Als Kettensäge werden Sägen bezeichnet, deren schneidender Teil eine Sägekette ist. Die Sägen werden in der Regel mit einem Otto- oder Elektromotor, mit Druckluft (pneumatisch) oder mit Öldruck (hydraulisch) angetrieben. Häufigste Bauart ist die handgeführte Kettensäge für Holz- und Waldarbeiten, häufig einfach Motorsäge genannt. Wesentliche Teile dieses Artikels beziehen sich auf diese Bauart, seltenere Typen sind unter Sonderbauformen aufgeführt.
Geschichte Bearbeiten
Das technische Prinzip der Sägekette, die um eine Schiene läuft, wurde bereits 1830 von dem Würzburger Arzt Bernhard Heine beim Osteotom verwendet, um Knochen zu sägen.
Bereits vor 1900 wurde mit den ersten sogenannten Sägemaschinen die bis dahin vorherrschende reine Handarbeit im Wald abgelöst.
In den 1920er Jahren wurden zentnerschwere, nach heutiger Vorstellung aufwendig zu bedienende Zweimannmaschinen (vgl. Abschnitt Sonderbauformen) entwickelt. Diese Geräte wurden benutzt, um die Stämme bereits gefällter Bäume in Abschnitte zu schneiden.
Die erste benzinbetriebene und in der Forstwirtschaft erprobte und verwendete Motorsäge war die Holzfällmaschine Sector, sie wurde zum Fällen und Ablängen benutzt. Das vermutlich älteste Foto vom Einsatz einer Motorsäge in Deutschland um 1920 findet sich im Buch Forstgeschichte (2006). Die erste serienmäßig hergestellte benzinbetriebene Motorsäge brachte der Erfinder Emil Lerp, Gründer des Hamburger Unternehmens Dolmar, im Jahr 1927 auf den Markt, (Typ A). Die Säge musste von zwei Personen bedient werden und konnte nur senkrechte Schnitte ausführen.
Die erste Motorsäge mit Elektromotor für den Einsatz auf Ablängplätzen (dort werden Stämme in Stücke geschnitten) baute Stihl im Jahr 1926.
In der weiteren Entwicklung wurden Motorsägen gebaut, bei denen die Schiene um 90 Grad schwenkbar war. Mit diesen Sägen ließ sich liegendes Holz ablängen (senkrechter Schnitt) und darüber hinaus auch stehendes Holz (also Bäume) mit waagerechtem Schnitt fällen. Die ab dem Jahr 1952 produzierte Einmann-Benzin-Motorsäge DOLMAR CP hatte solch eine schwenkbare Schiene. Um die mechanisch aufwendige Schwenkvorrichtung der Schiene einzusparen, wurden vorübergehend Motorsägen mit um 90 Grad schwenkbarem Vergaser gebaut, z. B. in der DDR die Faun von WERUS.
Schließlich ermöglichte aber erst der im Flugzeugbau entwickelte Membranvergaser einen vollständig lageunabhängigen Betrieb der Motorsäge und führte zur Entwicklung der heute gebräuchlichen Ein-Mann-Motorsäge (EMS) zum Ende der 1950er Jahre. Erste in Europa gebaute Modelle dieser Art waren 1957 die Dolmar CF, 1958 die Rex von SOLO und 1959 die Contra von Stihl. Durch die Einmann-Motorsäge wurde die Produktivität bei der Holzernte erheblich gesteigert. Die zunächst noch nicht darauf abgestimmten Tarife im Forstwesen führten übergangsweise zu einem hohen Einkommen für Waldarbeiter, denn bis in die 1990er-Jahre wurde die Holzernte grundsätzlich im Gedinge (Gruppenakkord) entlohnt.
Aufbau Bearbeiten
Gehäuse und Motor Bearbeiten
In einem Motorsägengehäuse, an dem auch die beiden Griffe angebracht sind, befindet sich der Antriebsmotor. In der Regel ist es ein Zweitakt-Benzinmotor oder ein Elektromotor. Zum Anlassen des Benzinmotors ist oft ein Seilzugstarter vorhanden, ähnlich wie bei Rasenmähern. Viertaktmotoren sind ungebräuchlich, weil bei ihnen eine lageunabhängige Schmierung aufwendig zu realisieren ist, während die Gemischschmierung von Zweitaktmotoren lageunabhängig ist.
Führungsschiene und Kette Bearbeiten
An der Vorderseite des Gehäuses ist ein längliches Metallblatt, die Führungsschiene (auch Blatt oder Schwert) angebracht. An den Kanten der Schiene ist umlaufend eine Nut eingearbeitet, in der eine Hobelzahnkette aus Metall – die Sägekette – um die Schiene herumläuft. An der vorderen Spitze der Schiene ist meist eine Rolle (Umlenkstern) angebracht, um hier die Reibung zu vermindern. Die Spannung der Kette ist einstellbar.
Die Kette ist auf der Außenseite mit Hobelzähnen bestückt und wird am hinteren Ende der Schiene über eine Fliehkraftkupplung vom Motor angetrieben. Um den Verschleiß der Schiene zu vermindern, muss die Kette ständig mit Öl geschmiert werden. Beim Sägen wird ein Teil des Öls abgeschleudert. Die Kette muss je nach Beanspruchung früher oder später geschärft werden. Vor allem bei verschmutztem, vereistem Holz, beim Schneiden in Fremdkörper und in den Boden werden die Schneidezähne sehr schnell stumpf. Zum Schärfen werden spezielle Kettenschärfmaschinen oder Feilen benutzt.
Ketten gibt es in verschiedener Schneidgeometrie und verschiedener Teilung, je nach Schnittleistung und -qualität (Forsteinsatz, Bauzimmerei, Hartholz). Verbreitet sind dabei die Ausprägungsformen Halbmeißel und Vollmeißel. Von verschiedenen Herstellern sind Hartmetall-Ketten mit auf den Schneidezähnen aufgelöteten Hartmetallplättchen erhältlich. Diese Ketten haben ein Vielfaches der Standzeit normaler Ketten und können auch Metalle oder Gasbetonsteine in begrenztem Umfang schneiden. Sie brauchen aber eine höhere Motorleistung und sind nur mit speziellen Diamantscheiben zu schleifen.
Starterleichterungen bei Benzinmotoren Bearbeiten
Diverse technische Konstruktionen ermöglichen ein einfaches Starten der Motorsäge, insbesondere nach langer Standzeit.
Dazu gehören:
Sonderbauformen Bearbeiten
Einsatzgebiete Bearbeiten
Unfallschutz Bearbeiten
Technischer Unfallschutz Bearbeiten
Um das Unfallrisiko zu verringern, sind moderne Motorsägen mit verschiedenen Sicherheitseinrichtungen versehen:
Schutzausrüstung und Arbeitstechnik Bearbeiten
Beim Arbeiten mit Motorsägen ist unbedingt eine persönliche Schutzausrüstung zu tragen, denn die Arbeit mit der Motorsäge ist sehr unfallträchtig. In Deutschland gilt wie in vielen anderen Ländern für Waldarbeiter etwa die PSA-Forst oder ähnliche Vorschriften, bestehend aus Schnittschutzhose, Schutzhelm mit Visier und Gehörschutz, Sicherheitsschuhe mit Schnittschutzeinlage und anderem.
Zu beachten sind stets folgende Sicherheitsregeln:
Unfallverhütungsvorschriften (UVV) Bearbeiten
Nach den allgemeinen Bestimmungen der UVV in Deutschland setzt der Einsatz von Motorsägen (im Sinne der Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz (VSG) sind das durch Verbrennungsmotor angetriebene Kettensägen) im gewerblichen Bereich sowie in manchen Staatsforsten einiger Bundesländer eine „Tauglichkeit“ bzw. einen Fachkundenachweis nach VSG 4.2 voraus.
Dieser Fachkundenachweis wird umgangssprachlich auch als Motorsägenführer, Motorkettensägenführer, Kettensägenführer oder in angehängter Kombination mit ~nachweis, ~berechtigung oder ~schein bezeichnet und gilt unter anderem auch für deutsche Feuerwehren (Lehrgang (MKSF)). Die Ausbildung erfolgt durch die Waldarbeitsschulen, Forstämter oder private Lehrgangsträger. Bei der Feuerwehr und beim Technischen Hilfswerk gibt es eigene Ausbilder und Lehrgänge. Die Abnahme der Schulung, sofern sie im Rahmen einer handwerklichen Berufsausbildung oder Weiterbildung stattfindet, erfolgt durch einen Vertreter der Berufsgenossenschaften (wie der Berufsgenossenschaft Holz und Metall für Tischler, Zimmerer sowie metallverarbeitende Berufe) oder einen Beauftragten.
- Bei gewerblich eingesetzten Kettensägen ist eine jährliche Sicherheitsüberprüfung, die UVV-Prüfung (nach Richtlinien der Berufsgenossenschaften) vorgeschrieben, bei Elektrokettensägen in Verbindung mit den VDE-Vorschriften.
Kettensägen und Umweltschutz Bearbeiten
Das der Kette über die Ölpumpe zugeführte Schmiermittel (Sägekettenöl) wird überwiegend abgeschleudert oder bleibt an den Sägespänen haften. Seit langem wird daher auch und in zunehmendem Maße biologisch kurzfristig abbaubares Öl („Biokettenöl“, etwa auf Rapsöl-Basis) eingesetzt oder vorgeschrieben. Ferner haben moderne Kettensägen meistens eine regelbare Ölpumpe, so dass der Schmiermittel-Bedarf exakt der verwendeten Schienenlänge angepasst werden kann. In modernen Motorsägen wird die Ölpumpe über die interne Fliehkraftkupplung angetrieben, um damit unnötige Verluste und Verschmutzung im Leerlauf zu vermeiden.
Zweitaktmotoren, wie sie in Motorsägen normalerweise zum Einsatz kommen, haben gegenüber Viertaktmotoren ungünstigere Abgaswerte. Der Zweitaktmotor gibt einen erheblichen Teil des Brennstoffs (20 Prozent Spülverlust) wieder unverbrannt an die Umwelt ab. Bei Dauereinsatz ist das sowohl für die Umwelt wie auch für den Sägeführer eine große Belastung. Daher wurde benzolfreier Sonderkraftstoff für Motorsägen entwickelt (nachraffiniertes Alkylatbenzin), dieses produziert gegenüber handelsüblichem Benzin 90 Prozent weniger Schadstoffe. Allerdings ist es erheblich teurer als Benzin. In Baden-Württemberg ist die Verwendung von Alkylatbenzin auch für Selbstwerber vorgeschrieben. Durch den Einbau von Katalysatoren werden die Abgaswerte nochmals erheblich reduziert.
Motorsägen mit Antrieb durch einen Viertaktmotor befanden sich in der Entwicklung, erlangten aber nie Marktreife. Der Viertaktmotor ist grundsätzlich aufwendiger gebaut und bei gleicher Leistungsabgabe deutlich schwerer als ein Zweitaktmotor.
- Der Hersteller Komatsu Zenoah aus Japan hat einen Spülvorlagenmotor genannten Antrieb entwickelt und eingebaut; das Konzept wird unter dem Namen Strato charged Engine vermarktet und bildet die Grundlage für alle anderen Spülvorlagenmotoren verschiedener Hersteller.
- Der Hersteller Dolmar hatte 2009 die PS 500V mit Viertaktmotor entwickelt und bereitete ihre Markteinführung vor. Die Entwicklung kam aber nicht über Vorserienmodelle hinaus, die an einzelne Händler geliefert wurden.
- Der italienische Hersteller EMAK hat einen Motor mit membrangesteuerter Direkteinspritzung entwickelt und zur Serienreife gebracht; er ist bereits am Markt erhältlich und momentan der einzige Motor dieser Art am Markt.
- 1988 brachte die Firma Stihl einen Katalysator auf den Markt, der erheblich zur Schadstoffreduzierung in den Abgasen beiträgt. Es handelt sich um einen mit Platin beschichteten Metall-Katalysator des Unternehmens Emitec. Mittlerweile bieten auch andere Firmen Katalysatoren an; nicht nur in Motorsägen, sondern sie werden ebenso in anderen Motorgeräten (z. B. Laubblasgeräten) verbaut. Da jedoch seitens des Anwenders keine Pflicht besteht, mit Katalysatoren ausgestattete Sägen zu verwenden und für diese Zusatzausstattung mehr bezahlt werden muss, ist die Verbreitung ausschließlich auf das Umweltbewusstsein des Benutzers zurückzuführen. Jedoch trägt der Katalysator auch zur Arbeitsergonomie bei, da neben den gasförmigen Schadstoffen ebenfalls die Geruchsbelästigung stark reduziert wird.
- Ab Januar 2019 (mit Einführung der Euro V-Stufe) müssen Kleinmotoren mit Leistungen von weniger als 19 kW, worunter auch Kettensägen, Laubbläser, Rasenmäher u. a. m. fallen, ebenfalls gesetzliche Abgasgrenzwerte einhalten. Die genauen Werte sind aktuell in der Diskussion.
Rezeption in Medien Bearbeiten
Die Kettensäge als Mordwerkzeug ist ein populäres Klischee in Horrorfilmen; Ursprung ist der heute klassische Film Texas Chainsaw Massacre. Seither hatte sie immer wieder blutige Gastauftritte in Filmen, etwa in Scarface, American Psycho, Tanz der Teufel, Running Man, Dawn of the Dead, Bad Taste, Hostel, Halloween: Resurrection, Winter’s Bone, Dead Snow, Abbuzze! Der Badesalz-Film, Tucker and Dale vs Evil, Freaky, Rock Aliens und Pieces von Regisseur Juan Piquer Simón von 1982.
Durch Überzeichnung der Konsequenzen von Unfallgefahren spielt eine Kettensäge die Hauptrolle in einer Schlussszene im Parodie-Kurzfilm Staplerfahrer Klaus.
Ebenfalls als Mordwerkzeug hat sie Einzug in die Texte vieler Metalbands gefunden, so zum Beispiel im Song Chainsaw Buffet der finnischen Hardrockband Lordi oder im Song The Saw is the Law der Thrashmetalband Sodom und einigen anderen Death-Metal-Bands. In Computerspielen wie Lollipop Chainsaw, Doom und Grand Theft Auto kann die Spielfigur Kettensägen als Waffe benutzen. Die Kettensäge ist mit ein Grund, warum der Jugendschutz bisweilen gegen solche Spiele oft mit Indizierungen vorgeht.
Von der österreichischen Band EAV wird das Gerät im Lied Wirf die Motorsäge an als Mittel gegen Depressionen persifliert. Im Videoclip zum Song Headache von Frank Black, der sich auf dem Album Teenager of the Year von 1994 befindet, zersägt der Sänger eine riesige weiße Schmerztablette mit einer Kettensäge.
In dem Lied The Lumberjack der Rockband Jackyl wird eine Kettensäge als Instrument verwendet und ersetzt teilweise eine Gitarre.
In der japanischen Manga-Literatur gibt es eine Comic-Figur namens Chainsaw Man des Zeichners Tatsuki Fujimoto, diese Comic-Figur besitzt Kettensägen als Arme und Kopf.
In dem Song Kill You von HipHop-Sänger Eminem, der sich auf dem Album The Marshall Mathers LP aus dem Jahre 2000 befindet, hört man eine Kettensäge surren, in Verbindung mit der Textzeile „Texas Chainsaw, left his brains all“.
Die kanadische Country-Punk-Rock-Band White Cowbell Oklahoma setzt häufig bei Konzerten eine Kettensäge als Showeffekt ein, um etwa weiße Papierrollen oder Stofftiere zu zerfetzen und die Überreste ins Publikum zu werfen.
Auf dem Cover des Albums Code Red der deutschen Thrash-Metal-Band Sodom von 1999 trägt ein vermummter Soldat, der sogenannte Knarrenheinz, das Maskottchen der Band, auf dem linken Arm eine blutverschmierte Kettensäge. In dem Musikvideo zum Song Blood Spiller der Rockband Cave In, der sich auf dem im Mai 2022 erschienenen Album Heavy Pendulum befindet, zersägt eine Person in einer schwarzen Robe mit Kapuze ein Puppenhaus mit Einsatz von Kunstblut.
Siehe auch Bearbeiten
- Kettenfräse, ebenfalls mit einer Kette arbeitende Maschine
- Holzvollernter
- Liste von Motorsägenherstellern
Literatur Bearbeiten
- Manfred Fleischer: Die Geschichte der Motorsäge. Vom Faustkeil zur Einmannsäge – eine Technik- und Wirtschaftsgeschichte. Forstfachverlag, Scheeßel-Hetzwege 2004, ISBN 3-9805121-1-8
- Günter Rössel, Wolfram Schulz: Motorsägenarbeit. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1988, ISBN 3-331-00298-4
- aid infodienst e.V.: Die Motorsäge – Einsatz und Wartung. Aid, Bonn 2008, ISBN 978-3-8308-0730-8.
- X. Hengst: Die Motorkettensäge im Hauungsbetrieb. Badenia Verlag, Karlsruhe 1947
Weblinks Bearbeiten
Einzelnachweise Bearbeiten
- Henrik Kletzin: Timbersports – Der internationale Holzfällerwettbewerb. Motorsägen – Kettensäge. In: www.motorsaegen-test.de. Motorsägen-Test.de, 29. August 2014, abgerufen am 13. April 2023.
- (Memento vom 23. Mai 2015 im Internet Archive) der SVLFG:
VSG 3.1 (Technische Arbeitsmittel), Abschnitt X: Zusätzliche Bestimmungen für den Betrieb von Motorsägen
VSG 4.3 (Forsten), § 4 Arbeiten mit Motorsägen
VSG 4.2 (Gartenbau, Obstbau und Parkanlagen), § 2 Tauglichkeit. Dort zum Tauglichkeitsnachweis die Durchführungsanweisung zu § 2, Ziffer 2: „Als fachkundig in diesem Sinne gilt, wer z. B. in einem Fachbetrieb oder bei einem Lehrgang entsprechend dem Inhalt der Anlage 3 ausgebildet wurde und über die erworbene Fachkunde einen Nachweis führen kann.“ - Kreisfeuerwehrverband Limburg-Weilburg: Unterweisung im Umgang mit der Motorkettensäge
- (Memento vom 23. Februar 2015 im Internet Archive) (PDF; 89 kB)
- The Lumberjack. In: www.songfacts.com. Songfacts, abgerufen am 5. Januar 2018 (englisch).