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Das Imervard Kreuz im Braunschweiger Dom gilt als eine der bedeutendsten romanischen Skulpturen auf deutschem Boden Benannt ist es nach dem ansonsten unbekannten Meister Imervard der es namentlich signierte Das Imervard Kreuz Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung und kunsthistorische Einordnung 1 1 Beschreibung 1 2 Farbige Fassung 1 3 Reliquienbehaltnis 1 4 Entstehungsdatum 1 5 Heutiger Zustand 1 6 Volto Santo Einfluss 2 Meister Imervard 3 Aufstellungsort 4 Sonstiges 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBeschreibung und kunsthistorische Einordnung BearbeitenBeschreibung Bearbeiten nbsp Seitenansicht nbsp Frontalansicht des Kopfes nbsp Seitenansicht des KopfesDas gegen Ende des 12 Jahrhunderts entstandene Imervard Kreuz ist ein mit 2 71 m Hohe und 2 66 m Breite uberlebensgrosses Kruzifix aus Eichenholz Es zeigt den gekreuzigten Christus nach Art eines Viernagelkreuzes Er ist als Sieger und Konig nicht leidend und sterbend dargestellt Der Korper ist hoch aufgerichtet mit waagerecht abstehenden Armen Lange Nagel bilden die Verbindung zwischen dem Kreuz und dem Gekreuzigten sodass er mehr vor dem Kreuz schwebt als daran hangt Hande und Fusse sind uberproportional gross Der Oberkorper ist frontal zum Betrachter gewandt der Kopf leicht nach links unten geneigt Gekleidet ist er mit einem langen Armelgewand der tunica manicata 1 Um die Hufte ist ein langer Gurtel angebracht dessen Enden symmetrisch herabhangen Er ist leicht nach rechts verschoben und befindet sich nicht direkt auf der Mittelachse des Korpus Hier befindet sich auch die Signatur des Bildschnitzers Imervard me fecit Diese war ursprunglich von einem Goldbeschlag verdeckt Das Gewand mit den Falten wirkt auf den ersten Blick achsensymmetrisch Bei genauer Betrachtung fallt auf dass sich auf dem linken Arm elf Falten befinden auf dem rechten dagegen nur zehn Die Falten die sich vom Torso bis zum Rumpf erstrecken sind unter dem Gurtel hindurchgefuhrt und nur teilweise korrekt weitergefuhrt nicht alle Falten wurden fortgefuhrt Der vorragende Kopf ist ebenso wie die Hande und Fusse uberstreckt dargestellt Der Hals wirkt schmal und zerbrechlich Die Augen sind wie beim Volto Santo Typus weit geoffnet und braun die Pupillen sind nicht mehr vorhanden Die Augenlider hangen schwer uber den weit geoffneten Augen herab und werden von hoch liegenden gewaltsam emporgezogenen Augenbrauen umschlossen Nasenfalten Schnurrbart und Mundwinkel sind spitz gezogen und verlaufen beinahe parallel Die Oberlippe ist vorgeschoben und befindet sich vor Unterlippe und Kinn Das flach anliegende Haar fallt streng nach hinten zum Nacken und ist in der Mitte gescheitelt Der Backenbart lasst das Kinn frei und liegt flugelformig unter dem Kinn ubereinander Ebenso wie die ubrige Statue wirken die Umrisse des Kopfes kantig und streng Die Starke der Skulptur betragt teilweise nur 3 cm Der gesamte Korper ist sehr flach gehalten und aus mehreren Teilen geschnitzt worden Deutlich wird dies besonders an der Schnittstelle zwischen Armen und Torso Farbige Fassung Bearbeiten Bei Restaurierungsarbeiten konnte festgestellt werden dass in der Urfassung nur der Gurtel mit Goldschmiedearbeiten gefasst war 2 Das Gewand war in seiner Urform purpurn im Halsausschnitt ist ein grunes Untergewand sichtbar Die Borten der Armeltunica zeigen noch leichte Goldspuren Reliquienbehaltnis Bearbeiten Von vorn nicht sichtbar befindet sich im Hinterkopf des Gekreuzigten ein Reliquiendepositorium eine Aushohlung die den gesamten Rucken mit umfasst und durch einen Schiebedeckel verschliessbar ist Die gesamte Skulptur diente also als Grossreliquiar Die ursprunglich in ihm enthaltenen 30 Reliquien wurden 1881 entnommen und in das Reliquiengefass einer Saule des Marienaltars gelegt wo sie noch heute sind Entstehungsdatum Bearbeiten Uber die Entstehungszeit ist sich die Forschung nicht einig da Quellen fehlen Fest steht dass das Imervard Kreuz nach dem Grosskreuz von Lucca in der Toskana entstanden sein muss da es in Form und Ikonographie direkte Bezuge zwischen beiden gibt Die Bekleidung des Gekreuzigten mit einer Armeltunika sowie die altertumliche Starrheit des Gewandes lassen eine Entstehung um das Jahr 1000 moglich erscheinen Auf Grundlage von stilgeschichtlichen Vergleichen wird die Entstehungszeit jedoch eher in die Mitte des 12 Jahrhunderts gelegt Eine Datierung auf die Zeit nach 1174 gilt als fraglich auch wenn dies aufgrund des Vorhandenseins einer Thomas Becket Reliquie vermutet werden konnte 3 Die hohe Anzahl von Reliquien die im Korper des Kruzifixes gefunden wurden konnte auf eine Entstehungszeit wahrend der Herrschaft Heinrichs des Lowen verweisen der eine Vielzahl von Reliquien von seinen Reisen mitbrachte Eine spatere Datierung ware moglich lasst sich aber nicht belegen Heutiger Zustand Bearbeiten Wie die meisten erhaltenen Skulpturen aus romanischer Zeit hat auch das Imervard Kreuz die letzten 850 Jahre nicht ohne Spuren uberstanden Die farbige Gestaltung ist nicht mehr in ihrer Ursprungsform vorhanden und wurde im Lauf der Zeit mehrfach geandert Heute prasentiert sich das Kreuz in einer braunen Fassung das Untergewand hat noch seine originale grune Farbung Zehen und Finger sind teils abgebrochen ebenso Bart und Haarstrahnen Es wird vermutet dass das Kreuz fruher breiter war Zudem ist anzunehmen dass sich ursprunglich ein goldenes Diadem auf dem Haupt befand da sich im Scheitel ein Nagelloch befindet Volto Santo Einfluss Bearbeiten nbsp Volto Santo von Lucca die kunstlerische Vorlage fur das Imervard KreuzIn der heutigen Kunstgeschichtsforschung wird davon ausgegangen dass sich das Imervard Kreuz direkt auf den Volto Santo Typus Heiliges Antlitz bezieht Es gehort daher zu einer Gruppe von Grosskreuzen die vor allem in Italien Spanien Frankreich und England entstanden und sich alle auf die Urform des legendenumwobenen Kreuzes in der Kathedrale San Martino im italienischen Lucca beziehen 4 Vergleicht man die Werke miteinander fallt die gleichartige Grundkonzeption auf Der Menschensohn Offb Joh 1 13 wird in seiner Doppelnatur als am Kreuz gestorbener Mensch und in Ewigkeit regierender Gott mit weit ausgebreiteten Armen in wallendem Prachtgewand mit goldenem Gurtel vor dem Kreuz dargestellt 4 Die Veranderung die Meister Imervard vorgenommen hat sind charakteristisch fur den Stilwillen der Romanik Herstellung einer reinen Symmetrie durch Ausrichtung auf die Mittelachse Streckung und Scharfung aller Formen 5 Aus dem Gewicht des Kreuzes und dem Fehlen von Halterungen und Griffen lasst sich schliessen dass es sich wohl nicht um ein Prozessionskreuz handelte Meister Imervard Bearbeiten nbsp Imervard me fecitDer unbekannte Meister Imervard der das nach ihm benannte Kreuz wahrscheinlich um 1150 geschaffen hat hat sein Werk auf den Enden des Gurtels Christi mit der Inschrift IMERVARD ME FECIT Imervard hat mich geschaffen gekennzeichnet Diese Kennzeichnung war dem Betrachter ursprunglich durch eine Abdeckung des Gurtels aus Goldblech verborgen Es existiert bis heute kein weiterer Hinweis auf Namen und Wirkungskreis dieses Meisters der romanischen bildenden Kunst Sein Name der nordeuropaischen Ursprungs sein durfte also moglicherweise niederdeutsch angelsachsisch oder skandinavisch ist ansonsten nirgendwo in der Kunstgeschichte belegt Aufgrund der gleichartigen Formensprache ware es moglich dass Meister Imervard auch den beruhmten Braunschweiger Lowen schuf 4 Aufstellungsort BearbeitenAus alten Unterlagen geht hervor dass sich das Kreuz noch Mitte des 17 Jahrhunderts in der Krypta des Domes befand Etliche Jahrzehnte spater namlich 1861 wurde es im Turmgewolbe aufgefunden und anschliessend in der Apsis des nordlichen Querarms aufgehangt Heute befindet es sich an dem Ort an dem es 1956 aufgehangt wurde der Ostwand des ausseren Nordseitenschiffes Sonstiges BearbeitenDie Evangelisch lutherische Landeskirche in Braunschweig verwendet das Imervard Kreuz in ihrem Logo Literatur BearbeitenAugust Fink Das Imervardkreuz und das Triumphkreuz Heinrichs des Lowen fur den Braunschweiger Dom in Braunschweigisches Magazin 1925 S 65 71 Reiner Haussherr Das Imervardkreuz und der Volto Santo Typ In Zeitschrift fur Kunstwissenschaft 16 1962 S 129 180 Jochen Luckhardt Franz Niehoff Hrsg Heinrich der Lowe und seine Zeit Herrschaft und Reprasentation der Welfen 1125 1235 Ausstellungskatalog 3 Bande Munchen 1995 Eugen Luthgen Romanische Plastik in Deutschland Bonn 1923 S 158 160 Cord Meckseper Hrsg Stadt im Wandel Kunst und Kultur des Burgertums in Norddeutschland 1150 1650 Ausstellungskatalog 4 Bande Stuttgart 1985 Adolf Quast Der Sankt Blasius Dom zu Braunschweig seine Geschichte u seine Kunstwerke Braunschweig 1973 S 36 38 Harmen Thies Der Dom Heinrichs des Lowen in Braunschweig Bau und Kunstwerke Braunschweig 1994 S 54 56 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Imervard Kreuz Braunschweig Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Informationen uber das Imervard Kreuz auf braunschweigerdom de offizielle Website des Braunschweiger Domes Informationen uber das Imervard Kreuz auf inschriften netEinzelnachweise Bearbeiten Reiner Haussherr Das Imervardkreuz und der Volto Santo Typ in Zeitschrift fur Kunstwissenschaft 16 1962 S 129 Fink 1949 Wie mir der Restaurator des Imervard Kreuzes Herr Herzig in Braunschweig liebenswurdigerweise mitteilte hat er bei der Restauration goldene Nagel die auf eine Vergoldung der betreffenden Stellen schliessen lassen nur im Gurtel gefunden A Quast Der Sankt Blasius Dom zu Braunschweig seine Geschichte u seine Kunstwerke Braunschweig 1973 S 38 a b c Adolf Quast Der Sankt Blasius Dom zu Braunschweig seine Geschichte und seine Kunstwerke Braunschweig 1973 S 36 Eugen Luthgen Romanische Plastik in Deutschland Bonn 1923 S 160 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Imervard Kreuz amp oldid 238549611