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Gustav Lichdi 13 April 1876 auf dem Dorrhof bei Rosenberg 26 April 1945 auf Schloss Liebenstein war ein deutscher Unternehmer Er grundete die Lebensmittelladenkette Lichdi Leben BearbeitenGustav Lichdi war das vierte von zehn Kindern des Landwirts Johannes Lichdi und seiner zweiten Ehefrau Dina geb Kreuter oder Kreider Johannes Lichdi war nicht Eigentumer des Dorrhofs sondern hatte diesen nur von der Familie Lowenstein Wertheim Rosenberg gepachtet und verlor diese Pacht 1886 nach ein oder zwei Missernten Da das Ehepaar nun ohne Einkommen war verteilte es die Kinder auf Verwandte Gustav Lichdi kam zu einer Tante auf einen Hof in Bundorf und musste seine Schullaufbahn nach funf Jahren Volksschule abbrechen und dabei mithelfen das Vieh zu versorgen Zeitweise lebte er spater auch wieder bei seinen Eltern die sich mit Taglohner bzw Naharbeit durchbrachten und von ihren mennonitischen Gemeindemitgliedern unterstutzt wurden Der kurzfristig gefasste Plan nach Amerika auszuwandern wurde aufgegeben Durch Vermittlung seiner Mutter erhielt Gustav Lichdi eine Lehrstelle beim Kolonialwarenhandler Heidenreich in Mannheim Dort war er von 1890 bis 1893 beschaftigt Auch seine Bruder absolvierten ihre Lehren bei Heidenreich Nebenbei bildete Gustav Lichdi sich weiter Nach Abschluss der Lehrzeit arbeitete er zwei Jahre lang in Lahr und in Neustadt an der Weinstrasse Ab 1895 war er bei Jacob Latscha in Frankfurt am Main beschaftigt Latscha war wie Lichdi Mennonit und versuchte sich seit 1892 im damals in Deutschland relativ neuen Geschaft mit Filialbetrieben Lichdi stieg schnell vom einfachen Kommis auf und erhielt Leitungsaufgaben in der Verwaltung des Betriebs sein Gehalt wurde entsprechend erhoht In der Zeit in Frankfurt gab Lichdi Buchhaltungskurse im dortigen CVJM den Latscha gegrundet hatte Damals lernte er auch seine zukunftige Frau Henriette Hunnius 1878 1970 kennen die als Hausdame bei einem Bankier arbeitete Das Paar heiratete 1905 in Cannstatt 1907 wurde der einzige Sohn Kurt geboren 1903 folgte Gustav Lichdi dem lang gehegten Wunsch sich selbststandig zu machen und eroffnete mit einem Kompagnon namens Koch in Wiesbaden eine Drogerie mit Chemikalienhandel gab dieses Experiment jedoch schnell wieder auf und fasste den Vorsatz sich nie wieder zu assoziieren Er beschloss einen eigenen Kolonialwarenladen in Heilbronn zu eroffnen wo es 1903 noch keinen Vollsortimenter gab Er eroffnete am 5 Februar 1904 diesen ersten Lichdi Laden in der Lohtorstrasse 18 an der Ecke zur Rathausgasse 1 Im Juni desselben Jahres folgte eine Filiale in der Sulmerstrasse Entgegen seinem Vorsatz hatte er sich doch wieder mit einem Geschaftspartner zusammentun mussen denn sein Eingangskapital von 5000 Mark reichte nicht fur die Geschaftsgrundung aus 7500 Mark zahlte ein Neffe Latschas Adolf Lehmann in die neu gegrundete Lichdi GmbH ein Bereits 1905 fuhrte Lichdi den freien Sonntag fur seine Angestellten ein die Laden blieben an diesem Tag geschlossen Spater richtete er einen Unterstutzungsverein fur Pensionare ein ausserdem liess er ein sogenanntes Wohlfahrtsgebaude auf dem Gelande des Zentrallagers fur die Mitarbeiter errichten Bis zur Jahreswende 1905 06 hatte Lichdi funf Filialen in Heilbronn eingerichtet Beliefert wurden sie aus einem Zentrallager in der Badstrasse 30 1907 folgte nach einem finanziellen Engpass eine Filiale in Neckargartach und bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs kamen 16 weitere Filialen in einem Gebiet hinzu das von Eppingen im Westen nach Crailsheim im Osten reichte sowie von Bietigheim im Suden bis nach Neckarelz im Norden In Heilbronn selbst gab es zu diesem Zeitpunkt elf Filialen Das Zentrallager befand sich nun in der Frankfurter Strasse 18b Lichdis Erfolg der zum Teil auch auf massiven Werbemassnahmen beruhte zog offenkundig den Neid der Konkurrenz auf sich Mehrfach musste er sich gegen uble Nachrede wehren So verkundete er etwa in einer Zeitungsannonce 1906 Wie wir horen geht das Gerucht es sei bei uns im Sauerkraut ein kleines Kind gefunden worden Lichdi machte sich anheischig demjenigen 100 Mark zu zahlen der den Urheber dieses Geruchts gerichtsverwertbar anzeigen wurde Offenbar konnte die Verleumdung den Geschaftsgang nicht negativ beeintrachtigen Hatte die Familie Lichdi bislang an bescheideneren Adressen gewohnt zog sie nun in die Heilbronner Innenstadt in eine Wohnstatt an der Ecke Kaiserstrasse Allee Spater baute sich Lichdi eine Villa in der Lerchenstrasse 83 die in der Nachkriegszeit als sogenanntes Amerikahaus genutzt wurde 2 3 Auf dem Grundstuck an der Kaiserstrasse und der Allee erbaute nach dem Zweiten Weltkrieg die Rhein Main Bank spater Dresdner Bank und Commerzbank ihre Heilbronner Filiale Wahrend des Ersten Weltkriegs war Gustav Lichdi in einem Lebensmittellabor dienstverpflichtet Wieder hatte er sich in dieser Zeit gegen eine Verleumdung zur Wehr zu setzen diesmal wurde ihm nachgesagt er sei ein Italiener und habe sich mit Gold abgesetzt woraufhin er seinen familiaren Hintergrund und seinen personlichen Lebenslauf publik machte Nach dem Ersten Weltkrieg im Juli 1918 erfolgte eine Umwandlung der GmbH in eine Kommanditgesellschaft Gustav Lichdi wurde personlich haftender Gesellschafter und war wie sein Kompagnon Lehmann zur Halfte am Gewinn beteiligt Lichdi der 1920 Handelsrichter wurde begann nun sein Geld auch fur Grundstucke und Immobilien auszugeben Neben einem Geschaftshaus in Neckarelz kaufte er ein Grundstuck in der Heilbronner Sudstadt an der Ecke Urban Happelstrasse Dort in der Happelstrasse 17 liess er 1922 sein erstes eigenes Lagerhaus bauen 1937 38 wurde es erweitert Auch das bereits erwahnte Gebaude fur die Mitarbeiter wurde auf diesem Grundstuck errichtet Neben dem Pferdegespann das bis zum Luftangriff am 4 Dezember 1944 zum Betrieb gehorte wurde ab 1921 auch ein Lastkraftwagen genutzt wodurch auch Filialen in weiter entfernten Orten eingerichtet werden konnten Im Juni 1924 wurde aus der Kommandit eine Aktiengesellschaft Gustav Lichdi besass nun mit 52 der Aktien eine einfache Mehrheit und war auch nicht mehr personlich haftend 1924 richtete er zehn neue Filialen ein geriet dabei aber an den Rand des Finanzierbaren und musste uber Lehmann Aushilfe bei Latscha suchen was dazu fuhrte dass ein weiteres Vorstandsmitglied in den Betrieb aufgenommen werden musste Das Arrangement mit diesem Herrn Niedermaier gelang nicht uber langere Zeit 1926 wurde er durch Dr Karl Schmidt ersetzt Bis 1933 wurden 31 weitere Filialen und Zweigniederlassungen eingerichtet eine davon musste spater wieder geschlossen werden Lichdi Laden gab es nun auch in Orten die von Heilbronn relativ weit entfernt waren etwa in Ansbach und Schwabisch Gmund Von 1927 an gab es auch zwei sogenannte fahrende Filialen was von der Konkurrenz besonders ubel genommen wurde Schon 1927 organisierte die Edeka eine Kundgebung gegen diese Verkaufsform es folgte eine Anfrage im Landtag weil sich der Einzelhandel bedroht fuhlte Den Verkauf aus den beiden Lastwagen musste Lichdi 1933 einstellen nachdem Kreisleiter Richard Drauz ihn telefonisch abgemahnt hatte Mit den Nationalsozialisten konnte sich Lichdi auch sonst nicht gut arrangieren Als Mitglied der Heilbronner Freimaurerloge und des Rotary Clubs zu dessen Grundungsmitgliedern er schon 1931 gehort hatte war er in der NSDAP nicht erwunscht Die Unterlagen des Rotary Clubs die er bei sich zu Hause versteckt hatte wurden von der Gestapo beschlagnahmt Gegen eine erneute Verleumdung diesmal wurde ihm unterstellt er sei Jude wehrte er sich durch einen Aushang in seinen Schaufenstern Das Gesetz zum Schutz des Einzelhandels sowie das Reichsnahrstandsgesetz beide 1933 erlassen kritisierte er in seiner Jubilaumsschrift aus dem Jahr 1934 recht unverblumt Dort bezeichnete er es als Wahnsinn aus Prinzip die Privatinitiative lahmzulegen und erklarte Ohne freien Wettbewerb kein Fortschritt und keine Kulturentfaltung 4 Dennoch erreichten die Umsatze in den Jahren 1938 39 einen Hochststand von 5 5 Millionen Reichsmark Lichdi hatte zu diesem Zeitpunkt 240 Mitarbeiter nbsp Grab Gustav Lichdis auf dem Heilbronner HauptfriedhofBeim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Kurt Lichdi der 1935 seine Pianistenkarriere aufgegeben hatte und seitdem fur die Firma arbeitete zum Kriegsdienst eingezogen 5 Gustav Lichdi konnte sich daher nicht alters bzw krankheitshalber in den Ruhestand zuruckziehen Etwa seit 1942 an Bauchspeicheldrusenkrebs leidend war er aber im Sommer 1944 nicht mehr arbeitsfahig Nach dem Luftangriff vom 4 Dezember 1944 wurde er aus Heilbronn aufs Schloss Liebenstein bei Neckarwestheim gebracht Mit dem mennonitischen Pachter des mit dem Schloss verbundenen Hofguts war Lichdi seit Jahren verbunden gewesen Dort schrieb er am 7 Februar 1945 ein Vermachtnis an die Mitglieder seines Aufsichtsrates worin er vorschlug bis zur Ruckkehr seines Sohnes seine Ehefrau Henriette in den Aufsichtsrat zu nehmen Gustav Lichdi erfuhr noch dass durch die Kriegshandlungen 13 der 14 Heilbronner Filialen zerstort worden waren und die Zentrale geplundert worden war Nachrichten uber die auswartigen Filialen konnte man im April 1945 nicht erhalten Er erklarte aber die Arbeit gehe weiter und man werde die Laden eben wieder aufbauen Zwei Tage spater starb er Gustav Lichdi wurde zunachst in Neckarwestheim beerdigt Sein Leichnam wurde spater nach Heilbronn uberfuhrt und dort im Oktober 1945 bestattet 6 Einzelnachweise Bearbeiten Bild des ersten Lichdi Geschafts Das Heilbronner Amerikahaus in der Lerchenstrasse 1950er Jahre auf www stadtgeschichte heilbronn de Marianne Fix American Library Zitiert nach Diether Gotz Lichdi Vom Hutebub zum Handelsherrn Gustav Lichdi 1876 1945 in Christhard Schrenk Hg Heilbronner Kopfe VI Lebensbilder aus zwei Jahrhunderten Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 58 Heilbronn 2011 ISBN 978 3 940646 08 8 S 55 78 hier S 75 Kurt Lichdi trat spater durchaus auch wieder als Pianist auf ausserdem gehorte er zu den Grundern des Wurttembergischen Kammerorchesters Heilbronn Vgl Ulrike Arnold Hg Standpunkte Perspektiven Aufsatze und Artikel von Diether Gotz Lichdi BoD 2010 ISBN 978 3839181140 S 187 Das Stadtarchiv Heilbronn bewahrt unter anderem ein Konzertprogramm von 1939 auf Programm des ersten Klavierabends Kurt Lichdis in Heilbronn Diether Gotz Lichdi Vom Hutebub zum Handelsherrn Gustav Lichdi 1876 1945 in Christhard Schrenk Hg Heilbronner Kopfe VI Lebensbilder aus zwei Jahrhunderten Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 58 Heilbronn 2011 ISBN 978 3 940646 08 8 S 55 78Normdaten Person GND 1018386246 lobid OGND AKS VIAF 220469209 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lichdi GustavKURZBESCHREIBUNG deutscher UnternehmerGEBURTSDATUM 13 April 1876GEBURTSORT Dorrhof bei Rosenberg Baden STERBEDATUM 26 April 1945STERBEORT Schloss Liebenstein Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gustav Lichdi amp oldid 232665491