugung als in hoher gelegenen Wasserschichten Dies sind gunstige Bedingungen fur die heterotrophen mikroaerophilen Bakterien Eine Alternative zur Magnetotaxis ist die Chemotaxis die bei nicht magnetotaktischen Bakterien zum selben Ziel fuhren kann Chemotaxis beruht aber auf dem Prinzip Versuch und Irrtum so dass chemotaktische Bakterien das Ziel nur auf Umwegen erreichen Sonstiges Vorkommen BearbeitenDer Phytoflagellat Anisonaema Euglenophyceae der in brasilianischen Kustengewassern zu finden ist kann sich ebenfalls mithilfe von Magnetosomen am Magnetfeld der Erde orientieren ebenso Grunalgen Volvox aureus Palmer 1963 9 und Pflanzen 10 Bei einigen hoheren Lebewesen auch bei Wirbeltieren wurden Magnetosomen im Bereich der Ohren oder im Gehirn nachgewiesen Man nimmt an dass sie bei der Orientierung der Bewegung dieser Lebewesen eine Rolle spielen Bei der Auswertung von Satellitenfotos wurde 2008 festgestellt dass Rinder Hirsche und Rehe bevorzugt in Nord Sud Richtung grasen Unter Hochspannungsleitungen die in Sud Ost Richtung oder Nord West Richtung verlaufen war die Ausrichtung hingegen zufallig 11 Die Interpretation dieser Befunde war allerdings zunachst umstritten Details siehe Magnetsinn Rinder und Hirsche Beobachtungen von Oldenburger Biologen an Rotkehlchen belegten jedoch dass menschengemachte elektromagnetische Felder auch die Orientierung von Zugvogeln im Erdmagnetfeld storen konnen 12 Geowissenschaftliche Bedeutung BearbeitenDie Fahigkeit der magnetotaktischen Bakterien wird in der Magnetostratigraphie benutzt um die Polaritat des Magnetfeldes in der Erdgeschichte zu rekonstruieren Denn nach dem Absterben der Bakterien und der Fixierung im Sediment bewahren die erhaltungsfahigen Ketten von Magnetitkristallen die Polaritat und die Inklination des Magnetfelds zu einer bestimmten Zeit in der Erdgeschichte In der geomagnetischen Prospektion archaologischer Fundstatten lasst sich die Konzentration der Magnetitkristalle in vormals von den magnetotaktischen Bakterien zersetzten organischen Materialien nachweisen So konnen z B Pfostenlocher Abfallgruben oder verfullte Graben etwa in neolithischen jungsteinzeitlichen Siedlungen nachgewiesen werden In der Technik sind die besonders effektiv magnetisierten mikroskopischen Korner von Interesse fur die Datenspeicherung Literatur BearbeitenStephen Mann Nick H C Sparks und Ron G Board Magnetotactic Bacteria Microbiology Biomineralization Palaeomagnetism and Biotechnology In Advances in Microbial Physiology Band 31 1990 S 125 181 doi 10 1016 S0065 2911 08 60121 6 Christopher T Lefevre Dennis A Bazylinski Ecology Diversity and Evolution of Magnetotactic Bacteria In Microbiology and Molecular Biology Reviews Band 77 Nr 3 2013 S 497 526 doi 10 1128 MMBR 00021 13 Tilo von Dobeneck Nikolai Petersen und Hojatollah Vali Bakterielle Magnetofossilien In Geowissenschaften in unserer Zeit Band 5 Nr 1 1987 S 27 35 doi 10 2312 geowissenschaften 1987 5 27 Siehe auch BearbeitenPflanzenbewegungWeblinks BearbeitenFrag den Lesch Videobeitrag zur Magnetotaxis Studie des Jahres 2011 Einzelnachweise Bearbeiten Dominik Heyers Manuela Zapka Mara Hoffmeister John Martin Wild und Henrik Mouritsen Magnetic field changes activate the trigeminal brainstem complex in a migratory bird In PNAS Band 107 Nr 20 2010 S 9394 9399 doi 10 1073 pnas 0907068107 Zugvogel besitzen zwei Magnetsinne Auf idw online de vom 5 April 2010 Yuri A Gorby Terry J Beveridge Richard P Blakemore Characterization of the bacterial magnetosome membrane In Journal of bacteriology Bd 170 Nr 2 1988 S 834 841 PMC 210730 freier Volltext Karen Grunberg Eva Christina Muller Albrecht Otto Regina Reszka Dietmar Linder Michael Kube Richard Reinhardt Dirk Schuler Biochemical and Proteomic Analysis of the Magnetosome Membrane in Magnetospirillum gryphiswaldense In Applied and Environmental Microbiology Bd 70 Nr 2 Februar 2004 S 1040 1050 Arash Komeili Zhuo Li Dianne K Newman Grant J Jensen Magnetosomes are cell membrane invaginations organized by the actin like protein MamK In Science Bd 311 Nr 5758 2006 S 242 245 PMID 16373532 Richard P Blakemore Magnetotactic bacteria In Science Band 190 Nr 4212 1975 S 377 379 doi 10 1126 science 170679 Universitat Marburg abgerufen am 17 Dezember 2011 Jens Boenigk Boenigk Biologie 2021 Springer Verlag ISBN 978 3 662 61270 5 Martin Dworkin Stanley Falkow Eugene Rosenberg Karl Heinz Schleifer Erko Stackebrandt Hrsg The Prokaryotes A Handbook on the Biology of Bacteria Bd 2 Ecophysiology and Biochemistry 3 Auflage Springer Verlag New York 2006 ISBN 978 0 387 25492 0 S 844 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Universitat Marburg abgerufen am 17 Dezember 2011 Galland Mazur Magnetoreception in plants Faksimile In J Plant Res 118 2005 S 371 389 abgerufen am 17 Dezember 2011 Sabine Begall Jaroslav Cerveny Julia Neef Oldrich Vojtcch Hynek Burda Magnetic alignment in grazing and resting cattle and deer In PNAS Band 105 Nr 36 S 13451 13455 2008 doi 10 1073 pnas 0803650105 Svenja Engels et al Anthropogenic electromagnetic noise disrupts magnetic compass orientation in a migratory bird In Nature Band 509 2014 S 353 356 doi 10 1038 nature13290 Wirres Flattern im Elektrosmog Auf zeit de vom 8 Mai 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Magnetotaxis amp oldid 238158866