www.wikidata.de-de.nina.az
Das Junkers Jumo 012 war ein Strahltriebwerk der Junkers Flugzeug und Motorenwerke AG das wahrend des Zweiten Weltkriegs in Deutschland konzipiert und spater in der Sowjetunion weiterentwickelt wurde Ein Flugeinsatz fand nicht statt Auf Basis dieses Triebwerkstyps wurden spater die Triebwerke Jumo 022 Kusnezow NK 4 Kusnezow NK 12 Pirna 014 und Pirna 018 entwickelt Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklungsgeschichte 2 Technische Daten 3 Ableitungen 3 1 Jumo 022 3 2 Kusnezow NK 12 3 3 Pirna 014 3 4 Pirna 018 4 Quellen 5 EinzelnachweiseEntwicklungsgeschichte BearbeitenDie Entwicklung des Jumo 012 begann 1943 mit einer Forderung des im Reichsluftfahrtministerium RLM angesiedelten Technischen Amts an Junkers nach schubstarkeren Triebwerken 1 Der zu diesem Zeitpunkt serienreife Antrieb Jumo 004B mit einem Schub von 9 kN war fur die neu angedachten Flugzeuge wie etwa Junkers Ju 287 2 Jumo 012 oder 2 BMW 018 oder Heinkel He 343 2 Jumo 012 nicht ausreichend und sollte durch ein dreifach starkeres Triebwerk mit rund 30 kN erganzt werden 2 RLM intern wurde das Projekt unter der Nummer 109 012 gefuhrt was den Namen JUnkers MOtor Projektnummer erklart Die Entwicklungsarbeit wurde im Dezember 1944 am Stammsitz von Junkers in Dessau gestoppt und nach Brandis Aken und Mosigkau verlegt Die Grunde dafur sind nicht bekannt Fur die bereits bestellten zehn Versuchstriebwerke wurden bis zum Kriegsende nur wenige Teile unter anderem Rotorbauteile hergestellt die jedoch nicht mehr getestet werden konnten 2 Am 23 April 1945 marschierten amerikanische Truppen in Dessau ein und beschlagnahmten in der Folgezeit zahlreiche Dokumente und Bauteile von Junkers auch die des Jumo 012 Am 5 Juli 1945 ubernahmen sowjetische Truppen Dessau Wahrend andere Industriezweige im Zuge der Reparationsleistungen demontiert wurden wollte die Sowjetunion das Wissen der Triebwerkspezialisten fur sich nutzen und deren weitere Abwanderung in die anderen Besatzungszonen verhindern Gegen Ende 1945 wurde daher in Dessau das Sonderkonstruktionsburo OKB 1 eingerichtet 3 Wenngleich viele Unterlagen Versuchstriebwerke und Anlagen in die USA oder Sowjetunion abtransportiert oder zerstort sowie Fachkrafte geflohen waren wurden die Entwicklungsarbeiten am Jumo 012 wie auch die am Jumo 004C und Jumo 022 unter sowjetischer Aufsicht wieder aufgenommen 4 Unter engen Terminvorgaben sollten so der Ruckstand der Sowjetunion auf diesem Gebiet behoben und leistungsstarke Antriebe fur eigene Projekte bereitgestellt werden Bereits am 24 Juni 1946 fand der Erstlauf des Jumo 012 statt Es wurden insgesamt drei Versuchstriebwerke gebaut wobei eines durch eine Havarie zerstort wurde und die beiden anderen die geforderte Leistung zunachst nicht sicher erreichen konnten 1 5 Am 22 Oktober 1946 wurden ein ausgewahlter Kreis von Spezialisten sowie deren Familien im Rahmen der Aktion Ossawakim aus Dessau nach Uprawlentscheski Gorodok einem Stadtteil von Kuibyschew heute Samara gebracht 6 7 Die Versuchsanlagen und Buros wurden demontiert und bis Ende 1946 ebenso dorthin abtransportiert In Kuibyschew arbeiteten die Spezialisten im eigens dafur gegrundeten Staatlichen Versuchswerk Nr 2 aus dem im August 1953 das OKB 276 und 2009 der heutige russische Hersteller Kusnezow hervorging 8 Das Triebwerk wurde in Kuibyschew unter dem neuen Entwicklungsleiter Ferdinand Brandner grundlegend uberarbeitet Fur diese dann als Jumo 012B bezeichnete Version wurden Ende 1947 die Produktion von funf Prototypen begonnen 9 Die Tests begannen im Juni 1948 1 Es stellten sich Erfolge ein wenngleich Ende des Jahres ein 100 Stunden Zulassungstest nach 94 Stunden in Folge eines Schaufelbruchs abgebrochen werden musste 4 Ein Flugeinsatz des Triebwerkstyps fand nicht statt Die Sowjetunion beschaffte unabhangig von dessen Entwicklung das britische Triebwerk Nene des Herstellers Rolls Royce und entwickelte es zunachst zum Klimow RD 45 und spater zum Klimow WK 1 weiter Das RD 45 war bei vergleichbarer Schubkraft kompakter und um den Faktor 1 5 leichter 9 Das gab den Ausschlag die Entwicklung des Jumo 012 Ende 1948 zu beenden Technische Daten BearbeitenKonzeptionell war das Triebwerk im Grunde ein dreifach vergrossertes Jumo 004B mit einer Lange von 4 86 m und einem Durchmesser von 1 06 m Wie dieses als Turbojet konstruiert war es mit einem elfstufigen Axialverdichter versehen der an der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Gottingen stromungstechnisch ausgelegt worden war 2 Die Brennkammer war in acht Einzelbrennkammern unterteilt Die Turbine war in zwei Stufen unterteilt und wies luftgekuhlte Schaufelblatter auf Die Schubduse war variabel einstellbar Mit der Variante 012B wurde das Triebwerk 1948 grundlegend uberarbeitet Das Gewicht wurde von rund 2000 kg auf nur noch 1350 kg drastisch reduziert und der Verdichter wies nun zwolf Stufen auf Die Brennkammer wurde als eine Kombination aus Einzel und Ringbrennkammer mit zwolf Brennern ausgefuhrt was einen besseren Ausbrandgrad versprach 10 Die Schubduse war nicht mehr verstellbar Die Schubkraft wurde auf 3000 kp 29 4 kN gesteigert 5 Aus dem Jumo 012 wurden mehrere Triebwerkstypen abgeleitet die alle von der gleichen Ingenieursgruppe entwickelt wurden und daher konstruktiv aufeinander aufbauen Die folgende Tabelle gibt einen Uberblick uber diese Triebwerke und deren technischen Daten Daten Jumo 012 Jumo 022 Kusnezow NK 12 Pirna 014 Pirna 018Typ Turbojet Turboprop Turboprop Turbojet TurbopropStartschub 2780 kp 27 3 kN 3150 kp 30 9 kN aquivalente Wellenleistung Startleistung 4412 akW 6000 aPS 8820 akW 12000 aPS 3680 akW 5000 aPS mit 670 kp 6 57 kN RestschubLuftdurchsatz 50 kg s 50 kg s 62 kg s 52 kg s 31 3 kg sGewicht 2000 kg 2600 kg mit Propeller 2300 kg ohne Propeller 1060 kg 1300 kg ohne Propeller Gesamtlange 4 86 m ohne Duse 5 64 m mit Propeller 6 0 m 3 31 m 3 68 mPropeller 2 gegenlaufige Koaxial Dreiblatt Verstell Propeller 2 gegenlaufige Koaxial Vierblatt Verstell Propeller Vierblatt Verstell Propeller AW 68AVerdichter 11 Stufen 11 Stufen 14 Stufen 12 Stufen 13 StufenTurbine 2 Stufen 3 Stufen 5 Stufen 2 Stufen 4 StufenFlugzeug Tupolew Tu 95 und weitere 152 mit 4 Pirna 014 153 mit 2 Pirna 018154 mit 4 Pirna 018Anmerkung Daten beziehen sich aufVariante Jumo 012A 2 2 Daten beziehen sich aufVariante NK 12 4 Daten beziehen sich aufVariante Pirna 014 A 0 4 Daten beziehen sich auf denletzten Entwicklungsstand 4 Ableitungen BearbeitenJumo 022 Bearbeiten Parallel zu den Arbeiten an verschiedenen Strahltriebwerken forderte das RLM auch die Entwicklung von Propeller Turbo Luftstrahltriebwerken PTL Triebwerk kurz Turboprop die bei einem typischen Einsatzprofil von Flugzeugen mit einer grossen Reichweite und hoher Reisegeschwindigkeit einen geringeren Treibstoffverbrauch gegenuber Strahltriebwerken versprachen Bei Junkers wurde 1943 das Projekt Jumo 022 gestartet einer Turbopropversion des Jumo 012 1 Mit einer projektierten aquivalenten Wellenleistung von 4418 akW 6000 aPS reihte es sich zwischen dem kleineren 109 021 von Daimler und dem grosseren BMW 109 028 ein 2 Das Jumo 022 basiert zunachst auf einem Jumo 012A das um eine Turbinenstufe erweitert und mit zwei koaxial gegenlaufigen Dreiblatt Verstell Propeller und einem entsprechenden Getriebe versehen wurde Der Propellerdurchmesser betrug 3 5 m die Gesamtlange 5 64 m Spater gab es gegenuber dem Jumo 012 weitere Veranderungen um den Wirkungsgrad zu erhohen wie etwa eine Verringerung der Spaltmasse im Verdichter oder einen verbesserten Einlass 9 Die Anzahl der Verdichterstufen stieg auf 14 Die Leistung wurde auf 3677 akW 5000 aPS in der Version TW 022 bzw 4192 akW 5700 aPS in der Version TW 2 bei gleichzeitig verringertem spezifischen Treibstoffverbrauch reduziert 4 Die Entwicklungsarbeiten wurden 1944 gestoppt womit das Design mit Ende des Krieges nicht fertig war Insbesondere das Getriebe bereitete Probleme Die Arbeiten sollten jedoch vom OKB 1 nach dem Krieg wieder aufgenommen werden da die Sowjetunion einen entsprechenden Bedarf sah Ende 1947 dann schon im Staatlichen Versuchswerk Nr 2 in Uprawlentscheski Gorodok wurden die theoretischen Arbeiten beendet und mit der Fertigung von drei Prototypen begonnen sowie Prufstande errichtet Die Arbeiten an den Turboproptriebwerken wurden dann ab 1948 unter dem neuen Leiter Kusnezow auf das Jumo 022 dann als TW 022 bezeichnet konzentriert und das BMW 028 aufgegeben Die Abnahmetests wurden 1950 erfolgreich absolviert und eine Wellenleistung von mehr als 5700 aPS im 100 Stunden Zulassungstest nachgewiesen 4 Das dann als TW 2 nach anderen Quellen auch NK 2 1 bezeichnete Triebwerk wurde ab 1951 an einer Tupolew Tu 4 im Flug getestet 9 11 Spater wurden noch die Versionen TW 2M mit 5626 akW 7650 aPS und TW 2F mit 4596 akW 6250 aPS entwickelt Das TW 2 wurde nach seiner Zulassung von einem sowjetischen Betrieb zur Serienversion TW 4 bzw Kusnezow NK 4 weiterentwickelt und dann in den Flugzeugen Antonow An 8 und An 10 sowie der Iljuschin Il 18 eingesetzt Nach Zwischenfallen wurde es jedoch schnell durch andere Triebwerke ersetzt 5 Kusnezow NK 12 Bearbeiten Hauptartikel Kusnezow NK 12 Nach der Zulassung des TW 2 konzentrierte sich die Arbeit im Staatlichen Versuchswerk Nr 2 auf die Entwicklung eines 10000 PS spater 12000 PS leistenden Turboproptriebwerks die 1953 auch erfolgreich beendet werden konnte Die zwischenzeitlich erprobte Variante 2TW 2F bei der zwei TW 2F gekoppelt auf das Getriebe und den Propeller wirken erwies sich als nicht tauglich Der in der spateren Serienversion als Kusnezow NK 12 bezeichnete Antrieb wurde ab 1954 im sowjetischen Bomber Tupolew Tu 95 erprobt und eingesetzt 1955 wurde auch die Tupolew Tu 114 mit diesem Triebwerk ausgerustet Wie auch beim TW 2 wurde das NK 12 von einer von den deutschen Spezialisten entwickelten Kleingasturbine gestartet Spatere Varianten des NK 12 leisteten bis zu 15 000 PS und wurden in der Antonow An 22 Tupolew Tu 142 und Tu 126 und dem Ekranoplan A 90 Orljonok eingesetzt Pirna 014 Bearbeiten Hauptartikel Pirna 014 Nach der Ruckkehr der deutschen Spezialisten in die DDR wurde dort im VEB Entwicklungsbau Pirna das Pirna 014 entwickelt das zum Antrieb des Passagierjets 152 dienen sollte Es wird konstruktiv als ein Nachfolger des Jumo 012 angesehen Bis zur Einstellung des Programms 1961 wurden mehrere Versionen entwickelt und eine Nullserie hergestellt Eine Flugerprobung fand statt 4 Pirna 018 Bearbeiten Das Pirna 018 war ein einwelliges Turboproptriebwerk das Ende 1955 zunachst fur den Antrieb der zweimotorigen 153 und der viermotorigen 154 vorgesehen war In die Entwicklung flossen Erfahrungen aus dem erfolgreichen NK 12 ein Nach mehreren Uberarbeitungen im Projekt wurde die Entwicklung 1959 abgebrochen Es wurden insgesamt drei Testtriebwerke hergestellt von den nur zwei auf den Prufstanden liefen Eine Flugerprobung fand nicht statt 4 Quellen BearbeitenKlaus Hermann Mewes Pirna 014 Flugtriebwerke der DDR 1 Auflage AVIATIC Verlag Oberhaching 1997 ISBN 3 925505 39 3 S 159 Antony Kay German Jet Engine and Gas Turbine Development 1930 1945 Airlife Publishing Ltd Shrewsbury 2002 ISBN 1 84037 294 X englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Reinhard Muller Brunolf Baade und die Luftfahrtindustrie der DDR die wahre Geschichte des Strahlverkehrsflugzeuges 152 Sutton 2013 ISBN 978 3 95400 192 7 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche abgerufen am 1 September 2018 a b c d e f Antony Kay German Jet Engine and Gas Turbine Development 1930 1945 Airlife Publishing Ltd Shrewsbury 2002 ISBN 1 84037 294 X englisch Rainer Appelt Schnelles Ende DDR Luftfahrtindustrie In Klassiker der Luftfahrt Nr 3 2014 ISSN 1860 0654 klassiker der luftfahrt de abgerufen am 20 Februar 2018 a b c d e f g h i Klaus Hermann Mewes Pirna 014 Flugtriebwerke der DDR 1 Auflage AVIATIC Verlag Oberhaching 1997 ISBN 3 925505 39 3 159 S a b c Holger Lorenz Das Turbinenflugzeug Dresden 153A von 1959 Erzdruck GmbH Marienberg 2015 ISBN 978 3 9816919 6 2 S 120 Rainer Appelt Deutsche Spezialisten in der UdSSR von 1946 1956 Entfuhrung oder immaterielle Reparation In www freundeskreis luftwaffe de Abgerufen am 21 Oktober 2018 Vortrag von Konrad Eulitz Mario Beck Spannende Zeitreise in die Luftfahrthistorie In Leipziger Volkszeitung 16 Februar 2016 pressreader com abgerufen am 21 Oktober 2018 The Historical Chronicles of Kuznetsov JSC Nicht mehr online verfugbar In kuznetsov motors ru Archiviert vom Original am 16 September 2017 abgerufen am 4 Marz 2018 englisch Geschichte des russischen Triebwerksherstellers Kusnezow nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www kuznetsov motors ru a b c d Dmitrii Alekseevich Sobolev Dmitrii Borisovic Chazanov The German imprint on the history of Russian aviation Rusavia Moskau 2001 ISBN 5 900078 08 6 englisch airpages ru abgerufen am 26 August 2018 Internetseite basiert auf genannten Werk Ferdinand Brandner Die Propellerturbinen Entwicklung in der Sowjetunion In Schweizerische Bauzeitung Band 75 Nr 33 1957 S 520 524 doi 10 5169 seals 63405 Ulrich Unger Deutscher Start fur eine sowjetische Triebwerksepoche PTL Triebwerk Kusnezow TW 2 In Fliegerrevue Edition Nr 06 FlugVerlag Berolina Berlin 1996 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Junkers Jumo 012 amp oldid 232313874