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Lewit gegen Osterreich war ein Beschwerdeverfahren des Holocaust Uberlebende Aba Lewit vor dem Europaischen Gerichtshof fur Menschenrechte wegen der Abweisung einer Beschwerde gegen die Zeitschrift Die Aula durch ein osterreichisches Gericht Im Oktober 2019 verurteile der EGMR die Republik Osterreich in der Sache wegen Verstosses gegen Artikel 8 der Europaischen Menschenrechtskonvention Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Urteil des Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte 3 Reaktionen 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIm Juli 2015 wurden in einem Artikel des rechtsextremen Monatsmagazins Die Aula die im Jahr 1945 Befreiten aus dem KZ Mauthausen als Landplage und Massenmorder bezeichnet die raubend und plundernd mordend und schandend durch das Land gezogen seien Daraufhin erstattete der Nationalratsabgeordnete Harald Walser Die Grunen Die Grune Alternative im September 2015 wegen des Verdachts auf Wiederbetatigung Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Graz die das Verfahren jedoch einstellte Als Begrundung wurde unter anderem angefuhrt dass es nachvollziehbar sei dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen eine Belastigung fur die betroffenen Gebiete dargestellt habe und nicht ausgeschlossen werden konne dass dabei strafbare Handlungen begangen worden sind Walser richtete umgehend eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Wolfgang Brandstetter da er in der Einstellung in skandaloser Weise indirekt die NS Judikatur fortgeschrieben sah 1 Der Justizminister verteidigte in der Anfragebeantwortung vom Marz 2016 die Verfahrenseinstellung als rechtlich korrekt kritisierte aber zugleich die Wortwahl der Einstellungsbegrundung 2 Daraufhin klagten Uberlebende und Nachkommen von Uberlebenden des Holocausts darunter Rudolf Gelbard und die Tochter Leon Zelmans die Zeitschrift zivilrechtlich wegen Ehrenbeleidigung und Kreditschadigung und auf Unterlassung 3 Unterstutzt wurden sie dabei von den Grunen Am 5 August 2016 erging eine einstweilige Verfugung des Landesgerichts fur Zivilrechtssachen Graz Bis zur rechtskraftigen Entscheidung im Hauptverfahren war es der Aula verboten die wortliche und oder sinngleiche Behauptung aufzustellen und oder zu verbreiten die ehemaligen Haftlinge Befreiten des KZ Mauthausen dessen Neben Aussenlager oder anderer Konzentrationslager seien Massenmorder und oder fur die Bevolkerung eine Landplage gewesen und oder haben das Land raubend und plundernd mordend und schandend geplagt und schwerste Verbrechen begangen 4 Ein Rekurs der Zeitschrift beim Oberlandesgericht Graz wurde im Oktober 2016 abgewiesen 5 und auch der Oberste Gerichtshof bestatigte im Janner 2017 die einstweilige Verfugung 6 Im Februar 2017 erging das Urteil des Grazer Landesgerichts fur Zivilrechtssachen Samtliche Anspruche der Klager wurden anerkannt Das Blatt musste die Beleidigungen von KZ Uberlebenden widerrufen und die Verfahrenskosten ubernehmen 7 Lewit war an diesem Rechtsstreit nicht beteiligt Im Februar 2016 veroffentlichte Die Aula einen weiteren gegen Walser gerichteten Artikel in dem uber die Verfahrenseinstellung berichtet und die inkriminierenden Aussagen zitiert wurden Dagegen strengte Harald Walser ein medienrechtlicher Verfahren wegen Diffamierung und Beleidigung an Dabei entschied das Grazer Landesgericht fur Strafsachen im September 2016 gegen die Interessen der uberlebenden KZ Haftlinge und begrundete dies damit dass im Mai 1945 etwa 20 000 Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen entlassen worden sind und diffamierenden Ausserungen gegenuber diesem Kollektiv nicht der Diffamierung seiner einzelnen Mitglieder entspricht Mit der Begrundung dass 2016 nur mehr sehr wenige der damals Befreiten am Leben waren und daher fur Leser des Aula Artikels sehr wohl einzeln identifizierbar waren wurde Berufung eingelegt Im Juli 2017 wies das Grazer Oberlandesgericht die Berufung ab ohne auf die Begrundung einzugehen sondern argumentierte dass der Artikel von 2016 nur eine wortliche Wiedergabe der ursprunglichen Behauptungen ohne eigenen Bedeutungsgehalt 8 Daher unterstutzten die Grunen im Februar 2018 eine Beschwerde des Holocaustuberlebenden Aba Lewit beim Europaischen Gerichtshof fur Menschenrechte EGMR 9 Urteil des Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte BearbeitenAm 10 Oktober 2019 verurteilte der EGMR die Republik Osterreich wegen Verletzung des Artikels 8 der Europaischen Menschenrechtskonvention der den Schutz des Privat und Familienlebens garantiert Aufgrund der geringen Anzahl der noch lebenden KZ Haftlinge betrafen die fraglichen Aussagen im Aula Artikel vom Februar 2016 Aba Lewit durchaus personlich Das osterreichische Gericht hat Lewit also unzulassigerweise nicht vor den diffamierenden Aussagen geschutzt Die Republik wurde zur Zahlung von 5 000 immateriellen Schadenersatz und 648 48 an materiellem Schadenersatz verurteilt sowie zur Ubernahme der Prozesskosten Osterreich ist nun verpflichtet erneut in der Causa zu entscheiden und bei der Korrektur der Rechtsprechung den beanstandeten Punkt zu berucksichtigen 10 11 12 Reaktionen BearbeitenJustizminister Clemens Jabloner sah im Urteil ein wichtiges Signal fur die Justiz sich der Verantwortung fur die Graueltaten des NS Regimes bewusst zu werden 13 Aba Lewit zeigte sich uber das EGMR Urteil zufrieden Den ihm zugesprochenen Schadenersatz spendete er an vier judische Wiener Schulen 14 Lewits Anwaltin Maria Windhager brachte einen Erneuerungsantrag ein damit der Fall wieder vor einem Gericht in Osterreich behandelt wird 10 Nachdem sie damit nicht erfolgreich war bewegte sie die Generalprokuratur zu einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes Daher verhandelte der Oberste Gerichtshof die Causa am 11 Juni 2021 erneut und stellte fest dass das Grazer Landesgericht und des Grazer Oberlandesgericht die Klagen der KZ Uberlebenden zu Unrecht abgewiesen hatten und dass die entsprechenden Urteilsbegrundungen schwerwiegende Mangel aufweisen 15 16 Weblinks BearbeitenCase of Lewit v Austria auf der Website des Europaischen Gerichtshofs fur MenschenrechteEinzelnachweise Bearbeiten Ralf Leonhard Debatte um FPO Zeitschrift Aula Haftlinge rechtmassig verunglimpft In TAZ 11 Februar 2016 7633 AB vom 25 03 2016 zu 7910 J XXV GP In parlament gv at Anfragebeantwortung 25 Marz 2016 abgerufen am 20 Oktober 2019 PDF 301 kB Werner Reisinger KZ Uberlebende klagen rechtsextreme Aula In wienerzeitung at 7 Juli 2016 abgerufen am 27 Februar 2019 Grune Einstweilige Verfugung gegen Aula Artikel In orf at 12 August 2016 abgerufen am 27 Februar 2019 Werner Reisinger Erfolg fur Klage gegen rechte Aula In wienerzeitung at 10 November 2016 abgerufen am 27 Februar 2019 Artikel uber KZ Haftlinge OGH entscheidet gegen Aula In diepresse com 7 Januar 2017 abgerufen am 27 Februar 2019 Aula Affare Zeitschrift muss Beleidigungen widerrufen In diepresse com 15 Februar 2017 abgerufen am 27 Februar 2019 Harald Walser Aula Skandal vor dem Europaischen Gerichtshof fur Menschenrechte In 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gegen Osterreich amp oldid 235205889