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Leszek Kolakowski 23 Oktober 1927 in Radom Polen 17 Juli 2009 in Oxford England 1 war ein polnischer Philosoph Philosophiehistoriker und Essayist Er wird vielfach als der prominenteste polnische Philosoph des 20 Jahrhunderts angesehen Leszek Kolakowski Warschau 23 Oktober 2007Leszek Kolakowski mit Zofia und Wladyslaw Bartoszewski Warschau 23 Oktober 2007 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Auszeichnungen 4 Schriften Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLeszek Kolakowski stammte aus einer linksintellektuellen Freidenkerfamilie Der Vater Kolakowskis wurde im Krieg von der Gestapo umgebracht Kolakowski selbst verbrachte als Jugendlicher die meiste Zeit der deutschen Besetzung in einem Dorf in Ostpolen wo er in einem Landhaus mit grosser Bibliothek wohnte deren Bestande er schliesslich nahezu auswendig kannte In Lodz besuchte er die katholische Skorupka Schule und setzte nach Schliessung aller hoheren Schulen seine Ausbildung an einem Untergrundgymnasium fort Nach Kriegsende beendete er seine Gymnasialausbildung und wurde Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation ZMP Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann Kolakowski das Studium der Philosophie an der neu gegrundeten Universitat Lodz und wurde Mitglied der Kommunistischen Partei Bereits vor Abschluss seines Studiums 1950 hielt er Vorlesungen und publizierte philosophische Aufsatze 1952 erschien seine erste grossere Arbeit uber Avicenna Spater interessierte er sich vor allem fur Spinoza Kolakowski war Assistent von Tadeusz Kotarbinski und spater von Adam Schaff dem damals fuhrenden orthodoxen Marxisten in Polen Bei ihm promovierte er im Jahr 1953 mit der Schrift Die Lehre Spinozas von der Befreiung des Menschen polnisch und lehrte seitdem an der Universitat Warschau wo er im Jahr 1959 Professor fur Philosophiegeschichte wurde obgleich der ursprunglich linientreue Marxist bereits 1956 den real existierenden Sozialismus kritisiert hatte Sozialismus ist nicht ein Staat wo es mehr Burokraten als Arbeiter gibt und wo Feiglinge besser leben als die Mutigen 2 1956 schrieb er das Manifest Czym jest socjalizm Was ist Sozialismus 3 in dem er Missstande im Sozialismus aufzahlt aber mit der Bemerkung schliesst dass Sozialismus etwas Gutes sei 4 Es sollte in der polnischen Zeitschrift Po Prostu veroffentlicht werden es kam jedoch nicht mehr dazu weil Po Prostu 1957 verboten wurde Einige Universitatsangehorige besassen dennoch Kopien des Manifests 4 Schliesslich war es weit verbreitet 1 und gelangte auch in die nicht sozialistischen Lander 4 Auf Deutsch erschien es 1957 unter dem Titel Was ist Sozialismus 5 und auf Englisch ebenfalls 1957 unter dem Titel What is Socialism 1 Im Polnischen Oktober 1956 war Kolakowski einer der Wortfuhrer der studentischen Opposition 1957 lehnte sich der 30 jahrige Marxist in der Warschauer Zeitschrift Nowa Kultura gegen den als Wissenschaft gelehrten Geschichtsdeterminismus weltanschaulicher Pragung auf womit er an einer der Saulen des Marxismus dem historischen Materialismus ruttelte Sein Leben trotz Geschichte sollte spater zum geflugelten Wort einer Aufbruchsstimmung werden 1957 1958 besuchte Kolakowski Universitaten in Holland und Paris und kehrte Ende 1958 nach Warschau zuruck wo er eine Professur fur Philosophie der Neuzeit ubernahm die er bis 1968 innehatte 1966 wurde Kolakowski aus der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei ausgeschlossen weil ein Vortrag den er zum Gedenken an einen polnischen Arbeiteraufstand von 1956 hielt auf Missfallen stiess 1 und 1968 erhielt er wegen seines Eintretens fur oppositionelle Studenten wahrend der Marzunruhen Lehrverbot Er ging ins Ausland und hielt zunachst Gastvorlesungen an der McGill University in Montreal 1969 lehrte er fur ein Jahr in Berkeley Kalifornien bevor er im Fruhjahr 1970 unter anderem auf Anregung von Jurgen Habermas eine Berufung auf den Adorno Lehrstuhl in Frankfurt a M erhielt Auch aufgrund von Protesten der Fachschaft des Philosophischen Seminars die ihm mangelnde marxistische Linientreue vorwarf 6 7 nahm er aber stattdessen einen Ruf als Forschungsprofessor am All Souls College in Oxford an dem er seitdem bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1995 angehorte 1 nbsp Kolakowskis Grab in WarschauAb 1975 hielt Kolakowski auch Vorlesungen an der Yale University ab 1981 an der University of Chicago wo er Mitglied der Philosophischen Fakultat war Bis zur Wende 1989 war Kolakowski mit einem Einreiseverbot nach Polen belegt Am 17 Juli 2009 starb er im Alter von 81 Jahren in Oxford 1 Sein Leichnam wurde mit einer Maschine der polnischen Luftwaffe nach Warschau uberstellt von Polens Aussenminister Sikorski am Flughafen mit militarischen Ehren in Empfang genommen und auf dem Powazki Friedhof in einem Staatsbegrabnis beigesetzt Polen in Trauer titelte die Gazeta Wyborcza ihren Nachruf und kronte Kolakowski posthum zum Konig von Mitteleuropa 7 Werk BearbeitenKolakowski beschaftigte sich in seinen Publikationen mit fast allen Bereichen der Philosophie unter anderem Ethik Asthetik und Religionsphilosophie Sein Schwerpunkt galt allerdings der Auseinandersetzung mit dem Marxismus Er entwickelte eine stark von den Fruhschriften von Karl Marx beeinflusste Philosophie die man oft mit dem Begriff Marxistischer Humanismus bezeichnet gilt gleichzeitig aber als Kritiker des Marxismus Sein Hauptwerk Die Hauptstromungen des Marxismus gibt eine umfassende Darstellung der verschiedenen Stromungen des Marxismus sowie seiner sozial und geistesgeschichtlichen Vorlaufer und Wegbereiter Es stellt zugleich eine Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie dar Kolakowski bezeichnet darin den Marxismus als die grosste Fantasie unseres Jahrhunderts 8 Das Werk schliesst mit dem Urteil Die Selbstvergotterung des Menschen welcher der Marxismus philosophischen Ausdruck verlieh endet wie alle individuellen und kollektiven Versuche der Selbstvergotterung Sie erweist sich als der farcenhafte Aspekt der menschlichen Unzulanglichkeit 9 Auszeichnungen BearbeitenKolakowski war Trager zahlreicher Auszeichnungen 1977 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 10 1983 bekam er den Erasmuspreis fur Verdienste um die europaische Kultur und war MacArthur Fellow 1991 wurde Kolakowski mit dem Ernst Bloch Preis 2007 mit dem Jerusalempreis fur die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft geehrt 2003 erhielt er fur sein Lebenswerk den Kluge Preis Ausserdem war er Mitglied der British Academy der American Academy of Arts and Sciences 1970 und der Bayerischen Akademie der Schonen Kunste Schriften Auswahl BearbeitenDer Himmelsschlussel Erbauliche Geschichten Patmos 2007 Neuauflage Erstauflage 1957 ISBN 978 3 491 71308 6 Der Priester und der Narr Vom theologischen Erbe im zeitgenossischen Denken 1959 In Der Mensch ohne Alternative 1967 S 224 ff Der Mensch ohne Alternative Von der Moglichkeit und Unmoglichkeit Marxist zu sein Aus dem Polnischen von Wanda Bronska Pampuch aus dem Englischen von Leonard Reinisch Serie Piper 140 Piper Munchen 1964 Neuausgabe 1984 ISBN 3 492 00440 7 Traktat uber die Sterblichkeit der Vernunft Philosophische Essays Piper Munchen 1967 Die Philosophie des Positivismus Serie Piper Munchen 1971 zuerst polnisch 1966 Die Gegenwartigkeit des Mythos Serie Piper Munchen 1973 zuerst polnisch 1972 Zweifel an der Methode Kohlhammer Stuttgart Berlin Koln Mainz 1977 Die Suche nach der verlorenen Gewissheit Denkwege mit Edmund Husserl Kohlhammer Stuttgart Berlin Koln Mainz 1977 zuerst polnisch 1975 Die Hauptstromungen des Marxismus Entstehung Entwicklung Zerfall 3 Bande Munchen 1977 1978 ISBN 978 3 492 02310 8 Falls es keinen Gott gibt Die Gottesfrage zwischen Skepsis und Glaube 2008 Neuauflage Erstauflage 1982 ISBN 978 3 579 06471 0 Narr und Priester Ein philosophisches Lesebuch Hrsg v Gesine Schwan deutsch von Heinz Abusch Polnische Bibliothek Suhrkamp Frankfurt am Main 1984 ISBN 3 518 02682 8 Horror metaphysicus Piper Munchen 1988 ISBN 978 3 492 03228 5 Literatur BearbeitenChristian Heidrich Leszek Kolakowski Zwischen Skepsis und Mystik Neue Kritik Frankfurt am Main 1998 ISBN 978 3 8015 0280 5 Christian Heidrich Narrenschiff Erde Pascal am Steuer Leszek Kolakowski bleibt hartnackig In Sinn und Form Funftes Heft 1997 S 662 677 ISSN 0037 5756 Krzysztof Michalski Die Zerbrechlichkeit des Ganzen Leszek Kolakowski zum 80 Geburtstag In Transit Nr 34 2008 ISSN 0938 2062 S 5 19 und digital in Eurozine Bogdan Piwowarczyk Leszek Kolakowski Zeuge der Gegenwart Ulm 2000 Gesine Schwan Leszek Kolakowski Eine politische Philosophie der Freiheit nach Marx Dissertation Freiburg i Br 1970 Kohlhammer philosophica Kohlhammer Stuttgart unter anderem 1971 Gesine Schwan Nachwort zu Leszek Kolakowski Narr und Priester Ein philosophisches Lesebuch 2 Auflage Suhrkamp Frankfurt 1995 ISBN 3 518 02682 8 Steven Lukes Leszek Kolakowski In Proceedings of the British Academy Band 172 2011 S 201 211 thebritishacademy ac uk PDF Nachrufe Christian Heidrich Der Priester und der Narr In Neue Zurcher Zeitung 18 19 Juli 2009 S 23 Tony Judt The Wisdom of Kolakowski In The New York Review of Books 56 2009 Nr 14 S 6 7 Gesine Schwan Die gleiche Wurde aller Menschen In Die Welt 21 Juli 2009 Oliver vom Hove Der Konig von Mitteleuropa In Die Furche 13 August 2009 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Leszek Kolakowski Album mit Bildern nbsp Wikiquote Leszek Kolakowski Zitate Literatur von und uber Leszek Kolakowski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Leszek Kolakowski in der Deutschen Digitalen Bibliothek Laudatio von Gesine Schwan u Dankesrede von Kolakowski anlasslich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1977 pdf 207 kB Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Encyclopaedia Britannica 2013 Ultimate edition 2012 ISBN 978 3 8032 6629 3 Kolakowski Leszek englisch Zitiert nach Oliver von Hove Der Konig von Mitteleuropa In Die Furche 13 August 2009 OCLC 470120231 S 12 Justyna Bialowarczuk Leszek Kolakowski Zwischen Transzendenz und Immanenz Philosophie der Sorge um den Menschen Doktorarbeit 2017 S 22 online auf der Internetseite der Universitat Innsbruck abgerufen am 3 November 2020 Archiv Link a b c Edmund Stillman Hrsg Bitter harvest The intellectual revolt behind the iron curtain Praeger New York 1959 ISBN 978 0 75 816140 6 OCLC 84010608 S 47 Nachge druckt im E Book Tony Judt Marci Shore Martin Hala Krzysztof Michalski Klaus Nellen Transit 34 Europaische Revue Leszek Kolakowski zum 80 Geburtstag Verlag Neue Kritik Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 80 150626 1 OCLC 1188379561 Wanda Bronska Pampuch Kolakowski kommt nicht nach Frankfurt Die Zeit Nr 12 1970 20 Marz 1970 abgerufen am 11 August 2017 a b Oliver von Hove Der Konig von Mitteleuropa In Die Furche 13 August 2009 OCLC 470120231 S 12 Leszek Kolakowski Die Hauptstromungen des Marxismus Band 3 Piper Munchen 1978 1979 OCLC 768953661 S 567 Leszek Kolakowski Die Hauptstromungen des Marxismus Band 3 Piper Munchen 1978 1979 OCLC 768953661 S 575 Borsenverein des Deutschen Buchhandels Hrsg Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1977 Leszek Kolakowski Abgerufen am 3 November 2020 Archiv Link PDF Datei 207 kB Normdaten Person GND 118564730 lobid OGND AKS LCCN n50044434 NDL 00514351 VIAF 97386978 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kolakowski LeszekKURZBESCHREIBUNG polnischer Philosoph und SchriftstellerGEBURTSDATUM 23 Oktober 1927GEBURTSORT RadomSTERBEDATUM 17 Juli 2009STERBEORT Oxford England Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leszek Kolakowski amp oldid 232798868