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H2S war der Deckname eines Radargerates das in Bombern der britischen Royal Air Force RAF eingesetzt wurde Es diente der Zielfindung unter schlechten Sichtbedingungen wie schlechtem Wetter und bei Nachteinsatzen Bild eines H2S Radarschirms das bei dem Angriff auf Koln am 31 Oktober 1944 aufgenommen wurde Der Flusslauf des Rheins ist deutlich zu erkennen Am 30 Januar 1943 wurde das H2S erstmals in Bombern der RAF verwendet Dies war zugleich der erste Kampfeinsatz mit einem Bodenerfassungsradar Zu Beginn wurde es in Stirling und Halifax Bombern zur Navigation und Zielerfassung bei Nacht verwendet Die Entwicklung des Magnetrons ermoglichte den Einsatz des Zehn Zentimeter Radars genau genommen 9 1 cm Wellenlange mit der dieses System zunachst arbeitete Spater wurde die Wellenlange erst auf 3 cm dann auf 1 5 cm reduziert wodurch das Radar auch Regenwolken erfassen konnte Im spateren Verlauf des Zweiten Weltkriegs verwendete die deutsche Luftwaffe den Radardetektor FuG 350 Naxos mit dem die Nachtjager die H2S Signale anpeilen und damit die britischen Bomber aufspuren konnten Die Amerikaner ubernahmen die 1945 von der RAF getestete Version Mk VI des H2S Gerates die im Mikrowellenbereich zwischen 8 und 12 GHz im sogenannten X Band arbeitete Diese H2X genannte Version lieferte deutlich scharfere Bilder Entwicklungsgeschichte BearbeitenNach der Luftschlacht um England hatte die RAF begonnen mit ihren Bombern nachtliche Angriffe gegen deutsche Stadte zu fliegen Wenngleich das Bomber Command grosse Erfolge durch die Angriffe vermeldete zeigten 1940 durchgefuhrte unabhangige Untersuchungen bei Tageslicht dass die Halfte der Bomben auf freiem Feld abgeworfen wurde und nur eine von zehn Bomben das vorgesehene Ziel tatsachlich traf Eine hohere Erfolgsrate ergab sich mit der Verwendung der Funknavigation Die Briten entwickelten dafur zunachst das im Marz 1942 einsatzfahige GEE System und wenig spater Dezember 1942 das Langstrecken Navigationssystem Oboe Sowohl GEE als auch Oboe waren passive Systeme und in ihrer Reichweite begrenzt da sie direkten Funkkontakt zu den stationaren Sendern in Grossbritannien voraussetzten Ein Bomber der ein komplettes aktives Radarsystem mit sich fuhrte ware jedoch von der Reichweite der stationaren Sender unabhangig Der britische Physiker Edward George Bowen hatte bei Experimenten fur ein Air Interception Radar AI bereits vor dem Krieg festgestellt dass sich die Radarwellen die von Feldern Stadten und anderen Gebieten reflektierten charakteristisch unterscheiden Er schlug damals bereits die Entwicklung eines Radars zur Zielsuche vor die Idee geriet jedoch bis 1941 in Vergessenheit Eine Gruppe um Philip Dee arbeitete im Marz dieses Jahres mit einem 10 cm 3 GHz AI Radar in einer Bristol Blenheim Diese Versuchsaufstellung wurde wegen des Betriebs im S Band Bereich als AIS bezeichnet Dabei entdeckte auch dieses Team dass die Radarreflexion Ruckschlusse auf die Beschaffenheit des uberflogenen Gelandes zuliess Im Oktober 1941 nahm Dee an einer Besprechung des Bomber Commands uber Problematik der Zielsuche bei Nacht teil Danach am 1 November 1941 fuhrte er ein Experiment durch bei dem das AIS in der Blenheim zum Abtasten des uberflogenen Gelandes verwendet wurde Dabei konnte er die Umrisse einer 55 km entfernten Stadt ausmachen Die Fuhrung war davon beeindruckt Am Neujahrstag 1942 wurde bei der Telecommunications Research Establishment TRE in Swanage unter Leitung von Bernard Lovell ein Team zusammengestellt um auf der Basis des AIS ein Radarsystem zur Zielerkennung zu entwickeln Das neue Radar sollte in einer Kuppel Radom an der Unterseite des Bombers untergebracht werden Eine rotierende Antenne tastete die Umgebung ab und ubertrug die Reflexion auf eine Bildrohre PPI Display auf der eine Schwarzweiss Karte des umgebenden Gelandes erschien Das System wurde anfangs als BN fur Blind Navigation bezeichnet aber bald in H2S umbenannt Fur den genauen Ursprung und die Bedeutung dieser Bezeichnung gibt es verschiedene Interpretation Einige Quellen sagen dies bedeute Height to slope andere deuten auf den ubel riechenden Schwefelwasserstoff hin der mit dem System keinerlei Verbindung hatte Ein Entwicklungstechniker soll mit dem Ausspruch Das wird denen aber stinken wenn wir deren Stadte trotz Verdunkelung sehen die Vorlage fur den Namen H2S geliefert haben Moglicherweise wurde aber auch aus Tarngrunden absichtlich eine obskure Bezeichnung gewahlt Nach manchen Quellen steht H2S fur Home sweet home Gegnerische Geheimdienste sollten aufgrund dieser Tarnbezeichnung glauben dass es sich um eine Navigationseinrichtung handelt die den Bomber zu seiner Ausgangsbasis zuruckbringt nbsp Antennenanlage der Halifax nbsp H2S Radareinheit im Science Museum in London ausgestellt nbsp Am 23 April 1942 wurde das H2S an einer Handley Page Halifax erstmals erprobt Es gab aber noch viel zu tun So musste die Empfindlichkeit bzw Signalverstarkung je nach Winkel und Entfernung eingestellt werden um die Umgebung wie eine Karte gleichmassig abbilden zu konnen Das H2S hatte bei der TRE die hochste Prioritat und Lovell konnte einige der besten Ingenieure darunter Alan Blumlein dafur einsetzen Aber es gab auch Hindernisse Der Geheimdienst berichtete von der Stationierung einer Kompanie deutscher Fallschirmspringer bei Cherbourg von denen man annahm sie konnten einen Uberfall auf die TRE planen so wie es auch die Briten in der Operation Biting gegen das deutsche Wurzburg Radarsystem taten Am 25 Mai zog daher die gesamte Organisation in grosster Eile von Swanage 160 Kilometer weiter nordlich nach Malvern College Ein weiterer herber Ruckschlag ergab sich als die Halifax mit der die Tests durchgefuhrt wurden am 7 Juni 1942 absturzte Dabei wurde der Prototyp des H2S zerstort und die gesamte Besatzung darunter Alan Blumlein getotet Zudem wollte Churchills wissenschaftlicher Berater Frederick Lindemann 1 Viscount Cherwell dass das H2S mit einem Klystron anstelle des Magnetron gebaut werden sollte Lord Cherwell war ein rechthaberischer sturer Typ wie auch Churchill zusatzlich jedoch mit deutlich weniger Selbsteinsicht Die meisten Menschen die mit ihm arbeiten mussten sahen in ihm einen Blockierer der eher versucht Probleme zu schaffen als sie zu uberwinden Lindemann wollte verhindern dass das Geheimnis des Magnetrons in deutsche Hande fiel da diese sobald sie das Prinzip erkannten nicht nur versuchen wurden es zu kopieren sondern auch schnell Gegenmassnahmen entwickeln konnten Das Klystron war nicht so leistungsfahig wie das Magnetron aber es konnte im Notfall sehr leicht zerstort werden wahrend der Kupferkern eines Magnetrons selbst grossere Sprengladungen uberstehen konnte Das H2S Team bezweifelte dass das Klystron fur diese Aufgabe geeignet war Bei Tests eines H2S mit Klystron ergab sich ein um den Faktor 20 bis 30 geringeres Ausgangssignal Das H2S Team protestierte mit dem Argument dass die Deutschen zwei Jahre brauchten um aus einem erbeuteten Magnetron ein Radar mit einer Wellenlange im Zentimeterbereich zu entwickeln und dass es keinen Grund fur die Annahme gab dass sie nicht ohnehin bereits an einem solchen System arbeiten Der erste Einwand erwies sich als zutreffend der zweite nicht In Deutschland war das Magnetron zwar bereits bekannt es wurde dort schon 1935 zum Patent angemeldet Wegen der Frequenzdrift beim Magnetron setzten die deutschen Entwickler auf Hochtast Trioden in den Sendestufen ihrer Radaranlagen Trotz aller Probleme verlangte Churchill bei einer Besprechung am 3 Juli 1942 mit ranghohen Militars uberraschend den Bau von 200 H2S Geraten bis zum 15 Oktober 1942 Das H2S Team stand unter hohem Druck hatte aber auch Prioritat beim Zugriff auf Ressourcen Damit konnten sie sich nun auch gegen Lord Cherwell durchsetzen und das klystronbasierte H2S aufgeben Trotz aller Anstrengungen war es jedoch nicht moglich das Ziel bis zum 15 Oktober zu erreichen Bis zum 1 Januar 1943 konnten jedoch zwolf Stirling und ebenso viele Halifax Bomber mit dem H2S ausgerustet werden In der Nacht des 30 Januar 1943 starteten dreizehn Bomber der Pathfinder Force die Brandsatze oder Leuchtsignale zur Zielmarkierung fur den Bomberstrom abwerfen sollten zu einem ersten Kampfeinsatz mit H2S mit Ziel Hamburg Sieben der Pfadfinder mussten vorzeitig umkehren sechs Bombern gelang es das Ziel zu markieren das daraufhin von einhundert Lancaster Bombern bombardiert wurde In Deutschland war das H2S System zu dieser Zeit noch unbekannt Abgeschossene Flugzeuge wurden routinemassig sorgfaltig untersucht Am 2 Februar 1943 wurde eine Pfadfinder Stirling bei Rotterdam abgeschossen in deren Wrack den deutschen Truppen ein ungewohnliches Gerat auffiel Abgesehen vom zerstorten Sichtgerat mit der Kathodenstrahlrohre konnte ein nahezu komplettes H2S Gerat geborgen werden Daraufhin begannen bei Telefunken in Berlin die Untersuchungen dieses Rotterdam Gerates dessen Funktion jedoch noch nicht ermittelt werden konnte Erst etwa ein Jahr spater wurde eine intakte Anzeige aus einem anderen Flugzeug geborgen und eine komplette Anlage wurde auf einem der Berliner Flakturme aufgebaut Als man es einschaltete sahen die entsetzten Techniker auf dem Bildschirm die Konturen von Berlin mit seinen deutlich abgezeichneten zahlreichen Wasserflachen Bis Sommer 1943 kam das H2S nur vereinzelt zum Einsatz In der Nacht des 24 Juli 1943 startete die RAF gemeinsam mit den USAAF mehrere systematische Grosseinsatze gegen Hamburg die Operation Gomorrha Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Lancaster Bomber die nun das Ruckgrat des britischen Bomber Command bildeten mit dem H2S ausgerustet Nachdem Flugzeuge der Pathfinder Force mit Hilfe dieses Radarsystems die Ziele markiert hatten folgten unzahlige Spreng und Brandbomben Dieses Verfahren wurde am 25 und 27 Juli mit Unterstutzung durch Tagesangriffe der 8 US Luftflotte wiederholt Im Feuersturm brannten viele Hauser bis auf die Grundmauern nieder dabei kamen ca 34 000 Menschen hauptsachlich Zivilisten ums Leben Das H2S spielte auch bei den zwischen November 1943 und Marz 1944 durchgefuhrten Angriffen auf Berlin eine wichtige Rolle Berlin war ausserhalb der Reichweite der britischen Funknavigation mit GEE und Oboe und zudem im Winter oft von Wolken bedeckt Man hoffte mit dem H2S die zahlreichen Wasserflachen in der Stadt als Navigationshilfe nutzen zu konnen Mit den ursprunglichen Einstellungen des H2S gelang das jedoch nicht Erst mit dem H2S Mark III das mit einer Wellenlange von 3 cm arbeitete und offene von bebauten Flachen unterscheiden konnte wurden dort gezielte Bombenabwurfe moglich Das H2S verwendete erstmals zur Anzeige die zweidimensionale Darstellung von Entfernung und Richtung auf dem runden Radarschirm den noch heute verwendeten Plan Position Indicator PPI Literatur BearbeitenGreg Goebel Microwave Radar At War 1 1 September 2022 abgerufen am 1 Februar 2023 englisch A P Rowe One Story of Radar Camb Univ Press 1948 Dudley Saward Bernard Lovell A Biography Robert Hale 1984 Norman Longmate The Bombers The RAF offensive against Germany 1939 1945 Hutchins amp Co 1983 ISBN 0091515807Weblinks Bearbeiten nbsp Commons H2S Navigation Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Sitzungsprotokolle der Arbeitsgemeinschaft Rotterdam AGR bei CDV amp T Bournemouth University Radar Recollections site engl NAXOS THE HISTORY OF A GERMAN MOBILE RADAR DIRECTION FINDER 1943 1945 PDF Datei 662 kB engl Notlandung einer B 17 mit APS 15 radar PDF Datei 1 7 MB Vorgeschichte und erste Generation Fruhwarn Radar bis ca 1960 PDF Datei 8 9 MB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title H2S Navigation amp oldid 241426914