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Die Interalliierte Regierungs und Plebiszitskommission fur Oberschlesien IK franzosisch Commission Interalliee de Gouvernement et de Plebiscite de Haute Silesie C I H S war ein Kontrollgremium der Siegermachte des Ersten Weltkrieges welches die Verwaltung der Region Oberschlesien sowie die Durchfuhrung einer Volksabstimmung in Oberschlesien nach den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrags zum Auftrag hatte Die Kommission wurde am 11 Februar 1920 eingerichtet nachdem es im August 1919 zu einem ersten polnischen Aufstand in Oberschlesien gekommen war Die Tatigkeit der Kommission endete am 10 Juli 1922 Sitz der Kommission im Gebaude der Alten Regierung in Oppeln Inhaltsverzeichnis 1 Vertragliche Grundlagen 2 Leitung 3 Struktur der Kommission 4 Aufgaben der Kommission 5 Volksabstimmung in Oberschlesien 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVertragliche Grundlagen BearbeitenGrundlage fur die Arbeit der Kommission war Artikel 88 des Versailler Vertrags Die Dauer der Tatigkeit war auf die Durchfuhrung einer Volksabstimmung in Oberschlesien konkretisiert Leitung Bearbeiten nbsp General Henri Le Rond Vorsitzender der KommissionVorsitzender der Kommission wurde der franzosische General Henri Le Rond seine Stellvertreter waren der italienische General Alberto De Marinis und der britische Oberst Sir Harold Percival der am 6 September 1921 von Harold Arthur Stuart abgelost wurde 1 Struktur der Kommission BearbeitenDie Kommission hatte ihren Sitz in der Alten Regierung in Oppeln dem ehemaligen Sitz der Regierung des Regierungsbezirks Oppeln Neben den drei Siegermachten Frankreich England und Italien war als weitere auswartige Macht der Vatikan mit einem eigenen Nuntius vertreten Die Kommission war befugt eigene Gesetze und Erlasse zu verkunden Mit der Einsetzung der Kommission im Februar 1920 war Oberschlesien vom Deutschen Reich faktisch wie de jure getrennt Aufgaben der Kommission BearbeitenVordringlicher Zweck der Kommission war die Durchfuhrung einer Volksabstimmung in Oberschlesien Innerhalb der Kommission waren militarisch wie administrativ die Franzosen dominierend und darauf bedacht die polnische Seite zu unterstutzen Vor dem Hintergrund des Ausbruchs des polnisch sowjetischen Krieges und der Abstimmungsniederlagen Polens in Allenstein und Marienwerder fand der zweite polnische Aufstand im August 1920 statt weshalb der Termin fur die Volksabstimmung auf einen fur Polen gunstigeren Zeitpunkt verschoben werden musste was mit der Hoffnung verbunden war den administrativen Einfluss der Deutschen in Verwaltung und Polizei bis zum Abstimmungstag weiter zu minimieren 2 Volksabstimmung in Oberschlesien Bearbeiten Hauptartikel Volksabstimmung in Oberschlesien Als Termin fur das Plebiszit wurde der 20 Marz 1921 festgelegt Das Abstimmungsergebnis von 59 6 Prozent zugunsten Deutschlands 707 000 Stimmen gegenuber 40 4 Prozent fur Polen 479 000 Stimmen wurde von beiden Parteien jeweils als eigener Sieg interpretiert Die deutsche Seite bestand darauf das ganze Abstimmungsgebiet beim Deutschen Reich zu belassen wogegen allerdings Artikel 88 des Versailler Vertrags sprach der ausdrucklich keine Gesamtbetrachtung des Ergebnisses sondern eine Bewertung nach der ortlichen Verteilung der Bevolkerungsvoten vorsah 3 Deutschland hatte in 834 von 1510 Gemeinden die Mehrheit Polen in 674 in zwei Gemeinden ergab sich Stimmengleichheit 4 Polen verlangte die Eingliederung der Gebiete bis zur sogenannten Korfanty Linie einer imaginare Grenze die etwa 59 Prozent des Abstimmungsbezirkes und siebzig Prozent der Gesamtbevolkerung umfasste 5 Grossbritannien war zunachst geneigt das gesamte Abstimmungsgebiet aufgrund des in seinen Augen eindeutig ausgefallenen Plebiszits bei Deutschland zu belassen Andererseits gestand es im weiteren Verlauf der Verhandlungen innerhalb der Kommission zu einen italienischen Kompromissvorschlag zu unterstutzen der die Ubergabe der Kreise Pless und Rybnik sowie von Teilen des Kreises Tarnowitz an Polen vorsah jedoch das Industriegebiet vollstandig bei Deutschland beliess Der Prasident der Kommission Henri Le Rond bestand auf einer mit Paris abgestimmten Grenzlinie die nur unwesentlich von der Korfanty Linie abwich und vor allem das Industriegebiet an Polen zuwies 2 Folge war der dritte polnische Aufstand vom 3 Mai bis zum 5 Juli 1921 der auf Druck durch die Kommission mit einem Waffenstillstandsabkommen endete Die Alliierten konnten sich jedoch nicht auf eine einvernehmliche Grenzziehung in Oberschlesien verstandigen Dabei existierte ein weiterer Losungsvorschlag den die britischen und italienischen Kommissionsmitglieder erarbeitet hatten Die Percival de Marinis Linie sprach Polen etwa ein Viertel des Abstimmungsbezirkes mit 21 Prozent der Gesamtbevolkerung zu Das wertvolle Industrierevier mit den deutsch dominierten Stadten sollte unzerteilt erhalten bleiben Polen sollte ein rohstoffreiches Gebiet erhalten welches allerdings zum grossten Teil noch erschlossen werden musste Beiden Seiten sollten diejenigen Kreise Oberschlesiens zugesprochen werden in denen die jeweils ethnisch nationalen Verhaltnisse am klarsten waren Bei den Beratungen im Botschafterrat in Paris hatte die Percival de Marinis Linie nur wenig Aussicht auf Akzeptanz da sie nicht den Interessen Frankreichs entsprach 5 6 Auf franzosische Initiative wurde die Angelegenheit schliesslich an die Pariser Botschafterkonferenz zur Entscheidung ubertragen 7 Die Botschafterkonferenz in Paris beschloss am 20 Oktober 1921 mit der Sforza Linie 8 9 eine inneroberschlesische Grenzlinie die zwar entfernt von den ursprunglichen Vorstellungen Korfantys und Frankreichs blieb jedoch einen Erfolg der franzosischen Teilungspolitik darstellte Schlussendlich erhielt das Deutsche Reich ein Gebiet mit einer Flache von 7794 Quadratkilometern 71 Prozent des Abstimmungsgebiets und einer Bevolkerung von 1 116 500 Personen 54 Prozent Polen wurde der Rest mit einer Flache von 3214 Quadratkilometern und 996 500 Einwohnern zugesprochen Obwohl es damit einen kleineren und weniger bevolkerungsreichen Teil Oberschlesiens erhielt fiel die Grenzziehung in wirtschaftlicher Hinsicht gunstiger fur Polen aus das mehr als zwei Drittel aller Kohlegruben und Industrieanlagen sowie rund drei Viertel der Rohstoffvorkommen zugesprochen bekam 1 5 Literatur BearbeitenBoris Barth Die Freikorpskampfe in Posen und Oberschlesien 1919 1921 Ein Beitrag zum deutsch polnischen Konflikt nach dem Ersten Weltkrieg In Dietmar Neutatz Volker Zimmermann Hg Die Deutschen und das ostliche Europa Aspekte einer vielfaltigen Beziehungsgeschichte Festschrift fur Detlef Brandes zum 65 Geburtstag Munchen 2006 ISBN 3 89861 629 0 S 317 333 Timothy Wilson Frontiers of violence Conflict and identity in Ulster and Upper Silesia 1918 1922 Oxford University Press Oxford u a 2010 ISBN 978 0 19 958371 3 Michael Salewski Entwaffnung und Militarkontrolle in Deutschland 1919 1927 Oldenbourg Munchen 1966 Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft fur auswartige Politik 24 ISSN 0933 2294 Weblinks BearbeitenVertragstext des Versailler Vertrages Fremdsprachige Minderheiten angefangen mit der polnischen im Deutschen Reich nach der Volkszahlung vom 1 Dezember 1900 Memento vom 3 Dezember 2017 im Internet Archive Preussen Ubersicht der Volksabstimmungen begehren und entscheideEinzelnachweise Bearbeiten a b Arnulf Hein Oberschlesien Land unterm Kreuz Ein Kalendarium der Ereignisse von 1917 bis 1922 poln Gorny Slask kraina dotknieta krzyzem Kalendarium wydarzen lat 1917 1922 Narodowa Oficyna Slaska Zabrze 2006 a b Das Komplott von Oberschlesien In Frankfurter Allgemeine Zeitung 21 Mai 2011 Michael Opitz Schlesien bleibt unser Deutschlands Kampf um Oberschlesien 1919 1921 Kiel 1985 Abstimmungsergebnisse auf Internetseite von Falter u a 1986 S 118 a b c Norbert Conrads Deutsche Geschichte im Osten Europas Schlesien Berlin 1994 Hans Roos Geschichte der polnischen Nation 1918 1978 Kohlhammer Stuttgart 1979 ISBN 3 17 004932 1 Andreas Kiesewetter Italien und Oberschlesien 1919 1922 Dokumente zur italienischen Politik in der oberschlesischen Frage 1919 1921 Konigshausen amp Neumann Wurzburg 2001 S 41 90 Dieter Lamping Uber Grenzen 2001 S 58 Zielscheibe im Palazzo Chigi In Der Spiegel Nr 13 1948 online Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Interalliierte Regierungs und Plebiszitskommission fur Oberschlesien amp oldid 232518046