www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel behandelt axiomatische logische Kalkule Fur den Hilbertkalkul der Geometrie siehe Hilberts Axiomensystem der euklidischen Geometrie Hilbertkalkule sind axiomatische Kalkule fur die klassische Aussagenlogik oder die Pradikatenlogik erster Stufe das heisst Kalkule in denen sich Theoreme und Argumente der Aussagenlogik oder der Pradikatenlogik erster Stufe herleiten lassen Die beiden Hauptmerkmale von Hilbertkalkulen sind das Vorhandensein etlicher Axiome oder Axiomenschemata sowie die geringe Anzahl von Schlussregeln im Fall der Angabe von Axiomenschemata oft nur einer einzigen Regel des Modus ponendo ponens und im Fall der Angabe von Axiomen zusatzlich einer Substitutionsregel Die Bezeichnung Hilbertkalkul geht auf den Mathematiker David Hilbert zuruck der die als Hilbertprogramm bekannt gewordene und spater durch den Godelschen Unvollstandigkeitssatz als unlosbar erwiesene Forderung aufstellte die gesamte Mathematik und Logik auf ein gemeinsames einheitliches und vollstandiges Axiomensystem aufzubauen In einem engeren Sinn werden gelegentlich nur von Hilbert selbst angegebene Kalkule als Hilbertkalkule bezeichnet insbesondere der gemeinsam mit Paul Bernays 1934 im Werk Grundlagen der Mathematik angegebene axiomatische aussagenlogische Kalkul Da die Arbeiten von Hilbert wiederum auf der Begriffsschrift von Gottlob Frege basieren werden diese Kalkule gelegentlich auch als Frege Kalkule bezeichnet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Ein Hilbertkalkul fur die klassische Aussagenlogik 1 1 Syntax 1 2 Axiome 1 3 Hypothese 1 4 Modus ponendo ponens 2 Verhaltnis zu anderen Logik Kalkulen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseEin Hilbertkalkul fur die klassische Aussagenlogik BearbeitenSyntax Bearbeiten Neben den Aussagenvariabeln und logischen Konstanten der Objektebene enthalt der hier dargestellte Kalkul das metasprachliche Zeichen displaystyle vdash nbsp wobei A B displaystyle A vdash B nbsp gelesen wird als B displaystyle B nbsp ist aus A displaystyle A nbsp herleitbar In einem Hilbertkalkul wird im Wesentlichen mit Hilfe von drei elementaren Operationen Beweis gefuhrt Handlung 1 ist das Erstellen einer Instanz eines Axiomenschemas Handlung 2 ist das Aufstellen einer Hypothese und Handlung 3 ist das Verwenden des Modus ponens Axiome Bearbeiten Zu Handlung 1 Ein Hilbertkalkul benutzt als Axiomenschemata aussagenlogische Tautologien also Formeln die unter jeder Zuordnung von Wahrheitswerten zu den in ihnen vorkommenden Satzvariablen den Wert wahr annehmen Eine derartige Tautologie ist zum Beispiel die Aussage A B A displaystyle A rightarrow B rightarrow A nbsp die in vielen Hilbertkalkulen als Axiom oder als Axiomenschema verwendet wird Verwendet man sie als Axiomenschema dann fungieren A und B darin als Platzhalter die gegen jede andere beliebige atomare Formel ausgetauscht werden konnen verwendet man sie als Axiom dann benotigt man zusatzlich eine Schlussregel die es erlaubt die Satzvariablen A und B durch andere Formeln zu ersetzen also eine Substitutionsregel Hypothese Bearbeiten Zu Handlung 2 Als Aufstellen einer Hypothese bezeichnet man die Handlung die aus einer gegebenen Formelmenge eine Formel herleitet die in dieser Formelmenge bereits enthalten ist Da die gegebene Formelmenge bereits herleitbar ist muss auch jede einzelne Formel die Element der Menge ist herleitbar sein Beispiel Man soll aus der Formelmenge M irgendeine Formel herleiten Die atomare Formel A sei Element der Formelmenge M Gegeben die Formelmenge M ist A herleitbar Also konnen wir A aus der Formelmenge herleiten Formal Sei M A B C displaystyle M A B C nbsp Trivialerweise gilt A A displaystyle A vdash A nbsp Da A displaystyle A nbsp Element von M displaystyle M nbsp ist gilt M A displaystyle M vdash A nbsp die Hypothese Modus ponendo ponens Bearbeiten Der Modus ponens erlaubt den Schluss auf B displaystyle B nbsp aus A displaystyle A nbsp und A B displaystyle A rightarrow B nbsp wenn A dann B Im hier dargestellten Kalkul prasentiert sich diese Regel wie folgt M displaystyle M nbsp und N displaystyle N nbsp seien Formelmengen und A displaystyle A nbsp und B displaystyle B nbsp seien Formeln Wenn nun aus der Formelmenge M displaystyle M nbsp die Formel A displaystyle A nbsp herleitbar ist und wenn aus der Formelmenge N displaystyle N nbsp die Formel A B displaystyle A rightarrow B nbsp herleitbar ist dann ist aus der Vereinigung von M displaystyle M nbsp und N displaystyle N nbsp die Formel B displaystyle B nbsp herleitbar in formaler Schreibweise M A displaystyle M vdash A nbsp N A B displaystyle N vdash A rightarrow B nbsp M N B displaystyle M cup N vdash B nbsp Zum besseren Verstandnis ein Beispiel fur die Anwendung Gegeben sei ein Hilbertkalkul mit folgenden funf Axiomen F G F displaystyle F rightarrow G rightarrow F nbsp F G H F G F H displaystyle F rightarrow G rightarrow H rightarrow F rightarrow G rightarrow F rightarrow H nbsp F G G F displaystyle F rightarrow G rightarrow neg G rightarrow neg F nbsp F F G displaystyle F rightarrow neg F rightarrow G nbsp F F F displaystyle neg F rightarrow F rightarrow F nbsp Die Aufgabe bestehe darin aus der leeren Formelmenge M displaystyle M nbsp die Formel A A displaystyle A rightarrow A nbsp herzuleiten also M A A displaystyle M vdash A rightarrow A nbsp Schritt Formel Erlauterung1 M A B A A displaystyle M vdash A rightarrow B rightarrow A rightarrow A nbsp Instanz von Axiom 1 F displaystyle F nbsp ersetzt durch A displaystyle A nbsp G displaystyle G nbsp ersetzt durch B A displaystyle B rightarrow A nbsp 2 M A B A A A B A A A displaystyle M vdash A rightarrow B rightarrow A rightarrow A rightarrow A rightarrow B rightarrow A rightarrow A rightarrow A nbsp Instanz von Axiom 2 F displaystyle F nbsp ersetzt durch A displaystyle A nbsp G displaystyle G nbsp ersetzt durch B A displaystyle B rightarrow A nbsp H displaystyle H nbsp ersetzt durch A displaystyle A nbsp 3 M A B A A A displaystyle M vdash A rightarrow B rightarrow A rightarrow A rightarrow A nbsp Modus Ponens aus Schritt 1 und 2 4 M A B A displaystyle M vdash A rightarrow B rightarrow A nbsp Instanz von Axiom 1 F displaystyle F nbsp ersetzt durch A displaystyle A nbsp G displaystyle G nbsp ersetzt durch B displaystyle B nbsp 5 M A A displaystyle M vdash A rightarrow A nbsp Modus Ponens aus Schritt 3 und 4 Verhaltnis zu anderen Logik Kalkulen BearbeitenDie Beweisfuhrung innerhalb eines Hilbert Kalkuls ist oftmals sehr aufwendig und es ist nicht trivial ersichtlich wie eine aussagenlogische oder pradikatenlogische Formel aus dem Kalkul abgeleitet werden kann Im Gegensatz dazu stehen Systeme des Naturlichen Schliessens unter anderem das von Gentzen entwickelte System oder der Fitch Kalkul In derartigen formalen Systemen ist die Beweisfuhrung sehr viel ahnlicher der des ublichen deduktiv mathematischen Argumentierens Systeme des Naturlichen Schliessens sind regelbasiert sie haben keine Axiome dafur allerdings eine grosse Anzahl von Schlussregeln Kontrar dazu haben Axiomensysteme in der Regel viele moglicherweise sogar unendlich viele Axiome und nur eine Schlussregel Der zweite Unterschied besteht darin dass Systeme des Naturlichen Schliessens es erlauben Aussagen zum Zwecke der Beweisfuhrung kurzfristig anzunehmen und diese spater wieder zu verwerfen 2 Literatur BearbeitenDavid Hilbert Paul Bernays Grundlagen der Mathematik Band 1 Berlin 1934 Band 2 Berlin 1939 H Ehrig B Mahr F Cornelius M Grosse Rhode P Zeitz Mathematisch strukturelle Grundlagen der Informatik Springer Verlag Berlin et al 2001 ISBN 3 540 41923 3 Weblinks BearbeitenFormale Pradikatenlogik PDF 508 kB eine Zusammenstellung von Axiomen Regeln und Propositionen mit formalen Beweisen im Stil von HilbertEinzelnachweise Bearbeiten Einfuhrung in die Mengenlehre Die Mengenlehre Georg Cantors und ihre Axiomatisierung durch Ernst Zermelo Oliver Deiser Gabler Wissenschaftsverlage 2009 ISBN 3642014445 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Logic Matters Proof Systems Peter Smith Axioms rules and what logic is all about In Types of Proof System 2010 S 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hilbert Kalkul amp oldid 236579818