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Kesikkaya ist eine Felsformation auf dem Gebiet der hethitischen Hauptstadt Ḫattusa Das an den Felsen angrenzende Gelande wurde von vorhethitischer bis zur galatischen Zeit bebaut In spateren romischen und byzantinischen Perioden wurde der Felsen bearbeitet und als Steinbruch genutzt Der Felsblock ist durch einen von Nordwesten nach Sudosten verlaufenden wohl naturlich entstandenen Spalt geteilt was ihm den turkischen Namen Kesikkaya geschnittener Felsen gab Kesikkaya von Sudosten 1 Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Architektur 3 1 Vorhethitische Zeit 3 2 Hethitische Zeit 3 3 Nachhethitische Zeit 3 4 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLage BearbeitenDas Areal der Hauptstadt liegt im nordlichen Zentralanatolien in der Turkei beim Ort Bogazkale fruher und in der archaologischen Literatur Bogazkoy Im Nordwesten des ausgegrabenen Bereiches liegt der Felsblock Kesikkaya sudlich des Grossen Tempels Etwa 200 Meter nordostlich liegt das sogenannte Haus am Hang 100 Meter sudwestlich der ebenfalls bearbeitete und ehemals bebaute Felsblock Kizlarkayasi Im Westen fuhrt die Poternenmauer die die Unter von der Oberstadt trennt direkt am Felsen vorbei Forschungsgeschichte BearbeitenIm Zuge der fruhen deutschen Ausgrabungen in Bogazkoy durch Hugo Winckler und Theodor Makridi zu Beginn des 20 Jahrhunderts untersuchte der letztere auch den Felsen von Kesikkaya Er hielt den damals noch mit Erde gefullten Spalt fur menschengemacht und vermutete an den Wanden Felsreliefs ahnlich denjenigen von Yazilikaya zu finden Der Architekt Ernst Borchardt berichtet 1912 in einem Brief an den Assyriologen Alfred Jeremias dass der Spalt bis zur Halfte an einer Stelle sogar auf eine Tiefe von acht Metern freigelegt wurde ohne jedoch den gewachsenen Boden zu erreichen Es wurden keine Reliefs entdeckt Allerdings kamen etwa 75 behauene Werksteine zum Teil mit Bohrlochern zutage von denen die Ausgraber wohl zu recht vermuteten dass sie zu Bauten gehorten die fruher auf dem Felsen standen Auf der Oberflache des Felsens stellte man Abarbeitungen fest die ebenfalls Bohrlocher aufwiesen Die Qualitat der Steine entsprach nach Borchardts Beurteilung denen die man im Grossen Tempel gefunden hatte 2 Weitere Erkenntnisse uber diese fruhen Grabungen sind nicht dokumentiert und lassen sich nur aus Photographien von Borchardt schliessen Demnach bestand am Sudende des Korridors eine Mauer aus gut bearbeiteten Werksteinen die den Spalt nach Suden abschloss Von ihr sind heute nur die auf dem Schutthaufen der Grabungen liegenden Werksteine erhalten Eine weitere Mauer bestand wohl in der Mitte des Korridors Sie konnte die Begrenzung eines Schachtes an der Ostseite sein Von ihr sind bis heute keine Uberreste gefunden worden Es deutet einiges darauf hin dass Makridi auch bereits Teile des monumentalen hethitischen Gebaudes ergraben hat das sudostlich direkt vor der Offnung des Korridors lag und dessen Grundmauern heute ausgegraben und restauriert sind Dort fanden die Graber wahrscheinlich auch eine Basis mit 16 Bohrlochern die heute im Bereich des hethitischen Gebaudes sudlich vor dem Felsen liegt 3 Seit den kaum dokumentierten Grabungen Theodor Makridis ab 1911 wurden keine naheren Untersuchungen von Kesikkaya unternommen Erst ab 2007 nahm ein Team unter der Leitung des vorderasiatischen Archaologen Reiner Dittmann erneute Forschungen im Rahmen der von Andreas Schachner geleiteten Ausgrabungen des Deutschen Archaologischen Instituts vor zunachst in der nordlichen Umgebung dann auch am Felsen Kesikkaya selbst 4 2018 wurden schliesslich die Mauerzuge im Suden sowie die neu ergrabenen Teile der Poternenmauer im Nordwesten restauriert Architektur BearbeitenVorhethitische Zeit Bearbeiten Die altesten Gebaudefundamente stammen aus der Zeit der assyrischen Handelskolonien in Anatolien Karumzeit am Anfang des 2 Jahrtausends v Chr Im Bereich von Gebaude 82 dessen Grundmauern wenige Meter nordwestlich von Kesikkaya nahe dem Grossen Tempel gefunden wurden konnten unter den hethitischen Gebauden liegende Mauerzuge mittels Radiocarbonmethode in diese Zeit datiert werden Die Gebaude 90 und 91 die sudlich und nordlich davon liegen sind in hethitischer Zeit entstanden 5 Wie bei allen Gebauden im Stadtbereich sind auch hier lediglich die Mauersockel erhalten das aufgehende aus Lehmziegeln errichtete Mauerwerk ist vergangen Hethitische Zeit Bearbeiten Hethitisches Gebaude nbsp Westteil diagonal die Orthostatenmauer nbsp Ostteil Der hethitischen Zeit ist hauptsachlich ein monumentales Gebaude vor dem sudostlichen Ausgang des Schachts zuzurechnen Die Grundmauern von mehreren langrechteckigen Raumen im ostlichen Teil wurden wohl schon von Makridi freigelegt aber wieder mit Abraum aus dem Korridor bedeckt Westlich davon wurden ab 2010 zwei weitere Raume freigelegt die gemeinsam einen dreieckigen Grundriss aufweisen was in der hethitischen Architektur sonst nicht nachgewiesen ist Ihren westlichen schragen Abschluss bildet die sogenannte Orthostatenmauer die einem mindestens vier Meter breiten Absatz aus Steinen und Lehmziegeln vorgelagert ist dessen ruckseitige Kante noch nicht ausgegraben ist Die Mauer besteht aus recht flachen unverzierten bis zu 60 Zentimeter hohen Orthostaten aus Kalkstein die keine tragende Funktion hatten sondern nur zur Verkleidung der dahinterliegenden Struktur dienten Mauerreste die nordwestlich der Orthostatenmauer gefunden wurden deuten moglicherweise darauf hin dass dort auf einer Terrasse ein weiterer ebenfalls dreieckiger Raum lag dessen spitzer Winkel im Norden zum Korridor hin zeigte In die Reihe der Orthostaten gehort ein grosser sauber gearbeiteter Block von gleicher Hohe und einem Umfang von etwa einem Meter im Quadrat An der Oberseite zeigte er vier Reihen von jeweils vier Bohrlochern Er wurde in versturzter Lage nahe der Mitte der Mauer gefunden und ist heute wieder eingereiht Derartige Bohrlocher dienten im Allgemeinen zur Aufnahme von Dubeln mittels derer aufgehende Holzpfeiler oder Balken des Fachwerks befestigt wurden Was hier die Bestimmung der ungewohnlich vielen Locher war ist nicht zu klaren 6 Zwei ahnliche Blocke liegen ostlich des Gebaudes auf der Schutthalde der Makridi Grabungen vielleicht die von denen Borchardt in seinem Brief berichtete Ihre Zuordnung ist ebenfalls unklar Ebenso konnen uber die Funktion des Gebaudes nur Vermutungen angestellt werden Der Fund eines Leberomens sowie der zahlreichen Scherben von denen Borchardt berichtet und die er verallgemeinernd als Weihegaben bezeichnet geben Anlass zu der Vermutung dass der Bau eine religiose Funktion hatte 7 Etwa in der Mitte des Korridors ist an dessen Ostseite ein Schacht eingetieft der nach den Bearbeitungsspuren von hethitischen Arbeitern mit Steinhammern angelegt wurde Dabei sind schwache Spuren einer Mauer zu erkennen die vor dem Schacht liegt und der Richtung nach auf einen Eingang von den spitzwinkligen Raumen im Suden gefuhrt haben konnte Da die Mauer bei Makridis Grabungen fast vollstandig abgetragen wurde ist sie nicht mehr weiter rekonstruierbar Gleiches gilt fur die Mauer die den Korridor nach Suden abschloss 8 Die mogliche Verbindung zwischen Schacht und den Raumen im Suden deren spitze Winkel direkt darauf zeigen lasst eine mogliche Deutung erkennen Danach konnte es sich bei der Anlage ahnlich wie bei den Kammern der Sudburg oder vielleicht auch der Kammer B von Yazilikaya um ein DINGIRKASKAL KUR handeln einen rituellen Eingang zur Unterwelt Der Hethitologe John David Hawkins spricht von einer divine earth road 9 Inwieweit die hethitischen Gebaude die auf dem Felsen von Kesikkaya bestanden mit dem monumentalen Gebaude in Zusammenhang stehen ist nach dem gegenwartigen Stand der Forschung nicht geklart 7 Westlich fuhrt an Kesikkaya die von Buyukkale uber den sogenannten Nordwesthang kommende Poternenmauer vorbei Sie entstand spatestens im 16 Jahrhundert v Chr und bildete hier den sudwestlichen Teil der altesten Stadtbefestigung Ḫattusas Spater nach der Erweiterung der Hauptstadt um die Oberstadt im Suden wurde sie zur Abschnittsmauer zwischen Ober und Unterstadt Sie hat ihren Namen von zahlreichen Gangen die in unregelmassigen Abstanden unter der Befestigung hindurchfuhren deren Funktion noch nicht geklart ist Auf der gegenuberliegenden Seite der modernen Strasse die sudwestlich an Kesikkaya vorbeifuhrt liegt eine derartige Poterne die 2017 im oberirdischen Teil restauriert wurde Im Bereich westlich des Felshugels wurde 2009 ein 46 Meter langer Abschnitt der Poternenmauer freigelegt der auch ein Tor enthielt Es ist damit neben dem Tor direkt westlich von Buyukkale die einzige Verbindung zwischen Unter und Oberstadt Wie dieses hat es einen einfachen Aufbau mit nur einer Torkammer und unterscheidet sich damit von den anderen bekannten Stadttoren Die Mauer selbst ist in der gleichen Kastenbauweise errichtet wie die anderen Teile der Stadtbefestigung In dem neu ausgegrabenen Teil liegen zwei weitere Poternen wobei der Ausgang der sudlicheren direkt auf den Ausgang des Spalts von Kesikkaya trifft 10 Der Abschnitt wurde ebenfalls 2017 restauriert 11 Nachhethitische Zeit Bearbeiten nbsp Eisenzeitliche und galatische Bebauung im Vordergrund Kizlarkayasi nbsp Romisches GrabWestlich des hethitischen Gebaudes wurden die Reste eines umfangreichen Komplexes aus der Eisenzeit ergraben Sie sind wahrscheinlich ab dem 8 Jahrhundert v Chr entstanden und in den folgenden Jahrhunderten mehrfach um und uberbaut worden Vermutlich handelte es sich um offizielle Gebaude zeitweise auch um eine Befestigung Zwischen der hethitischen und der eisenzeitlichen Bebauung direkt anschliessend an die Orthostatenmauer wurde in spaterer Zeit etwa ab dem 4 Jahrhundert v Chr ein weiteres monumentales Gebaude errichtet das in Teilen auch die eisenzeitliche Architektur als Unterbau weiter nutzte Zum Teil ist die Zugehorigkeit der gefundenen Mauerfragmente nicht eindeutig zu klaren Nach der dort gefundenen mit horizontalen mehrfarbigen Streifenmustern bemalten Keramik die allgemein als galatisch bezeichnet wird 12 hat sich fur das Bauwerk die Bezeichnung Galatisches Gebaude eingeburgert Es uberbaut wiederum grosse Teile der fruheren Bebauung und hatte wohl ebenfalls eine Funktion als Befestigung Sowohl dieses Bauwerk als auch die alteren Bauten benutzten hethitische Werksteine als Spolien 13 Ebenfalls aus hethitischen Spolien ist ein Grab errichtet das im Bereich der eisenzeitlichen Bebauung im hochsten Punkt des Verlaufs der Poternenmauer gefunden wurde Aufgrund der darin ergrabenen rotpolierten Keramik sowie eines Unguentariums kann es in die romische Kaiserzeit im 2 oder 3 Jahrhundert n Chr datiert werden 14 An den Aussenseiten des Felsblocks sind besonders im Sudosten deutliche Spuren von Steinbrucharbeiten aus romischer oder byzantinischer Zeit erkennbar 15 Literatur Bearbeiten Jurgen Seeher Hattuscha Fuhrer Ein Tag in der hethitischen Hauptstadt 5 uberarbeitete Auflage Ege Yayinlari Istanbul 2022 ISBN 978 605 7673 45 9 S 36 38 Reinhard Dittmann Auf der Suche nach der verlorenen Architektur von Hattusa eine Spurensicherung Oberflachenerfassungen seit 2007 Westfalische Wilhelms Universitat Munster S 17 45 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kesikkaya Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Nach Offnen des Bildes sind beim Uberfahren mit der Maus die Bereiche gekennzeichnet Bericht des Architekten Ernst Borchardt an Prof Jeremias Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2013 In Archaologischer Anzeiger 2014 1 S 109 112 Reinhard Dittmann Auf der Suche nach der verlorenen Architektur von Hattusa eine Spurensicherung Oberflachenerfassungen seit 2007 Westfalische Wilhelms Universitat Munster S 17 45 Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2012 In Archaologischer Anzeiger 1 Halbband 2013 S 159 Andreas Schachner Die Ausgrabungen in der Unterstadt von Ḫattusa 2009 2014 Erste vorlaufige Ergebnisse in A D Agostino V Orsi G Torri Hrsg Sacred Landscapes of the Hittites and Luwians Studia Asiana 9 Florenz 2015 S 67 81 Digitalisat a b Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2013 In Archaologischer Anzeiger 2014 1 S 103 109 Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2015 In Archaologischer Anzeiger 2016 1 S 1 4 Andreas Schachner Die Ausgrabungen in der Unterstadt von Ḫattusa 2009 2014 Erste vorlaufige Ergebnisse in A D Agostino V Orsi G Torri Hrsg Sacred Landscapes of the Hittites and Luwians Studia Asiana 9 Florenz 2015 S 72 Digitalisat Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2009 In Archaologischer Anzeiger 2010 1 S 171 177 Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2017 In Archaologischer Anzeiger Ausgabe 1 2018 1 S 43 44 Aufgrund verschiedener Probleme mit der Bezeichnung Galater in Bezug auf Anatolien und deren Chronologie bevorzugt Andreas Schachner den Begriff hellenistisch zentralanatolische Keramik Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2014 In Archaologischer Anzeiger 2015 1 S 71 78 Andreas Schachner Die Arbeiten in Bogazkoy Ḫattusa 2014 In Archaologischer Anzeiger 2015 1 S 73 74 Andreas Schachner Hattuscha Auf der Suche nach dem sagenhaften Grossreich der Hethiter C H Beck Munchen 2011 ISBN 978 3 406 60504 8 S 332 334 40 018083333333 34 61425 Koordinaten 40 1 5 1 N 34 36 51 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kesikkaya amp oldid 237780806