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Hirsch Gradenwitz auch Zvi Hugo Gradenwitz geboren am 13 September 1876 in Rawitsch Provinz Posen gestorben am 19 November 1943 im KZ Auschwitz war ein deutscher orthodoxer Rabbiner der hauptsachlich in Hanau wirkte und Opfer des Holocaust wurde Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Ausbildung 3 Werdegang als Rabbiner 4 Familie 5 Flucht und Tod 6 Nachleben 7 Schriften 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseHerkunft BearbeitenHirsch Gradenwitz kam aus einer Rabbinerfamilie Der Urvater 1 der Familie Menachem Mandel stammte aus der Gegend von Lublin und war 1755 zum ersten Rabbiner von Rawitsch berufen worden Sein personlicher der individuellen Charakteristik dienender Beiname Gradenwitz wurde zum Familiennamen den bis heute ausschliesslich seine Nachkommen tragen 2 Viele von ihnen wurden Unternehmer und Wissenschaftler einige von ihnen Bankiers und Immobilienhandler Sie folgten dem typischen Migrationsmuster osteuropaischer Juden indem sie sich in Osteuropa eine materielle Grundlage verschafften und sich dann wie im Fall der Familie von Hirsch Gradenwitz um die Wende zum 20 Jahrhundert nach Westen ins Deutsche Reich aufmachten 3 Ausbildung BearbeitenDer erste Sohn von Meshullam Joseph Gradenwitz und Channa Johanna Joffe 4 wurde in der damals zum Deutschen Reich gehorigen Stadt Rawitsch geboren in der sich eine der grossten judischen Gemeinden der Provinz Posen befand Gradenwitz erwarb seine Hochschulreife 1896 am dortigen Koniglichen Realgymnasium In der Zeit als auch der Grossteil der Rawitscher Juden nach Westen migrierte 5 zog er fur seine Ausbildung nach Berlin Dort besuchte er bis zu seiner Semicha am 29 Juni 1903 das Rabbinerseminar Esriel Hildesheimers und studierte zugleich an der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin und im Sommersemester 1905 an der Universitat Erlangen In Erlangen wurde Gradenwitz dann 1907 als er bereits Rabbiner geworden war mit einer anfangs von Paul Scheffer Boichorst betreuten wirtschaftsgeschichtlichen Arbeit uber die Finanzpolitik Kaiser Ludwigs des Bayern zum Dr phil promoviert 6 Werdegang als Rabbiner BearbeitenIm Juni 1905 wurde Gradenwitz zum Rabbiner des Synagogengemeindebezirks Tarnowitz in Oberschlesien gewahlt und trat dieses Amt am 1 September 1905 an 1913 7 trat er aus dem Allgemeinen Deutschen Rabbinerverband aus da er dessen Beschlusse nicht mehr mittragen wollte und schloss sich der Vereinigung traditionell gesetzestreuer Rabbiner Deutschlands an 8 Er war von Januar 1917 bis 1918 Feldrabbiner bei der 9 Armee auf dem Balkan 7 Im Oktober 1921 wurde er Provinzialrabbiner in Hanau 9 wo er bis 1938 uber seine Pensionierung hinaus das Gemeindeleben gestaltete 10 Gradenwitz engagierte sich auch in der deutsch judischen Offentlichkeit Er verfasste immer wieder Artikel in der Zeitschrift Der Israelit dem Sprachrohr der orthodoxen Juden und war Mitglied im Verband der Rabbiner Oberschlesiens und in der Hanauer Ferdinand Gamburg Loge einer freimaurerahnlichen judischen Vereinigung U O B B 11 1927 wurde er in den Ehrenausschuss der Wohlfahrts Lotterie der Arbeitsgemeinschaft zur Bekampfung der Tuberkulose unter den Juden aufgenommen 7 Familie BearbeitenEr heiratete Rosa Bondi die aus einer Mainzer Rabbiner und Unternehmerfamilie stammte 1908 in Wien 12 Sie hatten vier Kinder 13 Die alteren beiden uberlebten den Holocaust namlich Sophie 3 Juni 1910 in Wien 6 Dezember 2003 in Berlin 14 und Rudolph 3 Februar 1913 in Tarnowitz 6 August 1999 in Tel Aviv Die beiden jungeren Geschwister kamen wie die Eltern im Holocaust ums Leben namlich Joseph 27 Februar 1914 in Tarnowitz 31 Marz 1944 in Auschwitz und Bertha 24 Dezember 1916 in Tarnowitz 1943 in Auschwitz fur vermisst erklart 15 Sein jungerer Bruder Benno Baruch Gradenwitz der als Haus und Kinderarzt in Berlin praktizierte wurde mit seiner Frau 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet 16 Flucht und Tod BearbeitenAnders als die Tochter Sophie die 1936 ins Exil nach Paris ging und der Sohn Rudolf der 1937 als Elektriker nach Palastina auswanderte dachte die ubrige Familie in der Zeit des Nationalsozialismus zunachst nicht daran Hanau zu verlassen 17 Nachdem aber die Privatwohnung wahrend der Novemberpogrome in der Nacht zum 10 November 1938 so stark verwustet worden war 18 dass ein Ehepaar mit den zerschlagenen Mobeln ein Jahr lang seinen Waschkessel heizte 19 und der Sohn Joseph einige Wochen im KZ Buchenwald interniert wurde 20 floh Gradenwitz mit seiner Familie uber Frankfurt am Main in die Niederlande zu Verwandten Die Eltern lebten mit Joseph Bertha war nach Paris gegangen in Amsterdam und Hilversum wo ein versteckter Aufenthalt 1942 nachgewiesen werden kann 21 Alle drei wurden ins Durchgangslager Westerbork deportiert und kamen von dort aus 1943 ins KZ Auschwitz 22 wo Hirsch Gradenwitz und seine Frau am 19 November 1943 umgebracht wurden Er wurde 67 Jahre alt Nachleben BearbeitenSeine alteste Tochter Sophie heiratete Hans Karl Marum den Sohn des SPD Reichstagsabgeordneten Ludwig Marum 23 Deren Tochter Andree Fischer Marum las 2003 bei der Einweihung des Denkmals fur 400 Jahre Judenstattigkeit in Hanau eine Erklarung vor die Sophie Marum geschrieben hatte mit Hanau verbinde sie viel Positives aber auch die allerschlimmsten personlichen Erinnerungen Bis zuletzt habe sie darunter gelitten dass man in der Stadt den letzten Rabbiner und damit ihren Vater scheinbar vergessen habe Doch hoffe sie nach wie vor darauf dass sich dies noch andern konnte 24 Sophie Marum war zwei Wochen vor der Einweihung des Denkmals gestorben Schriften BearbeitenBeitrage zur Finanzgeschichte des Deutschen Reiches unter Ludwig dem Bayer Borna Leipzig 1908 Dissertation Universitat Erlangen 1907 Digitalisat der Monumenta Germaniae Historica Literatur BearbeitenSabine Hank Hermann Simon Uwe Hank Feldrabbiner in den deutschen Streitkraften des Ersten Weltkrieges Schriftenreihe des Centrum Judaicum Band 7 Hentrich und Hentrich Berlin 2013 ISBN 978 3 938485 76 7 Art Hirsch Hugo Gradenwitz S 66 69 siehe auch das Register zu Gradenwitz S 611 Esriel Hildesheimer Mordechai Eliav Das Berliner Rabbinerseminar 1873 1938 Schriftenreihe des Centrum Judaicum Band 5 Hentrich und Hentrich Teetz Berlin 2008 ISBN 978 3 938485 46 0 S 126 Katrin Nele Jansen Gradenwitz Zvi Hugo In Biographisches Handbuch der Rabbiner Hrsg von Michael Brocke und Julius Carlebach Band 2 Die Rabbiner im Deutschen Reich 1871 1945 Bearbeitet von Katrin Nele Jansen Teil 1 Aaron bis Kusznitzki Saur Munchen 2009 ISBN 978 3 598 24874 0 S 241 Vorschau bei Google Bucher Elisabeth Marum Lunau Auf der Flucht in Frankreich Briefwechsel einer deutschen Familie im Exil 1939 1942 Boches ici juifs la bas Ausgewahlt und kommentiert von Jacques Grandjonc fur die deutsche Ausgabe ubersetzt und erweitert von Doris Obschernitzki Hentrich und Hentrich Teetz 2000 ISBN 3 933471 07 9 S 18 f 30 51 Weblinks BearbeitenZur Geschichte des Rabbinates im 19 20 Jahrhundert in Hanau In Alemannia Judaica mit Kurzbiographie Hirsch Gradenwitz In Joods Monument niederlandisch mit Fotos Einzelnachweise Bearbeiten Begriff bei Agnieszka Brockmann Der Kuczynski Nachlass in der Zentral und Landesbibliothek Berlin Books on Demand Norderstedt Zentral und Landesbibliothek Berlin Berlin 2011 ISBN 978 3 925516 39 9 S 16 Daruber informiert die private Website des Nachkommen Claus Gradenwitz Zu diesem Muster und der Migrationsgeschichte der Familie Hans H Lembke Die Schwarzen Schafe bei den Gradenwitz und Kuczynski Zwei Berliner Familien im 19 und 20 Jahrhundert Trafo Berlin 2008 ISBN 978 3 89626 728 3 S 42 Genealogischer Eintrag uber den Vater und die drei Geschwister von Hirsch diesem wird dort aber ein falsches Todesdatum gegeben Siehe die Darstellung des judischen Lebens in Rawicz Memento des Originals vom 13 Marz 2004 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www familytreeexpert com auf der Website Family Tree Expert nach der 1835 etwa 1 500 Juden in Rawicz gelebt hatten etwa 50 der Bevolkerung 1905 nur noch 363 Siehe zum Bildungsgang den Lebenslauf im Anschluss an seine Dissertation Hirsch Gradenwitz Beitrage zur Finanzgeschichte des Deutschen Reiches unter Ludwig dem Bayer Noske Borna Leipzig 1908 S 47 a b c Katrin Nele Jansen Gradenwitz Zvi Hugo In Biographisches Handbuch der Rabbiner Hrsg von Michael Brocke und Julius Carlebach Bd 2 Die Rabbiner im Deutschen Reich 1871 1945 Bearbeitet von Katrin Nele Jansen Teil 1 Aaron bis Kusznitzki Saur Munchen 2009 ISBN 978 3 598 24874 0 S 241 Siehe zu den Verbanden die Website des Zentralrats der Juden in Deutschland Geschichte der Ordinierung Rabbinerausbildung in Deutschland 1836 1942 Einfuhrung des neuen Bezirksrabbiner Dr Hirsch Gradenwitz Artikel in der Zeitschrift Der Israelit 13 Oktober 1921 Reproduktion auf der Website Alemannia judaica Monika Ilona Pfeifer Monica Kingreen Hanauer Juden 1933 1945 Entrechtung Verfolgung Deportation Hrsg im Auftrag des Evangelischen Arbeitskreises Christen Juden Hanau CoCon Hanau 1998 ISBN 3 928100 64 5 S 57 Zur Loge Eckhart G Franz Logen 3 Logen des judischen Logenverbandes B nai B rith Repertorien Hessisches Staatsarchiv Darmstadt Bestand N 11 S 7 und 11 PDF 120 kB In Archivinformationssystem Hessen Arcinsys Hessen Stand Dezember 2007 abgerufen am 22 September 2016 Personeninformation auf der Website des Digitaal Monument Joodse Gemeenschap in Nederland Das Handbuch der Rabbiner spricht von drei Kindern Elisabeth Marum Lunau von vier Kindern siehe auch diese und diese genealogische Website Traueranzeige in Neues Deutschland vom 13 Dezember 2003 Elisabeth Marum Lunau Auf der Flucht in Frankreich Briefwechsel einer deutschen Familie im Exil 1939 1942 Boches ici juifs la bas Ausgewahlt und kommentiert von Jacques Grandjonc fur die deutsche Ausgabe ubersetzt und erweitert von Doris Obschernitzki Hentrich und Hentrich Teetz 2000 ISBN 3 933471 07 9 S 11 18 f und 30 John Green A Political Family The Kuczynskis Fascism Espionage and The Cold War Routledge Studies in Radical History and Politics Routledge London New York 2017 ISBN 978 1 138 23231 0 S 53 Elisabeth Marum Lunau Auf der Flucht in Frankreich Briefwechsel einer deutschen Familie im Exil 1939 1942 Boches ici juifs la bas Ausgewahlt und kommentiert von Jacques Grandjonc fur die deutsche Ausgabe ubersetzt und erweitert von Doris Obschernitzki Hentrich und Hentrich Teetz 2000 ISBN 3 933471 07 9 S 18 f Siehe den Artikel uber die Synagoge von Hanau auf der Website Alemannia judaica Monika Ilona Pfeifer Monica Kingreen Hanauer Juden 1933 1945 Entrechtung Verfolgung Deportation hg im Auftrag des Evangelischen Arbeitskreises Christen Juden Hanau Hanau 1998 S 64 Elisabeth Marum Lunau Auf der Flucht in Frankreich Briefwechsel einer deutschen Familie im Exil 1939 1942 Boches ici juifs la bas Ausgewahlt und kommentiert von Jacques Grandjonc fur die deutsche Ausgabe ubersetzt und erweitert von Doris Obschernitzki Hentrich und Hentrich Teetz 2000 ISBN 3 933471 07 9 S 19 Versteckinformation auf der Website des Digitaal Monument Joodse Gemeenschap in Nederland Informationen Zur Geschichte des Rabbinates im 19 20 Jahrhundert in Hanau auf der Website Alemannia judaica siehe zur Geschichte dieser Familie Otto Langels Unmogliche Heimat Die Ruckkehr judischer Emigranten nach Westdeutschland In Deutschlandradio Kultur Sendung vom 30 Januar 2008 Elisabeth Marum Lunau Auf der Flucht in Frankreich Briefwechsel einer deutschen Familie im Exil 1939 1942 Boches ici juifs la bas Ausgewahlt und kommentiert von Jacques Grandjonc fur die deutsche Ausgabe ubersetzt und erweitert von Doris Obschernitzki Hentrich und Hentrich Teetz 2000 ISBN 3 933471 07 9 S 11 14 18 f Feierstunde in Hanau anlasslich 400 Jahre Judenstattigkeit In Frankfurter Allgemeine Zeitung 19 Dezember 2003 Normdaten Person GND 1051268893 lobid OGND AKS VIAF 98466535 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Gradenwitz HirschALTERNATIVNAMEN Gradenwitz Zvi HugoKURZBESCHREIBUNG deutscher orthodoxer RabbinerGEBURTSDATUM 13 September 1876GEBURTSORT Rawitsch Provinz PosenSTERBEDATUM 19 November 1943STERBEORT KZ Auschwitz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hirsch Gradenwitz amp oldid 216869114