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Karl Theodor Heinrich Leist 1 Mai 1859 in Meitzendorf 12 Marz 1910 in Chicago war ein deutscher Jurist und Kolonialbeamter Als Vertreter des seinerzeit beurlaubten Gouverneurs von Kamerun loste er 1893 eine Meuterei aus als er Frauen dienstverweigernder afrikanischer Soldaten auspeitschen liess Sein Fall erregte in Deutschland grosses offentliches Aufsehen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLeist wurde als Sohn des Divisionspredigers a D Friedrich Leist geboren 1 Nach dem Besuch des Gymnasiums am Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg und einem Studium der Rechtswissenschaften an der Universitat Halle sowie an der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin war er Referendar beim Amtsgericht Gross Salze und den Landgerichten Halle und Magdeburg 1887 wurde er Gerichtsassessor 1888 trat er in die Staatseisenbahnverwaltung ein und wurde bei der Koniglichen Eisenbahndirektion Erfurt angestellt 1889 wurde er in das Auswartige Amt berufen wo er 1890 zur Kolonialverwaltung ubertrat Leist stieg bis zum Gouvernements Kanzler der deutschen Kolonie Kamerun auf und kommandierte dort wie der Journalist Bartholomaus Grill schreibt eine regelrechte Terrortruppe In rebellische Regionen und gegen afrikanische Konkurrenten der deutschen Handler schickten er und sein Gerichtsassessor Ernst Wehlan Strafexpeditionen bei denen rucksichtslos Hauser niedergebrannt Felder verwustet und Menschen getotet wurden 2 Als Leist von Juni 1893 bis Februar 1894 den auf Urlaub in Deutschland weilenden Gouverneur Eugen von Zimmerer vertrat loste er einen der grossten deutschen Kolonialskandale aus indem er die Frauen dienstverweigernder afrikanischer Soldner vor deren Augen nackt auspeitschen liess Ausserdem wurden ihm Vergewaltigungen nachgesagt 3 Eine Folge seines Vorgehens war der sogenannte Dahomey Aufstand an dem sich auch Frauen beteiligten Die Dahomey Soldner uberfielen am 15 Dezember 1893 die Beamtenmesse in Duala um Leist zu toten erschossen aber irrtumlich den Assessor Riebow 4 Nach der Niederschlagung der Meuterei durch die Marinesoldaten liess Leist 29 Manner hangen und 34 Frauen zur Zwangsarbeit auf weit entfernte Plantagen deportieren 5 Der Fall Leist erregte im Deutschen Reich erhebliches Aufsehen Am 19 Februar 1894 wurde er zum Gegenstand einer Debatte im Reichstag bei der die Misswirtschaft die Mangel in der Verwaltung und die erbarmungswurdigen Zustande zur Sprache kamen in denen die Afrikaner unter deutscher Kolonialherrschaft zu leben hatten Dabei kam auch zur Sprache dass entgegen der anderslautenden Kolonialpropaganda die Sklaverei auch unter deutscher Kolonialherrschaft weiterexistierte Eugen Richter von der Deutschen Freisinnigen Partei forderte eine Gefangnisstrafe fur Leist der Vorsitzende der SPD August Bebel prasentierte dem Parlament eine Nilpferdpeitsche die in Kamerun gegen Frauen und Manner eingesetzt wurde 6 In der Folge dieses und anderer Kolonialskandale bemuhte sich die Reichsregierung 1896 die Befugnisse und Zustandigkeiten von Korperstrafen und Hinrichtungen in den Kolonien genauer zu regeln Versuche weitere Gewaltexzesse zu verhindern scheiterten aber weil auch danach sowohl die exekutive als auch die richterliche Gewalt in den Handen der Kolonialbeamten verblieb 7 Leist wurde nach Deutschland zuruckbeordert und vor Gericht gestellt Das Verfahren vor dem Disziplinargerichtshof in Potsdam ergab 1894 dass er unter dem Vorwand dass die Manner ohnehin sterben wurden Gefangene hatte toten oder verletzt und angebunden hatte stehen lassen bis ihre offenen Wunden von Parasiten befallen waren 6 Leist wurde mit einer Gehaltskurzung und einer Versetzung bestraft allerdings ohne Rangverlust In einem Revisionsverfahren entliess der Reichsdisziplinarhof in Leipzig Leist 1895 aus dem Beamtenverhaltnis unter Verlust aller Bezuge 8 Strafrechtlich war er nicht zu belangen Noch im gleichen Jahr emigrierte Leist in die Vereinigten Staaten und eroffnete eine Praxis als Rechtsanwalt und Notar in Chicago 9 Dort starb er am 12 Marz 1910 an den Folgen eines Unfalls 10 Ehrungen Bearbeiten1892 Ritterkreuz Zweiter Klasse des Ordens der Wachsamkeit und des Weissen Falken durch den Grossherzog von Sachsen Weblinks BearbeitenEintrag In Deutsches Kolonial Lexikon 1920 Band II S 449 Einzelnachweise Bearbeiten Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen Band 5 Leipzig 2007 S 326 Bartholomaus Grill Wir Herrenmenschen Unser rassistisches Erbe Eine Reise in die deutsche Kolonialgeschichte Siedler Munchen 2019 S 132 Winfried Speitkamp Deutsche Kolonialgeschichte Reclam Stuttgart 2005 S 68 und 138 Florian Hoffmann Okkupation und Militarverwaltung in Kamerun Etablierung und Institutionalisierung des kolonialen Gewaltmonopols Teil 1 Gottingen 2007 S 81 Martha Mamozai Einheimische und koloniale Frauen In Marianne Bechhaus Gerst und Mechthild Leutner Hrsg Frauen in den deutschen Kolonien Ch Links Berlin 2009 S 233 a b Frank Bosch Grenzen des Obrigkeitsstaates Medien Politik und Skandale im Kaiserreich In Sven Oliver Muller und Cornelius Torp Hrsg Das Deutsche Kaiserreich in der Kontroverse Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 2009 S 143 Horst Grunder und Gisela Graichen Deutsche Kolonien Traum und Trauma Ullstein Berlin 2005 S 272 Winfried Speitkamp Deutsche Kolonialgeschichte Reclam Stuttgart 2005 S 138 Peter Duignan The Rulers of German Africa 1884 1914 Stanford University Press Stanford 1979 S 145 Nachruf auf Heinrich Leist in Korps Bericht der Guestphalia Halle an der Saale 1910 S 13 PersonendatenNAME Leist HeinrichALTERNATIVNAMEN Leist Karl Theodor Heinrich vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist und KolonialbeamterGEBURTSDATUM 1 Mai 1859GEBURTSORT MeitzendorfSTERBEDATUM 12 Marz 1910STERBEORT Chicago Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Leist amp oldid 223050966