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In der Zeit der Hexenverfolgungen kam es um 1600 zu einer Welle von Hexenprozessen in der Furstpropstei Ellwangen Schloss ob Ellwangen Residenz des Ellwanger Furstpropsts Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Rahmenbedingungen amp Ursachen 2 1 Wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedingungen 2 2 Klimatische Bedingungen 2 3 Krankheiten und Epidemien 2 4 Ursachen 3 Die erste Prozesswelle im Jahr 1588 3 1 Ablauf der Prozesse 3 2 Die Opfer 3 3 Einstellung der Prozesse 4 Die zweite Verfolgungswelle 1611 1618 4 1 Ausloser 4 2 Ablauf der Prozesse 4 3 Opferstruktur 4 4 Reaktionen auf die Hexenverfolgung 4 5 Fluchtversuche 5 Grunde fur die lange Verfolgung 5 1 Ende der zweiten Prozesswelle 5 2 Was passierte nach 1618 6 Gedenken 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Quellen 10 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Nikolaus Schreiber Warhafftige Vnd erschreckliche Beschreibung von vielen Zauberern Oder Hexen wie vnd warumb man sie hin vnd wider verbrandt in diesem 1589 Jahre Koln 1589Wahrend der Regierungszeit der Furstpropste Wolfgang von Hausen 1584 1603 Johann Christoph I von Westerstetten 1603 1613 und Johann Christoph von Freyberg Eisenberg 1613 1620 wurden 1588 und 1611 bis 1618 ungefahr 450 Personen hingerichtet viele auf dem Scheiterhaufen Das waren etwa die Halfte der Ellwanger Frauen und jeder sechste Mann Ahnliche massive Verfolgungen lassen sich in Suddeutschland nur in den Hexenprozessserien der frankischen Hochstifte Wurzburg Bamberg und Eichstatt sowie in Kurmainz nachweisen In dem Hexenprozess von 1588 wurde die Hebamme Elisabeth Furst die Mundistin genannt als vermeintliche Hexe verbrannt Im Jahr 1611 wurde am 22 Dezember Dorothea Berchtold hingerichtet Sie war die Schwester des Pfarrers Eberhard Berchtold der die wegen Hexerei Angeklagten betreute und zu der Uberzeugung gelangt war dass sie unschuldig waren Vermutlich sollte mit der Hinrichtung seiner Schwester der Pfarrer getroffen werden um ihn gefugig zu machen und ihm seinen Mund zu verschliessen Spater betreuten Jesuiten die Gefangenen Uberliefert ist ein Gesprach des Stadtpfarrers Berchtold mit dem Angeklagten Michael Dir Dieser hatte seine Frau Maria Dir im Jagsttorgefangnis besucht und versicherte dem Pfarrer er sei von der Unschuld der Bierbrauersfrau uberzeugt Das kam dem Kanzler zu Ohren Carl Kibler lud den Brauer vor und liess ihn verhaften Um sich die Folter zu ersparen gestand Michael Dir alles was ihm vorgeworfen wurde obwohl er noch gar nicht der Hexerei angeklagt war Schon elf Tage spater wurde er am 19 November 1611 verbrannt Sein Abkommgeld betrug 460 Gulden 2001 wurde in Ellwangen ein Mahnmal eingeweiht das an die 400 Opfer der Hexenverfolgung erinnern soll Rahmenbedingungen amp Ursachen BearbeitenWirtschaftliche und gesellschaftliche Bedingungen Bearbeiten Im 16 Jahrhundert war Suddeutschland ein agrarisch gepragtes Land Der uberwiegende Teil der Bevolkerung lebte zu dieser Zeit von der Landwirtschaft In Ellwangen wurden in der fruhen Neuzeit vor allem verschiedene Kornsorten angebaut die Viehzucht war genossenschaftlich organisiert das heisst das Vieh von verschiedenen Bauern wurde von Hirten versorgt Ein weiteres Standbein fur die Ellwanger Wirtschaft im 16 Jahrhundert war die Forstwirtschaft Neben dem offiziellen Verkauf von Holz und Harz plunderten viele Bauern die Walder um sich etwas dazuzuverdienen Das Gewerbe in der Ellwanger Umgebung war in der fruhen Neuzeit sehr schwach ausgebildet Bis auf eine Glashutte in Rosenberg oder Ziegelhutten bei Schrezheim gab es gerade in den Landamtern wenig Gewerbe In der Stadt Ellwangen selbst war das Gewerbe hingegen starker Die Wirtschaft in Ellwangen war nicht auf bestimmte Bereiche begrenzt sondern im Unterschied zu vielen Reichsstadten der Umgebung z B Augsburg mit seiner stark kaufmannisch gepragten Wirtschaft breit gefachert Allerdings wurde das Gewerbe durch die Ellwanger Regierung stets stark kontrolliert und reglementiert So gab es zwar auch in Ellwangen wahrend des 16 Jahrhunderts Zunfte im Gegensatz zu vielen anderen Stadten allerdings weit weniger ausgebildet Eine rasche Bevolkerungszunahme wahrend des 16 Jahrhunderts uberforderte die Wirtschaft weshalb es auch in Ellwangen zu einer Wirtschaftskrise kam Ein weiterer Grund hierfur war eine Inflation die gerade das Gewerbe schwer traf Infolgedessen wurden die Unterschichten immer grosser die Ellwanger Bevolkerung also immer armer Genaueres uber die Gesellschaftsstruktur wahrend der fruhen Neuzeit in der Furstpropstei ist jedoch nicht bekannt Klimatische Bedingungen Bearbeiten Getreide und Brot waren wahrend der fruhen Neuzeit die Grundnahrungsmittel und schwer zu ersetzen Als etwa um 1560 die mittelalterliche Warmzeit endete folgte eine Periode mit besonders kuhlem Klima die sogenannte kleine Eiszeit Die langen und kalten Winter verkurzten die Zeit in der es moglich war Lebensmittel vor allem Getreide anzubauen In den nasskalten Sommer verfaulte der Weizen Die Getreidepreise stiegen daraufhin extrem an vermutlich um uber 200 Infolgedessen wurden immer weniger gewerbliche Produkte verkauft und die Arbeitslosigkeit gerade in der Stadt selbst stieg es kam zu schweren Hungersnoten Die caritativen Einrichtungen in Ellwangen die von der Furstpropstei geleitet wurden waren mit den vielen Hilfesuchenden uberfordert Krankheiten und Epidemien Bearbeiten Durch die Mangelernahrung waren die Menschen anfallig fur Seuchen wie Typhus Cholera und die Pest Ellwangen wurde wiederholt von der Pest heimgesucht so kam es in den Jahren 1574 1598 1611 und 1626 zu besonders schweren Ausbruchen Um den Zorn Gottes zu besanftigen und ein Ende der Krankheiten und Hungersnote herbeizurufen verbot der von 1584 bis 1603 herrschende Furstprobst Wolfgang von Hausen alle Aktivitaten die dazu verleiteten zu sundigen Selbst Tanzen und Singen wurden ab sofort streng bestraft Ursachen Bearbeiten Zusammengefasst lassen sich also Ursachen in vielen Bereichen erkennen Die Missernten brachten Hungersnote welche durch die rasche Bevolkerungszunahme noch verschlimmert wurden Diese hatte auch Auswirkungen auf die Ellwanger Wirtschaft welche durch eine Inflation entscheidend geschwacht war Viele Menschen rutschten in die Unterschichten ab und litten unter Mangelernahrung wodurch sie anfallig fur Krankheiten wurden In solch schlechten Zeiten suchten die Regierenden und auch die Menschen selbst Sundenbocke Hexen welche man fur Missernten und Krankheiten verantwortlich machen konnte waren hierfur perfekt geeignet Die erste Prozesswelle im Jahr 1588 BearbeitenNachdem Furstprobst Wolfgang von Hausen im Jahr 1588 verschiedene Vergnugungen wie das gemeinsame Tanzen Singen aber auch das Konsumieren von Alkohol verboten hatte fuhrte die furstpropstliche Inquisition Hausdurchsuchungen durch Die Folge dieser Hausdurchsuchungen waren zahlreiche Verurteilungen von verschiedenen Tatern und Mitwissern Einige Burger wurden hingerichtet andere des Landes verwiesen oder mussten Geldstrafen zahlen Ein 17 jahriger der im August 1588 an verschiedenen verbotenen Festen teilnahm beschuldigte seine Mutter der Hexerei Er hoffte die Ermittler abzulenken und so einer moglichen Strafe zu entgehen Ihm gelang es die furstpropstlichen Rate zu uberzeugen sodass ein Scharfrichter nach Ellwangen geholt wurde Dieser sollte die verhaftete Mutter Margaretha Sinai verhoren Der Scharfrichter aus Biberach galt als Experte fur Hexenprozesse und wurde bereits 1587 im Hochstift Augsburg eingesetzt Doch auch ihm gelang es nicht die Verdachtige zu einem Gestandnis zu bringen weshalb wieder ihr 17 jahriger Sohn Jacob Sinai verhort wurde Anstatt seine Vorwurfe zuruckzunehmen beschuldigte er zwei weitere altere Ellwanger Frauen der Hexerei Nachdem beide Frauen von dem Scharfrichter verhort und untersucht worden waren liess er eine frei da sie keine Hexenmale aufwies Es herrschte der Glaube dass man Hexen an auffalligen Hautunregelmassigkeiten erkennt Diese wurden als Hexenmale bezeichnet und waren der Beweis fur einen Pakt mit dem Teufel Da viele Menschen grossere Muttermale oder andere Hautunregelmassigkeiten haben gelang es bei vielen Prozessen den angeblichen Beweis zu finden So auch bei der zweiten Beschuldigten die anschliessend unter der Folter gestand Ausserdem denunzierte also beschuldigte sie weitere angebliche Hexen Die erste Verfolgungswelle startete und nahm so ihren Lauf Die Gefangenen denunzierten unter Folter meist weitere Gespielinnen und weiteten so den Kreis der Opfer aus Ablauf der Prozesse Bearbeiten Die Constitutio Criminalis Carolina aus dem Jahr 1532 war das erste Strafgesetzbuch das fur das gesamte Reich Geltung beanspruchte Sie enthielt sowohl Prozessrecht als auch materielles Strafrecht darunter den Straftatbestand der zauberey Die lokale Rezeption und die Frage ob sie auch in Ellwangen als Grundlage fur die Hexenverfolgungen angewendet wurde ist jedoch ein Forschungsdesiderat 1 Denn die Carolina galt nur subsidiar im Verhaltnis zur ortlichen Hexen Gesetzgebung und ortlichem Gewohnheitsrecht Die Ellwanger Halsgerichtsordnung von 1466 war die Gerichtsordnung des Stadtgerichts der Stadt Ellwangen soweit dieses als peinliches Gericht fungierte Ihr Gegenstand war die Ordnung des Strafprozesses in peinlichen Strafsachen insbesondere der Hauptverhandlung in diesem Verfahren des sog Endlichen Rechtstages 2 Ein Gestandnis galt als verlasslichstes Mittel der Wahrheitsfindung weshalb alles versucht wurde um dieses aus dem Verdachtigen herauszubekommen Zwar wurde durch die Carolina Folter nur noch erlaubt wenn ein hinreichender Verdacht bestand allerdings lag die Dauer und Intensitat im Ermessen des Richters Da das Delikt Hexerei nicht in der Carolina verankert war wurde den Beschuldigten in Ellwangen ein Crimen Exceptum also ein aussergewohnliches Verbrechen vorgeworfen Dies hatte zur Folge dass ein Sonderverfahren moglich wurde bei dem die Beschuldigten sich nahezu gar nicht verteidigen konnten Des Weiteren war es so moglich die fur eine Folter benotigten Indizien herabzusetzen Folter konnte so bereits bei der auf die Vorlesung der Anschuldigungen folgenden Untersuchung auf Hexenmale legitimiert werden Anschliessend wurden bei den in der Fronfeste der Burg ob Ellwangen stattfindenden Prozessen versucht die Beschuldigten zu einem freiwilligen Gestandnis zu bringen Haben die Beschuldigten kein Gestandnis abgelegt folgte die Territio Verbalis hier wurde Folter lediglich angedroht Darauf folgte dann gegebenenfalls die Territio Realis Bei diesem Grad der Folter wurden den Beschuldigten die Folterinstrumente gezeigt erklart und angelegt um sie so zu einem Gestandnis zu bringen Im dritten Grad wurde dann mit der eigentlichen Folter begonnen Diese wurde immer wieder unterbrochen um Confrontationes Gegenuberstellungen mit bereits der Hexerei Uberfuhrten die die Schuld bestatigten durchzufuhren Neben klassischen Foltermethoden wie Beinschrauben oder Streckbanken kamen in Ellwangen auch haufiger seltenere Methoden unter Anleitung des erfahrenen Scharfrichters aus Biberach zum Einsatz Allgemein waren die Ellwanger Hexenprozesse 1588 stark von ihm gepragt so wurden neben der Folter auch magische Rituale durchgefuhrt bei denen Verdachtige in spezielle Bader getaucht wurden oder Krautertranke zu sich nehmen mussten Dies sollte die Beschuldigten unter Anwendung der ihnen als angebliche Hexen bekannten Rituale angstigen und sie so zu einem Gestandnis bewegen Haben die Beschuldigten dann gestanden was bei jedem bei dem ein Hexenmal gefunden wurde der Fall war wurde das Gestandnis aufgeschrieben In dieser schriftlichen Form waren alle Hauptbestandteile des komplexen Hexereidelikts enthalten Teufelspakt Teufelsbuhlschaft Hexenflug Hexensabbat sowie Schadenzauber Ausserdem denunzierten die Meisten noch weitere angebliche Mittater die dann nach Zustimmung der furstpropstlichen Rate inhaftiert wurden Nach dem Gestandnis fand die Besiebnung durch sieben Mitglieder des Gerichts statt und das Urteil wurde durch den Ellwanger Stadtrichter verkundet Die Beschuldigten wurden dabei zur Hinrichtung durch das Feuer verurteilt Laut Prof Dr Immo Eberl wurden vermutlich mehrere Urteile durch den Furstpropst Wolfgang von Hausen abgemildert In diesen Fallen wurden die vermeintlichen Hexen vor der Verbrennung stranguliert oder enthauptet Nach dem Prozess wurden die Verurteilten meist noch zu Confrontationes genutzt und im Schloss ob Ellwangen gefangen gehalten Drei Tage vor ihrer Hinrichtung wurden die Verurteilten in die Schergenstube am Jagsttor gebracht und schliesslich an der Richtstatte am Galgenberg westlich von Ellwangen hingerichtet Die Opfer Bearbeiten Die Opfer der ersten Hexenverfolgung waren zum Grossteil Frauen Mit Jacob Sinai mit dem die Hexenverfolgung begann ist lediglich ein mannliches Opfer bekannt Des Weiteren waren die meisten Opfer fur die damalige Zeit sehr alt So waren die meisten verurteilten Frauen um die 70 Jahre alt oder wurden in den Prozessakten zumindest mit alt beschrieben Aufgrund ihres hohen Alters waren die meisten Frauen verwitwet und lebten deshalb oft alleine Es ist zu erkennen dass die Beschuldigten der ersten Verfolgungswelle dem typischen Hexenstereotyp der fruhen Neuzeit entsprachen Insbesondere alte Ellwanger Witwen waren gefahrdet So waren mit Ausnahme von einem Opfer alle aus Ellwangen Dies lasst sich damit erklaren dass die Prozesse auf den Beschuldigungen von anderen Inhaftierten basierten Sie denunzierten meist Personen aus ihrem naheren Umfeld weshalb sich die Prozesswelle nicht auf die landlichen Teile der Furstpropstei ausweitete Hier lasst sich auch der Grund dafur erkennen dass ofters ganze Familienteile ausgeloscht wurden Ebenfalls dem Hexenstereotyp entsprechend benutzten die meisten Beschuldigten Krauter oder spezielle Rituale um Krankheiten zu heilen So war unter ihnen z B die Hebamme Elisabeth Furstin Sie benutzte auch bei ihrer Tatigkeit als Hebamme haufiger spezielle Krautertranke und Rituale um den Kindern aber auch den Muttern zu helfen Wahrend der ersten Hexenverfolgung in Ellwangen im Jahr 1588 ist insgesamt bei nahezu allen Verurteilten eine starke Ahnlichkeit zum typischen Hexenbild also einer alten Frau die alleine lebt und viel mit Krautern hantiert zu beobachten Erst zum Ende hin wurden auch jungere verheiratete Frauen beschuldigt Es ist also eine fur Verfolgungen des 16 Jahrhunderts typische leichte Entfernung vom Hexenstereotyp beobachtbar Auch wenn diese in Ellwangen durch die Einstellung der Verfahren gestoppt wurde Einstellung der Prozesse Bearbeiten Die letzte Hinrichtung der ersten Prozesswelle fand vermutlich am 14 Dezember 1588 statt Nach vier Monaten Hexenverfolgung war in Ellwangen vorerst Ruhe eingekehrt Als Grund fur die relativ kurze Verfolgungszeit werden Strukturprobleme angesehen Durch die Besagungspraxis also die Inhaftierung aufgrund der Beschuldigung anderer vermeintlicher Hexen drohte eine starke Ausweitung des Opferkreises die nicht von der Regierung kontrolliert werden konnte So waren bereits 1588 weit uber 100 Burger der Hexerei beschuldigt Gegen Ende der Verfolgung drohte ein starkes Abkommen vom Hexenstereotyp und auch eine Ausweitung auf Personen die dem Hof sehr nahe waren Aus diesen Grunden leitete der damalige Kanzler Johann Hildebrand die Einstellung der Verfahren ein Listen von Verdachtigen wurden allerdings aufbewahrt um diese eventuell fur spatere Verfolgungen zu nutzen Die zweite Verfolgungswelle 1611 1618 BearbeitenAusloser Bearbeiten Die 70 jahrige aus Rindelbach stammende Barbara Rufin hatte wahrend des Ostergottesdienstes im Jahr 1611 ihre Hostie aus dem Mund genommen Die Burger Ellwangens und der Priester schopften den Verdacht der Hexerei da sie den Leib Christi verschmahte Der Priester wusch sich daraufhin sofort die Hande um sich reinzuwaschen Rasch verbreitete sich das Geschehene in ganz Ellwangen Fur die Bevolkerung der Furstpropstei klangen die Vorwurfe enorm plausibel da Barbara Rufin bereits fast 30 Jahre zuvor der Hexerei beschuldigt worden war Als eine Viehseuche ausbrach holte ihr Nachbar eine Wahrsagerin herbei um die Schuldigen ausfindig zu machen Diese fand heraus dass angeblich Hexen schuld seien Des Weiteren behauptete sie die nachste Person die den Hof des Nachbarn besucht und drei Dinge begehrt sei jene Hexe Als Barbara Rufin an diesem Tag einen Schal eine Butterdose und eine Wiege von ihrem Nachbarn ausleihen wollte fiel der Verdacht auf sie Die Familie der Frau war nun in der ganzen Region als Hexenfamilie verschrien Nachrichten von Teufelsbesessenen im Rosenberg wenige Monate zuvor erhohten zudem die Plausibilitat und die Verfolgungsbereitschaft der Regierung So wurde Barbara Rufin am 7 April 1611 verhaftet Die 70 jahrige wehrte sich in den ersten Verhoren vehement gegen die Vorwurfe der Hexerei Die Hostie hatte sie aus dem Mund genommen da sie aufgrund ihres Alters Schluckbeschwerden habe Sie habe ausserdem vorgehabt sich beim Ellwanger Stadtpfarrer zu entschuldigen Auch die in Rindelbach kursierenden Geruchte wies sie zuruck Um die vermeintliche Hexe zu uberfuhren wurden wahrenddessen umfangreiche Zeugenaussagen aufgenommen Die Zeugen bestatigten zwar dass es die Geruchte gab widersprachen sich allerdings oder entscharften den Vorwurf der Hexerei Dies fuhrte zu einer sehr langen Prozessdauer und dazu dass der 70 jahrigen zu Beginn weder die Folter angedroht wurde noch dass sie gefoltert wurde Erst im spateren Verlauf entschlossen sich die furstlichen Rate der Frau die Folter anzudrohen und ein Scharfrichter von auswarts wurde wie 1588 nach Ellwangen geholt Doch bevor der Scharfrichter Hans Gruber eintraf legte Barbara Rufin am 22 April unter Folter ein Gestandnis ab und denunzierte weitere angebliche Gespielinnen In spateren Verhoren versuchte sie dieses Gestandnis zu widerrufen bestatigte ihr Gestandnis unter der Folter jedoch erneut In der Folge dieses Prozesses folgten weitere so wurde Anfang Mai eine von Barbara Rufin denunzierte Frau aus Rindelbach inhaftiert und in den nachsten Wochen weitete sich die Verfolgung auch nach Ellwangen aus Der Verfolgungswille der Regierung wurde durch den erfolgreichen Abschluss des Prozesses gegen Barbara Rufin gestarkt Der erste Stein fur die grosse Ellwanger Prozesswelle zwischen 1611 und 1618 kam ins Rollen Ablauf der Prozesse Bearbeiten Der grundsatzliche Ablauf der Hexenprozesse der zweiten Verfolgungswelle glich dem der ersten im Jahr 1588 Lediglich an einigen entscheidenden Stellen wurden Veranderungen durchgefuhrt Wahrend 1588 die Verhore von Angehorigen der Regierung durchgefuhrt wurden die normalerweise andere Tatigkeiten verubten wurde Ende Mai 1611 eine Hexendeputation gegrundet Dieses Gremium hatte ausschliesslich die Aufgabe sich mit Hexenprozessen zu beschaftigen Durch diese Konzentration konnten Prozesse standardisiert werden die Schritte des Verfahrens und die Gestandnisformen wurden grosstenteils vereinheitlicht So war eine weitaus schnellere und reibungslosere Prozessfuhrung moglich und die Forderung des Furstprobstes Strafprozesse innerhalb von drei Tagen durchzufuhren konnte oft erfullt werden Da die Hexendeputation ein eigenstandiges Gremium war bestand die Gefahr dass die Hexenkommissare als Mitglieder der Deputation die Prozesse missbrauchen um ihren Karriereplan umzusetzen Des Weiteren wurde der Einfluss der Scharfrichter wesentlich geschwacht Wahrend 1588 der Biberacher Scharfrichter grossen Einfluss auf die Prozesse hatte ist der Einfluss der Scharfrichter wahrend der zweiten Welle nahezu zu vernachlassigen Auch die magischen Rituale des damaligen Scharfrichters wurden nicht mehr verwendet eine sehr rationale Prozessfuhrung pragte das Bild der zweiten Welle Es wurde allerdings wie 1588 erneut ein mit Hexenprozessen erfahrener Scharfrichter herbeigeholt Die zweite weitreichende Veranderung war die Anderung des Indizienrechts So war 1588 noch ein Hexenmal und die Besagung Voraussetzung um einen Prozess auszulosen 1611 1618 reichte bereits die Besagung um Verdachtige zu foltern In Verbindung mit dem im Vergleich zu 1588 weiter erhohten Foltereinsatz fuhrte dies dazu dass es wahrend der gesamten Verfolgungswelle keine einzige Entlassung gab Wahrend des Prozesses selbst wurden die Confrontationes also die Gegenuberstellungen mit bereits wegen Hexerei Verurteilten reduziert und wurden direkt nach der Inhaftierung und dem Verlesen der Anklage durchgefuhrt Nach der Anklage folgten die Verhore die mit den Besagungen von angeblichen Mittatern abgeschlossen wurden Auch hier gab es eine Veranderung so war eine Besagung von Toten oder bereits Verurteilten nicht mehr moglich Der Umfang der Verfolgung wurde so erheblich ausgeweitet und weit mehr Menschen als 1588 verdachtigt Wie 1588 wurde das Verfahren nach dem Gestandnis durch die Besiebnung durch Mitglieder des Gerichts und der Urteilsverkundung abgeschlossen Das Urteil lautete meist Feuertod und Einzug des Vermogens oft verbunden mit Strafverscharfungen wie z B das Abhacken der Hande Jedoch erfolgte immer eine Begnadigung zur Strangulierung mit anschliessendem Verbrennen des Leichnams Vermutlich wurden die Verurteilten nicht aus Mitleid des Furstprobstes begnadigt sondern um Probleme und Mitleid der Zuschauer zu vermeiden Diese einheitliche Verfahrensfuhrung wurde wahrend der gesamten Welle kaum durchbrochen lediglich bei schwangeren Frauen wurde bis zur Geburt gewartet Insgesamt lasst sich beobachten dass die Prozesse im Vergleich zur ersten Welle enorm gestrafft wurden um eine schnellere Verurteilung moglich zu machen Durch die Anderung des Indizienrechts und die Anderungen der Besagungen konnte sich die Welle wesentlich schneller und weiter ausbreiten So war es moglich dass in neun Monaten des Jahres 1611 etwa 126 Personen hingerichtet wurden Opferstruktur Bearbeiten Von der zweiten Prozessserie in Ellwangen in den Jahren 1611 1618 waren sowohl Frauen als auch Manner jeden Alters und jeder Schicht betroffen Waren 1588 noch hauptsachlich altere Frauen betroffen also Personen die dem typischen Hexenbild entsprachen wurde 1613 sogar eine 16 jahrige hingerichtet Selbst junge Manner die absolut nicht dem Hexenstereotyp entsprechen wurden der Hexerei verdachtigt und hingerichtet Die meisten Opfer waren jedoch mittleren Alters Da diese meist verheiratet waren und Kinder hatten wurden des Ofteren ganze Familien zu sogenannten Hexenhausern bzw Hexenfamilien erklart So konnte es vorkommen dass die komplette Familie hingerichtet wurde Personen deren Verwandte bereits hingerichtet worden waren waren besonders gefahrdet Beging eine Person mit vermeintlichen Hexen in der Verwandtschaft eine Straftat wurde meist versucht diese mit der Hexerei in Verbindung zu bringen Diese Ubertragung von normalen Straftaten auf Hexenprozesse ist eine Auffalligkeit der Ellwanger Hexenverfolgung So kam es ofters vor dass ein normaler Strafprozess zu einem Hexenprozess umgewandelt wurde und so die Auswirkungen der Hexerei anhand realer Delikte aufgezeigt wurden Als Beispiel wurde bei einem begangenen Diebstahl behauptet der Tater sei vom Teufel beauftragt und um solche Straftaten zu verhindern musse man die vermeintlichen Hexen hinrichten Anhand einer Burgerwehrliste konnte Hans Gebhard in seinem Buch Gerichtsherr Ludwig Kieninger die Anteile der Hingerichteten in den jeweiligen Schichten rekonstruieren Zwar wurden Menschen aus jeder Schicht hingerichtet der Anteil der wohlhabenderen Harnischtrager und Buchsenbesitzer aus der Mittelschicht war mit 26 beziehungsweise 22 Prozent jedoch deutlich hoher als der der armeren Spiesstrager Auch der Frauenanteil war in der Unterschicht geringer als in der Mittel und Oberschicht Zum Teil mag dies damit zu erklaren sein dass z B Nachbarn aus Neid denunziert wurden oder um den Besitz der Verdachtigten zu bekommen Auffallig ist dass besonders viele Gerichtsherren und Stadtrate verurteilt wurden Dies lasst auf ein Eingreifen durch die Regierung schliessen Gerichtsherren und Stadtrate die nicht den Vorstellungen der Regierung entsprachen konnten so aus dem Weg geraumt worden sein Neben den Stadtraten und Gerichtsherren waren besonders Berufsgruppen betroffen die viel mit der Offentlichkeit zu tun hatten Musiker Backer und Metzger Angehorigen dieser Berufe wurde vermutlich ihr Bekanntheitsgrad zum Verhangnis Bei Musikanten kommt noch hinzu dass durch die von Furstprobst Wolfgang von Hausen im Jahr 1588 eingefuhrten Verbote zu singen und tanzen ein negatives sundhaftes Bild auf diese Berufsgruppe geworfen wurde Wie auch bei der ersten Prozessserie kamen die meisten der Opfer aus der Stadt Ellwangen 67 Die Landamter waren weit weniger betroffen Der Grund hierfur liegt wie 1588 in der Besagungspraxis Die in Rindelbach einem ca 3 km von Ellwangen entfernten Dorf beginnende Verfolgungswelle kam schnell in der Stadt selbst an Bereits bei der ersten Verfolgung stammte der Grossteil der Hingerichteten aus Ellwangen Da Verurteilte meistens Bekannte aus ihrem naheren Umfeld besagten hielt sich das Zentrum stets in der Stadt Lediglich Opfer mit Bekannten aus den Landamtern brachten die Welle in die Dorfer Da jedoch die wenigsten Beschuldigten Bekannte dort hatten blieb Ellwangen stets das Zentrum Reaktionen auf die Hexenverfolgung Bearbeiten Angesichts der zum Teil willkurlichen Besagung von angeblichen Hexen bildeten sich bei einigen Bewohnern leichte Zweifel an der Schuld Es hegten besonders Personen die regelmassig Kontakt zu Verurteilten hatten wie Gefangniswarter Zweifel Jedoch konnte die Ellwanger Regierung und der Hexenrat durch die Verknupfung von Hexenprozessen mit normalen Strafprozessen immer wieder angebliche Beweise und reale Auswirkungen der Hexerei sichtbar machen Widerstande oder massenhaftes Auswandern aus Ellwangen gab es jedoch nicht Ersteres wurde vermutlich mit Hilfe der Angst vor der furstpropstlichen Regierung unterdruckt Die Menschen furchteten ebenfalls bestraft gefoltert oder sogar getotet zu werden weshalb sich nie ein Aufstand bildete So wurde z B ein Ellwanger Burger der die Hexenprozesse und die Regierung offentlich kritisierte 1612 inhaftiert und spater selbst der Hexerei beschuldigt und schliesslich ebenfalls hingerichtet Des Weiteren konnte mit Hilfe der Ausloschung von ganzen Familien verhindert werden dass viele Menschen direkt von der Verfolgung betroffen waren Familienmitglieder die eventuell einen Widerstand anzetteln konnten wurden so daran gehindert Auch die Kirche in Form des Stiftskapitels leistete keinen Widerstand Zwar kam es durch die Hinrichtung Geistlicher zu einer Auseinandersetzung diese wurde jedoch schnell beigelegt Auch von ausserhalb kamen vermutlich kaum Impulse die Hexenverfolgung zu stoppen Insgesamt zeigt sich dass Widerstand gegen die Verfolgung kaum bestand Falls es doch zu vereinzeltem Aufbegehren kam wurde dieses unterdruckt Fluchtversuche Bearbeiten Angesichts der drohenden Folter und Hinrichtungen gab es in Ellwangen insgesamt drei Fluchtversuche Wahrend bei den ersten beiden die Fluchtigen innerhalb von wenigen Wochen erneut gefangen bzw von einem benachbarten Gebiet ausgeliefert wurden gelang Casper Pfitzer im Dezember 1612 eine erfolgreiche Flucht Pfitzer floh zehn Tage nach seiner Verhaftung vermutlich mit der Hilfe von Gefangnisangestellten nach Fachsenfeld ein ca 15 km entferntes reichsritterschaftliches Gebiet in dem seine Schwester wohnte Da die Furstpropstei keine Auslieferung erwirken konnte lebte Casper Pfitzer vermutlich bis Mitte 1614 in Fachsenfeld Jedoch musste er Fachsenfeld aufgrund einer Durchsuchung der Wirtsstatte seiner Schwester durch Ellwanger Rate verlassen Sein Weg fuhrte ihn in die Kurpfalz in der er sich eine neue Existenz aufbaute Er hatte jedoch stets Kontakt mit seiner Familie in Ellwangen bis sich seine Spur im Jahr 1617 verliert und keine Dokumente mehr vorhanden sind Bis auf einen Selbstmord im Jahr 1614 gab es keine weiteren Fluchtversuche mehr Grunde fur die lange Verfolgung BearbeitenEine Besonderheit der Ellwanger Prozessserie ist der lange Zeitraum der Verfolgung sowie die Intensitat mit der die Prozesse gefuhrt wurden Besonders in den Jahren unter Johann Christoph I von Westerstetten entwickelte sich eine bis dahin unbekannte Welle der Gewalt die lediglich mit der Verfolgung in Eichstatt ebenfalls unter von Westerstetten vergleichbar ist Von Westerstetten hatte stets die Kontrolle uber die Prozesse und versuchte des Ofteren neue anzustacheln Mit Hilfe eines von ihm veroffentlichten Dokuments welches verschiedene Verhaltensweisen wie Verschwendungssucht mit der Hexerei in Verdacht brachte konnte nahezu jeder der Hexerei beschuldigt werden Doch auch nach Amtsantritt von Johann Christoph II von Freyberg endete die Verfolgung nicht Allerdings erreichte sie unter ihm nie das Niveau und die Intensitat wie unter seinem Vorganger wurde jedoch trotzdem fortgefuhrt und erst 1618 eingestellt Ein Grund fur die lange Dauer konnten materielle Interessen gewesen sein Wahrend der Verfolgung gab es in Ellwangen stets eine Konfiskationspraxis es wurde also Eigentum zugunsten des Staates ohne Entschadigung von Familienangehorigen der Hingerichteten eingezogen Vermutlich wurden Erbanteile eines Erben beschlagnahmt um die Prozesskosten zu begleichen Jedoch war dies in der Furstpropstei schwer da oft ganze Hexenfamilien hingerichtet wurden in diesen Fallen wurden dann individuell Geldbetrage oder Gegenstande eingezogen Ein weiteres Problem war wenn Hinterbliebene vorhanden waren diese zum Teil aber nichts hatten was man einziehen konnte Das Einziehen von Arbeitsgeraten hatte der Furstpropstei nichts genutzt da so Steuereinnahmen verloren gegangen waren Ausserdem baten die Angehorigen oft darum die falligen Betrage aufzuschieben oder zu verringern Um materielle Interessen als Grund zu bestatigen ist ein Blick auf die Gesamtbilanz der Kosten notig Wolfgang Mahrle konnte die Kosten und Einnahmen der Hexenverfolgung zwischen Februar 1613 und September 1615 rekonstruieren Die Verwaltung nahm in dieser Zeit 8 374 Gulden ein ein kleines Haus kostete ungefahr 150 Gulden Von diesem Geld wurde weniger als die Halfte 3 685 Gulden fur die Prozesse ausgegeben Auf den ersten Blick scheint die Verfolgung materiell gesehen also ein Gewinn fur die Furstpropstei gewesen zu sein Jedoch sind in diesen Zahlen nicht die Defizite in anderen Bereichen miteinberechnet Durch den Verlust von fast einem Viertel der Bevolkerung gingen enorm viele Steuerzahler und die damit verbundenen Einnahmen verloren Auch die Wirtschaftskraft Ellwangens nahm wahrend der Hexenverfolgung immer mehr ab also auch hier durften die Steuereinnahmen zuruckgegangen sein Auch der Zeitraum der Aufzeichnungen muss beachtet werden Die Zahlen entstanden in Jahren in denen es relativ wenige Verfolgungen gab die Kosten sind also verglichen mit 1611 und 1612 relativ niedrig Die Strafgelder wurden meist erst ein oder zwei Jahre nach der Hinrichtung gezahlt und stammten im Jahr 1613 vermutlich aus Hinrichtungen im Jahr 1612 dem Jahr mit den meisten Hinrichtungen In den Jahren 1613 bis 1615 trafen also viele Strafgelder auf niedrige Prozesskosten Ein Jahr zuvor durfte die Bilanz viel schlechter ausgefallen sein Insgesamt waren materielle Interessen wohl eher weniger ein Grund fur die lange Fortdauer da auf die gesamte Zeit gesehen vermutlich keine oder nur geringe Gewinne erzielt werden konnten Die Nutzung der Prozesse als Karrieresprungleiter war vermutlich ebenfalls nicht der Hauptgrund fur die lange Fortdauer der Verfolgung Zwar versuchten die mit der Prozessfuhrung Betrauten stets die Prozesse dafur zu nutzen jedoch war dies in anderen Stadten ebenso der Fall und erklart also nicht allein die lange Verfolgung Den weitaus grosseren Anteil an der langen Fortdauer hat die spezielle Prozessfuhrung in Ellwangen die immer wieder legitimierend auf die Regierung wirkte Gerade die Verknupfung von realen Straftaten mit der Hexerei durften eine enorme Wirkung gehabt haben Die Regierung bekam so immer wieder die Bestatigung das Richtige zu tun Immer wenn eine Delegitimierung begann wurde diese auch haufig von zufalligen Ereignissen wie Viehseuchen schlechten Ernten und Unwettern oder auch Selbstbezichtigungen gestoppt Gerade Letzteres durfte eine enorme Bestatigung fur die Regierung gewesen sein und auch schnelle Gestandnisse noch vor der Folter hatten eine ahnliche Wirkung Sogar Falle in denen die Beschuldigten lange nicht gestanden konnten legitimierend wirken da dieses Verhalten den typischen Eigenschaften einer Hexe entsprach Ende der zweiten Prozesswelle Bearbeiten Die zweite Ellwanger Verfolgungswelle endete im Jahre 1618 nachdem etwa 430 Menschen hingerichtet worden waren Wahrend der Prozesse kamen immer wieder Fragen nach der Legitimitat auf Je langer sie andauerte desto schwieriger wurde es diese aus dem Weg zu raumen Die Menschen rechneten damit dass Krankheiten Missernten und Gewitter weniger werden wenn die Hexen hingerichtet werden Da sich in Ellwangen jedoch trotz jahrelanger Verfolgung keine Auswirkungen zeigten es also weiter Missernten sowie Krankheiten und Gewitter gab wurde es immer schwerer die Verfolgung zu legitimieren Anfangs konnte man noch sagen es wurde immer noch zu viele Hexen geben und deswegen sollen weitere hingerichtet werden Je langer die Verfolgung jedoch andauerte desto weniger wurde dieses Argument akzeptiert Auch die Folgen fur die Gesellschaft wurden mit der Zeit immer ersichtlicher Die Gesellschaft drohte aufgrund der vielen Hinrichtungen in allen Schichten mehr und mehr zusammenzubrechen Ausserdem wurden gerade gegen Ende viele Personen mittleren Alters hingerichtet Viele dieser Menschen hatten Kinder die Verpflegung dieser stellte die Furstpropstei mehr und mehr vor eine unlosbare Aufgabe Die Probleme der Hexenverfolgung auf die Gesellschaft erkannte schon der Jesuitenpater Johann Finck im Jahre 1613 Verbrannt sind jetzt 303 grosstenteils aus Ellwangen Inzwischen sind drei andere gefangen genommen worden und zwar aus den besseren Familien zwei Madchen und ein Jungling der fruher in Dillingen mein Schuler war Wohin diese Sache noch fuhren wird oder welches Ende sie haben wird sehe ich nicht da dieses abscheuliche Ubel so uberhand genommen hat dass nach Jahren wenn der Magistrat mit der Ausubung seines Amtes fortfahrt die Stadt elend veroden wird 3 Des Weiteren wirkte die langjahrige Verfolgung auf Menschen von ausserhalb abschreckend Dies hatte vor allem wirtschaftliche Folgen Viele Gaststatten mussten schliessen da nicht genug Reisende mehr durch Ellwangen kamen Sie hatten zum einen Angst selbst beschuldigt zu werden Weitaus schwerwiegender war jedoch das Gerucht in Ellwangen gabe es besonders viel Hexerei und deshalb wurde es hier besonders viele Prozesse geben Wie auch im Jahr 1588 bewahrte man nach dem Abbruch die Unterlagen uber Verdachtige auf um diese als Grundlage fur neue Prozesse benutzen zu konnen Was passierte nach 1618 Bearbeiten Nach dem Jahr 1618 gab es in Ellwangen keine grosseren Verfolgungen mehr Zwar gab es noch funf weitere Verfahren bei denen funf Menschen zum Tode verurteilt wurden jedoch entwickelte sich aus diesen Einzelfallen keine Prozessserie Die Grunde hierfur sind verschieden so durfte nach 1618 der Verfolgungswille in der Regierung massiv gesunken sein Durch die Entlassung einer der wichtigsten Hexenverfolger in der Regierung dem Kanzler Dr Carl Kibler 1622 wurde der Verfolgungswille noch weiter geschwacht Auch der Zusammenbruch der Prozesse in Franken um das Jahr 1630 durfte weiteren Prozessen entscheidend entgegengewirkt haben Durchaus eine Rolle spielte auch die zunehmende Ablehnung der Hexenprozesse durch die Bevolkerung Eine Akzeptanz und Ignoranz wie 1611 1618 gab es nicht mehr Der letzte Hexenprozess in Ellwangen im Jahr 1694 war ein sogenannter Kinderhexenprozess Dies waren Ende des 17 und Anfang des 18 Jahrhunderts typische Prozesse welche von Kindern die sich und zum Teil auch weitere Personen der Hexerei beschuldigten ausgelost wurden Da der Hexenglaube noch vorhanden war es allerdings umstritten war ob Hexenprozesse rechtens sind holte man sich 1694 sogar Beistand von der Universitat Tubingen Infolgedessen wurden die Angeklagten aufgrund von Zweifeln der Tubinger Juristen an der Legitimation von Hexenprozessen nur zu leichten Strafen verurteilt So durften sie sich nicht mehr allzu oft in der Offentlichkeit zeigen und sollten ein gottgefalliges Leben fuhren ein im Vergleich zu anderen Prozessen sehr mildes Urteil Nach 1694 gab es in Ellwangen keine weiteren Hexenprozesse nbsp Ellwangen Jagst Gedenkkreuz HexenprozesseGedenken Bearbeiten2001 wurde von der katholischen Kirchengemeinde St Vitus zur Erinnerung an die Hingerichteten der Hexenprozesse ein Mahnmal in unmittelbarer Nahe der ehemaligen Richtstatte erstellt gestaltet von dem Kunstler und Pfarrer Sieger Koder Im Ortsteil Ellwangen Rindelbach ist eine Strasse nach Barbara Stech lin benannt die als erste Rindelbacherin im Zuge der Hexenverfolgung 1611 in Ellwangen hingerichtet wurde Siehe auch BearbeitenHexenverfolgung im Hochstift EichstattLiteratur BearbeitenSachbucherHans Gebhard Die Pfitzerin Eine von vielen hingerichteten Ellwanger Hexen 3 Auflage Ellwangen 2007 ISBN 978 3 00 003565 4 Wolfgang Mahrle O wehe der armen seelen Hexenverfolgungen in der Furstpropstei Ellwangen 1588 1694 In Johannes Dillinger Thomas Fritz Wolfgang Mahrle Zum Feuer verdammt Die Hexenverfolgungen in der Grafschaft Hohenberg der Reichsstadt Reutlingen und der Furstpropstei Ellwangen Hexenforschung Bd 2 Steiner Stuttgart 1998 ISBN 3 515 07304 3 S 325 500 Hans C Erik Midelfort Witch Hunting in Southwestern Germany 1562 1684 The Social and Intellectual Foundations Stanford University Press Stanford CA 1972 ISBN 0 8047 0805 3 Hans Pfeifer Verfassungs und Verwaltungsgeschichte der Furstpropstei Ellwangen Stuttgart 1959 Stadtverwaltung Ellwangen Hrsg Die dunkle Zeit Hexenverfolgung in der Stadt und Furstpropstei Ellwangen 1 Auflage Ellwangen 2007 Arnold Susanne 1993 Eine fruhzeitliche Gerichtsstatte in Ellwangen In Geschichts und Altertumsverein E V Hrsg Ellwanger Jahrbuch 1991 1992 Band XXXIV Ellwangen Schwabenverlag S 108 110 Hans Pfeifer Ellwangen Kunst und Geschichte aus 1250 Jahren 1 Aufl Ulm Suddeutsche Verlagsgesellschaft Ulm 2000 RomanUlrike Schweikert Die Hexe und die Heilige Roman Knaur Munchen 2001 ISBN 3 426 66079 2 Quellen BearbeitenNikolaus Schreiber Warhafftige Vnd erschreckliche Beschreibung von vielen Zauberern Oder Hexen wie vnd warumb man sie hin vnd wider verbrandt in diesem 1589 Jahre Hexenflugblatt auch uber Ellwangen Koln 1589 Artikel Der Fall Anna Lutzin Wie eine junge Witwe in Ellwangen unter Folter so manche Hexerei gesteht Historicum net Hexenverfolgungen in Ellwangen Furstpropstei Von Wolfgang Mahrle 2 Mai 2000 Abschnitt 5 Die Hexenverfolgung am Beispiel von Ellwangen in Deutschland vitabrevis de archivierte Fassung Memento vom 11 Marz 2007 im Internet Archive Mahnmal fur Opfer der HexenprozesseEinzelnachweise Bearbeiten Michael Strohmer Carolina Constitutio Criminalis Carolina CCC Die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V im Kontext der fruhneuzeitlichen Hexenprozesse Memento des Originals vom 20 September 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www historicum net historicum net 15 Februar 2006 Arno Buschmann Strafgericht und Gesetz 2004 S 7 ff Zitiert nach Wolfgang Mahrle Oh wehe der armen Seelen Hexenverfolgung in der Furstpropstei Ellwangen 1588 1694 S 436 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hexenprozesse in Ellwangen amp oldid 234655882