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Glycolnitril Hydroxyacetonitril ist ein sehr gut wasserlosliches a Hydroxynitril und das einfachste Cyanhydrin das durch Addition von Cyanwasserstoff an Formaldehyd entsteht StrukturformelAllgemeinesName GlycolnitrilAndere Namen Hydroxyacetonitril Formaldehydcyanhydrin Glycolsaurenitril CyanmethanolSummenformel C2H3NOKurzbeschreibung farblose olige Flussigkeit 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 107 16 4EG Nummer 203 469 1ECHA InfoCard 100 003 155PubChem 7857ChemSpider 7569Wikidata Q25807EigenschaftenMolare Masse 57 05 g mol 1Aggregatzustand flussigDichte 1 10 g cm 3 1 Schmelzpunkt lt 72 C 2 Siedepunkt 183 C 2 103 C 16 mmHg 3 65 C 4 mmHg 4 Dampfdruck 63 mmHg 20 C 1 Loslichkeit sehr gut loslich in Wasser Ethanol und Diethylether unloslich in Benzol 2 Brechungsindex 1 4117 19 C 2 4 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung 5 GefahrH und P Satze H 300 310 330P 262 280 301 310 330 302 352 310 304 340 310 5 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Brechungsindex Na D Linie 20 CDa Glycolnitril leicht in die giftigen Ausgangsverbindungen zerfallt und im Alkalischen polymerisiert 6 wird Hydroxyacetonitril in sauren wassriger Losungen ca 50 bis 70 ig gehandelt 7 Inhaltsverzeichnis 1 Herstellung 2 Eigenschaften 3 Anwendungen 4 EinzelnachweiseHerstellung BearbeitenDie Bildung von Glycolnitril aus Formaldehyd und Cyanwasserstoff wurde bereits 1890 in der Literatur erwahnt 8 nbsp Synthese von Glycolnitril aus Formaldehyd und BlausaureDie wahrscheinliche Existenz beider Reaktanden wahrend der prabiotischen Phase der Erdgeschichte legt die spontane Bildung von Glycolnitril und Folgeprodukten in einem fruhen Stadium der Geochemie nahe 9 Glycolnitril entsteht als erste Stufe der Biotransformation von Acetonitril durch eine NADPH abhangige Cytochrom P450 Monooxygenase in menschlichen und tierischen Zellen 10 Nach einer Laborvorschrift kann Glycolnitril durch Reaktion aquimolarer Mengen Kaliumcyanid und Formaldehyd in wassriger Losung nach Zugabe von verdunnter Schwefelsaure zur Freisetzung von Blausaure nach intensiver Extraktion mit Diethylether und anschliessender Vakuumdestillation in 76 80 iger Ausbeute erhalten werden 11 Die Laborvorschrift basiert auf einen fruhen Veroffentlichung 3 in der diese Reaktion bereits beschrieben und das Produkt Glycolnitril nach Destillation in 88 iger Ausbeute erhalten wurde Bereits in der alteren Literatur 12 wird auf die Instabilitat des Glycolnitrils und seine Neigung zu spontaner heftigen Zersetzung bzw Polymerisation bei thermischer Belastung und hoheren pH Werten hingewiesen und die Zugabe von Sauren bei Aufarbeitung und Lagerung empfohlen Um die Bildung von Nebenprodukten zu unterdrucken werden in technischen Prozessen aquimolare Mengen gereinigter Formaldehyd als 37 ige Formalin Losung und ammoniakfreier Cyanwasserstoff bei 30 C und pH 5 5 zur Reaktion gebracht und das erhaltene Glycolnitril durch Ansauern auf pH 2 stabilisiert 13 In einem kontinuierlichen Verfahren werden die Reaktanden NH3 und HCN HCHO im Verhaltnis 3 1 in einem Rohrreaktor bei ca 150 C und einer Verweilzeit von ca 15 Sekunden umgesetzt wobei fast vollstandige Reaktion zu Glycolnitril erfolgt Als Nebenprodukt fallt durch zweimalige Substitution der Wasserstoffatome des Ammoniaks Iminodiacetonitril IDAN HN CH2CN 2 an 14 Besonders reines formaldehydfreies Glycolnitril wird erhalten wenn die in Formalinlosung vorhandenen Oligomeren und Polymeren des Formaldehyds vor der Reaktion mit HCN durch Erhitzen auf 120 C depolymerisiert werden Die Reaktion liefert bei kontinuierlichem Zudosieren der Reaktanden bei 20 C Glycolnitril in Ausbeuten bis 95 und Reinheiten bis 99 9 15 Die Herstellung von Glycolnitril durch Oxidation von Acetonitril mit Sauerstoff in der Dampfphase an Metallkatalysatoren ist wegen geringer Selektivitaten und Ausbeuten uninteressant 16 Eigenschaften BearbeitenGlycolnitril ist eine klare farblose olige und giftige Flussigkeit die leicht in die giftigen Ausgangsstoffe Formaldehyd und Cyanwasserstoff zerfallt und unter dem Einwirken von Alkalien explosionsartig polymerisieren kann 1 Anwendungen BearbeitenGlycolnitril trimerisiert in verdunnter wassriger Losung bei pH 8 und 0 C in 47 iger Ausbeute zu 4 Amino 5 hydroxy 2 6 di hydroxymethyl pyrimidin 4 17 nbsp Trimeres GlycolnitrilDurch Umsetzung mit uberschussigem Ammoniak entsteht Aminoacetonitril 18 nbsp Aminoacetonitril Synthese aus Glycolnitrildas durch alkalische 19 neben Glycin entstehen andere a Aminosauren wie z B Alanin oder Threonin oder saure 20 Hydrolyse der Nitrilgruppe in die Aminosaure Glycin uberfuhrt wird Glycin ist auch direkt aus Glycolnitril durch Reaktion mit uberschussigem Ammoniak und Kohlendioxid in guter Ausbeute ca 85 und Reinheit gt 98 unter Bildung des entsprechenden Hydantoins und direkt anschliessender Spaltung in die Aminosaure zuganglich 21 nbsp Glycin Synthese aus Glycolnitrilbzw nbsp Glycin Bildung via HydantoinDas oft als Nebenprodukt des Glycolnitril Synthese anfallende Iminodiacetonitril IDAN lasst sich gezielt durch Umsetzung von Glycolnitril mit Ammoniak bei pH 5 und 70 C in Ausbeuten um 80 durch Substitution von zwei Wasserstoffatomen des Ammoniaks durch zwei CH2 CN Gruppen herstellen 13 nbsp Iminidiacetonitril IDAN aus GlycolnitrilDie Synthese von Nitrilotriacetonitril NTAN durch Substitution samtlicher Wasserstoffatome des Ammoniaks durch drei CH2 CN Gruppen gemass der BruttoreaktionsgleichungNH 3 3 HCHO 3 HCN N CH 2 CN 3 displaystyle ce NH3 3HCHO 3HCN gt N CH2 CN 3 nbsp verlauft vermutlich uber intermediar entstehendes Glycolnitril 22 Dieser Reaktionsverlauf wurde bereits in einer fruhen Publikation postuliert 23 Glycolsaure ist aus Glycolnitril uber eine Nitrilase katalysierte enzymatische Umsetzung zu Ammoniumglycolat das mittels Elektrodialyse Behandlung mit Ionenaustauschern Reaktivextraktion z B mit langkettigen C8 C10 Trialkylaminen oder Veresterung mit Methanol zu Methylglycolat und anschliessende Hydrolyse zuganglich 24 nbsp Glycolsaure aus GlycolnitrilGlycolnitril 4 mol reagiert mit Ethylendiamin 1 mol in Gegenwart von Natronlauge zum Tetranatriumsalz der Ethylendiamintetraessigsaure EDTA eines haufig verwendeten Komplexbildners 25 Reaktionsbedingungen und Ausbeuten werden nicht angegeben nbsp EDTA Bildung aus GlycolnitrilDie Reaktion von Glycolnitril 2 mol mit Ethylendiamin 1 mol bei 60 C liefert Ethylendiamindiacetonitril EDDN das mit aquimolaren Mengen HCN und HCHO bei 60 C Ethylendiamintetraacetonitril EDTN in 74 iger Ausbeute ergibt 26 nbsp EDTN Bildung aus GlycolnitrilDurch Hydrolyse des Tetranitrils mit 40 iger Natronlauge wird analog das Tetranatriumsalz der Ethylendiamintetraessigsaure EDTA gebildet Mit Ethylendiamin oder substituierten Ethylendiaminen wie z B 2 2 Aminoethylamino ethanol entstehen durch Reaktion mit Glycolnitril bei 100 C 2 Piperazinone die sich als Absorptionsmedium fur Schwefeldioxid in Gaswaschern eignen 27 nbsp Piperazinonbildung aus GlycolnitrilDer relativ gut bioabbaubare 80 in 5 Tagen Komplexbildner 2 Hydroxyethyliminodiessigsaure HEIDA ist durch zweimalige Reaktion von Glycolnitril mit 2 Aminoethanol zuganglich 28 nbsp Bildung von HEIDA aus GlycolnitrilWegen seiner Instabilitat wird Glycolnitril als Zwischenprodukt bei Reaktionen mit Cyanwasserstoff und Formaldehyd in der Regel nicht isoliert sondern direkt zum gewunschten Endprodukt z B Glycin IDAN NTAN oder EDTN verarbeitet Die Oligomerisierung von Glycolnitril zu Aminooxazolen wird als moglicher Bildungsweg von Heterocyclen in der fruhen Erdgeschichte diskutiert 29 nbsp Glycolonitril PolymerisationEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Datenblatt Formaldehyde Cyanohydrin bei Cameo Chemicals a b c d Lide DR ed CRC Handbook of Chemistry and Physics 79st Edition CRC Press LLC Boca Raton FL 2000 p 3 10 a b K Polstorff H Meyer Uber die Einwirkung von Cyankalium auf Formaldehyd In Ber dtsch chem Ges Band 45 Nr 2 1912 S 1905 1912 doi 10 1002 cber 19120450263 a b c Patent US2723979 4 Amino 5 hydroxy 2 6 di hydroxymethyl pyrimidine and process of preparing same Angemeldet am 2 August 1954 veroffentlicht am 15 November 1955 Anmelder E I du Pont de Nemours and Company Erfinder D B Lake a b Eintrag zu Glykolonitril in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA abgerufen am 8 Januar 2021 JavaScript erforderlich Richard J Lewis Sr Hazardous Chemicals Desk Reference 6st Edition John Wiley amp Sons Hoboken NJ 2008 S 749 Datenblatt Glycolsaurenitril Losung bei Sigma Aldrich abgerufen am 1 Marz 2016 PDF L Henry Sur le nitrile glycolique et la synthese directe de l acide glycolique In Comp Rend Band 110 1890 S 759 760 H J Cleaves II The prebiotic geochemistry of formaldehyde In Precambrian Res Band 164 2008 S 111 118 doi 10 1016 j precamres 2008 04 002 International Programme on Chemical Safety Environmental Health Criteria 154 Acetonitrile Hrsg World Health Organization Geneva 1993 Online R Gaudry Glycolonitrile In Org Synth Coll Vol Band 3 1955 S 436 doi 10 15227 orgsyn 027 0041 Patent US2175805 Stabilized organic nitrile and process of making Angemeldet am 8 Juni 1937 veroffentlicht am 10 Oktober 1939 Anmelder E I du Pont de Nemours amp Company Erfinder R A Jacobson a b Patent US5187301 Preparation of iminodiacetonitrile from glycolonitrile Angemeldet am 11 Oktober 1990 veroffentlicht am 16 Februar 1993 Anmelder W R Grace amp Co Erfinder B A Cullen B A Parker Patent US5079380 Adiabatic process for the preparation of glycolonitrile Angemeldet am 23 Mai 1990 veroffentlicht am 7 Januar 1992 Anmelder W R Grace amp Co Erfinder J C Thunberg Patent EP1833784B1 Process for the synthesis of glycolonitrile Angemeldet am 21 Dezember 2005 veroffentlicht am 20 Oktober 2010 Anmelder E I du Pont de Nemours and Company Erfinder T Foo A Panova Patent US4515732 Conversion of acetonitrile to glycolonitrile and or glycolamide Angemeldet am 29 Mai 1984 veroffentlicht am 7 Mai 1985 Anmelder The Standard Oil Company Erfinder J F Brazdil Jr W A Marritt M D Ward D B Lake T E Londergan The trimerization of glycolonitrile In J Org Chem Band 19 Nr 12 1954 S 2004 2007 doi 10 1021 jo01377a018 Patent DE677713 Verfahren zur Herstellung von Aminonitrilen Angemeldet am 21 Januar 1937 veroffentlicht am 8 Juni 1939 Anmelder Bergwerksverband zur Verwertung von Schutzrechten der Kohlentechnik in Dortmund Eving Erfinder W Klempt R E Moser C N Matthews Hydrolysis of aminoacetonitrile Peptide formation In Experientia Band 24 Nr 7 1968 S 658 659 doi 10 1007 BF02138294 W K Anslow H King Glycine A from Methyleneaminoacetonitrile In Org Synth Band 4 1925 S 31 doi 10 15227 orgsyn 004 0031 Patent EP0441588B1 Process for preparing glycine Angemeldet am 5 Februar 1991 veroffentlicht am 10 Mai 1995 Anmelder Mitsui Toatsu Chemicals Inc Erfinder K Fujiwara Y Matsuu N Ueda H Kato A Hiai Patent US5008428 Integrated process for the production of aminoacetonitriles Angemeldet am 26 Oktober 1989 veroffentlicht am 16 April 1991 Anmelder W R Grace amp Co Erfinder M B Sherwin J L Su H Franzen Uber die Einwirkung von Formaldehyd auf Cyankalium In J Prakt Chem Band 86 Nr 1 1912 S 133 149 doi 10 1002 prac 19120860108 Patent US7445917B2 Process for producing glycolic acid from formaldehyde and hydrogen cyanide Angemeldet am 21 Dezember 2005 veroffentlicht am 4 November 2008 Anmelder E I du Pont de Nemours and Company Erfinder R DiCosimo A Panova J S Thompson F G Gallagher T Foo X Li G C Fox J J Zaher M S Payne D P O Keefe Patent US2890238 Preparation of glycolonitrile Angemeldet am 31 Januar 1957 veroffentlicht am 9 Juni 1959 Anmelder The Dow Chemical Company Erfinder A R Sexton Patent US5208363 Preparation of aminoacetonitriles Angemeldet am 5 Mai 1992 veroffentlicht am 4 Mai 1993 Anmelder The Dow Chemical Company Erfinder D K Crump D A Wilson Patent US4980471 Preparation of piperazinones for use as sulfur dioxide absorbents Angemeldet am 6 Oktober 1989 veroffentlicht am 25 Dezember 1990 Anmelder The Dow Chemical Company Erfinder S A Christiansen D A Wilson D Chang Patent EP1004660B1 An amino nitrile intermediate for the preparation of 2 hydroxyethyl iminoacetic acid Angemeldet am 31 Oktober 1996 veroffentlicht am 9 November 2005 Anmelder Dow Global Technologies Inc Erfinder P S Athey D K Crump D A Wilson G Arrhenius K K Baldridge S Richards Gross J S Siegel Glycolonitrile Oligomerization Structure of Isolated Oxazolines Potential Heterocycles on the Early Earth In J Org Chem Band 62 Nr 16 1997 S 5522 5525 doi 10 1021 jo962185r Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Glycolnitril amp oldid 239455205