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Das institutionenkundliche Lernen oder die Institutionenkunde basiert auf der Annahme dass der Politikunterricht Institutionen thematisieren muss um der politischen Wirklichkeit gerecht zu werden Institutionenkunde gilt als wichtiger Aufgabenbereich in der politischen Bildung Seit 1960 wendete sich die Mehrheit der Politikdidaktiker allerdings hiervon ab Dies wurde damit begrundet dass blosse Institutionenkunde zum einen die Interessen und Ziele der Schuler vernachlassige und zum anderen den Prozess und Handlungscharakter von politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen verkenne Peter Massing konstatiert infolgedessen eine sehr einseitige politische Bildung 1 Als Begrundung fur eine Intensivierung der Institutionenkunde im Politikunterricht fuhren die Befurworter ins Feld dass mittlerweile viele Jugendliche Institutionen distanziert betrachten und deren Sinn Zweck und Aufgabenbereiche nicht kennen Die politische Realitat sei gepragt durch Komplexitat und Vielschichtigkeit und benotige daher eine Bildung die alle Aspekte des Politischen einbeziehe Als Folge dessen ist die Institutionenkunde wieder verstarkt ins Zentrum des Politikunterrichts geruckt 2 Inhaltsverzeichnis 1 Konzept 2 Begriffsklarung Institution 2 1 Engerer Sinn 2 2 Weiterer Sinn 2 3 Funktionen 3 Anforderungen an das Institutionenkundliche Lernen 3 1 Sinn 3 2 Interessen und Herrschaftsaspekte 3 3 Politische Dimensionen 4 Didaktische Prinzipien 4 1 Erfahrungsorientierung 4 2 Problemorientierung 4 3 Binnenorientierung 4 4 Handlungsorientierung 5 Belege 6 LiteraturKonzept BearbeitenDas institutionenkundliche Lernen fragt danach wie die entsprechenden Themen in den Politikunterricht integriert werden konnen Inhaltlich ist zu ermitteln was politische und gesellschaftliche Institutionen sind und welche Aufgaben sie erfullen Uber die Didaktik ist sodann der Lernprozess zu organisieren und die politische Objektivitat mit der lebensweltlichen Subjektivitat der Schuler zu verknupfen Begriffsklarung Institution BearbeitenIn den Sozialwissenschaften gelten Institutionen als theoriebildender Begriff Bislang gibt es keine genaue Definition oder einheitliches Verstandnis Hauptartikel Institution Engerer Sinn Bearbeiten Hier ist mit Institutionen vor allem Staat Regierung Staatsoberhaupt Ministerien Kabinett Parlament Verwaltung Gerichte und foderative und kommunale Einrichtungen gemeint 3 Weiterer Sinn Bearbeiten Hier spricht man von gesellschaftlichen Organisationen Nichtregierungsorganisation Verbande Massenmedien Parteien und rechtlich normierte verbindliche Verhaltensmuster Verfassung Gesetze Wahlen Mehrheitsprinzip 4 Gemeinhin sind dies Regelsysteme die zur Herstellung und Durchfuhrung allgemein verbindlicher Entscheidungen dienen Funktionen Bearbeiten Durch Institutionen wird menschliches Verhalten strukturiert bzw Verhaltensmuster wie beispielsweise Wahlen temporar verfestigt Adressaten von Institutionen die deren Wirkungsweise verinnerlicht haben weisen eine Erwartungshaltung auf die sie auf den Sinn dieser Institution ausrichten In ihrem Charakter sind Institutionen uberpersonlich und ordnend Anforderungen an das Institutionenkundliche Lernen BearbeitenIm Folgenden werden die wichtigsten Aufgabenfelder des institutionenkundlichen Lernens dargestellt Sinn Bearbeiten Institutionen haben einen Sinnzusammenhang Es handelt sich hierbei um die Objektivierung des in Interaktionen gemeinten Sinn Da viele Burger Sinn Wert und Bestehensvoraussetzungen dieser Einrichtungen nicht mehr kennen kann die Konsistenz und Kontinuitat von Institutionen nicht mehr gewahrleistet werden Institutionenkundliches Lernen muss daher in erster Linie den Schulern verdeutlichen dass Institutionen Sinn konstituieren also auf einer Idee grunden Ebenso sollen Schuler begreifen dass das Agieren und faktische Handeln einer Institution an ihrer Idee gemessen werden kann 5 Interessen und Herrschaftsaspekte Bearbeiten Institutionen sind von Menschen gemacht folglich sind sie revidierbar und erneuerbar Sie dienen einerseits der Interessenbefriedigung andererseits der Durchsetzung von Wunschen Werten und Einstellungen Ausserdem konnen sie unter einem Herrschaftsaspekt betrachtet werden Anhand ihrer Interessen lassen sich Institutionen analysieren 6 Aus der historischen Perspektive gesehen konstatiert Karl Rohe Institutionen seien geronnene Interessen Politische Institutionalisierung sei von jeher ein Mittel der gesellschaftlichen Interessenverwirklichung 7 Ebenso wichtig ist die Einbeziehung der herrschaftlichen Perspektive Betrachte man Institutionen unter der Annahme dass jegliches Interesse partiellen Charakter besitzet so musse man davon ausgehen dass Institutionalisierung im geschichtlichen Verlauf von Gesellschaften ein konflikthafter Prozess der Konstitutionalisierung durch Herrschaft gewesen sei Die empirische Analyse des Interessen und Herrschaftsaspekts von Institutionen ist Grundlage jeder Institutionenkritik Die Frage ob wo und warum Institutionen nicht mehr ausreichen reformiert weiterentwickelt oder durch neue erganzt werden mussen kann der Politikunterricht erst beantworten wenn zuvor genannte Aspekte naher beleuchtet wurden schliesst Bernhard Sutor 8 Politische Dimensionen Bearbeiten Die Dimensionen der Politik umfassen immer Form Inhalt und Prozess Politik vollzieht sich also stets dreidimensional Sie ist ein Geschehen bei dem im Rahmen fester Formen polity zum Ziele der Verwirklichung bestimmter Inhalte policy Aktivitaten bzw Prozesse politics stattfinden Diese Dimensionen stehen in wechselseitiger Korrespondenz und Spannungsverhaltnissen 9 Institutionenkundliches Lernen lasst sich didaktisch nur rechtfertigen wenn es im Unterricht methodisch gelingt die politischen Institutionen als Teil der polity Dimension in Beziehung zu setzen zu Prozessen politics und Inhalten policy 10 Nur so lasst sich die Komplexitat politischer Realitat fur die Schuler angemessen erfahren und an diese vermitteln Didaktische Prinzipien BearbeitenErschliessungsstrategien fur institutionenkundliches Lernen sollen an den folgenden vier didaktischen Prinzipien dargestellt werden Oberste Pramisse ist bei allen die Orientierung an der Lebenswelt der Schuler Erfahrungsorientierung Bearbeiten Uber Erfahrungsorientierung soll die Alltagswelt der Schuler mit Politik verbunden werden Der subjektbezogene Zugang knupft direkt an der Lebenswelt der Schuler an Es wird eine Brucke von der Mikrowelt zur Makrowelt geschlagen Didaktisch werden die Schuler in eine aufgabenhaltige Situation innerhalb ihres Mikrokosmos in Verbindung mit Institutionen versetzt 11 Der objektbezogene Zugang stellt den Schulern eine zentrale politische Institution vor und holt diese in den Erfahrungshorizont der Schuler Die Schuler erfahren inwieweit sie durch Institutionen betroffen sind Institutionen sollen so trotz Ferne und Abstraktheit verstanden werden 12 Problemorientierung Bearbeiten Institutionen konnen nicht an sich Gegenstand des Politikunterrichts sein Um sie zu verstehen bedarf es eines konkreten Problems also einer oder mehrerer exemplarisch zu analysierenden Kontroverse n Problemorientierung Diese werden analysiert und den Schulern somit zuganglich gemacht Anhand politischer Entscheidungsprozesse konnen dann Funktionen und Strukturen erschlossen werden Auch die Frage nach dem Sinnzusammenhang sowie Interessens und Herrschaftsaspekte spielen hier eine Rolle Zudem muss die Rolle der Institution in ihrer inhaltlichen und prozessualen Dimensionen geklart werden Die Schulerperspektive variiert je nach Auffassung zwischen der eines Adressaten Betroffenen Akteurs oder politisch Handelnden Binnenorientierung Bearbeiten Vor allem die Akteure und deren Perspektive innerhalb einer Institution stehen im Zentrum Die Schuler setzen sich mit deren Handeln auseinander analysieren ihre Einstellungen Interessen und Motive Handlungsspielraume und institutionelle Zwange werden auf diese Weise greifbar gemacht Geeignete Methoden sind Planspiele Simulationen oder Fallbeispiele die den direkten Kontakt uber die Akteursperspektive vermitteln 13 Handlungsorientierung Bearbeiten Inhaltlich beschreibt Handlungsorientierung das genaue Betrachten des Handelns der Institutionen und jenes der Akteure innerhalb der Institutionen Handlungsorientierung als Ziel politischer Bildung bedeutet die Schuler zu befahigen sich die Institutionen selbst zu erschliessen Methodisch zielt sie darauf vermehrt schuleraktivierende Unterrichtsmethoden einzusetzen Belege Bearbeiten vgl Massing 1999 vgl Gille Kruger 2000 Gohler 1987 18 Czada 2002 354ff Gagel 1989 83 Greven 1983 519 Rohe 1994 39 Sutor 1990 326 Scharpf 1985 164 Deichmann 1999 239 Grammes 1995 Deichmann 1999 233 Grammes 1994 183Literatur BearbeitenR Czada Institutionen Institutionentheoretische Ansatze In Dieter Nohlen Lexikon der Politikwissenschaft Munchen 2002 C Deichmann Institutionenkunde In W Mickel Hrsg Handbuch zur politischen Bildung Bonn 1999 S 231 236 W Gagel Renaissance der Institutionenkunde Didaktische Ansatze zur Integration von Institutionenkundlichem in den politischen Unterricht In Gegenwartskunde H 3 1989 S 387 418 M Gille Unzufriedene Demokraten Politische Orientierungen der 16 29 Jahrigen im vereinigten Deutschland Opladen 2000 G Gohler Grundfragen der Theorie politischer Institutionen Opladen 1987 T Grammes Brucken von der Mikro zur Makrowelt In Massing Weisseno 1995 S 510 525 P Massing Wege zum Politischen In Massing Weisseno 1995 S 61 98 P Massing Institutionenkunde In Weisseno Richter Hrsg Lexikon der politischen Bildung Band 1 Didaktik und Schule Schwalbach Ts 1999 S 111 114 J Raschke Zur Revision der Institutionenkunde In Gegenwartskunde H 3 1975 S 269 288 K Rohe Politik Begriffe und Wirklichkeiten 2 Auflage Stuttgart Berlin Koln 1994 U Sarcinelli Politische Institutionen Politikwissenschaft und politische Bildung Uberlegungen zu einem aufgeklarten Institutionalismus In Aus Politik und Zeitgeschichte Band 50 1991 S 41 53 B Sutor Institutionen und politische Ethik In M Mols Normative und institutionelle Ordnungsprobleme des modernen Staates Festschrift zum 60 Geburtstag von Manfred Hattich Paderborn 1990 S 311 327 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Institutionenkundliches Lernen amp oldid 206687017