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50 226527777778 6 6563888888889 Koordinaten 50 13 35 5 N 6 39 23 OMagdalenahohle Die Magdalenahohle ist ein archaologischer Hohlenfundplatz der Altsteinzeit Palaolithikum bei Gerolstein in der Eifel Sie ist v a fur ihre einzigartigen Schmuckstucke aus Elfenbein bekannt Nach neuesten Forschungen kann die Besiedlung der Hohle aufgrund der Steinartefakte der archaologischen Kultur des Solutreen zugerechnet werden die aus Mitteleuropa sonst nicht bekannt ist Sie belegt damit die Anwesenheit des Menschen in Mitteleuropa wahrend des Maximums der letzten Kaltzeit Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 2 Stratigraphie und Altersstellung 3 Funde 3 1 Schmuck 3 2 Steinartefakte 3 3 Tierknochen 4 Beidseitige Flachenretusche 5 Die Besiedlung Mitteleuropas wahrend des Maximums der letzten Kaltzeit 6 Literatur 7 EinzelnachweiseForschungsgeschichte BearbeitenDie Hohle im Sudabfall des Dolomitmassivs Munterley bei Gerolstein wurde von 1969 bis 1972 vom Amateurarchaologen Gerhard Weiss ausgegraben nachdem dieser vom Lesefund einer Feuersteinspitze in der Nahe erfahren hatte Die Funde gelangten schliesslich in den Besitz des Rheinischen Landesmuseums Trier wo sie auch teilweise ausgestellt sind Nach einigen kurzen Berichten erfolgte 2002 eine Monographie des Ausgrabers 1 In den Jahren 2005 2 und 2012 3 hatten schliesslich zwei am MONREPOS Archaologisches Forschungszentrum und Museum fur menschliche Verhaltensevolution Romisch Germanischen Zentralmuseums in Neuwied erstellte universitare Abschlussarbeiten die Hohle erneut zum Thema Stratigraphie und Altersstellung BearbeitenWie eine Vielzahl eiszeitlicher Tierarten und Spuren von Gefrier Auftau Prozessen Kryoturbationen zeigen stammen einige Schichten aus der letzten Kaltzeit Weichsel wohingegen andere Schichten erst in der gegenwartigen Warmzeit Holozan abgelagert wurden In den kaltzeitlichen Schichten konnen zwei archaologische Fundhorizonte unterschieden werden Zum unteren gehoren Artefakte aus Quarz wahrend der obere aus Artefakten aus ortsfremden Rohmaterial und den Schmuckobjekten besteht Aus den holozanen Schichten stammen Funde der Eisen und Romerzeit Die letzte Nutzung der Hohle fand wahrend des Zweiten Weltkriegs statt als die Hohle als Zufluchtsort genutzt wurde 1 Eine 1971 erfolgte Radiokohlenstoffdatierung eines Rengeweihs aus dem Bereich des unteren Fundhorizonts ergab ein Alter von 25 540 720 14C BP BONN 1658 1 Dies entspricht kalibriert einem Alter von 28 495 780 v Chr CalPal2007Hulu 4 Es gibt jedoch Anhaltspunkte dafur dass geloster Kohlenstoff aus dem Dolomit des Felsens oder aus nahen Bodenschichten zu einer Verunreinigung der Probe und einem verfalschten Alter gefuhrt haben konnte 3 Funde BearbeitenSchmuck Bearbeiten nbsp Elfenbeinartefakte aus der MagdalenahohleAus dem Hohleninnenraum stammen bearbeitete Elfenbeinbruchstucke und durchlochte Tierzahne die als Schmuck angesehen werden Die 11 Elfenbeinbruchstucke von denen eines durchlocht ist gehoren zu mindestens drei ursprunglichen Objekten Viele von ihnen sind mit Gruppen paralleler oder v formiger Linien verziert In einem Fall ist dieses Muster auch in Form von gepunzten Punkten ausgefuhrt Obwohl sie oft als Elfenbeinringe bezeichnet wurden ist unklar ob es sich dabei ursprunglich um Ringe gehandelt hat Die genaue Verwendung der Elfenbeinobjekte ist unklar Denkbar ist beispielsweise dass sie auf Kleidung aufgenaht getragen wurden Dieser Elfenbeinschmuck ist im europaischen Palaolithikum ohne Parallelen 2 3 Drei Hirschgrandeln d h rudimentare Eckzahne wurden durchbohrt und als Anhanger oder aufgenaht als Schmuck getragen Ein weiterer durchbohrter Zahn stammt vom Wolf Durchlochte Zahne sind ein charakteristisches Merkmal des Jungpalaolithikums 3 Steinartefakte Bearbeiten Insgesamt stammen aus der Magdalenahohle 138 Steinartefakte die alle vom Vorplatz der Hohle stammen Davon entfallen 56 auf den unteren Fundhorizont in dem alle Artefakte aus Quarzgerollen hergestellt wurden Diese finden sich in geringer Entfernung unterhalb der Munterley in den Schottern der Kyll Zwei Kerne belegen dass die einfachen Abschlage vor Ort d h auf dem Vorplatz hergestellt wurden Vier dieser Abschlage wurden anschliessend retuschiert und konnen als einfache Schaber bezeichnet werden Obwohl eine eindeutige Zuordnung nicht moglich ist erinnern die Steinartefakte des unteren Fundhorizonts an das Mittelpalaolithikum 3 Die ubrigen 82 Stucke gehoren zum oberen Fundhorizont und sind allesamt Abschlage Auch sonst unterscheiden sie sich von denen aus Quarz So bestehen sie fast ausschliesslich aus ortsfremdem exogenem Rohmaterial darunter etwa Feuerstein aus dem Maasgebiet und Hornfels aus dem Saar Nahe Becken Der Grossteil ist ausserdem sehr dunn und flachig Daneben ist aber auch die Herstellung von Klingen belegt Neun Artefakte weisen eine Retuschierung auf konnen aber nicht eindeutig einer charakteristischen Gerateform zugewiesen werden Aufgrund der Verwendung exogenen Rohmaterials der Herstellung von Klingen und der Vergesellschaftung mit Schmuck lassen sich die Artefakte des oberen Fundhorizonts in das Jungpalaolithikum stellen Bekraftigt wird diese Einschatzung zudem durch eine eingehende Analyse der Abschlage siehe unten 3 Tierknochen Bearbeiten Aus der gesamten Hohle stammen fast 4500 Tierknochen gt 2 cm die sich jedoch nicht alle eindeutig einer Schicht zuweisen lassen Neben warmzeitlichen Tierarten z B Auerochse Siebenschlafer und Feldhamster treten dabei auch kaltzeitlichen Arten z B Wollhaarnashorn Halsbandlemming und Gerfalke auf 1 Beidseitige Flachenretusche BearbeitenViele Abschlage des oberen Fundhorizonts zeichnen sich durch ihre geringe Dicke aus und lassen sich als Uberreste der flachigen beidseitigen Bearbeitung zweier dunner Kerne interpretieren Darauf weisen neben den metrischen Werten u a auch die facettierten Schlagflachenreste die spitzen ausseren Schlagflachenwinkel sowie die oft vorhandenen ventralen Lippen hin 3 Eine solche Bearbeitung ist aus dem Jungpalaolithikum nur aus dem Solutreen bekannt dessen Verbreitung bislang auf das sudwestliche Frankreich und die Iberische Halbinsel beschrankt ist Dort wurden auf diese Weise v a die eindrucksvollen blattformigen Spitzen fur die das Solutreen bekannt ist hergestellt 3 Durch die Artefakte der Magdalenahohle ist jedoch nur eine ganz bestimmte Phase des Herstellungsprozesses einer solchen Spitze belegt So fehlen die fruhen Arbeitsabschnitte in denen die Kerne von der Gesteinsrinde und anschliessend mittels grosserer Abschlage von Unregelmassigkeiten befreit wurden An der Magdalenahohle wurde der Kern danach weiter bearbeitet wahrscheinlich jedoch nicht fertiggestellt In jedem Fall wurden die Kerne aber anschliessend von der Hohle wegtransportiert Zuruck blieben lediglich die Herstellungsreste die vereinzelt noch als Werkzeuge verwendet wurden 3 Die Besiedlung Mitteleuropas wahrend des Maximums der letzten Kaltzeit BearbeitenAngesichts des eindeutig jungpalaolithischen Charakters des oberen Fundhorizonts und der ebenso charakteristischen beidseitigen Flachenretusche kann die Besiedlung der Magdalenahohle als ostlichster Ausdruck des Solutreen verstanden werden Sie fallt damit in die Zeit wahrend des Maximums der letzten Kaltzeit aus der es in Mitteleuropa nur wenige Zeugnisse menschlicher Anwesenheit gibt Zusammen mit den Ergebnissen von Radiokohlenstoffdatierungen der Fundstellen Wiesbaden Igstadt Mittlere Klause Bayern und Kastelhohle Nord Schweiz 5 bezeugt sie jedoch dass der Mensch auch zu dieser Zeit in Mitteleuropa anwesend war und keine absolute Siedlungsleere vorherrschte Literatur BearbeitenJohanna Hilpert Die palaolithischen Funde aus der Magdalena Hohle bei Gerolstein Eifel Unpublizierte Magisterarbeit Koln 2005 Mathias Probst Das Palaolithikum der Magdalenahohle bei Gerolstein Unpublizierte Magisterarbeit Mainz 2012 Gerhard Weiss Die Ausgrabung der Magdalenahohle in Gerolstein Eifel Pinsel amp Tusche Verlag Bitburg 2002 ISBN 3 936554 01 3 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Gerhard Weiss Die Ausgrabung der Magdalenahohle in Gerolstein Eifel Pinsel amp Tusche Verlag Bitburg 2002 ISBN 3 936554 01 3 a b Johanna Hilpert Die palaolithischen Funde aus der Magdalena Hohle bei Gerolstein Eifel Unpubl Magisterarbeit Koln 2005 a b c d e f g h i Mathias Probst Das Palaolithikum der Magdalenahohle bei Gerolstein Unpubl Magisterarbeit Mainz 2012 CalPal Online siehe dazu Bernhard Weninger Olaf Joris A 14C age calibration curve for the last 60 ka the Greenland Hulu U Th timescale and its impact on understanding the Middle to Upper Paleolithic transition in Western Eurasia In Journal of Human Evolution 55 Nr 5 2008 doi 10 1016 j jhevol 2008 08 017 S 772 781 Thomas Terberger Martin Street Hiatus or continuity New results for the question of pleniglacial settlement in Central Europe In Antiquity 76 2003 ISSN 0003 598X S 691 698 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Magdalenahohle amp oldid 225026108