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Kleisthenes von Sikyon altgriechisch Kleis8enhs Kleisthenes war Tyrann aus dem Geschlecht der Orthagoriden in der peloponnesischen Polis Sikyon wahrend der ersten Halfte des 6 Jahrhunderts v Chr Er war der Grossvater des athenischen Reformers Kleisthenes aus der Familie der Alkmeoniden Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Der Erste Heilige Krieg 3 Der Krieg gegen Argos 3 1 Der Adrastos Kult 3 2 Die Phylenreform 4 Die Verheiratung von Agariste 5 Literatur 6 AnmerkungenLeben BearbeitenUm 600 v Chr wurde Kleisthenes Tyrann uber Sikyon Nach einer kurzen gemeinsamen Herrschaft mit Isodamos wurde er Alleinherrscher Isodamos hatte durch den Mord an seinem Bruder Myron II Schuld auf sich geladen und konnte daher die religiosen Aufgaben des basileus nicht mehr ausuben Durch Nikolaos von Damaskos ist uberliefert dass Kleisthenes Isodamos uberzeugte die Stadt fur ein Jahr zu verlassen um Suhne fur den Mord zu leisten 1 Isodamos begab sich nach Korinth wahrend Kleisthenes die Herrschaft an sich zog Moglicherweise wurde Isodamos in Korinth von den Kypseliden unterstutzt Kleisthenes liess angeblich schon gegen einen Angriff aus Korinth rusten 2 ein solcher wird aber nirgends erwahnt Uber den Charakter seiner Herrschaft ist Widerspruchliches uberliefert Aristoteles berichtet von den Orthagoriden generell dass sie ihre Untertanen mit Mass behandelten und selbst die Gesetze respektierten Uber Kleisthenes schreibt er dass er einem Kampfrichter der ihm den Sieg absprach belohnte 3 Im Gegensatz dazu beschreibt Ephoros Kleisthenes als roh und gewalttatig 4 Nach Hammond beendete Kleisthenes seine Herrschaft 570 v Chr 5 Kinzl vermutet dass Kleisthenes zwischen ca 570 v Chr und ca 545 v Chr verstarb 6 Der Erste Heilige Krieg BearbeitenKurz nachdem Kleisthenes die Fuhrung von Sikyon ubernommen hatte begann der sogenannte Erste Heilige Krieg Die Stadt Krissa kontrollierte damals uber ihren Hafen den Zugang zum Heiligtum des Apollon in Delphi Sie versuchte ausserdem ihren Einfluss uber Delphi auszuweiten Wegen der vielen politischen Anfragen die an das Orakel gerichtet wurden war der Ort aber fur alle griechischen poleis von hoher Bedeutung Deshalb bildete sich eine Amphiktyonie eine Art Bund die Delphi schutzen sollte Mitglieder dieser Amphiktyonie waren Thessalien und kleinere Volker Nach Gehrke bewahrte die Amphiktyonie die Unabhangigkeit des Heiligtums 7 Die Tatigkeit der Amphiktyonie war aber nicht selbstlos die Mitglieder wollten selbst Einfluss uber das Orakel erlangen Aus dem gleichen Motiv schlossen sich ihr auch noch Sikyon und Athen an 8 Kleisthenes verfolgte noch weitere Ziel Krissa war eine bedeutende Handelsstadt und lag auf der anderen Seite des Korinthischen Golfs Die Bucht trug damals noch den Namen Krisas was zeigt welchen Einfluss die Stadt dort ausubte Die Zerstorung dieses Hafens war im Interesse Sikyons Deshalb ubernahm Kleisthenes die Aufgabe die Krissaische Flotte zu zerstoren 9 Hinzu kommt aber noch dass Kleisthenes seine Anhanger Aristokraten und andere Wehrfahige befriedigen musste Diese erhielten fur ihren Einsatz im Krieg einen Anteil an der Beute Nicht zuletzt wird Kleisthenes selbst an seinem Anteil an der Beute interessiert gewesen sein 10 Nach Pausanias bestimmte die Amphiktyonie Kleisthenes zum Heerfuhrer der dann Solon davon uberzeugte sich mit Athen ebenfalls anzuschliessen 11 Plutarch uberliefert dagegen 12 dass Solon gemass Aristoteles die Amphiktyonie vom Krieg uberzeugt habe wahrend Delphische Urkunden belegten dass Alkmaion und nicht Solon der Feldherr der Athener gewesen sei Krissa wurde besiegt und zerstort sein Territorium Delphi zugeschlagen 13 und Kleisthenes wurde mit einem Drittel der Kriegsbeute belohnt 582 v Chr gewann Kleisthenes das Wagenrennen der neu geordneten Phytischen Spiele Nach de Libero soll er mit der Kriegsbeute in Sikyon ebenfalls Pythische Spiele eingerichtet haben 14 Andererseits findet sich bei Pindar aber der Hinweis dass die sikyonischen Spiele ursprunglich dem Heroen Adrastos geweiht waren 15 Der Krieg gegen Argos BearbeitenUber den Krieg den Kleisthenes gegen Argos fuhrte ist an sich nichts bekannt Weder kennen wir seine Grunde noch seinen Verlauf oder seine Dauer Hingegen sind wir vergleichsweise gut uber die damaligen innenpolitischen Zustande in Sikyon informiert Kleisthenes verwandte viel Muhe darauf die kulturellen Verbindungen die zwischen den beiden Stadten bestanden zu kappen Die Gemeinsamkeiten der beiden Stadte lagen vor allem in den gleichlautenden Phylennamen sowie dem Adrastos Kult und kam in den Rhapsodengesangen in Sikyon zum Ausdruck In den Rhapsoden Homers wurden die Stadt Argos und ihre Bewohner gelobt deshalb verbot Kleisthenes die Gesange 16 Der Adrastos Kult Bearbeiten Bei Herodot finden sich Belege auf welche Weise Kleisthenes den Adrastos Kult beendete 17 Am Marktplatz in Sikyon also zentral gelegen befand sich der Tempel des Adrastos dessen Kult dort eine bedeutende Rolle spielte Er war der Sage nach einst Konig von Sikyon gewesen und wurde deshalb verehrt Kleisthenes beendete diesen Kult weil Adrastos Argeier gewesen war Er wandte sich an das delphische Orakel um die Erlaubnis zu erhalten Adrastos aus der Stadt zu weisen Delphi lehnte dieses Ansinnen aber entschieden ab Nach Herodot soll die Pythia gesagt haben Adrastos sei Konig er nur Peiniger von Sikyon 17 Diese harsche Ablehnung zeigt dass sich dieses Ereignis vor dem Heiligen Krieg abspielte denn nach dem Sieg uber Krisa anderte sich der Tonfall Delphis 18 Kleisthenes wagte es nach diesem Spruch nicht Adrastos aus Sikyon hinauszuweisen sondern beendete den Kult um ihn auf andere Weise Er liess aus Theben die Gebeine des Melanippos uberfuhren Dieser war Adrastos Todfeind denn Adrastos hatte seinen Bruder und Schwiegervater umgebracht Die Kultstatte fur Melanippos wurde in direkter Nahe zum prytaneion eingerichtet und nach Herodot liess Kleisthenes einen Tempel fur Melanippos bauen 19 Der grosste Teil der Feste und Opfer die bisher Adrastos geweiht gewesen waren wurden nun Melanippos dargebracht Die Gesange die Adrastos Leid beklagten wurden auf Dionysos ubertragen Herodot deutet an dass diese Chore ursprunglich Dionysos geweiht gewesen waren Statt des Dionysos feierten sie also den Adrastos Kleisthenes ubertrug jetzt die tragischen Auffuhrungen auf Dionysos 17 Nach de Libero waren die Chore aber aus der Adrastos Verehrung entstanden De Libero betont ausserdem dass Dionysos eine Gottheit der Aristokraten war 20 Die Ansicht Berves dass in der Forcierung eines Dionysos Kult eine Rucksicht auf die Bauern Sikyons zum Ausdruck kommt 21 weist sie als uberholt 20 zuruck Dionysos war aber nicht der Gott der Aristokraten sondern ein Gott der von allen Bevolkerungsteilen verehrt wurde 22 Hier ist also Berve zuzustimmen denn Kleisthenes hat mit der Einrichtung des Dionysos Kultes die Bauern nicht zuruckgestossen Herodot erwahnt allerdings nicht die Spiele die Adrastos geweiht waren Darauf verweist Pindar in den Nemeen Er schreibt Also die rauschende Phorminx also die Flote wohlan denn lass von uns fur den Rosswettkampf den erlesnen geweckt sein welchen Adrastos Apolln einsetzte an Asopos Strom 23 Diese Spiele wurden nach dem Heiligen Krieg auf Apollon ubertragen Damit waren alle kultischen Handlungen des Adrastos umgewidmet worden und Adrastos verlor seine Bedeutung fur die Stadt Zudem liess Kleisthenes seinen Namen aus der Konigsliste tilgen So entstand ein sikyonisches Konigshaus und die argivische Tradition verschwand 24 Die Phylenreform Bearbeiten Mit Phylenreform wird die Umbenennung der sikyonischen Phylen bezeichnet Kinzl datiert sie in die 50er Jahre des 6 Jahrhunderts v Chr 25 Umstritten ist ob es sich dabei nur um eine Abgrenzung von den Argeiern deren Phylen die gleichen Namen trugen handelt oder ob sie gesellschaftliche Hintergrunde hatte Vertreter der zweiten These ist Sealey Seiner Meinung nach war Kleisthenes Nicht Dorer und verbesserte mit der Umbenennung der vier Phylen die Stellung der nicht dorischen Sikyonier indem er ihrer Phyle den Namen Archelaoi Herrscher uber das Volk gab Die Dorier seien hingegen durch abwertende Namen entehrt worden Ihre Phylen seien mit den Namen Hyatai Wildschweinartige Onetai Eselartige und Choireatai Ferkelartige bedacht worden 26 Dagegen argumentiert Bicknell Ihm zufolge gab es zur Zeit der Orthagoriden nur drei Phylen denen Kleisthenes neue Namen gab die aber nicht entehrend waren 27 Kleisthenes habe keine sozialreformerischen Absichten gehabt sondern sich allein von Argos abgrenzen wollen 28 Kinzl unterstutzt diese Sicht indem er auf die politische Situation verweist 29 Sikyon befand sich damals im Krieg Es ist also unwahrscheinlich dass Kleisthenes riskierte einen grossen Teil der Bevolkerung derart zu beleidigen Zudem findet sich bei Herodot der die Phylenreform tradierte 30 kein Hinweis darauf dass Kleisthenes diese Absicht hatte Kinzl verweist darauf dass Phylennamen gewohnlich von Heldennamen abgeleitet werden Archelaoi sei somit nicht als Herrscher uber das Volk zu interpretieren sondern ist auf den Heroen Archelaos zuruckzufuhren Dieser war der Sage nach aus Argos vertrieben worden Diese Geschichte lasst sich also auch in die anti argivische Propaganda die Kleisthenes bezweckte einflechten Die anderen Namen sind nach Kinzl ebenfalls auf Heroen zuruckzufuhren wenn auch nicht mehr erkennbar ist auf welche Auch die Tatsache dass die neuen Phylennamen erst rund 60 Jahre nach Kleisthenes Tod aufgegeben wurden also nach dem Sturz der Orthagoridenherrschaft spricht dagegen dass es sich um abwertende Namen handelte Die These dass es sich bei den Orthagoriden um eine nicht dorische Familie handelte stutzt sich ganz wesentlich auf die angeblich anti dorische Politik Kleisthenes die sich besonders in der Phylenreform zeige Allerdings erkennt man bei naherer Betrachtung dass diese Politik wahrscheinlich gar nicht gegen die Dorer sondern ausschliesslich gegen die Argiver gerichtet war Zudem zeigt sich dass der Begriff Phylenreform falsch gewahlt ist es fand lediglich ein Namenswechsel statt Die Verheiratung von Agariste BearbeitenAgariste war Kleisthenes Tochter Mit ihrer Verheiratung wollte Kleisthenes ein strategisches Bundnis schliessen Herodot berichtet dass Kleisthenes nachdem er bei den Olympischen Spielen 572 v Chr einen Sieg im Wagenrennen errungen hatte 31 alle Griechen einlud um seine Tochter zu freien Diese sollten sich in 60 Tagen an seinem Hof einfinden und sich einer einjahrigen Auswahl Prozedur unterziehen 32 Die Liste der Bewerber bei Herodot ist lang Auffallig ist dass sie aus dem Westen kommen u a aus Italien Aitolien und vom Ionischen Golf 32 Daraus wird ersichtlich dass Kleisthenes Politik nach Westen ausgerichtet war 33 Herodot beschreibt die Prufung sehr anschaulich Es haben sowohl Gesprache stattgefunden als auch sportliche Wettkampfe und Festessen bei denen die Tischmanieren der Bewerber begutachtet wurden 34 Darin zeigt sich der aristokratische Lebenswandel Kleisthenes De Libero wertet dies als weiteren Hinweis einer vornehmen Abstammung 35 doch moglicherweise hatte die Familie diesen Lebensstil im Laufe ihrer Herrschaft erworben Bury und Meiggs stellen allerdings in Frage ob Herodots Beschreibung wortlich zu nehmen ist Ihrer Meinung nach hat Herodot die Ereignisse ausgeschmuckt 36 Kleisthenes wahlte schliesslich den Athener Megakles aus dem Geschlecht der Alkmaioniden als kunftigen Schwiegersohn aus Aus dieser Ehe gingen zwei Sohne hervor Kleisthenes und Hippokrates Kleisthenes fuhrte in Athen eine Phylenreform durch Hippokrates war durch seine Tochter Agariste Grossvater des spateren attischen Politikers Perikles 37 Literatur BearbeitenA Andrewes The Greek Tyrants Hutchinson London 1966 Helmut Berve Die Tyrannis bei den Griechen Band 1 Darstellung Beck Munchen 1967 Peter J Bicknell Herodotos 5 68 and the Racial Policy of Kleisthenes of Sicyon In Greek Roman and Byzantine Studies 23 1982 3 ISSN 0017 3916 S 193 201 J B Bury Russel Meiggs A History of Greece to the death of Alexander the Great 4 Auflage Macmillan London u a 1975 N G L Hammond The Family of Orthagoras In The Classical Quarterly 50 N S 6 1956 Nr 1 2 ISSN 0009 8388 S 45 53 Konrad H Kinzl Betrachtungen zur alteren Tyrannis In Konrad H Kinzl Hrsg Die altere Tyrannis bis zu den Perserkriegen Beitrage zur griechischen Geschichte Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1979 ISBN 3 534 07318 5 Wege der Forschung 510 S 302 325 Loretana de Libero Die archaische Tyrannis Steiner Stuttgart 1996 ISBN 3 515 06920 8 Malcolm F McGregor Cleisthenes of Sicyon and the Panhellenic Festivals In Transactions and Proceedings of the American Philological Association 72 1941 ISSN 0065 9711 S 266 287 Anmerkungen Bearbeiten Nikolaos von Damaskos FGrHist 90 F 61 1ff zitiert nach de Libero Archaische Tyrannis S 187 Nikolaos von Damaskos FGrHist 90 F 61 4f zitiert nach de Libero Archaische Tyrannis S 188 Aristoteles politica 1315b Zitiert nach Berve Tyrannis S 29 Hammond The Family of Orthagoras S 47 Kinzl Tyrannis S 303 Hans Joachim Gehrke Jenseits von Athen und Sparta Das Dritte Griechenland und seine Staatenwelt Munchen 1986 S 167 Bury Meiggs History of Greece S 110 Andrewes Tyrants S 60 de Libero Tyrannis S 198 199 De Libero geht davon aus dass der personliche Gewinn das Hauptmotiv Kleisthenes gewesen sei Die anderen Ziele sind aber zu wichtig als dass Kleisthenes sie hatte vernachlassigen konnen Besonders seine Erfahrung mit dem Orakel bzgl Adrastos wird ihm den politischen Einfluss von Delphi verdeutlicht haben s Kapitel V 2 1 Pausanias Beschreibung Griechenlands 10 37 5 6 Plutarch Parallele Leben Solon 11 Pausanias Beschreibung Griechenlands 10 37 6 hatte Solon darauf bestanden weil das pythische Orakel vor dem Krieg besagt hatte dass Krissa erst besiegt sei wenn Delphis Territorium bis zum Meer ausgeweitet sei de Libero Tyrannis S 198 Pindar Nemea 9 s auch Kapitel V 2 1 Herodot 5 67 Kleisthenes hatte wahrend eines Krieges gegen Argos den Rhapsoden verboten in Sikyon ihre Wettgesange zu veranstalten weil namlich in den epischen Liedern Homers fast uberall die Argeier und die Stadt Argos besungen werden a b c Herodot 5 67 Andrewes Tyrants S 59 de Libero Tyrannis S 199 Diese Aussage Herodots wurde bislang nicht durch archaologische Funde bestatigt a b de Libero Tyrannis S 202 Berve Tyrannis S 31 Renate Schlesier Dionysos In DNP Bd 3 Stuttgart Weimar 1997 Sp 651 662 Sp 657 Pindar Nemeische Oden 9 Ubersetzung von Tycho Mommsen Des Pindaros Werke in die Versmaasse des Originals Leipzig 1846 S 154 de Libero Tyrannis S 197 Kinzl Tyrannis S 304 Raphael Sealey A History of the Greek City States ca 700 338 B C Berkeley Los Angeles London 1976 S 45 46 Die dritte Phyle sei nicht Choireatai sondern Archelaoi benannt worden da Choireatai obszon war Vgl Bicknell Herodotos 5 68 S 196 Peter J Bicknell Herodotos 5 68 S 196 Kinzl Tyrannis S 304 305 Herodot 5 68 Siegerliste bei der Foundation of the Hellenic World a b Herodot 6 127 Andrewes Tyrants S 61 Herodot 6 128 de Libero Tyrannis S 194 Bury Meiggs History of Greece S 112 Herodot historiae 6 130 131 Normdaten Person VIAF 156159474047027660432 Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 26 Marz 2023 PersonendatenNAME Kleisthenes von SikyonKURZBESCHREIBUNG Tyrann in der peloponnesischen Polis SikyonGEBURTSDATUM 7 Jahrhundert v Chr STERBEDATUM 6 Jahrhundert v Chr Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kleisthenes von Sikyon amp oldid 232211207