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Richard Weiss 9 November 1907 in Stuttgart 1 29 Juli 1962 in Russo im Onsernonetal Tessin war ein Schweizer Volkskundler und von 1946 bis 1962 Professor fur Volkskunde in Zurich 2 Richard Weiss ca 1955 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und wissenschaftliches Wirken 2 Werke 3 Literatur Auswahl 4 Einzelnachweise 5 WeblinksLeben und wissenschaftliches Wirken BearbeitenRichard Weiss studierte Germanistik und Geschichte in Zurich Heidelberg und Paris 1933 wurde er mit der Dissertation uber Das Alpenerlebnis in der deutschen Literatur des 18 Jahrhunderts promoviert 1941 habilitierte er sich mit der Schrift Das Alpwesen Graubundens 3 Er war Lehrer an der Evangelischen Mittelschule Schiers wo er selbst Schuler gewesen war Mit seiner Berufung auf den neu geschaffenen Lehrstuhl fur Volkskunde an der Universitat Zurich erschien im Druck sein Hauptwerk die Volkskunde der Schweiz Grundriss 4 Weiss wollte die wissenschaftliche Volkskunde von der angewandten Volkskunde 5 abgrenzen also von u a Trachtenbewegung geforderter Volkskunst und Pflege der Mundart die seiner Meinung nach alle mit einer wertenden Stellungnahme aktiv in den Kulturprozess eingreifen Volkskunde bedeutet in seinem Sinne keine ausschliesslich antiquarische Forschung sondern ist Gegenwartswissenschaft 6 Ein zentraler Begriff in seinem Werk ist die Tradition Im Gegensatz zur Betrachtung der Masse spielt der Gemeinschaftsbegriff 7 eine grosse Rolle Schwerpunkte dieser umfassenden Darstellung sind im allgemeinen Teil u a Der Volksbegriff in volkskundlicher Abgrenzung 8 Volksleben im Gegensatz zum Massenleben 9 Tradition und Fortschritt 10 Gemeinschaft und Individuum 11 Volkskultur und Volk 12 und Volkskultur und Individualkultur 13 Im speziellen Teil 14 geht es um Siedlung Gebaude und Wohnungen 15 Wirtschaft und Sachkultur Nahrung Kleidung Brauch und Fest Spiel und Sport Schauspiel und Tanz Musik und Gesang Sprache und Sprachgut Glauben und Wissen und Staat Recht und Volkscharakter jeweils Kapiteluberschriften und dazu Analysen und Schwerpunkt von Beispielen aus der Schweiz Ausfuhrliche Anmerkungen Register und Verzeichnisse schliessen den Band ab der umfassend und in dieser Form mehr oder weniger einmalig Informationen zum Stand der Volkskunde und ihrer Wissenschaft im Jahre 1946 in der Schweiz gibt Weiss beschaftigte sich mit vielen Themen unter denen im Anschluss an die Dissertation die Alpen einen besonderen Schwerpunkt bilden 16 Ein anderer Schwerpunkt war seine Arbeit am Atlas der schweizerischen Volkskunde den er seit etwa 1937 vorbereitete und dessen ersten Band er zusammen mit Paul Geiger 1950 herausgab 17 Er griff auch in der damaligen Zeit ungewohnte Themen auf 18 Richard Weiss wurde in den 1970er Jahren dafur kritisiert dass er Phanomene wie stadtisches Leben Medien Massenkultur und Industrie ausklammere Das ist nur bedingt richtig wenn man z B daran erinnert dass er 1959 eine Exkursion mit Studierenden in das Ruhrgebiet durchfuhrte Die Modernitat des wissenschaftlichen Ansatzes vor allem die Einbeziehung soziologischer und psychologischer Fragestellungen seine funktional analytische Betrachtungsweise 19 und die Nuchternheit mit der Interpretationsmoglichkeiten skizziert und ausgefuhrt werden sowie die umfassende Breite des Ausblicks auf die Schweizer Gesamtkultur sind bemerkenswert Sie haben Weiss zu einer volkskundlichen Symbolfigur der Nachkriegszeit gemacht 20 Das hat Erwartungen fur einen hohen Standard volkskundlicher Forschung geweckt die von den nachfolgenden Generationen kaum eingelost wurden das gilt mit dem Blick auf die gesamte deutschsprachige Volkskunde einschliesslich der Nachfolgebegriffe fur diese wissenschaftliche Disziplin Der fruhe Tod von Weiss zerbrach solche Perspektiven aber u a an ihm rieb und entwickelte sich die deutschsprachige Volkskunde in der Umbruchphase seit den 1970er Jahren 21 Schuler von Weiss sind u a der Soziologe Peter Atteslander und der Sprachwissenschaftler Robert Schlapfer Weiss wendete sich gegen eine einseitige soziologische Abgrenzung des Volks als Unterschicht von einer Oberschicht und propagierte eine psychologische Abgrenzung 22 die jeweils individuelle Einstellungen in beiden sich uberschneidenden und sich vermischenden Bereichen berucksichtigen Er sah Tradition auch unter dem Aspekt der gegen die Aufklarung bestehenden Dummheit und Tragheit 23 dem Verzicht auf neue Erfahrungen und mit dem Verweis auf genugend Beispiele fur schadliche Traditionen 24 Er verstand Heimat als Bindung an Natur und Kultur der Lokalgemeinschaft und an ihre Traditionen 25 Heimweh spiegelt den Verlust der heimatlichen Lokalgemeinschaft 26 ein Herausgerissensein aus der Gemeinschaft 27 In den Folgekapiteln behandelt Weiss u a Das Alphorn und die Alpenmusik 28 die Hinweise auf das Alphorn seit etwa 1563 den Bau der Holzrohre seine Naturtone das Vorkommen dieser Tonleiter im Jodler und in fruhchristlicher Musik des 10 Jahrhunderts d h in der altertumlichen alpinen Volksmusik 29 Der Kuhreihen 30 ist ein Lock und Eintreibelied fur das Vieh das seit 1545 bezeugt ist eine Alphornweise klingt an Weiss skizziert im Weitern zwei Liedschicksale dasjenige des Guggisbergliedes und dasjenige des Emmentalerliedes 31 Das Guggisberglied besteht nach einer Untersuchungen von Otto von Greyerz aus Wanderstrophen von Liebesliedern und dessen Kehrreim soll nach einer Untersuchung von John Meier ein Spottvers auf die Guggisberger sein Die Melodie geht auf evangelische Chorale des 16 Jahrhunderts zuruck und gleicht derjenigen des Emmentaler Hochzeitstanzes von 1812 sowie solchen aus dem Baltikum ebenfalls des 16 Jahrhunderts Die Melodie des Emmentalerliedes mit ihren kuriosen Sprungen der Melodie ist nach Untersuchungen u a von Hanns in der Gand schon in der Komposition eines italienischen Gitarrenvirtuosen aus dem spaten 18 Jahrhundert bezeugt Zudem gibt es einen Florentiner Urheberrechtsprozess von 1927 in dem es um eine ganz ahnliche als Faschistenhymne dienende Melodie ging 32 Die beiden Beispiele sind nach Weiss typisch und es ist demnach unwahrscheinlich wenn sich Volkslieder allgemein in Text und Melodie auf die Schweiz beschranken wurden 33 Werke BearbeitenVolkskunde der Schweiz Grundriss Rentsch Erlenbach Zurich 1946 3 unveranderte Auflage Rentsch Zurich und Schwabisch Hall 1984 ISBN 3 7249 0567 X Atlas der schweizerischen Volkskunde Gegrundet von Paul Geiger und Richard Weiss weitergefuhrt von Walter Escher Elsbeth Liebl und Arnold Niederer 2 Kartenbande zu je zwei Halbbanden dazu Einfuhrungsband und sieben Kommentarbande Basel 1950 88 Registerband Basel 1995 Hauser und Landschaften der Schweiz Rentsch Erlenbach Zurich 1959 2 unveranderte Auflage mit einem Geleitwort von Jean Pierre Anderegg Haupt Bern 2017 ISBN 978 3 258 08017 8 Literatur Auswahl BearbeitenKarl Meuli Nachruf In Schweizerisches Archiv fur Volkskunde 58 1963 S 185 199 Matthias Zender Nachruf In Zeitschrift fur Volkskunde 58 1963 S 258 259 Hermann Bausinger Nachruf In Wurttembergisches Jahrbuch fur Volkskunde 1961 1964 Stuttgart 1965 S 295 297 Otto Holzapfel Der Begriff der Tradition bei Richard Weiss 1946 und in der neueren Volkskunde In Einheit in der Vielfalt Festschrift fur Peter Lang Lang Bern 1988 S 237 248 Ueli Gyr Richard Weiss Standorte und Werk einer volkskundlichen Symbolfigur In Schweizerisches Archiv fur Volkskunde 105 2009 S 65 80 Nachgedruckt in Ueli Gyr Schnittstelle Alltag Studien zur lebensweltlichen Kulturforschung Google eBook Waxmann Munster 2013 S 109 123 Digitalisat Das gesamte Heft 1 der Zeitschrift Schweizerisches Archiv fur Volkskunde 105 2009 mit verschiedenen Artikeln ist Richard Weiss gewidmet Ueli Gyr Richard Weiss In Historisches Lexikon der Schweiz Konrad J Kuhn Netzwerke Identitatspolitik und ein Abgrenzungsnarrativ Zur Wissensgeschichte der Beziehungen zwischen der volkischen und der Schweizer Volkskunde In Zeitschrift fur Volkskunde 113 2017 S 42 63 Konrad J Kuhn Beschauliches Tun oder europaische Perspektive Positionen und Dynamiken einer volkskundlichen Kulturwissenschaft in der Schweiz zwischen 1945 und 1970 In Johannes Moser Irene Gotz Moritz Ege Hrsg Zur Situation der Volkskunde 1945 1970 Orientierungen einer Wissenschaft zur Zeit des Kalten Krieges Waxmann Munster u a 2015 S 177 203 Einzelnachweise Bearbeiten Nach Ueli Gyr und Historischem Lexikon der Schweiz Laut der online Enzyklopadie www enzyklo de dagegen Mettmenstetten bei Zurich was jedoch das Heimatdorf der Mutter ist der Vater starb als der Junge 2 Jahre alt war erster Lehrstuhlinhaber dort Gedruckt in Erlenbach Zurich 1941 Nachdruck bei Octopus Chur 1992 Gedruckt im Eugen Rentsch Verlag Erlenbach Zurich 1946 XXIV 436 Seiten zahlreiche fotografische Abbildungen und Faltkarten 2 Auflage 1978 3 unveranderte Auflage bei Rentsch in Zurich und bei Parabel in Munster 1984 Volkskunde der Schweiz Vorwort S VIII Volkskunde der Schweiz Vorwort S IX Volkskunde der Schweiz Vorwort S X Volkskunde der Schweiz S 6 9 Volkskunde der Schweiz S 12 14 Volkskunde der Schweiz S 15 23 Volkskunde der Schweiz S 23 32 Volkskunde der Schweiz S 33 39 Volkskunde der Schweiz S 39 44 Volkskunde der Schweiz S 71 ff Vgl dazu Richard Weiss Hauser und Landschaften der Schweiz Rentsch Erlenbach Zurich 1959 Vgl Richard Weiss Die Entdeckung der Alpen Eine Sammlung schweizerischer und deutscher Alpenliteratur bis zum Jahr 1800 Frauenfeld und Leipzig 1934 Vgl dazu auch Ueli Gyr Von Richard Weiss zu Arnold Niederer Zwei alpine Forschungsexponenten im Vergleich In Schweizerisches Archiv fur Volkskunde 102 2006 S 231 250 Die zahlreichen Faltkarten in der Volkskunde der Schweiz stammen aus diesem Atlas Vgl Richard Weiss Einfuhrung in den Atlas der schweizerischen Volkskunde Basel 1950 Ebenso Richard Weiss Die Bruning Napf Reuss Linie als Kulturgrenze zwischen Ost und Westschweiz auf volkskundlichen Karten In Schweizerisches Archiv fur Volkskunde 58 1962 S 201 231 Vgl etwa Richard Weiss Grundzuge einer protestantischen Volkskultur In Schweizerische Archiv fur Volkskunde 61 1963 S 75 91 Vgl dazu aus diesen Jahren Helmut Moller Untersuchungen zum Funktionalismus in der Volkskunde Maschinenschriftliche ungedruckte Dissertation Gottingen 1954 Ueli Gyr 2009 Vgl Thomas Metzen Anmerkungen zur Volkskunde der Schweiz von Richard Weiss In Abschied vom Volksleben Ludwig Uhland Institut Tubingen 1970 S 173 190 Volkskunde der Schweiz Vorwort S 8 Volkskunde der Schweiz S 21 Volkskunde der Schweiz S 21 Volkskunde der Schweiz S 30 Volkskunde der Schweiz S 30 Volkskunde der Schweiz S 31 Volkskunde der Schweiz S 228 230 Volkskunde der Schweiz S 230 Volkskunde der Schweiz S 234 f Volkskunde der Schweiz S 237 f Volkskunde der Schweiz S 238 Volkskunde der Schweiz S 238 Damit wird der zweifelhafte Begriff des echten Volksliedes abgelehnt Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Richard Weiss im Katalog der Deutschen NationalbibliothekNormdaten Person GND 118806572 lobid OGND AKS LCCN n86820851 VIAF 18877272 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Weiss RichardKURZBESCHREIBUNG Schweizer Volkskundler und HochschullehrerGEBURTSDATUM 9 November 1907GEBURTSORT StuttgartSTERBEDATUM 29 Juli 1962STERBEORT Tessiner Berge Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Richard Weiss amp oldid 234519024