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Kuhschweizer Kuhmelker Kuhschwanz Kuhgeheier kuogehier oder Kalbermacher waren im Spatmittelalter beleidigende Schimpfworter fur die schweizerischen Eidgenossen Gottfried Locher Berner mit Kuh satirische Miniatur um 1790 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Geschichte 3 Etymologie von Kuoghyer 4 Literatur 5 EinzelnachweiseHerkunft BearbeitenKuhschweizer Kuhmelker Kuhschwanz Kuhgeheier kuogehier Kuhbegatter oder Kalbermacher spielten auf die bauerliche Herkunft der Eidgenossen an Diese Benennungen stammten ursprunglich aus dem Wortschatz der mittellandischen Ackerbauern und galten dem Viehhaltung treibenden Bevolkerungsteil der Voralpen und Alpen wurden aber von der osterreichischen Propaganda ubernommen und auf den Schweizer uberhaupt angewandt Das Melken der Kuhe war bei den Ackerbauern bis zur graswirtschaftlichen Umstellung im 19 Jahrhundert eine Angelegenheit der Frauen womit die Beschimpfung von Mannern etwa als Kuhmelker diese als weibisch herabsetzte 1 2 Geschichte BearbeitenKueswanz und Kuogehier fur Schweizer kann das Schweizerische Idiotikon schon aus dem 14 Jahrhundert belegen 3 Zur Zeit des Alten Zurichkrieges wurde der Kuhspott dann nicht nur auf die Schweizer sondern auch auf die mit den Eidgenossen sympathisierenden Schwarzwalder Rinderzuchter ausgeweitet Isenhofer von Waldshut setzt die Metaphern Kuhschwanz und Pfauenschwanz zur Kennzeichnung der verschiedenen Lager aus vorderosterreichischem Adel und Burgertum ein Die Metaphorik wurde auch auf andere Verbundete der Eidgenossen ubertragen Den Baslern warf man vor das Kelblin under den Schwanz zu kussen Mulhausen wurde als Kuogstal verspottet Der ehrverletzende Gebrauch dieser Schimpfworter geschah oft um unuberlegte gegnerische Ubergriffe zu provozieren Haufig wurde der Kuhspott wahrend der wiederholten Auseinandersetzungen der Eidgenossen mit dem vorderosterreichischen Adel und im Zusammenhang mit dem Schwabenkrieg von 1499 angewendet Der Chronist Kaspar Frey berichtet die in Koblenz am Rhein liegenden eidgenossischen Verbande seien von osterreichischer Seite durch konzertiertes Kueghier Rufen beleidigt worden Sy haben alle tag nach dem ymbyss so die landtsknecht voll wyn warend sich uss Waldsshuott an den Ryn gelassen und da schantlich und unchristenlich den Eidgenossen zuogschruwen und ettlich mit namen gnempt Kuegkyer kalbermacher Dero den gwonlich ettlich gschossen wurdent Und wen die mann mued wurdent so brachtend sy schueler und knaben die dero glich worten ouch rueffen und schryen muesstend Wahrend der Zuspitzung der politischen Lage wird von Frey auf diesem Niveau eine Provokation kaiserlicher Landsknechte berichtet die beim Dorf Azmoos ein Kalb in Hochzeitskleider steckten und auf die schweizerischen Stellungen mit der Aufforderung Hochzeit zu halten trieben Sy satztennd einem kalb ein tuechly uff furten das by dem schwantz dantzent zuo den Eidgenossen schriende sy soltend inen den bruttman schicken dan die brutt were bereidt Frey sieht in dem Kuhspott eine wichtige Ursache des Schwabenkrieges Der Kueghier und der Kalbermacher ist die Zuspitzung des Kuhspottes auf die Schweizer Etymologie von Kuoghyer BearbeitenDas Wort Gehier Gehijer mit hiattilgendem g auch Gehiger geschrieben synkopiert Ghiger ist ein Nomen agentis zum mhd Verb gehiwen gehien gehijen mit hiattilgendem g auch gehigen geschrieben das sich vermahlen sich paaren geschlechtlich verkehren bedeutete und als Wort noch im heutigen Schweizerdeutsch als gheie ghiie mit der Bedeutung fallen werfen weiterlebt Es geht zuruck auf ahd hi w o Hausgenosse Gatte bzw hi w a Gattin Frau sowie hiwen heiraten und ist verwandt mit nhd Wortern wie Heirat und vielleicht Heim Wurde im spatmittelalterlichen Alemannisch gehien in der Bedeutung Beischlaf ausuben gebraucht so geschah das im Zusammenhang mit Unzucht Blutschande oder Bestialitat und das Wort diente als arges Schimpfwort 4 Kuhgeiger hingegen ist eine falsche Verneuhochdeutschung die sich erstmals in Christian Gottlob Haltaus Glossarium Germanicum medii aevi von 1758 findet und sich auf Aegidius Tschudis ku o ghyger bezieht Ebenso wenig hat das Wort etwas zu tun mit nhd geigen in der Bedeutung beschlafen das eine junge Nebenbedeutung von geigen Geige spielen ist vgl fiedeln Geige spielen das ebenfalls den Nebensinn beschlafen haben kann Diese Nebenbedeutungen sind wie auch ficken durch den Kontext des Reibens bedingt und stehen in keinerlei Zusammenhang mit mhd gehien 5 Literatur BearbeitenJurg Altwegg Roger de Weck Hrsg Kuhschweizer und Sauschwaben Schweizer Deutsche und ihre Hassliebe Nagel amp Kimche Munchen Wien 2003 ISBN 3 312 00315 6 Andre Gutmann Die Schwabenkriegschronik des Kaspar Frey und ihre Stellung in der eidgenossischen Historiographie des 16 Jahrhunderts Veroffentlichungen der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Reihe B Forschungen Bd 176 W Kohlhammer Stuttgart 2010 ISBN 978 3 17 020982 4 S 28 f 466 478 Claudius Sieber Thomas Wilhelmi In Helvetios Wider die Kuhschweizer Fremd und Feindbilder von den Schweizern in antieidgenossischen Texten aus der Zeit von 1386 bis 1532 Schweizer Texte Neue Folge Band 13 Bern 1998 Heinrich Walter Der Topos vom Kuhschweizer Stigmatisierung und Stigma Management der Eidgenossen Memento vom 13 Mai 2013 im Internet Archive PDF 196 kB Historisches Seminar der Universitat Zurich Dr Alois Niederstatter WS 1999 2000 Matthias Weishaupt Bauern Hirten und frume edle puren Bauern und Bauernstaatsideologie in der spatmittelalterlichen Eidgenossenschaft und der nationalen Geschichtsschreibung der Schweiz Helbing amp Lichtenhahn Basel 1992 ISBN 3 7190 1237 9 Richard Weiss Volkskunde der Schweiz Grundriss Rentsch Erlenbach Zurich 1946 3 unveranderte Auflage Rentsch Zurich Schwabisch Hall 1984 ISBN 3 7249 0567 X bes S 107 f Einzelnachweise Bearbeiten Richard Weiss Volkskunde der Schweiz Grundriss Rentsch Erlenbach Zurich 1946 3 unveranderte Auflage Rentsch Zurich Schwabisch Hall 1984 ISBN 3 7249 0567 X S 107 f Schweizerisches Idiotikon Band IV Spalte 197 Artikel Chue Melcher Bed 2 Digitalisat Schweizerisches Idiotikon Band II Spalte 111 Artikel Esel Kue Marhen Su G hijer Digitalisat Band IX Spalte 2030 Artikel Chue Chue Schwanz Bed 2a Digitalisat Schweizerisches Idiotikon Bd II Sp 1106 ge hi j en in Bedeutung 2c futuere und Sp 1111 Esel Kue Marhen Su Ge hi j er Deutsches Worterbuch Bd V Sp 2342 f geheien in Bedeutung 2a c und Sp 2350 Geheier sodann Etymologisches Worterbuch des Deutschen erarbeitet unter der Leitung von Wolfgang Pfeifer s v Heirat Kluge Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache Bearbeitet von Elmar Seebold s v Heirat Deutsches Worterbuch s v geigen und fiedeln Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kuhschweizer amp oldid 240442245