www.wikidata.de-de.nina.az
Klassifikation nach ICD 10E16 1 sonstige HypoglykamieICD 10 online WHO Version 2019 Kongenitaler Hyperinsulinismus HI ist eine seltene angeborene Storung der Bauchspeicheldruse die durch erhohte Insulinausschuttung und daraus resultierender Unterzuckerung Hypoglykamie gekennzeichnet ist Der HI ist eine der haufigsten Ursachen fur Hypoglykamie in Neugeborenen und Kleinkindern und ein Risikofaktor fur die Entstehung von bleibenden Hirnschaden Symptome des HI reichen von erhohtem Hungergefuhl Apathie Blasse Nervositat bis hin zu Krampfanfallen Koma und Tod des Betroffenen Daher sind fruhe Diagnose und Intervention erforderlich um bleibenden neurologischen Schaden vorzubeugen Manche Falle des HI aussern sich in erhohtem Geburtsgewicht Die Ursachen des HI liegen meist in genetischen Defekten in der Regulation des Blutzucker Sensorsystems der b Zellen der Langerhans Inseln in der Bauchspeicheldruse HI kann histologisch in diffuse oder fokale Formen unterteilt werden Wahrend bei der diffusen Form alle Insulin produzierenden b Zellen der Bauchspeicheldruse betroffen sind liegt bei der fokalen form eine somatische Mutation vor die sich auf einzelne adenomartige Abschnitte innerhalb der Bauchspeicheldruse beschrankt Die Behandlung von HI ist abhangig von der histologischen Form und genetischen Ursache Leichtere Falle des HI konnen mit angepasster Ernahrung kontrolliert werden wahrend schwerwiegendere Falle medikamentos behandelt werden mussen In besonders schweren Fallen kann die Resektion eines grossen Teils der Bauchspeicheldruse vonnoten sein Im Falle der fokalen Form des HI kann oft durch eine Operation das betroffene Gewebe aus der Bauchspeicheldruse gezielt entfernt und damit die Krankheit dauerhaft geheilt werden 1 HI ist eine seltene Erkrankung mit einer Inzidenz von etwa 1 40 000 in Nordeuropa In Teilen der Welt mit hohem Anteil an Konsanguinitat wird die Inzidenz mit 1 2500 jedoch deutlich hoher eingeschatzt 2 Inhaltsverzeichnis 1 Mechanismen und Ursachen 1 1 ATP sensitiver Kaliumkanal ABCC8 KCNJ11 1 2 Glutamatdehydrogenase GLUD1 1 3 Glucokinase GCK 1 4 Short chain 3 hydroxyacyl CoA dehydrogenase HADH 2 Diagnose 2 1 Klinische Hinweise 2 2 Labortests 2 3 Molekulargenetische Analysen 3 Behandlung 3 1 Kurzzeit und Notfallbehandlung 3 2 Medikamentose Langzeitbehandlung 3 3 Ernahrung 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseMechanismen und Ursachen BearbeitenHI wird durch genetische Defekte in der Regulation der Insulinausschuttung der b Zellen in den Langerhans Inseln der Bauchspeicheldruse verursacht Dies fuhrt zu einer unangemessen hohen Insulinsekretion mit anschliessender Hypoglykamie Beim HI werden drei Arten histologisch unterschieden diffuser fokaler und atypischer HI HI kann auch in transienter Form auftreten die unabhangig von der Ursache innerhalb der ersten zwei Lebensmonate eigenstandig abheilt Bei der diffusen Form des HI sind alle Langerhans Inseln der Bauchspeicheldruse von einer Genmutation betroffen Beim fokalen HI sind alle Zellen von einer heterozygoten Mutation betroffen die alleine nicht ausreichend ware um HI zu verursachen Erst wenn eine zweite somatische Mutation das gesunde Allel krankhaft verandert kommt es zur Entstehung von einzelnen adenomartigen Abschnitten innerhalb der Bauchspeicheldruse in denen die Insulinsekretion stimuliert wird Betroffene Gene sind zum Beispiel der ATP sensitive Kaliumkanal ABCC8 3 und KCNJ11 4 Glutamatdehydrogenase GLUD1 5 Glucokinase GCK 6 short chain 3 hydroxyacyl CoA dehydrogenase HADH 7 Transkriptionsfaktoren HNF1A 8 HNF4A 9 und Andere SLC16A1 10 UCP1 11 PGM1 12 etc 1 ATP sensitiver Kaliumkanal ABCC8 KCNJ11 Bearbeiten ABCC8 und KCNJ11 kodieren fur die zwei Untereinheiten des ATP sensitiven Kaliumkanals der bei der Regulation der Insulinsekretion die Senkung des Membranpotentials steuert Rezessive Mutationen in ABCC8 und KCNJ11 sind die haufigste Ursache von HI Meist fuhren diese Gendefekte zu einer Minderung oder zum Verlust der Funktion des ATP regulierten Kaliumkanals Dominante Mutationen in ABCC8 und KCNJ11 fuhren auch zur Minderung der Funktion des ATP sensitiven Kaliumkanals allerdings ist dies oft weniger stark ausgepragt 13 3 4 Glutamatdehydrogenase GLUD1 Bearbeiten Dominante Mutationen in GLUD1 sind die zweithaufigste Ursache fur HI Betroffene leiden an einer Unterform des HI die durch Hyperammonamie gekennzeichnet ist 13 14 15 GLUD1 kodiert fur das mitochondriale Enzym Glutamatdehydrogenase GDH GDH setzt Glutamat zu a Ketoglutarat um das im Citratzyklus weiter verstoffwechselt wird Dies fuhrt zu einer Produktion von ATP das die Schliessung der ATP sensitiven Kaliumkanale und anschliessend die Insulinsekretion stimuliert 5 16 Die Aktivitat von GDH wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst So kann zum Beispiel die Aminosaure Leucin die Aktivitat von GDH steigern wahrend GTP ein Nukleosidtriphosphat die Aktivitat reduziert Letzteres kann durch eine Mutation in GLUD1 eingeschrankt sein Dies fordert die Stimulation der Aktivitat von GDH durch Leucin Daher konnen proteinreiche Mahlzeiten in Betroffenen zu Hypoglykamie fuhren 15 17 Glucokinase GCK Bearbeiten Glucokinase ist der Glukosesensor der pankreatischen b Zellen Glucokinase phosphoryliert Glukose zu Glukose 6 Phosphat einer der ersten Schritte des Blutzucker Sensorsystems DominanteMutationen welche die Affinitat der Glucokinase fur Glukose erhohen setzen den korpereigenen Richtwert fur Euglykamie herab wodurch b Zellen schon bei niedrigem Blutzuckerspiegel zur Insulinausschuttung angeregt werden 13 6 Short chain 3 hydroxyacyl CoA dehydrogenase HADH Bearbeiten Short chain 3 hydroxyacyl CoA dehydrogenase SCHAD ist ein Enzym der b Oxidation Rezessive Mutationen die zum Verlust dieses Enzyms fuhren sind eine seltene Ursache des HI 13 18 19 Wie SCHAD die Insulinsekretion reguliert und warum der Verlust des Enzyms HI verursacht sind noch nicht vollig geklart Eine wahrscheinliche Ursache konnte in der Interaktion von SCHAD mit GDH liegen Eine Funktion von SCHAD ist moglicherweise die Hemmung der GDH Aktivitat 20 Ahnlich wie bei Mutationen in GLUD1 sind Patienten mit rezessiven Mutationen in HADH anfallig fur Hypoglykamie nach proteinreichen Mahlzeiten 17 21 Ein charakterisierendes Merkmal dieser Form des HI sind erhohte Werte von 3 Hydroxyglutarat im Urin und Hydroxybutyrylcarnitin im Blut der Betroffenen 18 19 7 Diagnose BearbeitenEin erstes Anzeichen fur HI ist die Diagnose einer Hypoglykamie Dies liegt vor wenn der Blutzuckerspiegel unter 50 mg dl 2 8 mmol l fallt Hypoglykamie in Kindern kann neben HI verschiedene Ursachen haben Daher sind klinische Hinweise Labortests und molekulargenetische Analysen ausschlaggebend fur eine Diagnose des HI 1 Klinische Hinweise Bearbeiten Die Symptome des HI und der Unterzuckerung konnen verschiedene Ursachen haben Neben HI konnen zum Beispiel Defekte in der korpereigenen Produktion Glykogensynthese oder Ausschuttung Glykogenolyse von Glukose durch die Leber zu Hypoglykamie fuhren Um diese auszuschliessen kann ein Glukagontest angewandt werden Das Hormon Glukagon stimuliert die Glykogensynthese und Glykogenolyse und sorgt so fur einen Anstieg des Blutzuckerwertes wahrend einer Hypoglykamie Sind diese Prozesse gestort wirkt Glukagon nicht und ein kann HI ausgeschlossen werden Steigt der Blutzuckerspiegel nach einer Gabe von Glukagon ist erhohte Insulinsekretion eine wahrscheinlichere Ursache der Hypoglykamie 1 Labortests Bearbeiten Oft kann beim HI ein erhohter Insulinwert wahrend einer Hypoglykamie im Blut festgestellt werden Da ein erhohter Insulinwert allerdings nicht immer eindeutig ermittelt werden kann werden Blutproben auch auf die Menge an freien Fettsauren und Ketonkorpern hin untersucht Eine der Funktionen des Insulins ist die Unterdruckung der Fettverbrennung Daher wird bei HI auch wahrend einer Hypoglykamie weniger Fett metabolisiert was eine Verminderung der freien Fettsauren und Ketonkorpern im Blut zur Folge hat Diese Tests sind auch wichtig um auszuschliessen dass die Ursache fur die Hypoglykamie in einem Defekt des Fettstoffwechsels liegt der die Menge an Fettsauren und Ketonkorpern unabhangig von der Wirkung des Insulins vermindert 1 Molekulargenetische Analysen Bearbeiten Da HI meist durch eine bestimmte Genmutation verursacht wird kann diese durch Gentests bestimmt werden Wird keine der bekannten Mutationen festgestellt kann die Ursache des HI eine somatische Mutation sein oder in seltenen Fallen eine noch unbekannte Mutation vorliegen Das Resultat der molekulargenetischen Analyse ist oft ausschlaggebend fur die weitere Diagnose und Art der Behandlung 1 Behandlung BearbeitenDie Behandlung von HI hat als Ziel den Blutzuckerspiegel optimal zu kontrollieren Dies kann durch Medikamente Operation beim fokalen HI und in seltenen Fallen beim diffusen HI und angepasste Ernahrung erreicht werden 1 Kurzzeit und Notfallbehandlung Bearbeiten In akuten Fallen ist es notwendig den Blutzuckerspiegel uber 3 5 mmol L zu halten um neurologischen Komplikationen vorzubeugen Dies kann durch eine orale oder intravenose Gabe einer Glukoselosung erfolgen Neben Glukose kann auch das Glukagon zur Stabilisierung des Blutzuckers verwendet werden 1 Medikamentose Langzeitbehandlung Bearbeiten Die Langzeitbehandlung hangt von der zugrunde liegenden Genmutation ab und muss daher individuell angepasst werden Patienten mit intaktem ATP sensitiven Kaliumkanal konnen mit Diazoxid einem Agonisten des ATP sensitiven Kaliumkanals behandelt werden Diazoxid wirkt dadurch dass es sich an den Kaliumkanal bindet und diesen offnet Dies hat die Verminderung der Insulinsekretion zur Folge Bei HI Patienten mit rezessiven und manchen dominanten Mutationen des ATP sensitiven Kaliumkanals wirkt Diazoxid allerdings oft nicht und es muss auf andere Therapien zuruckgegriffen werden Neben Diazoxid konnen auch Octreotide und andere Somatostatin Analoga zur Therapie genutzt werden Diese hemmen die Insulinsekretion dadurch dass sie die Wirkung des Hormons Somatostatin nachahmen 1 Ernahrung Bearbeiten Die Ernahrung hat bei der Behandlung des HI eine grosse Bedeutung Schwankende Blutzuckerspiegel und ein gestortes Essverhalten Nahrungsverweigerung Heisshunger Erbrechen gehen oft Hand in Hand miteinander Zudem haben viele Betroffene eine geringe Toleranz gegenuber langeren Nuchternzeiten Eine haufigere Nahrungsaufnahme kann helfen den Blutzucker stabil zu halten kann aber in vielen Fallen schwer umzusetzen sein Besonders im Sauglings bis Kindesalter kann daher eine Sondenernahrung vonnoten sein Des Weiteren kann Mehrfachzucker wie Maltodextrin der normalen Nahrung zugefugt oder eine energiereiche Nahrung gegeben werden 1 Weblinks Bearbeitenhyperinsulinismus de congenitalhi orgEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j H Demirbilek K Hussain Congenital Hyperinsulinism Diagnosis and Treatment Update In Journal of clinical research in pediatric endocrinology Band 9 Suppl 2Dezember 2017 S 69 87 doi 10 4274 jcrpe 2017 S007 PMID 29280746 PMC 5790328 freier Volltext Review J B Arnoux V Verkarre C Saint Martin F Montravers A Brassier V Valayannopoulos F Brunelle J C Fournet J J Robert Y Aigrain C Bellanne Chantelot P de Lonlay Congenital hyperinsulinism current trends in diagnosis and therapy In Orphanet Journal of Rare Diseases Band 6 Oktober 2011 S 63 doi 10 1186 1750 1172 6 63 PMID 21967988 PMC 3199232 freier Volltext Review a b ABCC8 ATP binding cassette sub family C member 8 Homo sapiens Human ABCC8 gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch a b KCNJ11 ATP sensitive inward rectifier potassium channel 11 Homo sapiens Human KCNJ11 gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch a b GLUD1 Glutamate dehydrogenase 1 mitochondrial precursor Homo sapiens Human GLUD1 gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch a b GCK Glucokinase Homo sapiens Human GCK gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch a b HADH Hydroxyacyl coenzyme A dehydrogenase mitochondrial precursor Homo sapiens Human HADH gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch HNF1A Hepatocyte nuclear factor 1 alpha Homo sapiens Human HNF1A gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch HNF4A Hepatocyte nuclear factor 4 alpha Homo sapiens Human HNF4A gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch SLC16A1 Monocarboxylate transporter 1 Homo sapiens Human SLC16A1 gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch UCP1 Mitochondrial brown fat uncoupling protein 1 Homo sapiens Human UCP1 gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch PGM1 Phosphoglucomutase 1 Homo sapiens Human PGM1 gene amp protein In uniprot org Abgerufen am 18 Oktober 2018 englisch a b c d C James R R Kapoor D Ismail K Hussain The genetic basis of congenital hyperinsulinism In Journal of medical genetics Band 46 Nummer 5 Mai 2009 S 289 299 doi 10 1136 jmg 2008 064337 PMID 19254908 Review C A Stanley Y K Lieu B Y Hsu A B Burlina C R Greenberg N J Hopwood K Perlman B H Rich E Zammarchi M Poncz Hyperinsulinism and hyperammonemia in infants with regulatory mutations of the glutamate dehydrogenase gene In The New England Journal of Medicine Band 338 Nummer 19 Mai 1998 S 1352 1357 doi 10 1056 NEJM199805073381904 PMID 9571255 a b C A Stanley Perspective on the Genetics and Diagnosis of Congenital Hyperinsulinism Disorders In The Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism Band 101 Nummer 3 Marz 2016 S 815 826 doi 10 1210 jc 2015 3651 PMID 26908106 PMC 4803157 freier Volltext Review C A Stanley Hyperinsulinism hyperammonemia syndrome insights into the regulatory role of glutamate dehydrogenase in ammonia metabolism In Molecular Genetics and Metabolism Band 81 Suppl 1 April 2004 S S45 S51 doi 10 1016 j ymgme 2003 10 013 PMID 15050973 Review a b S Chandran F Yap K Hussain Molecular mechanisms of protein induced hyperinsulinaemic hypoglycaemia In World J Diabetes 5 2014 S 666 677 PMID 25317244 PMC 4138590 freier Volltext a b P T Clayton S Eaton A Aynsley Green M Edginton K Hussain S Krywawych V Datta H E Malingre R Berger I E van den Berg Hyperinsulinism in short chain L 3 hydroxyacyl CoA dehydrogenase deficiency reveals the importance of beta oxidation in insulin secretion In The Journal of clinical investigation Band 108 Nummer 3 August 2001 S 457 465 doi 10 1172 JCI11294 PMID 11489939 PMC 209352 freier Volltext a b A Molven G E Matre M Duran R J Wanders U Rishaug P R Njolstad E Jellum O Sovik Familial hyperinsulinemic hypoglycemia caused by a defect in the SCHAD enzyme of mitochondrial fatty acid oxidation In Diabetes Band 53 Nummer 1 Januar 2004 S 221 227 PMID 14693719 C Li P Chen A Palladino S Narayan L K Russell S Sayed G Xiong J Chen D Stokes Y M Butt P M Jones H W Collins N A Cohen A S Cohen I Nissim T J Smith A W Strauss F M Matschinsky M J Bennett C A Stanley Mechanism of hyperinsulinism in short chain 3 hydroxyacyl CoA dehydrogenase deficiency involves activation of glutamate dehydrogenase In Journal of Biological Chemistry Band 285 Nummer 41 Oktober 2010 S 31806 31818 doi 10 1074 jbc M110 123638 PMID 20670938 PMC 2951252 freier Volltext A J Heslegrave K Hussain Novel insights into fatty acid oxidation amino acid metabolism and insulin secretion from studying patients with loss of function mutations in 3 hydroxyacyl CoA dehydrogenase In The Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism Band 98 Nummer 2 Februar 2013 S 496 501 doi 10 1210 jc 2012 3134 PMID 23253615 Review Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kongenitaler Hyperinsulinismus amp oldid 221477623