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Der Helm von Agris ist ein vergoldeter keltischer Reprasentationshelm des 4 vorchristlichen Jahrhunderts der 1981 in der Grotte des Perrats bei Agris im franzosischen Departement Charente Region Nouvelle Aquitaine gefunden wurde Helm von AgrisAngabenWaffenart SchutzwaffeBezeichnungen Helm von AgrisVerwendung PrunkhelmEntstehungszeit 4 Jahrhundert v Chr Ursprungsregion Urheber FrankreichVerbreitung FrankreichListen zum Thema Inhaltsverzeichnis 1 Entdeckungsgeschichte 2 Kultureller Zusammenhang 3 Beschreibung 4 Ornamente 5 Stilistische Zuordnung 6 Entstehung 7 Verwendetes Gold 8 Alter 9 Literatur 10 EinzelnachweiseEntdeckungsgeschichte BearbeitenDer Helm von Agris Franzosisch Casque d Agris wurde 1981 in der Grotte des Perrats entdeckt 1 Der Zugang zur Hohle war erst seit uber einer Woche bekannt als Hohlenforscher am 9 und 10 Mai zwei zusammenhangende Vorderteile des Helms bargen Sie steckten im Auswurfhaufen eines Dachsbaus im Zentralraum der Hohle Daraufhin wurde sehr rasch ein Grabungsteam bestellt das die Hohle erkunden sollte Es fand Reste von Goldfolie zwei Bruchstucke die sich zu einem grosseren Dreiecksteil zusammenfugten und den eigentlichen Helm Bis auf den vom Dachs abgetrennten Teil war der Helm in sehr gutem Zustand 2 Es fanden sich Hinweise dass die Hohle bereits ab dem Mesolithikum wahrend der Bronzezeit der Eisenzeit der galloromischen Epoche und bis ins Mittelalter benutzt worden war Im 13 oder 14 Jahrhundert war dann der Eingang eingesturzt so dass die Hohle verschlossen war 3 Zum Fundzeitpunkt waren fast samtliche Helmteile von Tieren in Mitleidenschaft gezogen worden Im Jahr 1983 wurden bei erneuten Ausgrabungen der Wangenschutz und drei Ornamentikfragmente die von der Helmseite stammten gefunden Weitere mehrere Meter von der Helmfundstelle entfernt liegende Bruchstucke kamen 1986 zum Vorschein darunter die Basis der Helmspitze Sie waren offensichtlich von Dachsen oder Menschen dorthin verfrachtet worden Der zweite Wangenschutz sowie die Verzierung der Helmspitze wurden noch nicht entdeckt 4 Der franzosische Staat kaufte die Fundstucke vom Landeigentumer Der Helm wurde dann von Laszlo von Lehoczky im Romisch Germanischen Zentralmuseum in Mainz restauriert Er wird im Musee d Angouleme in Angouleme aufbewahrt 5 Der Helm gilt als eines der Meisterwerke keltischer Kunst und war bereits auf verschiedenen internationalen Ausstellungen zu sehen Unter dem Titel Le casque d Agris erscheint er sogar in einer Bande dessinee aus dem Jahr 2005 6 Kultureller Zusammenhang BearbeitenNeue Ausgrabungen im Jahr 2002 konnten zeigen dass der Hohleneingang von einer Lehmmauer und einem Graben umgeben war Die Hohle hatte wahrscheinlich bis zum fruhen romischen Kaiserreich als Sanktuarium gedient Der Helm ist ein isolierter Einzelfund der bewusst in der Hohle abgelegt worden war fur eine Bestattung fehlen samtliche Hinweise Wahrend der Ablage wurden einige seiner externen Verzierungen abgebrochen und im Helminneren platziert Der Ablageort war sorgfaltig ausgesucht worden Seine Entdecker sind der Ansicht dass der Helm moglicherweise eine Votivgabe an die Geister der Unterwelt darstellt Romischen Quellen zufolge trugen die keltischen Krieger keine Helme Der Helm von Agris durfte daher eine rein zeremonielle Funktion besessen haben um den hohen Rang seines Tragers zu bekunden Beschreibung Bearbeiten nbsp Schragansicht des Helms von Agris mit Nackenschutz und rechter WangenklappeDer Helm von Agris misst 21 4 Zentimeter in der Hohe und 23 19 Zentimeter in den Breitendimensionen der zugehorige Wangenschutz 9 4 7 6 Zentimeter 7 Er wird manchmal mit einem Jockey Helm verglichen dessen Schirm jedoch in Wirklichkeit einen Nackenschutz darstellt Im Innern des Helms befindet sich ein Eisenhut der aber mittlerweile stark verrostet ist Der Eisenhut ist aus einem einzigen Stuck geschmiedet Der Nackenschutz war fest mit dem Helm verbunden und nicht genietet wie oft falschlich behauptet Der innere Eisenhut wird vollstandig von Bronzezierbandern bedeckt deren Flachreliefs entweder gegossen oder getrieben wurden Die vier horizontal umlaufenden Bronzebander sind ihrerseits auf der Aussenseite ganzlich mit Goldfolie uberzogen Die Verzierungen inkorporieren Cabochons aus geformter und polierter Edelkoralle Samtliche Zierreliefs waren auf den Bronzestreifen angebracht worden bevor das Blattgold aufgetragen wurde Das nur etwa 70 m dicke Blattgold wurde mit einem Werkzeug aus Holz oder Knochen uber die Zierreliefs gepresst Die Furchen und die imitierte Filigranarbeit in der Bronze reichten aus um das Blattgold an Ort und Stelle zu halten Die Cabochons aus Edelkoralle wurden mit Silbernieten auf der Bronze befestigt deren Kopfe mit Diamant oder Palmblattmotiven verziert sind Gelegentlich wurden die aufnehmenden Vertiefungen auch mit Gold ausgelegt ehe der Cabochon befestigt wurde Um den Cabochon wurde dann reichlich Blattgold gelegt so dass eine kleine tassenartige Struktur um den Stein entstand Der Wangenschutz ist sehr sauber geschmiedet Fur ihn wurden dieselben Materialien und Techniken wie beim Helm eingesetzt Anzeichen sprechen uberdies fur eine Verwendung von Holz und Leder Ornamente BearbeitenDer Helm von Agris ist uberaus reich mit Palmetten verziert Viele der Palmetten und der Nieten werden von Edelkoralle verfullt Die auf pflanzlichen Mustern beruhenden Ornamente bilden ein Arrangement von drei ubereinanderliegenden Bandern Aufgrund seiner abwechslungsreichen Ornamente durfte der Helm einen der reichhaltigsten keltischen Kunstgegenstande darstellen Im unteren und im oberen Band ist eine Reihe unzusammenhangender Palmetten formell als Friese angeordnet Die Verzierungen des mittleren Bandes beruhen auf einer Anordnung von S formigen Kurven die in anschwellenden Blattern auslaufen Die Kurven werden von Palmetten kommagleichen Blattern und sich uberkreuzenden Ranken ausgefullt Auf dem Nackenschutz sind die Muster weniger formell und wesentlich fliessender Der Wangenschutz besitzt ein Palmettenmuster mit einer eingerollten gehornten Schlange Gehornte Schlangen erscheinen recht oft in romisch keltischen Kunstgegenstanden Grossbritanniens und Frankreichs sind aber in der fruhen Latenezeit nur sehr selten Mit diesem Motiv des Helms von Agris hat es moglicherweise eine spezielle Bewandtnis Stilistische Zuordnung BearbeitenDie Gestaltung des inneren Eisenhuts zeigt Ahnlichkeiten mit einer Reihe von Helmfunden aus den Zentralalpen Die Bronzestreifenbeschichtung erinnert an italienische Helme des Montefortino Typs Die Palmetten stellen eine stilistische Verbindung zur fruhen Latenezeit her Die meisten der benutzten Motive gehoren entweder direkt zur ersten westlichen Stilgruppe der Latene Kultur oder sind Ableitungen hiervon Einige der Motive besitzen jedoch Affinitaten zur intermediaren Gruppe des Waldalgesheim Stils 2 Die Ornamentik spiegelt im Wesentlichen den fruhen Stil keltischer Kunst aus dem 5 vorchristlichen Jahrhundert wider einige der Motive sind jedoch kennzeichnend fur den Waldalgesheim Stil des 4 Jahrhunderts v Chr Das mittlere Band besitzt Ahnlichkeiten mit Motiven auf Waldalgesheim Armreifen und ruckt somit den Herstellungszeitpunkt des Helms in die erste Halfte des 4 Jahrhunderts v Chr Die grossen siebenblattrigen Palmetten im unteren Band und der Hauptfries im mittleren Band sind moglicherweise von zentralitalienischer tyrrhenischer Terrakotta des 5 und 4 vorchristlichen Jahrhunderts beeinflusst worden Der Nackenschutz vereint Waldalgesheim Stilelemente mit griechischer oder etruskischer Kunst des 4 Jahrhunderts v Chr nbsp Verzierung auf dem Nackenschutz nbsp Dekoration des unteren Bandes nbsp Dekoration des mittleren Bandes nbsp Dekoration des oberen BandesEntstehung Bearbeiten nbsp Der Helm von AmfrevilleFur den Herkunftsort des Helms von Agris werden drei Gebiete der damaligen keltischen Welt in Erwagung gezogen die nord oder zentraladriatische Region Italiens die nordliche Alpenregion die Region des Fundorts in Westfrankreich Fur Italien sprechen die Pflanzenmuster Von diesen wird angenommen dass sie von in Italien siedelnden keltischen Handwerkern entwickelt wurden welche ihrerseits im direkten Kontakt mit etruskischen oder griechischen Kunstlern standen Die Komplexitat in Montage und Ornamentik wird durch die Nahe fuhrender metallverarbeitenden Zentren wie beispielsweise in Tarent oder in Kampanien erklart Fur die nordliche Alpenregion das einstige Zentrum der keltischen Kultur sprechen die verwendeten Materialien Techniken Gesamteindruck und Ornamentik Die konisch zulaufende Helmspitze leitet sich offenbar von im Nordalpenbereich beheimateten keltischen Helmen der beginnenden zweiten Eisenzeit ab Diese zeigen falls ornamentiert ubereinanderliegende Bander Einige Details der pflanzlichen Verzierungen ahneln Mustern wie sie bei Funden in Osterreich in den Alpen und in der westlichen Schweiz angetroffen werden Die dritte Moglichkeit ist naturlich dass der Helm in der Nahe seines Fundorts hergestellt wurde Dafur spricht dass er einer kleinen Reihe von Reprasentationshelmen angehort die im Westen Frankreichs entdeckt wurden Ein Beispiel hierfur ist der vollkommen verzierte Helm von Amfreville sous les Monts im Departement Eure All diese Helme bestanden aus einem Eisen oder Bronzehut der mit Zierbandern eines anderen Metalls bedeckt war Ferner tragen sie alle rote Ziersteine vorwiegend aus Edelkoralle Verwendetes Gold BearbeitenGoldproben von verschiedenen Helmteilen legen einen aussergewohnlich hohen Reinheitsgrad an den Tag typischerweise 99 Prozent Gold 0 5 Prozent Silber und 0 2 Prozent Kupfer Dieser sehr hohe Reinheitsgrad ist fur antike Fundstucke recht selten So zeigen Analysen von griechischen oder etruskischen Goldobjekten dieser Epoche einen wesentlich hoheren Silbergehalt Gegenstande mit einem derart hohen Reinheitsgrad wurden sudwestlich der Loire angetroffen in einem Gebiet in dem auch Agris zu liegen kommt Die einzigen vergleichbaren Kunstobjekte gehoren zu keltischem Schmuck des 3 vorchristlichen Jahrhunderts der aus derselben Region stammt Moglicherweise wurde der Helm im Westen hergestellt wobei jedoch die ausfuhrenden Kunsthandwerker ihre Ausbildung in der Nordalpinen Schule erhalten hatten Das Gold stammte wahrscheinlich aus seit dem 5 vorchristlichen Jahrhundert bestehenden Goldbergwerken im westlichen Massif Central Limousin Alter BearbeitenDer Helm von Agris stammt zweifellos aus der fruhen Latenezeit Sein Blattgold ist von einem sehr hohen Reinheitsgrad Womoglich stellt der Helm einen der fruhesten hochwertigen Goldgegenstande Europas dar Er wurde aber im Vergleich zu anderen hochrangigen Metallarbeiten aus der Latenezeit sehr weit im Westen aufgefunden Ahnliche Gegenstande in Frankreich kommen von Amfreville sous les Monts in der Normandie von Saint Jean Trolimon in der Bretagne und von Montlaures bei Narbonne Ein weiterer Fundort in Italien ist Canosa di Puglia in Apulien 5 Das genaue Alter des Helms von Agris ist unter Archaologen nach wie vor umstritten Jose Gomez De Soto 2001 pladiert fur die Mitte oder die zweite Halfte des 4 vorchristlichen Jahrhunderts 8 Im selben stratigraphischen Verband erschien jedoch eine zu LT B gehorende Fibel des Dux Typs D W Harding empfiehlt daher die Herstellung des Helms im ausgehenden 4 vorchristlichen Jahrhundert anzusiedeln In ihrer Arbeit aus dem Jahr 2010 veranlassen die Ornamente des Helms als Ganzes betrachtet Gomez de Soto and Stephane Verger zur Schlussfolgerung einer Herstellung wahrend des zweiten Viertels oder in der Mitte des 4 vorchristlichen Jahrhunderts d h kurz vor 350 v Chr 4 Literatur BearbeitenJose Gomez de Soto und Pierre Yves Milcent u a La France du Centre aux Pyrenees Aquitaine Centre Limousin Midi Pyrenees Poitou Charentes Cultes et sanctuaires en France a l age du Fer In Gallia vol 3 t 60 no 1 2003 S 107 138 doi 10 3406 galia 2003 3145 Martin A Guggisberg Le casque d Agris France vers 350 av J C In L Archeologue Archeologie Nouvelle no 103 2009 S 51 Ulrich Schaaff Keltische Helme Antike Helme In Sammlung Lipperheide und andere Bestande des Antikenmuseums Berlin Romisch Germanisches Zentralmuseum Mainz 1988 S 293 317 Simon James Das Zeitalter der Kelten Weltbild Verlag Augsburg 1998 ISBN 3 430 15037 X S 104Einzelnachweise Bearbeiten D W Harding The Archaeology of Celtic Art Routledge 2007 ISBN 978 1 134 26464 3 a b Christiane Eluere Jose Gomez de Soto und Alain Rene Duval Un chef d œuvre de l orfevrerie celtique le casque d Agris Charente In Bulletin de la Societe Prehistorique Francaise Band 84 1 1987 J Gomez Nouvelles decouvertes exceptionnelles de la Tene ancienne dans la grotte d Agris Charente In Bulletin de la Societe Prehistorique Francaise Band 80 7 1983 S 194 197 a b Jose Gomez De Soto und Stephane Verger Le casque d Agris chef d oeuvre de l art celtique occidental In L Archeologue 2010 a b John T Koch und Antone Minard The Celts History Life and Culture In ABC CLIO 2012 ISBN 978 1 59884 964 6 Silvio Luccisano Le casque d Agris tome 1 Le sanctuaire interdit Assor BD 2005 ISBN 978 2 9516660 5 4 Christiane Eluere Two Unique Golden Helmets In Gold Bulletin Band 17 3 1984 S 110 111 doi 10 1007 BF03216577 Jose Gomez de Soto Monde nord alpin et ou mediterranee Actualites de l art celtique de Gaule de l ouest Ve IVe s av J C In Revue Archeologique Nouvelle Serie Band 1 1 2001 S 212 218 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Helm von Agris amp oldid 227928924